Full text: St. Ingberter Anzeiger

ʒt. Ingherter Amzeiger. 
Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Inabert. 
—X Jugberter Anzeiger“ erscheinm wbchentlich fünfmal: Am Montag, Dienstag, Donnerstag, Samstag und Sounntag; 2mal wöochentlich mit Unterhaltungs 
at und Sonutags mit Sseitiger illustrirter Beilage. Das Blatt koftet vierteljährlich 1.AM 60 — einschließlich Trägerlohn; durch die Poft bezogen 1. 754, einschließlich 
o4 Zustellunggebühr. Die Einrückuungsgebühr far die Agespaltene Garmondzeile oder deren Raum beträgt bei Inseraten aus der Pfalz 10 , bei außerpfälzischen und solchen 
auf welche die Expedition Auskunft ertheilt, 15 3. Neclamen 30 —. Bei 4maliger Einrückung wird nur dreimalige berechnet. 
19. Jahrg. 
Politische Uebersicht. 
Deutsches Reich. 
Berlin, 2. Sept. Der Kaiser hielt heute 
a 11 Uhr zu Pferde, u. A. von dem Kron⸗ 
rinzen und von dem Prinzen Arnulf von Bayern 
egleitet, eine Parade über das Garde⸗Korps auf 
em Tempelhofer Felde ab, welche auf das glän⸗ 
ndste verlief. Die Kaiserin folgte zu Wagen. 
zas Kaiserpaar wurde von dem sehr zahlreich ver⸗ 
mmelten Publikum mit nicht enden wollenden 
armischen Zurufen begrüßt. 
Berlin, 2. Sept. Anläßlich der Sedan⸗ 
jer wurden heute früh in allen Schulen und 
nterrichtsanstalten Festakte, in mehreren Kirchen 
estgoties dienste abgehalten. Mit‘ags wurden Cho⸗ 
ile von dem Rathhausthurme geblasen und Nach⸗ 
ittags fanden zahlreiche festliche Vereinigungen 
Privatlokalen und Volksfeste in fast allen Stadt⸗ 
czirlen statt. Die Stadt war auf das Festlichfte 
it Flaggen geschmückt und alle Straßen von früh 
von festlich bewegten Menschenmassen durchzogen. 
n den Theatern sind für den Abend Festvorstel⸗ 
ingen angekündigt. Aus Breslau, Posen, Bremen, 
eipjig und anderen Städten liegen äbnliche Fest- 
ierberichte vor. 
Berlin, 8. Sept. Dem Berliner „Börsen⸗ 
outier“ zufolge verbot die Regierung der Ver⸗ 
migten Staaten die Einfuhr von Lumpen aller 
st aus allen Ländern ohne Ausnahme vom 1. Sept. 
auf die Dauer von drei Monailen. 
Potsdam, 31. Aug. Bei der Taufe des 
ingsten Sohnes des Prinzen Wilhelm haben 
athenstellen übernommen der Kaiser und die Kai⸗— 
in von Deutschland, der Kronprinz und die 
ztonprinzessin von Deutschland, der König von 
ahern, der König und die Königin von Würitem⸗ 
ig der König und die Königin von Schweden, 
eKronprinzessin von Oesterreich, die Großherzogin⸗ 
dutter von Mecklenburg ⸗Schwerin, der Großherzog 
in Toscana, der Herzog und die Herzogin von 
onnaught, der Erbgroßherzog von Baden und die 
tinzessin Luise von Holstein. Bei dem eigentlichen 
ausalt hielt der Kaͤser das Kind. Während des 
X wurden im Lustaarten die Geschütze 
e1h 
Ausland. 
Wien, 2. Sept. Der Staatsbahnzug, auf 
nm sich die serbische Königsfamilie befand, in nachst 
th infolge einer Schienenausweitung enigleist, je⸗ 
h ohne weiteren Unfall. Konig Milan' ist sehr 
rirt; man vermuthet einen Alientatsversuch. 
ach neueren Nachrichten ist die Ungarische 
e von kompetenter Seite auf Grund amtlicher 
unersuchung zu der Erklärung ermächtigt, daß es 
Jum einen einfachen, durch Erweiterung des 
tienengeleises infolge morscher Schwellen herbei⸗ 
nübrten Eisenbahnuufall handle. 
London, 2. Sept. Gladstone stellte in Edin— 
vor einem großen Meeting in Abrede, daß 
and die Kolonisalionen Deutschlands eifersüchtig 
— vielmehr sei er vom Gegentheile überzeugt. 
ladsione bedauert das Scheitern der Konferenz, 
sut das Aussprechen der künftigen egyptischen 
a vor Erfüllung der Mission RNorthbrook und 
Assley ab. — Auch die „Times“ schreibt heute: 
nd lönne ohne die geringste Eifersucht eine 
nung der deutschen Kolonisation unter Be— 
ihiigung der Rechle anderer Nationen und der 
hu der Eingeborenen sich vollziehen sehen. Das 
—— Doeutschlands sei 
mehr Gegenstand der Sympathie als des Anta— 
zonismus. 
London, 2. Sept. Der „Times“ wird aus 
Peking von heute früh telegraphirt: In den Stra⸗ 
zen sind Auschläge angeheftet, worin der Krieg 
jegen Frankreich proklamirt wird. Gleichzeitig wird 
llen Bewohnern unter strengen Sirafen anbesohlen, 
ich jeder Belästigung Angehöriger anderer Nationen 
u enthalten. 
Petersburg, 1. Sept. Der Finanzminister 
zat die Durchfuhr polnischen Roheisens nach Peters⸗ 
urg über Mlawa und Stettin gestattet. — Die 
Nordische Telegraphen⸗Agentur“ meldet, die von 
Wladiwostock im Auslande verbreiteten Gerüchte 
iber Unruhen an der russisch⸗-chinesischen Grenze 
ind unbegründet. An der Grenze herrscht voll⸗ 
ommene Ruhe; weder von offizieller noch von 
rivater Seite ist etwas über Ruhestörungen ge⸗ 
neldet worden. 
kokale und pfälzische Nachrichten. 
*St. Ingbert, 4. Sept. Eine von Herzen 
ommende Abschiedsfeier war es, die am Dienstag 
Ubend zu Ehren des von hier nach Kaiserslautern 
erufenen Kaplans Herrn Becker im Grewenig'schen 
5aale veranstaltet wurde und welche in der aller⸗ 
chönsten Weise verlief. Der Saal war bis auf 
en letzten Platz angefüllt, was Zeugniß gab von 
ner Liebe und Verehrung, die sich der Scheidende 
dährend seines dreijährigen Wirkens hier erwarb. 
Im Laufe der Unterhaltung wurde von Herrn 
zfarrer Dengel an den Scheidenden eine sehr 
höne Ansprache gerichtet, worauf derselbe seinen 
erzlichsten Dank aussprach und der hiesigen Bürger⸗ 
haft ein glückliches Wohlergehen wünschte. Das 
ibrige Programm war ein sehr reichhaltiges und 
selungenes. Gesangsvorträge von den Aktiven des 
Lbereins „Casino“ und einem Theil der „Gemüth—⸗ 
ichkeit“ wechselten mit Reden und Toasten ab. 
Ernst und Humor gleichten sich aus und gestalteten 
den Abend zu einem genußreichen, durch den man 
ich über die Trennungsstunde hinweghalf. Am 
Schlusse wurde Herrn Becker der Dank der Eltern, 
zeren Kinder er Unterricht in der Religion ertheilte, 
rusgesprochen und demselben ein donnerndes Hoch 
usgebracht. Dieser Abend wird Allen, die theil⸗ 
jenommen, noch lange in angenehmer Erinnerung 
leiben und hat sich Herr Becker in den Herzen 
iller hiesigen Katholiken die ihn sehr ungern von 
ier scheiden sahen, ein bleiberdes Andenken erwor⸗ 
en. Möge es ihm in seinem neuen Wirkungs⸗ 
reis immer wohlergehen. — Auch in Kaiserslautern 
purde, wie wir aus dem „Pf. Volksbl.“ ersehen, 
u Ehren des hierher versetzten und bereits gestern 
ingekommenen Kaplans Herrn Hildenbrand 
‚on dem kath. Jünglingsverein, dessen Präses er 
var und für den er gewirkt hat durch Wort und 
zeispiel, durch Ermahnung und Belehrung und 
»urch Gründung einer Kapelle, für die er zur Be⸗ 
haffung der Instrumente kein Opfer scheute, eine 
olenne Abschiedsfeierlichkeit veraustaltet. Dieselbe 
ourde gewürzt durch Reden, Gesangs- und Musik⸗ 
orträge und verlief in äußerst angenehmer Weise. 
Im den scheidenden Herrn noch länger mit dem 
derein in Beziehung zu erhalten, wurde ihm das 
FEhrenpräsidium übertragen, das er auch annahm. 
* Gestern Morgen ereignete sich hier ein be— 
auernswertherUnglücksfall, der allen Müttern 
ils warnendes Exempel hingestellt zu werden ver⸗ 
zient. Die Frau des Bergmannes J. hatte einen 
Waschhafen mit Wasser in die Stube gestellt und 
entfernte sich hierauf auf einige Augenblicke, ihre 
drei kleinen Kinder in der Stube zuruͤcklassend. Als 
sie zurückkehrte, fand sie ihr einjähriges Kind, im 
Wasser ertrunken, als Leiche. 
* Der erste Tag des Saatgutmarktes 
n Kaiserslautern zeigle, wie wir aus der „Kaisersl. 
Ztg.“ ersehen, ein außerordentlich reges Leben. Aus 
illen Theilen der Pfalz waren Kaäufer herbeigeströmt 
und haben namentlich einige Konsumvbereine der 
Vorderpfalz Vertreter zum Ankaufe größerer Quan⸗ 
itäten Saatfrucht dahin abgeordnet. Verkauft 
vurden im Ganzen 1523 Zir. Roggen, 83 Zir. 
Weizen, 38 Zir. Spelz und 1.75 Zentner 
ken, Summa 1645,75 Ztr. Der Gesammt⸗ 
dreis für das verkaufte Quantum belief sich 
auf 15, 411 Mark. Die Hauptnachfrage erstreckte 
ich auf Roggen. Die Ursache ist wohl darin zu 
inden, daß die Landwirthe mit Rücksicht auf den 
n diesem Jahre aufgetretenen Rostbrand beim 
Koggen fremde Saatwaare zu erwerben suchen. Die 
iusgestellten Muster in Roggen und Weizen sind 
größtentheils vorzüglich. Die Spelz ist gut. 
*Mit dem 1. September wurde in Bayern 
die erste allgemeine Fernsprechstation in Betrieb ge⸗ 
setzt und zwar ist diese Ehre der Stadt Ludwigs- 
hafen zugedacht worden. 
R Zeugen, welche zwar vor Gericht recht⸗ 
zeitig erscheinen, aber vor Beendigung der Haupt⸗ 
derhandlung ohne Genehmigung des Vorsitzenden 
yon der Gerichtsstelle sich entfernt haben, unterliegen 
denselben Strafen, als wenn sie gar nicht erschienen 
vären (nach einem neuerlichen bayerischen rebisions⸗ 
zerichtlichen Beschlusse). 
— Zweibrücken, 2. Sept. Die „Zw. Z.“ 
chreibt u. A.: Einfach, aber wahrhaft erhebend 
st die Sedan-Feier hier begangen worden; 
es war wieder eine rechte patriotische Herzstärkung, 
deren wir gestern theilhaftig geworden, und die Ari 
ind Weise, wie die Krafte zusammengewirkt haben, 
um den Forderungen einer solchen Feier vollauf 
zerecht zu werden, zeugte lebendig davon, daß hier 
der VPatriotismus Gemeingut ist im weitesten Wortsinn 
— Kaiserslhautern, J. Sept. Unser junger 
dandsmann Herr Jean Raquet, Sohn des Herrn 
dassenfabrikanten Raquet hier, der sich an Bord 
S. M. Schiff „Leipzig“ befindet, hat der Auf⸗ 
zissung der deutschen Flagge auf Angra 
Bequena beigewohnt. 
— Kaiserslautern, 2. Sept. In wür— 
diger Weise hat der Kampfgenossenverein des Sedan⸗ 
ages gedacht, indem zu Ehren des 2. September 
als deutschen Nationalgedenktags, sowie zur Er— 
nnerung an die gefallenen Kameraden eine Depu⸗ 
ation des Kampfgenossen-Vereins an den Stufen 
des Krieger-Denkmales heute Morgen einen Lorheer- 
ranz niedergelegt hat. 
— Kaiserslautern, 2. Sept. Ein fran— 
dsisches Geldstück, welches in der Mitte einer Pappel 
im gesunden Holz (nicht in der Rinde) stak, wurde 
dieser Tage bei Zerlegung dieses Baumes aufge⸗ 
unden. Als der Stamm in einer hiesigen Dampf—⸗ 
ägemühle zu Brettern geschnitten wurde, fiel die 
Münze heraus. Leider schnitt die Säge einen 
leinen Theil von der Münze ab, welcher verloren 
zing. Der Pappelstamm wurde in Loihringen er⸗ 
teigert und hierhergebracht. Die Münze hat auf 
er einen Seite die Prägung eines Bündels Stäbe, 
das Zeichen der Einheit und Kraft mit Eichenkranz 
imgeben, auf der andern Seite die Umschrift: 
Louis XIV. Roi de Prancais“ sowie das Bildniß 
vesselhlen in der Mitte Muf welsche rpäthsoshati