welche um so mehr Aufsehen macht, als man zu
wissen glaubte, daß sich der Reichskanzler im Be⸗—
sitze aller preußischen Orden befinde. Nun hat
der der Kaiser seinem Reichskanzler und Vor—
sitzenden des preußischen Staatsministeriums den
Orden „pour le mérito“ und zwar „mit
Eichenlauͤb'“ verliehen. Eine nicht geringere
Auszeichnung als der Orden soll das Handschreiben
sein, von welchem die Verleihung begleitet ist und
welches, wie zu hoffen steht, der Oeffentlichkeit nicht
vorenthalten bleiben wird.
Berlin, 3. Sept. Ueber Zeit und Ort der
Dreitgiserzusammenkunft sind offizielle
oder auch nur offiziöse Mittheilungen noch nicht
erfolgt, doch gilt für unzweifelhaft, daß dieselbe
im Laufe der nächsten Woche, und zwar auf
russischem Boden stattfinden wird. Und zugleich
zilt hier jetzt als sicher, daß Fürst Bismarck —
nicht, was man eine Zeitlang für nicht ausge⸗
schlossen hielt, Graf Hazzfeld — unsern Kaiser
begleitet. Eine offiziöse Stimme aus Petersburg
urlheilt über die Bedeutung der Zusammenkunft:
Die Begegnung wird eine solenne Bekräftigung
des trefflichen Einvernehmens bilden. welches zwischen
Rußland und den beiden alliirten Kaisermächten er⸗
freulicherweise schon seit längerer Zeit besteht. Die
wohlthuende Wirkung dieses Einvernehmens für
den Frieden und besonders für die Ruhe im Orient
ist anläßlich der bulgarischen Wirren, der —X
garischen Bewegung, der Frage der Ernennung
eines neuen Generalgouverneurs in Ostrumelien
u. s. w. zu markant zutage getreten, als daß nicht
Jeder, dem die Erhaltung geordneter und friedlicher
Zustände in Europa am Herzen liegt, die bevor⸗
stehende Entrevue, die ein Unterpfand der Fort⸗
dauͤer dieses Zustandes bilden wird, mit herzlichster
Sympathie begrüßen sollte.“
Berlin, 8 Sept. Nach hier eingegangenen
Nachrichten aus Litthle Popo, an der Dahome⸗
Küsie gelegen, hat Herr Dr. Nachtigal, der
auf der „Hövre“ im Auftrage des Deutschen Reiches
eine besondere handelspolitische Mission an der
Westküste Afrikas zu erfüllen hat, diese Stadt unter
deuisches Protektorat genommen. Die Eingeborenen
sowohl wie die europäischen Kaufleute sind durch
dieses Vorgehen sehr befriedigt.
Kiel, 3. Sept. Die Kieler Handelskammer
hat heute eine Vorstellung betreffend die Subven⸗
liomirung zu errichtender Postdampfschiffs—
perbindungen zwischen Deutschland und Ost⸗
asien sowie Australien an den Reichskanzler Fürsten
Bismarck abgesandt, in welcher kurz zusammengefaßt
folgende Gesichtspunkte niedergelegt sind: „Für das
Zustandekommen direkter Postdampfschiffslinien zwi⸗
schen Deutschland einerseits und Ostasien sowie
Australien andererseits fallen ins Gewicht, a. die
Rücksicht auf die Pflege und Förderung unserer Ab⸗
satzverhältnisse mit jenen Ländern, b. die Rüchicht
auf die postalischen Interessen, e. die Rücksicht auf
die Förderung des deutschen Schiffbaues, d. die
Rüchsicht endlich auf die Unterstützung der kolonial⸗
politischen Bestrebungen Deutschlands.“ Aus diesen
entscheidenden Gründen nicht nur wirthschaftlicher,
sondern auch nationaler Natur ersucht die Kammer
den Fürsten Bismarck, „in dem Bestreben für das
Zustandekommen der Postdampfer · Subventionsvor⸗
lage nicht zu erlahmen.“
Ausland.
Bern, 3. Sept. Die Diözesankonferenz hat
sich auf die Vorschläge des Bundesrathes (aposto⸗
lisches Vikarial Tessin und Neugründung eines Bis—
thums Basel) geeinigt. Der Bundesrath gibt heute
den Delegirten ein Diner.
Rom, 1. Sept. Die pöädstliche Enzyklika
ordnet speziell Gebete für den Monat Oktober an,
auf daß der Kirche die Freiheit zurückgegeben und
die Menschheit vor Epidemieen bewahrt werde. An
allen Tagen des Monats soll in den Pfarrkirchen
sowie in den der hl. Jungfrau geweihten Kirchen
der Rosenkranz vor ausgesetztem hochwürdigsten Gut
gebetet werden. Auch wird die Abhaltung von
Prozessionen da, wo sie gestattet sind, gewünscht.
Den Gläubigen, welche an der Andacht theilnehmen,
werden Ablässe bewilligt.
London, 8. Sept. Nach einer Meldung der
„Times“ aus Futscheu herrscht in Stadt und Ko⸗
ionie jetzt Ruhe. Der Vizekonsul ist zurückgekehrt,
die baldige Rückkehr des Konsuls wird erwartet
Die Pagode steht unter dem Schutze der chinesischen
Truppen. Die Chinesen sind mit der Wiederher⸗
stellung der Forts beschäftigt. Die Ordnung wird
lediglich durch gelandete Mannschaften englischer
and amerikanischer Kriegsschiffe aufrecht erhalten.
lzische Nach richten.
*St. Ingbert, 5. Sept. In Nachstehen⸗
»em wollen wir die Bestimmungen über die Dienst⸗
tunden der Postanstalten an Sonn und Feiertagen
nittheilen, welche infolge der im Landtage gestellten
Anträge sich folgendermaßen äudern: 1) An Sonn⸗
agen werden die Dienslstunden der Postanstalten
für den Verkehr mit dem Publikum auf die Stun⸗
den von 8-9 und 11-12 Uhr Vormittags und
»on 5—27 Uhr Nachmittags beschränkt, während an
den Festtagen, soferne diese nicht auf einen Sonn⸗
ag fallen, die bezeichneten Dienststunden in der
Weise eingeschränkt bleiben, daß von den allgemein
iestgesetzten Schalterstunden sowohl des Vormittags
als des Nachmittags je 2 Stunden ausfallen. 2)
Als Festtage haben zu gelten: a) allgemein: Neu—
uihr, Erscheinung Christi, Charfreitag, Ostermontag,
Fhristi Himmelfahrt, Pfingstmontag, das Allerh.
Heburts- und Namenfest Se. Maj. des Königs.,
Weihnachtsfest und Stephanstag; b) in Orten mit
iberwiegend katholischer Bevölkerung: Maria Rei⸗
nigung, St. Joseph, Maria Verkündigung. Frohn⸗
eichnamsfest, Johannes der Täufer, Peter u. Paul,
Maria Himmelfahrt, Maria Geburt, Allerheiligen,
Maria Empfängniß, sodann der Gedenktag des
Bisthumspatrones der einschlägigen Diözese. 83) Bei
Postanstalten, mit welchen Telegraphenstationen mit
zeschränktem Tagesdienste vereinigt sind, findet an
Sonntagen die für den Schalterdienst eingeführte
Beschränkung auch auf den Telegraphendienst An—⸗
wendung. Im Uebrigen bleiben die für den Tele—
zraphenverkehr vorgeschriebenen Dienststunden von
den Beschränkungen der Dienststunden für den Post⸗
dienst unberührt. 4) Die Bestellung von Briffen,
Zeitungen nud Fahrpostsendungen im Postorte hat
in Sonntagen und den bisherigen Festtagen mit
Unterbrechung während des Vormittags-Haupt⸗
jottesdienstes, bis zum Nachmittags-Schalterschluß
jattzufinden und von da an für den Rest des
Tages zu unterbleiben. An den neu zugegangenen
Festtagen (Erscheinung Christi, Maria Reinigung,
5t. Joseph, Maria Verkündigung, Johannes der
Täufer, Peter und Paul, Maria Geburt, Maria
ẽmpfängniß und Gedenktag des Bisthumspatronats),
owie in Orten mit überwiegend kath. Bevölkerung
imn Charfreitag hat eine Beschränkung des Bestell⸗
dienstes mit Ausnahme der Unterbrechung während
des Vormittags⸗Hauptgottesdienstes nicht einzutreten.
5) Für den Landbestelldienst gelten die bisherigen
Bestimmungen und findet eine Beschränkung des⸗
elben an den unter Ziffer 4 besonders bezeichneten
Festtagen ebenfalls nicht statt.
* Am Sonntag, den 16. September, feiert der
Verein „Nemetia“, ein zumeist aus jüngeren
Lehrern gebildeter Bund, welcher unter Voraus⸗
'etzung strenger Intimität und Solidarität wissen⸗
chaftliche Ausbildung erstrebt, zu Neustadt a. d.
Zaardt im Lokal „Postmühle“ sein 3. Stiftungsfest.
Rachmittags haben auch Freunde des Bundes Zutritt.
— Kaiserslautern, 3. Sept. Das Re—⸗
sultat des heurigen Herbstsaatgutmarktes
ist als ein sehr vorzügliches zu bezeichnen. Es
wurden im Ganzen verkauft: 1635 Ztr. Roggen
zu Mk. 15,627, 118 Ztr. Weizen zu Mt. 1305,50,
42 Ztr. Spelz zu Mk. 881 und schließlich 4,10
Ztr. Wicken zu Mk. 61,50, in Summa also: 1800
Ztr. Saatgut zu 17,275 Mark.
— Gestern stellte ein den Markt in Kaisers—
lbaustern besuchender Ackerer von Alsenborn sein
Pferd in den Stall eines Miethslokales am Markte.
Dder Hausknecht des letzteren führte das Thier jedoch
pieder aus dem Stall und band es im Hofe an
iner Krippe leider derart mit einem Stricke um
Nase und Mund fest, daß es erstickte und zum
Schrecken seines Eigenthümers, als er es holen
wollte, verendet war.
— Bergzabern, 2. Sept. Die Bahyerische
ↄypotheken⸗ und Wechselbank machte der hiesigen
Feuerwehr ein Geschenk von 200 Mark zur An—⸗
chaffung eines Hydrophors. — Der Stadtrath hat
den Schluß der Weinberge angeordnet.
— Edenkoben, 3. Sept. Der „Gegen⸗
vart“ geht die Mittheilung zu, daß der stud. jur.
Bernhard Regensburger aus Karlsruhe gestern beim
Baden im Rheine ertrunken ist.
— Frankenthal, 3. Sept. Gestern wurde
»on Herrn Amitsrichter Dercum in Begleitung
weier Gendarmen und eines Gerichtsschreibers bei
nicht weniger als 4 Arbeitern Haussuchung nach
Lokale und pfi
ozialistischen Schriften vorgenommen, wobei elliche
Schriften sozialistischen Inhalts mit Beschlag belegt
wurden. Ferner wurde auch in Ophau Haussuchun
abgehalten.
— Landau, 3. Sept. Das Hru. Hilgard
zehörige Schlößchen in St. Johann bei Albers.
veiler wurde dieser Tage sammt den dazu gehörigen
Brundstücken verkauft. Die Käuferin soll angebiich
eine russische Grafin sein. Den Kaufpreis konnlen
wir nicht in Erfahrung bringen. (E.)
— Bellheim, 3. Sept. Aus dem heute
Nachmittag um 2 Uhr 80 Min. von Wörth hie
intreffenden Zuge wurde ein Feldwebel vom 23.,
Infanterieregiment in Straßburg herausgeschafft,
der während der Fahrt von Rülzheim hierher ein⸗
Stichwunde in die Brust erhalten hatte. Der Feld—
webel hat 13 Reservisten zu eskordiren und scheint
mit einem derselben in Streit gekommen zu sein,
velcher die Verwundung zur Folge hatte. Als der
Zug auf der hiesigen Station stillstand, versuchte
der Thäter zu entwischen, indem er unter einem
Wagen durchschlüpfte; er wurde aber auf der an
Seite von dem Zugführer festgehalten und gebunden,
während der Feldwebel, dessen Wunde keine allzu
bedeutende zu sein scheint, provisorisch verbunden
wurde. Beide setzten dann in dem erwähnten Zuge
die Reise nach Germersheim fort, woselbst der Feld—
webel in das Militär⸗Lazareth, der Reservist n
Arrest gebracht wurde.
Vermischtes.
F Zur FSrinnerung an den Tag von
Sedan wollen wir die Geschichte einer Depesche
erzählen, welche, soweit uns bekannt, noch niemals
deröffentlicht worden ist, aber wohl werth erscheint,
her Vergessenheit entzogen zu werden. Hier ist sie:
Das große historische Ereigniß, die Kapitulation von
Sedan und die Gefangennahme Napoleons LUI.
nebst seiner Armee von 80,000 Mann, welches
einen Wendepunkt für die Geschicke und Geschichte
Deutschlands und Frankreichs bildete, wurde sofort
in Sedan der Feldtelegraphie zur Weiterbeförderung
aach Deutschland übergeben. Diese Depesche ging
zunächst ungehindert nach Clermont, einem kleinen,
im Argonner Wald gelegenen Orte zwischen Verdun
und St. Menehould, wo sich damals das Haupt—
quartier des Kronprinzen befand. Von dort sollte
die Depesche nach Bar⸗le⸗Duc weiter befördert werden.
Zwischen Clermont und dem durch seine Pasteten⸗
bäckerei weltberühmten Bar⸗le⸗Duc war aber gerade
in dieser Zeit die telegraphische Verhindung gestört,
und die im letztgedachten Orte einquartierte General⸗
Etappen-Inspektion der III. Armee hatte bereits
mit der schleunigen Revision und Wiederinstand⸗
setzung der gestörten Linie einen Telegraphen-Sekretär
deauftragt, welcher, zu diesem Behufe mit Wagen,
Telegraphenapparaten und Utensilien ausgerüstet,
die Telegraphenleitung von Bar⸗le⸗Duc in der Rich⸗
tung nach Clermont untersuchte. Inzwischen hatte
man in Clermont wegen der gestörten telegraphischen
VBerbindung einen bayerischen Chevauxrleger
beauftragt, die ausgefertigte Depesche nach dem et⸗
pas über sieben Meilen entfernten Bar-le⸗Duc, der
rächsten Telegraphen-Station, so schnell als möglich
u überbringen, und gleichzeitig war derselbe ermächtigt
vorden, allen ihm unterwegs begegnenden Militär⸗
)ersonen von dem Inhalte der Depesche mündlich
Mittheilung zu machen, was der brave bayerische
Reitersmann auch redlich ausgeführt hat. Als in⸗
wischen der oben erwähnte, von Bar⸗le⸗Duc kom⸗
nende Telegraphen⸗-Sekretär den nach Clermont
ührenden Weg uͤngefähr zur Hälfte zurückgelegt und
ben noch mittelst eines NMorse-Apparats durch An—
rufen der Station Bar⸗le⸗Due festgestellt hatte, daß
die Verbindung rückwärts noch ungestört sei und
aß die vorhandene Störung der Leikung noch weitet
»orwärts in der Richtung nach Clermont liegen
müsse, sah er plötzlich auf der Landstraße eine Staub⸗
volte aufwirbeln und unmittelbar darauf in rasen—
dem Galopp den „Purrah' schreienden bayerischen
Fhevauxleger heransprengen, welcher die bewußte
Depesche iriumphirend hochhielt. Der Telegraphen.
Sekretär erfuhr jetzt von dem herangaloppirenden
Bayern den Inhait der Depesche, und nachdem er
noch das Original derselben zum Durchlesen sich
hatie zeigen lassen, telegraphirte er sofort diesen
horfall Und den Inhalt der soeben gelesenen Debesche
nach Bar-lerDuc an seinen Vorgesetzten, den
Telegraphendirektot Oxford, welcher wiederum
ungefäumt die empfangene Nachricht telegraphisch
über Nancy nach Frankfurt a. M. sandte. Desen
bis jetzt nirgends bekannt gewordenen Umstandeen