ursprünglich gemeldeten Texte abweicht, im mosko⸗
towski'schen Lager ein: „Ich danke Ihnen für das
liebenswürdige Telegramm und wünsche dem Regi⸗
ment am heutigen Tage Glück. Dieser Tag dient
für die preußische Armee als der Tag des Ruhmes
bei St. Privat und zur Erinnerung an jene
Thaten, welche in den Jahren 1813 und 1814
den Grund gelegt haben zu der Kriegsbruderschaft
zwischen der russischen und der preußischen Armee.
Wilhelm.“ Der Jubel, welchen die Verlesung dieser
Depesche unter den Generalen, Offizieren und Sol⸗
daten im Lager hervorrief, hatte keine Grenzen.
„Es lebe unser deutscher Bundesgenosse!“ „Es
jebe unser deutscher Kriegsbruder !“ „Es lebe die
mit uns verbündete berühmte deutsche Armee!“
„Es lebe die russisch⸗deutsche Priegsgenossenschaft!“
das waren die Ausrufe, die sich stürmisch
wiederholten. Des Abends fand ein Feuerwerl
statt. Eine Facade trug die Inschrift: „Hoch lebe
unser Bundesgenosse, Kaiser Wilhelm!“
Ueber den französisch-chinefischen Kon—
flikt schreibt die „Köln. Z.“: Die englischen Blätter
fahren fort, die Chinesen zum äußersten Wider—
stand gegen Frankreich aufzustacheln; sie hoffen
insbesondere, daß die zopfgeschmückten Krieger mit
dem geplanten Einfall in Tongking Ernst machen
werden. England scheint dem himmlischen Reiche
nahegelegt zu haben, den Franzosen keine Handels
vortheile zuzugestehen, welche nicht zugleich auch allen
andern Nationen zu Theil würden; es redet den
Chinesen ein, daß sie durch diese Taktik die euro⸗
päischen Mächte auf ihre Seite bringen würden.
Wenn China diesen Standpunkt festhielte, so würde
die Frucht der französischen Anstrengungen dem
übermaächtigen englischen Handel in den Schoß
fallen. Der „Standard“ spricht dies unumwunden
aus. „Bei jedem Zugeständniß“, meint er, „wel ⸗
ches die Franzosen den Chinesen abpressen, wird
England den Löwenantheil davontragen.“ Einen
andern Nebengewinn denkt die „Times“ für Eng—
land aus den französisch-chinesischen Verwicklungen
herauszuschlagen; sie erblickt in denselben eine will⸗
kommene Gelegenheit, um zwischen Frankreich und
Deutschland Zwietracht zu säen. Das Cityblati
treibt sein Handwerk diesmal allerdings mit mehr
als gewöhnlichem Ungeschick. Die „Times“ häl'
den Franzosen nämlich zunächst eine Strafpredigt,
in der sie ihnen die britischen Handelsinteressen
dringend, ja, drohend an's Herz legt, und fährt
dann also fort: „Diese Beschwerde kommt von
uns als von einem befreundeten Nachbar, ohne Zorn
und ohne Eifersucht; aber sie mag in ganz anderem
Geist von Deutschland ausgehen, falls Frank—
reich dieselbe mit sträflicher Leichtfertigkeit übersieht
Wir können dies offen sagen, da versteckte Ein—
flüsterungen und Anspielungen jetzt nicht angebracht
sind. Ferry muß bedenken, daß Deutschland auf
diesem oder jenem Wege Sorge tragen wird, daß
die ostasiatischen Verwicklungen nicht zu seinem
Schaden ausschiagen. Es ist dies die Pflicht der
deutschen Staatsmänner, wie es die Pflicht der
französischen ist, daß ihr unüberlegter Krieg nicht
in einer Art und Weise, welche jeder kluge Franzose
erräth, wenn er auch nicht liebt, diese Aussicht in
Betracht zu ziehen, zum positiven Vortheil Deutsch
lands ausschlage.“ Wir freuen uns, daß das deutsch⸗
feindliche Wispern und Flüstern der ‚Times“ endlich
einmal einer männlichern und offenern Sprache Platz
macht. Nur fehlt der „Times“ jede Beglaubigung,
die deutschen und französischen Staatsmänner zu
vertreten. Deutschland und Frankreich werden ohne
Englands Zuthun ihre Beziehungen weit ersprieß⸗
licher regeln, als wenn sie den Einflüsterungen
Gladstones folgen wollten. Der Hegartikel der
„Times“ erregt aber geradezu Mitleid, wenn man
die „freundliche Beschwerde gegen die Franzosen“
näher in's Auge faßt. Da fliegen den Franzosen
Worte wie „Thaten der Barbarei“, „Verruchtheit“,
„Unmenschlichkeit“, ‚unnöthige Grausamkeit und Ver—
wüstung“ hageldicht um den Kopf. Der angebliche
Vertreter der „Times“ in Futscheu schildert die Be⸗
schießung nach wohl nicht unberechtigter Ansicht der
Franzosen mit empbrender Parteilichleit. Er be—
hauptet, die Franzosen hätten ganz überflüssigerweise
die chinesischen Dörfer beschossen, kampfunfähig ge⸗
machte Schiffe ohne Pardon versenkt oder in die
Luft gesprengt, die Schiffsmannschaft gezwungen,
über Bord zu springen, auf verwundete und er—
trinkende Männer ein mörderisches Feuer unterhalten
u. s. w. Die Schlacht war angeblich in sieben
Minuten beendet, da die elf chinesischen Schiffe,
leichte Flußschiffe und Küstenfahrzeuge, im Vergleich
zu den französischen Panzerkolossen reine Spielzeuge
waren. Brennende Schiffe, Leichen und verwundete
Krieger trieben alsbald den Fluß herunter an dem
englischen Schiffe Champion vorbei, auf dem der
Berichterstatter der „Times“ sich befunden haben
visll; ein englischer Lotse wurde getödtet. Es will
uns scheinen, daß nach den Proben, die wir bei
Tel⸗el· Kebir, bei Teb und Tamanieb von englischer
dumanität in der Kriegsführung erlebt haben, die
kingländer einigen Grund hätten, Erörterungen über
Srausamkeiten in der Kriegführung ängstlich aus
dem Wege zu gehen.
Futscheu, welches in Folge der franzöfisch—
hinesischen Verwickelungen vielfach genannt wird,
——
landes und zählt 600,000 Einwohner. Die eigent—
liche Stadt liegt nicht am Ufer des Meeres, sondern
536 Kilometer weit von der Mündung des Min,
an dem Zusammenfluß dieses letzteren mit einem
unbedeutenden Bache, der von Nordwest kommt.
Die mit Mauern umgebene Stadt Futscheu, worin
die Mandarinen, die Bürgerschaft und eine beträcht—
liche Kolonie von Tataren wohnen, liegt nördlich
vom Min, 3 Kilom. weit von dem Ufer des
Flusses. Auf dieser Seite ist die ummauerte Stadt
von dem Min getrennt durch eine größere Vorstadt,
der Mittelpunkt der kommerziellen Thätigkeit der
Bevölkerung. Futscheu ist das bedeutendste Zentrum
des Theehandels; die Ausfuhr dieses Artikels wird
auf 40 Millionen Kilogramm geschätzt. Der kom—
merzielle Verkehr von Futscheu, Einfuhr und Aus—
fuhr, wird auf mehr als 130 Mill. Fr. geschätzt.
In der Waarenbewegung hat Futscheu jedoch nur
einen relativ niedrigen Rang unter den chinesischen
Vertragshäfen und es steht darin nur etwa in
gleicher Linie mit Tschi-fu, obgleich ganz ähnlich
reiche Thee- und Reisdistrikte unmittelbares Hinter—
laud bilden wie bei Shanghai. Daß Futscheu al⸗
Handelshafen hinter Shanghai etwa 15mal zurück
steht und daß es niemals mit demselben wird wett⸗
eifern können, ist außerdem auch aus der Lage des
letzteten an der Mündung des chinesischen Haupt—
kulturstromes klar. Unter den Ausländern, die sich
in Futscheu niedergelassen haben, spielen ebenso wie
in Formosa neben den Engländern die Deutschen
die Hauptrolle. Das Arsenol, das von zwei fran—
zösischen Marine-Offizieren erbaut worden, liegt am
Min, ungefähr 15 Kilom. unterhalb der Stadt an
der Stelle, wo der Fluß für die größeren Fahrzeuge
nicht mehr zugänglich ist. Der vorzüglichere Theil—
des Arsenals ist mit einem Ringgraben umgeben.
Deutsches Reich.
Bayern scheint unter der Finanzverwaltung
des Herrn v. Riedel in die Aera oer Ueberschüsse
eingetreten zu sein. Das chronische Defizit ist ver⸗
schwunden mit Hilfe einer leisen Drehung au der
Steuerschraube uud an seine Stelle ist schon im
Jahre 1882 ein Ueberschuß von 4 Millionen ge⸗
treten, der gutem Vernehmen nach im Laufe des
Jahres 1883 bis zur Höhe von 10,352,000 M.
angewachsen ist. Möge es so fortgehen!
Munchen, 26. Aug. Wie die „Allgemeine
Zeitung“ meldet hat König Ludwig von Bayern
bei dem jüngstgeborenen Sohne des Prinzen Wil
helm von Preußen eine Pathenstelle übernommen.
Ulm, 26. Aug. Der deutsche Kronprinz traf
heute Vormittag 11 Uhr bei Dellmenfingen ein und
nahm die Besichtigung der 54. Infanterie⸗Brigade
unter Generalmajor v. Wölkern vor. Nachdem die
Front der Truppenaufstellung abgeritten war, fanden
ein Parademarsch und gefechtsmäßiges Exerzieren
statt. Nach Schluß der Besichtigung begab sich der
Kronprinz mit Extrazug nach Umm, wo er um 1
Uhr eintraf. Auf dem Bahnhofe nahm der Kron⸗
prinz das Mittagessen ein und begab sich sodann
nach Lerchenfelde und dem Exerzierplatz bei Dorn⸗
ttadt und hielt die Besichtigung der 53. Infanterie⸗
Brigade unter Generalmajor b. Grävenitz ab. Trotz
des Regenwetters, das den ganzen Tag anhielt,
wohnten dem militärischen Schauspiel viele Zuschauer
zu Wagen bei. Nach der letzten Besichtigung kehrte
der Kronprinz nach dem Bahnhofe Ulm zurück, von
wo um 6 Uhr die Weiterreise nach Stuttgart er⸗
olgte.
Stuttgart, 27. Aug. Der deutsche
Kronprinz wurde bei seiner gestrigen Ankunft
von dem Obersthofmeister Freiherrn v. Thumb—
Neuburg empfangen. Das Abendessen nahm der
stronprinz mit dem preußischen Gesandten und
anderen hochgestellten Persönlichkeiten ein. Die
—XV Ludwigsburg nahm
einen glänzenden Verlauf. Das Wetter blieb big
gegen den Schluß der Besichtigung gut. Um 1511
Uhr kehrte der Kronprinz nach Stuttgart zurüc
wo er von dem zahlreich anwesenden Volten
begeisterten Aundgebungen empfangen wurde. Balds
nach der Ankunft begab sich der Kronprinz zum—
Frühstück zu dem kommandirenden General v.
Schachtmeyer. Nachmittags beabsichtigt er di—
Rückreise nach Berlin anzutreten.
Berlin, 28. Aug. Der Reichsanzeiger meldet:
Der Kaiser stieg in Babelsberg am 28. August
Nachmittags 6 Uqr, zu Pferde, verließ auf dem
Ritt im Parke den Weg, wobei das Pferd in einen
fast unsichtbaren Sperrdraht gerieth, dadurch das
Gleichgewicht verlor und der Kaiser auf dem Rasen
zu Falle kam. Der Kaiser erhob fich unmittelbar
darauf und kehrte zu Fuße nach dem Schlosse zu—
rück, ohne irgend welche Verletzung, außer leichsen
Muskelquetschungen, welche in den nächsten Tagen
starke Bewegungen nicht rathsam erscheinen lassen,
erlitten zu haben. Sonst ist keinerlei Störung in
den Lebensgewohnheiten und der gewohnten Thätig.
keit des Kaisers eingetreten.
Berlin, 28. August. Die Errichtung einer
Gesandischaft für Persien ist nunmehr erfolgt. An
der Spitze steht der bisherige Generalkonsul Braun—
schweig in Sofia, welchem Professor Brugsch al—
Legationsrath, sowie ein militärischer Begleiter, und
ein Legationssekretär beigegeben wird. Die Gesandt
schaft geht in der ersten Haäͤlfte des September an
ihren Bestimmungsort ab.
Ausland.
Paris, 27. Aug. Der Marineminister richtete
ein Telegramm an Courbet, worin er der vollen
Befriedigung der Regierung über die glänzende Er—⸗
öffnung der Operationen und den Wünschen für
einen vollständigen Erfolg Ausdruck gibt. Der Li—
bertẽ zufolge wurden die Bergwerke von Kelung
französischer Verwaltung unterstellt, von welcher sie
bis zur völligen Bezahlung der Entschädigung aus—
gebeutet werden sollen.
London, 27. Aug. Die „Times“ läßt sich
ous Hongkong vom 26. d. telegraphiren, daß
ein unverzuͤglicher Angriff auf Worsung wahrschein—
lich sei, um den Zugang zum Hafen von Shanghat
freizumachen.
LEokale und pfälzische Nachrichten.
* St. Ingbert, 29. Aug. Im neuesten
bayerischen „Militärverordnungsblatt“ wird auf aller⸗
höchste Entschließung der bekannte kaiserliche Erlaß
betr. Gnadenbewilligungen an Invaliden des Jahres
1870,71, die seinerzeit den Anmeldungstermin ver—
säumten, veröffentlicht. Zum Vollzug dieses Erlasses
wird vom bayerischen Kriegsministerium Nachfolgendes
angeordnet: 1) Die Unterstützungsgesuche der bezeich⸗
neten Invaliden sind bei denjenigen Landwehr—
Bezirks-Kommandos bezw. Bezirksfeldwebeln anzu
bringen, in deren Bezirk die Betreffenden wohnen.
2) Derartige Gesuche sind unter der Vorausseztzung,
daß ein Lebenswandel des Betreffenden vorliegt,
welcher diesen einer Allerhöchsten Gnadenbewilligung
nicht unwürdig erscheinen läßt, nur bei Erfüllung
folgender Bedingungen: 4) einer durch Krankhei!
aufgehobenen oder verminderten Erwerbsfähigkeit,
welche eine Unterstützungsbedürftigkeit begründet,
b) dem Nachweis von Thatsachen, welche die Ueber⸗
zeugung von dem ursächlichen Zusammenhang der
Krankheit mit einer im Kriege von 1870)7 1 erlit
tenen inneren Dienstbeschädigung zu begründen ver.
mögen, dem eiuschlägigen K. General⸗Kommande
vorzulegen. 3) Das K. General-Kommando hat die
einkommenden Gesuche zu prüfen und mit gut⸗
achtlichem Berichte, welchem eine unterfertigte Noni
über die als feststehend zu erachtenden Thatsachen
veizulegen ist, dem Kriegsministerium in Vorlag
zu bringen. 4) In diesem Jahre sind die ein
mmenden Gesuche außerterminlich zu behandelr
und die Gesuchsteller vom einschlägigen Garnison-
arzt, dessen Attest korpsärztlich zu revidiren
untersuchen zu lassen. Vom nächsten Jahre —
dagegen sind etwaige derattige Gesuche so frühzeiti—
bei den Bezirkskommandos anzumelden, daß de
Prüfung derselben dei dem Ersazzgeschäfte vorge
nommen werden kann. 5) Gesuche, denen es
sihnz an jeder thasächichen Vegründung fetu
sind schon von den Bezirks-Kommandos abzuwmw
* St. Ingbert, 29. Aug. Wie das —
Volksbl.“ vernimmt wird binnen wenigen Tage