Full text: St. Ingberter Anzeiger

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ðzt. Instherter Amzeiger 
Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert. 
er „St. Ingberter Anzeiger“ erscheint woͤchentlich fünfmal: Am Montag, Dieustag, Donnerstag, Samstag und Sonntag; 2mal wöchentlich mit Unterhaltungs 
zati und Sonntags mit Sseitiger illustrirter Beilage. Das Blatt kostet vierteljährlich 1 A 60 A einschließlich Trägerlohn; durch die Post bezogen 1 75 , einschließlich 
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Politische Uebersicht. 
Deutsches Reich. 
München, 5. Sept. Bei dem deutschen 
tronprinzen, als Oberschiedsrichter der diesjährigen 
daisermanöver des 7. und 8. Armeekorps am Rhein, 
tu. A. auch in Thätigkeit der k. b. Hauptmann 
jrhr. von und zu der Thann⸗-Rathsamhausen, kom⸗ 
nandirt zum Großen Generalstabe und zur zeitweiligen 
dienstleistung bei der 4. Armee⸗Inspektion. 
Berlin, 5. Sept. Der neue Reichstag tritt 
ꝛereits Anfangs November zusammen; die Wahlen 
inden bestimmt Mitte Oktober statt. 
Berlin, 5. Sept. Gestern sind die Manövber 
zer beiden Kavallerie-Divisionen des 5. und 6. 
lrmeekorps bei Rawitsch beendet worden. Es sind 
vährend derselben seitens unseres schneidigen Reiter⸗ 
ahrers, des Prinzen Friedrich Karl, die höchsten 
Unforderungen an die Leistungsfähigkeit von Mann 
mnd Roß gestellt worden, und soweit man hört, 
ind die Uebungen zur vollsten Zufriedenheit ausge- 
uhrt worden. Das Schiedsrichteramt hatte Prinz 
eopold von Bayern übernommen, der sich dem— 
nächst auch an den rheinischen Mansövern betheiligen 
pird. Die gestrigen Uebungen der beiden Kavallerie⸗ 
didisionen gegeneinander endeten mit einer groß⸗ 
tigen Parade der sämmtlichen, nahezu 5000 Reiter, 
ie Prinz Friedrich Karl dem Kronprinzen vorführte 
„ährend Prinz Leopold von Bayern als oberster 
rchiedsrichter dem ersten Regimeni cotoyirte. Beim 
jorbeiritt des achten Dragoner⸗Regiments, bessen 
chef der Kronprinz, sprengte dieser an die Spitze 
eeselben und führte den Prinzen Friedrich Karl 
or. Heute ist der Kronprinz wieder hierher zurück- 
elehtt und auch Prinz Friedrich Karl ist wieder 
uf dem Jagdschloß Glienicke eingetroffen. Da das 
zefinden des jüngst gebornen Prinzen Adalbert zu 
wstlichen Sorgen keinen Anlaß gibt, ist Prinz 
Bilhelm noch gestern Abend von Potsdam zurück 
ckommen und dem ersten Garde⸗Regiment ins 
lanöverterain nachgefahren. 
Berlin, 6. Sept. Der Minister des Innern 
at angeordnet, daß die Abgrenzung der Wahlbezirke 
ind Anlegung der Wählerlisten fuͤr die Reichs⸗ 
agswahlen unverzüglich erfolge. 
Berlin, 6. Sepi. Lüderitz hat, nach 
mem Bremer Telegramm der „K. 3.“ aus Cap⸗ 
adt die telegraphische Nachrichi erhalten, daß die 
urch ihn geschehene Erwerbung des ganzen Küsten- 
niches nordwäͤris, seiner älteren Besitzung Angra 
sequena bis zum Tap Frio, jedoch mit Ausschluß der 
Lalfischbai, eine Strecke von eiwa 120 geographischen 
eilen, durch Aufhissen der deutschen Flagge als 
cusches Gebiet anerlannt worden ist. Damit is 
en Engländern geschehen, was sie Herrn Lüderitz 
undacht hatten: ihre Besißung (Walfischbai in 
X gesetzt“). 
Berlin, 6. Sept. Sir Robert Morier, 
enwärtig englischer Gesandter in Madrid, soll 
Ad Ampthills Nachfolger ols Botschafter Eng 
ands in der deutschen Reichshauptsiadt werden. 
r bennt Deuschiaud gruntgtrendi— 
Dad „und er ist wirklich ein sehr fähiger 
plemat. Ueberdies hat er ale die allen Uther— 
erungen, die ihn dem preußischen Hofe annehm⸗ 
aer machen würden und er würd⸗ mit Fürst Bis⸗ 
innd besser auskoinmen als mit irgend Jemand 
iders. Sir Robert Morier ist persona grata bei 
J Ronigin Victoria und der Kronprinzefsin von 
Aun wland. Er war ein vertrauter Freund der 
rohberzogin Alice von Hessen. während er in 
Montag, 8. September 1884. 
Id. Jahrg. 
darmstadt beglaubigt war. Lord Granville's plötz—- 
iche Reise nach Osborne in voriger Woche stand 
mit dieser Angelegenheit im Zusammenhange. 
Ausland. 
Paris, 6. Sept. Da seit einigen Tagen keine 
NRachrichten von dem Schauplatz der Operationen 
er französischen Flotte vo rliegen, so ist die Spannung, 
vas Admiral Courbet nun vornehmen werde, eine 
illgemeine. Man sucht in den von der Regierung 
seeinflußten Blättern zu erfahren, was im Werke 
sei und diese Blätter geben denn auch, wenn auch 
nicht ganz bestimmte Auskunft. So schreibt „Paris“: 
Die „Times“ behauptet, daß die Besetzung der 
Minen von Formosa Frankreich nichts eintragen 
vird. Wir haben Grund zu der Annahme, daß 
zie Engländer sehr eifersüchtig sind, uns dort fest⸗ 
etzen zu sehen. Des Weiteren glauben wir, daß 
die Chinesen ebenfalls nicht sehr befriedigt sein 
verden, eine Besitzung zu verlieren, auf die sie so 
ehr hielten. Unsere Seeleute kennen Kelung besser 
ils die Engländer, und wissen genau, welche Vor⸗ 
heile sie aus dieser Stadt werden ziehen können. 
Bir lesen in einem Schreiben aus Tientsin, das 
on einem Manne kommt, der sehr gut gestellt ist 
im die Dinge richtig zu beurtheilen; die nach⸗ 
tehende bezeichnende Phrase: „Die Chinesen in 
Formosa angreifen, bedeutet sie ins Herz treffen.“ 
rzügen wir noch zur Erbauung unserer guten 
reunde, der Engländer, hinzu, daß unsere Attion 
ich nicht auf die Besitzergreifung von Formosa be⸗ 
chränken wird. Die Admirale Courbet und Lespes 
ind an der Arbeit; in vier oder fünf Tagen 
verden wir Nachrichten von ihnen haben. Wir 
sönnen immerhin die Engländer in Betreff Cantons 
zeruhigen. Unsere Streitkräfte werden nicht in 
der Richtung von Canton vorgehen.“ 
Sehr bezeichnend ist die Nachricht, daß der 
„Anti⸗Prussien“ und der „Anti⸗Berlin“ in den 
etzten Zügen liegen; dagegen erscheint — für die 
augenblickliche Lage sehr bezeichnend — heute zum 
exrsten Male ein „Anti⸗Anglais“, dessen Heraus— 
zeber und Redacteur vor der Hand noch anonym 
»leiben. „Auf, gegen die Engländer!“ ist das an 
zie Leser gerichtele Vorwort überschrieben. 
Rom, 7. Sept. Wie verlautet, werden die 
lerikalen Journale demnächst ein Schreiben des 
Zapstes an den) Erzbischff von Florenz ver⸗ 
ffentlichen, in welchem sich der Papst gegen die 
»om Pater Curci in Reden und Schriften empfohlene 
Versohnung des Papstthums mit der italienischen 
Regierung ausspricht. 
Granica wird als Ort der Kaiserzu⸗ 
sammenkunft bezeichnet, die am 15. September 
tattfinden soll. Russische Gendarmen sollen die 
Bahnstrecke Warschau⸗-Wien bewachen, und auf jeden 
Feuer geben, der den Zuruf: „Fernbleiben!“ un⸗ 
ꝛeachtet läßt. Kaiser Wilhelm und Fürst Bismarck 
oslen der Entrebue anwohbnen 
zangener Tage gedachte und die alte Liebe zur 
ebangelischen Wahrheit neu im Herzen sich entfachen 
ließ. Zur Erhöhung der Feier hat wesentlich auch 
der Kirchenchor beigetragen, der seine 2 Chöre in 
zarter Reinheit und doch mit begeisterter Kraft zum 
Vortrag brachte. Es war ein Ehren⸗ und Freuden⸗ 
ag für die aus kleinen Anfängen rasch zu kräftigem 
Bestande erwachsene Gemeinde, die seit 1859 sich 
nehr als verdoppelt hat, — ein rechter Ehren⸗ und 
Freudentag auch für Herrn Dekan Krieger, der es 
an diesem Tage erfahren durfte, wie sehr sein An— 
denken unter uns in Ehren gehalten wird. Möge 
der Gemeinde im zweiten Vierteljahrhundert ihres 
Bestandes innerer Wachsthum und gesegnetes Ge— 
deihen beschieden sein! 
Erfweiler, 6. Sept. Gestern Abend 
rug sich hier ein schrecklicher Unglücksfall zu. Der 
chon betagte Ackerer Becker von' hier führte seine 
dühe auf die Weide. Die eine derselben war erst 
einige Wochen gekauft und noch nicht recht an die 
Weide gewöhnt. Er führte sie deswegen an einem 
Seile, das er zur Vorsicht um den Arm wickelte. 
Auf einmal wurde das Thier scheu und schleppte 
den nichts Ahnenden eine gute Strecke am Boden 
mit sich fort. Bewußtlos wurde derselbe nach 
Hause gebracht, und obwohl alsbald ärztliche Hilfe 
zur Stelle war, verschied der Aermste doch heute 
Nacht, ohne das Bewußtsein wieder erlangt zu 
haben. Wahrscheinlich erlitt derselbe innere Ver⸗ 
letzungen. 
— Kaiserslautern, 7. Sept. In der 
Abortgrube eines Hauses am Storchenthurm wurden 
eine Menge Knochen gefunden, wie ein Gerücht 
sagt, von einem menschlichen Skelett. 
— Einem Bäcker in Oppau wurden ungefähr 
80 Laib minderwerthiges Brod weggenommen und 
auf dem Rathhause unter die Armen vertheilt. 
— Gegenwärtig wird, wie die „Frkth. Zig.“ 
weiter berichtet, in der Nähe des Ortes Mörsch 
an der Chausee nach Frankenthal ein schönes von 
der dortigen Einwohnerschaft an die Ueberschwem⸗ 
nung von 1882/88 gestiftetes Steinkreuz errichtet. 
Die Einweihung desselben wird am Sonntag den 
14. ds. Mis. feierlich begangen werden. 
— Germersheim, 3. Sept. Es geht hier 
das bestimmte Gerücht, daß die hiesige Fesiung er⸗ 
veitert und verstärkt werden soll und daß zu diesen 
Zwecken 1,000,000 Mi. verwendet werden. Für 
unsere Arbeiterbevölkerung eine rosige Aussicht. 
— Speyer, 4. Sept. Herr Regierungs⸗ 
präsident Excellenz Staatsrath v. Braun hat, vom 
Badeaufenthalte zurückgekehrt, heuie wieder die Lei⸗ 
tung der Geschäfte ühernommen. 
Vermischtes. 
F Straßburg, 4. Sept. Die „Union“ 
meldet: Wie uns mitgetheilt wird, ist die „Con⸗ 
rordia“, eine der beliebtesten Straßburger Gesangs⸗ 
gesellschaften, vom Bezirkspräsidenten Back aufge— 
löst worden. Die „Concordia“ hat bekanntlich an 
dem vor einiger Zeit in Besancon stattgehabten 
Sängerfest theilgenommen und zwei Preise errungen. 
F Mainz, 85. Sept. Gestern Nachmittag hat 
iich an dem ersten Pfeiler der Straßenbrücke ein 
dedauerlicher Unglücksfall zugetragen. Die Arbeiter 
waren nämlich damit beschäftigt, einen ca. 830 Zir. 
schweren Stein in die Höhe zu winden, als sich 
zwei verschlungene Kettenglieder wieder lösten, was 
an dem Gerüste einen solchen Ruck verursachte, dafß 
das Gerüst zum Theil zusammenbrach, wodurd 
5 Arbeiter verunglüfkten; zwei derselben sind 
xæAß 
— 
Lakale und pfälzische Nachrichten. 
8. St. Ingbert, 8. Sept. Die hiesige 
protest. Gemeinde beging zur Erinnerung an die 
im 8. Sept. 1859 vollzogene Weihe ihrer Kirche 
jestern eine erhebende Feier, bei welcher Herr Dekan 
drieg er von Kirchhrimbolanden der Festgemeinde, 
vie vor 25 Jahren das Wort entigegenrief: „Er⸗ 
auet euch zum geistlichen Hause!“ Von äußerlicher, 
ärmender Feier des Tages hatte man abgesehen. 
Zein einziger Schmuck war eine dichtgedrängte Ver⸗ 
immlung, die innerlich bewegt und andächtig den 
rgreifenden Worten des Redners lauschte. ver—