zt. Jugherter Amzriger.
Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Inabert.
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Die Sonne von Sedan.
Sie hatten gestritten den ganzen Tag;
ßeschmückt mit dem Siegeslorbeer lag
Asldeutschlands Heer auf dem Plan;
Uind fieh' — als vorbei war die düstere Nacht,
da stieg empor in strahlender Pracht
die Senne ven Sedan!
Zie brach herein übers Leichenfeld —
da kniete Herr Wilheln, der fromme Held,
zu beten auf blutigem Plan:
Wie herrlich hast du es, Herr, gewandt!“ —
da strahlte noch heller hinein ins Land
die Sonne von Sedaun!
Welch' eine Wendung, herbeigeführt
durch deine Hand, die ich mächtig gespürt!“ —
da fing sie zu Aämmen an —
ind sieh' — auf der Morgenwolken Grund
zine Kaiserkroue gezeichnet stund
ran der Senune ven Sedan!
Ib Wilhelm's greisem Haupt stand ihr Schein
AInd strahlte ins deutsche Land hinein,
das fühlte der Zukunft Nah'n;
And alsobald auf der Berge Höh'n
sentglommen die Feuer, so strahlend⸗schön.
vie die Sonne von Sedan!
Ind bald, da trug er des Reiches Kron',
der herrliche Hohenzollernsohn,
ẽrfochten auf blutigem Plan;
da war sie erfüllet, die große Stund',
die verausgemalet auf Wolken⸗-Grund
zie Sonne von Sedan
dedan, Alldeuntschlauds Ehreutag,
—An
bergißt dich kein deutscher Mann;
du strahlst in die fernste Zukunft hinein,
VBie ob Wilhelms greisem Haupte der Schein
der Sonne von Sedan!
Pf. D.C. Die kolonialpolitischen Be—
rebungen der deutschen Nation haben binnen
enigen Monaten eine so ungeahnte Bedeutung
wonnen, daß sie wohl auf lange hinaus noch die
fentliche Meinung beherrschen werden und in der
hahlbewegung die Stellungnahme zu dieser Frage
rade zum ausschlaggebenden Faktor für die Wähler
d gestalten dürfe.“ Für die deutsch⸗freisinnige
atkei ist es unter diesen Umständen ungemein
wierig etwas zu ihrer Rehabilitirung zu thun,
mal ihre Führer es eben gewesen, die mit un—
itigem Widerspruch gegen die Dampfersubventions-
orlage die heutige „Kolonialbegeisterung“ entfacht
ihen. Noch undehaglicher aber wie bieher wurde
en Deutsch⸗Freisinnigen nach dem Bekaunlwerden
et. jüngsten Vorgänge an der westafrikarischen
üste zumuthe. Ein Theil der Vartei mochte
Politische Uebersicht.
Dienstag, 2. September 1884.
19. Jahrg.
daraufhin, mehr vielleicht infolge des Druckes der
zffentlichen Meinung, wie aus ehrlicher Ueberzeu⸗
gung, gern sich zu der nationalen Mehrheit schla⸗
jen, doch bringt Keiner das „pater peccavi“ über
die Lippen. Man hält es vielmehr für zweckdien⸗
icher noch mit weiser Vorsicht zu prunken wie etwa
olche auch die Worte zeigen: „Einstweilen stehen
vir der ganzen Bewegung sehr kritisch gegenüber.“
Das wichtigste für uns und die Parteipolitik ist,
»aß man jetzt schon innerhalb der deutsch⸗freisinnigen
Fraktion sehr auseinandergehende Ansichten über
die deutsche Kolonialpolitik und Alles, was damit
in Zusammenhang sieht, vernehmen kann.
Während Herr Richter und dessen intimere
Freunde den Oppositionsklepper, auf den sie sich
auch auf dem nationalen Gebiete gesetzt, vollends
zu Tode reiten, selbst untergeordnetere Fortschritts⸗
anatiker um keinen Preis nachgeben und in kindischer
Weise die deutschen „Kolonialschwärmer“ nach der
rüneburger Haide als passendem Versuchsfelde ver⸗
veisen, gibt es anderseits Deutsch⸗Freisinnige genug,
velche mit einem Male recht gern mitthun möchten.
So registrirt gar das „Pfälzer Journal“ den Er—⸗
verb von Cameroon mit wahrer patriotischer Ge—
uugthuung“ und ist naiv genug von unserm Lands—
nann Dr. Nachtigal (derselbe ist zu Eichstedt geb.,
ilso von Haus aus Bayer), als „politischem Freund“
Besitz zu ergreifen. Wir glauben dem waceren
helehrten und thatkräftigen Mittelsmann zwischen
Deutschland und Afrika, Herrn Dr. Nachtigal einen
Dienst zu erweisen, wenn wir dagegen Protest er⸗
jeben, mit dem Namen des Abwesenden Wahl—⸗
geschäfte betreiben zu wollen.
hätten. Wenn der eiserne Mann, welcher jetzt an
der Spitze der Regierung steht, nicht in den ver—
gangenen Jahren so viel gethan hätte, dann wür⸗
den wir jeht nicht von allen Seiten so umworben
werden, und noch dazu von Denen, die uns sonsi
das erdenklich Schlechteste wünschten. Möge das
Steuer des Reiches noch recht lange in diesen festen
händen ruhen und möge ganz Deutschland endlich
aͤnsehen lernen, daß unsere Politik sich nicht nur
in festen, sondern vielmehr in den besten Händen
befindet.
Bezüglich der Mittheilung, daß im vergangenen
Jahre zwischen den Kabinetten von Frankreich und
Deuͤtschiand ein Abkommen getroffen sei, wonach
die französische Macht in China überall,
wo deuische Kriegsschiffe fehlen, de utsche
Interessen zu schützen hätte, als ob es franzö—
sische seien — bezüglich dieser Nachricht verlautet,
daß dieselbe auf einer Verwechslung beruhe, sofern
damit die Anschauung verbunden wird, es handle
sich dabei um ein französisch- deutsches Sonder⸗
Abkommen. Vielmehr hat schon bei dem ersten
Ausbruch der Feindseligkeiten in den chinesischen
Bewässern zwischen allen dort vertretenen Seemächten
eine Verständigung dahin stattgefunden, daß die
AVDD Häfen
zleichmäßig aller friedlichen Europäer ohne Unter⸗
schied der Nationalitat anzunehmen haben, wenn
dieselben durch chinesische Aufstände gegen die
Fremden bedroht werden.
Deutsches Reich.
Berlin, 28. Aug. Der Kultusminister hat
sich neuerdings in einem Erlasse an eine Gemeinde-
behörde ausfuͤhrlicher über das Mädchenturnen
ausgesprochen. „Unter den Bedenken,“ heißt es in
dem Erlasfe, „welche gegen das Mädchenturnen laut
werden, tritt am meisten dasjenige hervor, welches
sich gegen die Ertheilung des Unterrichts durch
Mannet richtet. Ich lasse dahingestellt, wie weit
dasselbe begründet ist. Die Anschauungen darüber
ind in den verschiedenen Kreisen nach Sitte und
SHerkommen sehr verschieden. Sie erfordern aber
Schonung, und wenn es sich, wie im vorliegenden
Falle, um obligatorische Einführung des Mädchen-
furnens handeli, Berücksichtigung, damit die gute
Sache nicht durch Widerwillen und Widerspruch zu
Unträglichkeiten führt und Schaden leidet. Ich kann
es daher nicht mißbilligen, wenn die kgl. Regierung
die Forderung stellt, daß bei dem durch Männer
ertheilten Maͤdchenunterricht eine Lehrerin zugegen
ei, sofern es sich um die oberen Klassen handelt.
Anders würde die Sache liegen, wenn die Betheiligung
an diesem Unterrichte freigestell wäre. Dann könnten
die Rücksichten, welche sonst zu nehmen sind, weg⸗
callen. Juͤdeß ist vielfach, was die kgl. Regierung
jordert, von anderer Seite angeordnet und einge⸗
richtet worden. Aber man ist von dieser Einrich⸗
ung wieder abgegangen und hat es vorgezogen,
uim jeder Unzuträglichkeit und jedem Bedenken zu
hegegnen, den Turnunterricht in den oberen Klassen
nicht mehr von Lehrern, sondern von Lehrerinnen
ertheilen zu lassen. Und dies hat der Sache nicht
um Schaden gereicht, wie ich mich durch persönliche
Wahrnehmungen überzeugt habe. Ich kann daher
aur anheimgeben, zu dieser Praxis überzugehen.
Sie macht uͤberflüssig, was sonst die kgl. Regierung
u verlangen Anlaß hätte, thut der Sache keinen
Fintrag und hat bei der großen Zahl für den
Turnunterricht gehörig qualifizirter Lehrerinnen keine
-chwieriakeiten.!“
Schneller hat wohl kaum Jemanden die Ver⸗
geltung ereilt, als England. Kaum ist es
der Welt bekannt geworden, daß die Regierung dieses
Landes Deutschland in ungebührlich langer
Weise hat warten lassen, bis sie eine definitive
Antwort in der Angra⸗Pequena⸗Angelegenheit er⸗
heilte, kaum sind die ersten unwilligen Aeußerungen
der englischen Presse über die Kühnheit Deutschlands,
in Afrika kolonisiren zu wollen, zu unseren Augen
ind Ohren gekommen — da tritt ein Faktum ein,
velches die ganze Situation mit einemmale umwirft
ind England in eine ganz andere Stimmung uns
zegenüber versetzt: Die Besch ieß ung von Fu—
ssccheu. Während so vor einigen Tagen Deutschland
»en Engländern noch als ein kleiner und anmaßender
Abenteurer auf der See erschien, changirt es mit
inemmale in das mächtige, ausschlagende Kaiser⸗
eich, welches allein imstande ware, den Franzosen
finhalt zu gebieten — man kann uns nun nicht
zenug den Hof machen. Das ist für uns eine süße,
ür England eine demüthigende Revanche. Und
Frankreich? Frankreich befindet sich beinahe
n einer ähnlichen Lage wie England. Der stets
atente Haß gegen Deutschland scheint mit einem⸗
nale besänftigt, da die näher liegende Vergeltung
m der Zauder; und Verschleppungspolitik der Chi⸗
iesen zur Ausführung gelangt, und da der bis da—
zin so werthe Freund England seine Zuverlässigkeif
dügen straft und alle Welt auf Frankreich hetzt
Freundlichere Stimmen als sonst lassen sich vernehmen,
in!gutes Einverständniß mit Deutschland, womöglich
ein Bündniß, wird offenherzig empfohlen und auch
von dieser Seite wird unserer hervorragenden Stel⸗
ung außerordentliche Anerkennung dargebracht. Wir
vürden dieses merkwürdige und uns ehrende Schau—
piel niemals erlebt haben, wenn wir nicht eine
ationale Politik und eine Politik der That getrieber