Full text: St. Ingberter Anzeiger

„zu danten, daß jenes große Ereigniß etwa2 
5tunden früher in Deutschland bekannt 
eworden ist; denn als der bayer. Chevbauxleger, 
lcher den über sieben Meilen betragenden Weg 
wischen Clermont und Bar⸗le⸗Duc in der verhält⸗ 
ißmäßig kurzen Zeit von 314 Stunden zurückgelegt 
atte, am letztgenannten Orte mit der Depesche an⸗ 
am, konnte der seit etwa zwei Stunden überall 
is offiziös verbreitete Inhalt derselben nunmehr 
ffiziell bestätigt werden. Jener brave bayerische 
gdeiter, welchem bei seiner Ankunft in Bar⸗le⸗Duc 
ron dem anstrengenden Ritt und von dem vielen 
5prechen und Schreien förmlich der Schaum vor 
em Munde stand, wurde noch an demselben Abend 
m Hotel de Metz zu Bar⸗le⸗Duc in einem glän⸗ 
enden Kreise von Offizieren und höheren Militär— 
eamten festlich bewirthet, wobei zur Feier des 
dages der Champagner in Strömen floß. Die 
reistung unseres braven Bahern ist nicht zu unter⸗ 
chätzen, wenn man bedenkt, daß derselbe sieben 
Meilen fast ohne Unterbrechung im schärfsten Ga— 
opp gerilten ist und dabei noch Zeit gefunden hatte, 
illen ihm begeanenden Militärpersonen von der 
vichtigen Depesche, deren Träger er war, Kenntniß 
u geben. Wenn daher am 2. September so man—⸗ 
hes Glas zur Erinnerung an jenen denkwürdigen 
cag geleert wird, so erscheint es nicht unbillig, 
uuch jenes schlichten bayerischen Reitersmannes zu 
edenken, welcher zwar nur einer Pflicht genügend, 
ennoch aber mit einer anerkennenswerthen Auf⸗ 
pferung und Begeisterung sich der ihm gewordenen 
lufgabe entledigt hat. Es wäre nicht uninteressant, 
venn festgestellt werden könnte, wer jener baye— 
rische Soldat gewesen und ob derselbe zur Zeit 
wch unter den Lebenden weilt. 
(Altdeutsche StrafederRahrungs— 
rrtelverfälschung.) In des Rathschreibers 
zalthasar Müllner Annalen der Reichsstadt Nürn⸗ 
zerg, welche als archivalisches Manuskript im dor—⸗ 
igen Rathhause verwahrt werden, finden sich unter 
ielen anderen für die deutsche Rechtspflege des 
Nittelalters hochinteressanlen Aufzeichnungen einige 
dotizen über die Bestrafung von Nahrungsmittel- 
derfülschern, deren drakonische Grausamkeit die 
härte der blutigen, veinlichen Halsgerichtsordnung 
daiser Karls V. weit übersteigt. Die gedachten 
Annalen verzeichnen: 1456. Hans Kölbel, Bürger 
u Nürnberg, und Lienhard Frey v. Thalmessing 
wegen Fälscherei des Saffcans und anderen Ge⸗ 
oürzes, mit sammt ihrer gefälschten Waare 
rreitags nach Misericordias lebendig verbrannt 
und die Pfragnerin, die dazu geholfen, le— 
»endig vergraben, Montags nach Bonifacii. 
459. Ulrich Heydenheimer, Bürger zu Nürnberg. 
»er den Wein (ungegipsten?) so er zu Kauf hielt, 
nit Wasser vertäufet, aus besunderen Gnaden beide 
hren abgeschnitten. — 1464. Margaret Weßnerin, 
Ffragnerin zu Nürnberg, die falsche Gewichte ge⸗ 
ühret, lebendig neben dem Galgen begraben. 
Grüher Winter.) Von einem erfahrenen 
veflügelzüchter wird mitgeteilt, daß in diesem 
jahre die Mauserung der Vögel und des Geflügels 
ugewöhnlich frühzeitig eingetreten ist, woraus auf 
inen sehr früh eintretenden und kalten Winter zu 
chließen sei. 
Ein Roman von SchultzeDelitzsch, 
etitelt Die Philister“ wird den neuen Jahrgang 
er Otto Janke'schen Deutschen Romanzeitung er— 
fnen. Ueber den Inhalt wird mitgetheilt, 
aß derselbe nicht, wie man vermuthen würde, so— 
alpolitischer Tendenz ist. Der Roman ist vielmehr 
— aus dem Ende der vierziger 
ahre. 
Straßburg. Diejenigen Altftraßburger, 
velche nach dem Kriege nach Frankreich ausgewan- 
ert waren und jetzt zurückkehren, sprechen sich voll 
ewunderung und Anerkennung darüber aus, wie 
hre sich seither Straßburg zu feinem Vortheil ver— 
ndert hat. Wahrend es früher eine stille, durch 
ne Festungswecke eng eingeschnürte, ungesunde 
zarnisonstadt von 800, 000 Finwohnern war, und 
uußger dem Münster kein monumentales Bauwerk 
ifzuweisen hatte, ist es jeßt Haupistadt eines nicht 
bedeutenden Landes, zählt 110,000 Einwohner, 
it eine ganze Reihe monumentaler Neubauten, 
die gesundheitlichen Verhältnisse wesentlich ge— 
ert und ist im Begriff, sich zu einem Emporium 
rSüdwestdeutschland emporzuarbeiten. Die Stadi 
allerdings gezwungen gewesen, jüngst die erste 
nleihe in Höhe von 7 Millionen Mk. aufzunehmen; 
nan erkennt jedoch, daß sie damit eine produktive 
lusqabe gemacht hat. Ueberdies sind die Finanz⸗ 
erhältnisse Straßburgs glänzend. Der Gesammt⸗ 
verth des städtischen Vermögens belaäuft sich auf 
ungefähr 424 Millionen Mark. 
F Frankfurt a. M., 80. Aug. Die Herr⸗ 
chaften geben oft bei Entlassung ihrer Dienstinäd⸗ 
hen die verschiedensten Gründe an. Die eine 
düchenfee wird wegen nächtlichen Ausbleibens, die 
indere wegen Faulheit, die dritte gar wegen Un⸗ 
cedlichkeit fortgejagt. Neu dürfte aber der folgende 
Brund zur Dienstentlassung sein. Wir lesen näm— 
ich in einem uns vorliegenden Dienstbuche: „Ich 
sabe die Inhaberin dieses Buches sofort entlassen, 
beil sie mir ungeachtet mehrmaliger Verwarnung 
fffenbar in böswilliger Absicht meinen Salatlöffel 
ils Schuhhorn benutzte. Dieses Horu dient be— 
anntlich zur Erleichterung des Schuhanziehens. 
F Bonn, 2. Sept. General-Feldmarschall 
derwarth v. Bittenfeld, Chef des J. westph. 
znf.Regts. Nr. 13, ist heute Vormittag 9 Uhr 
ahier gestorben. — Der Kaiser richteie an die 
zamilie des Verstorbenen folgendes Telegramm: 
Berlin, Palais, 2. Sept. Soeben erfahre Ich das 
lbleben des Feldmarschalls von Herwarth, eines 
Nannes, den Ich von Meinem frühesten Militär— 
intritt kannte, und zu dessen raschem Emporsteigen 
ch vielfach beitragen durfte. Ueberall ein edler 
r5harakter, trefflicher Soldat und der treueste Diener 
einer Könige, war er mir ein nahestehender Freund. 
Nein Schmerz ist der Theilnahme gleich, die Ich 
Ihnen hiermit bei dem Verluste eines soichen Vaters 
und Ehrenmannes aussprechen muß. Wilhelm.“ 
FAugsburg, 1. Sept. Nachdem der 
Braumeister A. Steinhauser aus Ehingen bei Ulm 
m „Augsburger Kurier“ eine Bierkläre per Liter 
um 1 Mark als „gesetzlich erlaubtes Mittel“ an— 
dietet, gibt der Stadtmagistrat Augsburg bekannt, 
»aß solche Bierklärmittel in Bayern verboten sind 
uind zur Bierfabrikation in Bayern nur Gerstenmalz 
ind Hopfen verwendet werden dürfe. Der Magistrat 
ah sich dazu veranlaßt, damit nicht durch Still⸗ 
hweigen der Behörde ein Irrthum entstehen könne. 
F München. »Am 30. August wurde hier 
der folgende raffinirte Betrug ausgeführt. Ein 
Fremder, elegant gekleidet, mit vornehmen Allüren, 
aufte in einem Bankgeschäft für 18,000 Mark 
Japiere und bat, dieselben in seine Wohnung, Heß— 
kraße 25, zu senden. Der Bankbote fand den 
Fremden zu Hause, welcher die Papiere in eine 
m Zimmer befindliche Kommode legte, dieselbe 
verschloß und mit den Worten: der Kassenbote 
verde das Geld gleich erhalten, in das Nebenzimmer 
zjing. Von hier aus verschwand er und, während 
er Bankbote wartete, verkaufte der Fremde die 
Zapiere in anderen Bankhäusern, um mit der Baar⸗ 
haft zu verschwinden. Die Rückwand der Kom— 
node hatte eine Oeffnung, in der Mauer zeigte 
ich ein Loch, und so war der Diebstahl ausgeführt. 
Auf die Ergreifung des Diebes, welcher sich Archi⸗ 
ekt Viktor Rudorff aus Prag nannte, sind 2000 
Mark Belohnung ausgesetzt. — Der Gauner ist 
ereits eruirt. Derselbe heißt in Wirklichkeit Hans 
d. Unwerth, anno 1847 in Sireckow (Pommern) 
seboren, war Sekondelieutenant in Saarlouis und 
yon zu 8 Jahren Gefängniß in ähnlichem Falle 
erurtheilt. 
F Gas Weckerbett) In Kassel ist gegen⸗ 
värtig eine interessante Sehenswürdigkeit am Wall 
ausgestellt, das elektrische Weckerbett, welches, je 
nach dem die Uhr gestellt wird, zu jeder beliebigen 
Zeit den Schläfer weckt und diesen, falls er nicht 
on selbst aufsteht, schließlich in drastischer Weise 
»azu zwingt. Der Verlauf des Weckens ist, nach 
»er „K. Ztg.“, folgender: Zunächst ertönen zwei 
Blocken einige Zeit, während ein in der Nähe des 
Zettes stehendes Licht sich entzundet. Bald darauf 
vird dem zaudernden Schläfer durch unfichtbare 
draft urplötzlich die Schlafmütze vom Kopfe gezogen; 
u gleicher Zeit wird durch Elektrizität eine unter 
einer Kaffeemaschine stehende Spirituslampe ange— 
bhrannt. Die Töne einer Spieldose sind eine weitere 
Mahnung zum Aufstehen. Da die Musik nichts 
ilft, ertönen nochmals die elektrischen Glocken. Als 
etzte Warnung steigt an der Seite des Bettes ein 
zZettel mit der schriftlichen Aufforderung: „Rrrraus!“ 
mpor. Der Nichtbeachtung dieses Wortes folgt 
ilsbald die Strafe: Der unverbesserliche Schläfer 
vird einfach aus dem Bette geworfen. 
F Aus Magdeburg, 30. Aug., wird der 
Magdeburger Ztg.“ berichtet: Heute früh hat sich 
eim Bespann⸗Exerziren der 1. Batterie des Magde— 
urgischen Feldartillerieregiment Nr. 4 auf dem 
Felde zwischen Cracau und Prester ein schreckliches 
Unglück zugetragen. Bei einer in scharfer Gangart 
uusgeführten Schwenkung der Batterie stürzte das 
Stangensattelpferd des vierten Geschützes mit seinem 
steiter, dem infolge dessen das eine Rad der Protze 
über den Rücken fuhr. Außerdem schlug das Ge⸗ 
chütz um und das Geschützrohr rücküber wodurch 
inem auf der Protze sitzenden Ktanonier der Kopf 
Jerschmettert wurde, sodaß derselbe augenblicklich todt 
var. Drei andere Kanoniere erlitten noch Arm- 
oder Beinbrüche und sonstige Verletzungen. Die 
Schwerverletzten wurden sofort in das Garnisons 
lazareth geschafft. 
FHamburg, 4. Sept. Eine deutsch⸗afri⸗ 
lanische Handelsgesellschaft hat sich hier gebildet mit 
einem Kapital von 500,000 Mi. 
FGAbenteuer eines Walfisches.) Als 
ein interessantes und beim Betriebe der unterseeischen 
cabel dielleicht einzig dastehendes Ereigniß entnehmen 
wir der „Times“ folgende, denselben von dem Vor⸗ 
iitzenden der westamerikanischen Telegraphengesellschaft 
zugegangene Mittheilung, welche erkennen läßt, wie 
verhängnißvoll ein Angriff auf ein unterseeisches 
Telegraphenkabel für einen Walfisch ausfallen kann. 
Das Kabel der genannten Gesellschaft war sieben 
Tage lang unterbrochen und wurde von dem für 
die Ausbesserung desselben bestimmten Dampfers 
wieder hergestellt. Der von dem Kapitän dieses 
Schiffes der Gesellschaft erstattete Bericht über die 
Ursache der Störung lautete im Auszuge folgender⸗ 
naßen: „Als wir das Kabel in einet Länge von 
21 Knoten aufgefischt hatten und mit dem wiiteren 
Auffischen desselben noch beschäftigt waren, kam ein 
ungeheurer Walfisch, welcher sich in das Kabel ver— 
trickt hatte, an den Bug des Schiffes herauf. Er 
chien ungefähr 70 Fuß lang zu sein. In seinem 
Zampfe, sich zu befreien, schnitt das Kabel sich 
tief in seine Seite, sodaß das Eingeweide und 
zroße Blutströme hervorquollen. Im letzten Todes⸗ 
ampfe zerschnitt er das Kabel an den Kanten des 
BZugs und trieb dann nach der Windseite fort. 
Ddas Kabel war in Form eines Drahtseils unge⸗ 
ähr zwei Klafter weit aufgeflochten und an sechs 
erschiedenen Stellen schien es so tief durchgebissen 
uu sein, daß der Verkehr gehemmt werden mußte. 
ẽs unterliegt keinem Zweifel, daß der Walfisch die 
Zlörung verursacht hat.“ Diesem Bericht fügt der 
n Amerika stationirte Agent der Gesellschaft noch 
Folgendes hinzu: „Die Ürsache der Stoörung war, 
vie in Kapitan Morton's Bericht schon zum Aus⸗ 
druck gebracht worden ist, ein ungeheurer Walfisch, 
velcher sich in die Schlingen des Kabels verwickelt 
atte und sieben Tage lang gefangen gehalten wurde. 
Die Störung des Kabels war eine recht unglückliche, 
mmerhin gereicht es aber zur Befriedigung, zu 
erfahren, daß das Kabel nicht nachgegeben hat, und 
un der Stelle, wo es aufgefischt wuͤrde, sowohl die 
Imhüllung als auch die Seele in fast ebenso voll- 
kommenem Zustande befunden wurden und ein 
ebenso gutes Aussehen bewahrt hatten, als an dem 
Tage der Legung des Kabels.“ 
fDie Zahl der bis jetzt in Frankreich der 
Tholera Erlegenen dürfle 4000 erreichen. In 
Marseille waren bis 1. d. M. 1620 Personen der 
Tholera zum Opfer gefallen. 
F Rom, 2. Sept. Gestern sind in den von 
der Cholera infizirten Provinzen 151 Erkrankungen 
und 45 Todesfälle vorgekommen. 
F Rom, 3. Sept. Cholera- Nachrichten. 
Bestern sind in den Provinzen Alessandtia 1Er— 
kcankungs⸗ und 1 Todesfall, Bergamo 22 Erkran—⸗ 
ungs⸗ und 8 Todesfälle, Campobasso 5 Erkrankungs⸗ 
und 5 Todesfälle, Caseta J Erkrankungsfall, Cuneo 
29 Erkrankungs- und 17 Todesfälle, Genua 21 
Erkrankungs- und 16 Todesfälle, Massa e Carrara 
11 Erkrankungs- und 9 Todesfälle, Modena 8 Er— 
krankungsfälle, Stidt Neapel 122 Erkrankungs⸗ 
und 69 Todesfälle, Provinz Neapel 5 Erkrankungs⸗ 
und 2 Todesfälle, Parma 4 Erkrankungs- und 5 
Todesfälle, Turin 9 Todesfälle vorgekommen. 
FMadrib, 8. Sept. Nach amtlicher Mel⸗ 
dung sind seit dem 29. August in Alicante 5 und 
in Novelda 42 Cholerafälle vorgekommen. 
Gestorben: in Leinsweiler Frau Kath. Wis⸗ 
sing, geb. Ruckstuhl, 61 J. a; in Klingenmün⸗ 
ster Wilhelmine Hugo, 61 J.'a.; in Kaisers⸗ 
autern Christian Hager, 48 J. a.; in Albisheim 
Frau Friederika Morgenthaler, geb. Mager⸗ 
curth. 49 J. a.; in Neuhofen Jakob Fischer II., 
536 J. a.; in Frankenthal Jakob Emrich Marki— 
Sternefalle.