Full text: St. Ingberter Anzeiger

xt. Ingherter Atzeiger. 
Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Znabert. 
9 St. Ingberter Anzeiger“ erscheint wbchentlich fünfmalt: Am Montag, Dienstag, Donnerstag, Samstag und Sonutag; 2mal wöchentlich mit Unterhaltung⸗ 
Aait und Sonntags mit Vseitiger illustrirter Beilage. Das Blatt kostet vierteljiährlich 1AM 60 — einschließlich Trägerlohn; durch die Post bezogen 1 75 H, einschließli 
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auf welche die Expedition Auskunft ertheilt, I5 ß, Neclamen 30 . Bei 4maliger Einrückung wird nur dreimalige berechnet. 
* 181. Donnerstag 18. September 1884. 
19. Jahrg. 
Politische Uebersicht. 
„ark Parade zweier Bataillone der beiden Regimenter 
tatt, de ren Chefs Kaiser Wilhelm und Kaiser Franz 
Joseph sind. Die drei Kaiser trugen sämnitlich 
russische Uniform. Ferner anwesend waren die Zarin, 
die Großfürstin Maria Paulowna, die Großfürsten, 
die Generäle, der deutsche Reichskanzler, die Minister, 
Botschafter u. s. w. Vor Beginn des Vorbei⸗ 
narsches unterhielten sich die drei Kaiser, von ihrem 
länzenden Gefolge begleitet, unter anhaltenden 
hurrahrufen der Truppen die Front entlang, in 
er Mitte jedesmal derjenige Kaiser, an dessen Re⸗ 
zjiment die Herrscher vorüberschritten. Darauf 
Formirung in Kompagniekolonnen und Vorüber⸗ 
narsch vor den Majestäten mit klingendem Spiel, 
odann führte der Zar die beiden Regimenter an 
deren Chefs vorüber, darauf Kaiser Wilhelm sein 
Regiment, endlich Kaiser Franz Joseph das seinige 
yor dem Zaren. Die Majestäten zogen sich nun 
ins Schloß zurück und sahen vom Balkon dem 
Abmarsch der Truppen zu. Beide Kaiser sprachen 
em General Gurko ihre wärmste Anerkennung über 
die vorzügliche Haltung der Truppen aus. Das 
nilitärische Schauspiel dauerte etwa 25 Minuten, 
die Minister zogen sich unmittelbar darauf zur ge⸗ 
neinsamen Arbeit zurück. Am Nachmittag 1 Uhr, 
hegaben die Majestäten sich zur Jagd, an der die 
Minister nicht theilnahmen, dann fand im Speise⸗ 
aal des Schlosses ein vertrauliches Diner statt. 
Die Reiseordnungen sind dahin abgeändert, daß 
daiser Wilhelm morgen früh 9 Uhr abreist, Kaiser 
Franz Joseph eine Stunde später. 
Petersburg, 16. Sept. Das „Journal 
de St. Petersbourg“ bezeichnet die Begegnung der 
zrei Kaiser als eine Weihe des bereits bestehenden 
kinvernehmens der drei Reiche und als neue Ga⸗ 
rantie des Friedens. Es handle sich nicht um 
ormelle Allianzen, nicht um bestimmte Spezial⸗ 
ibmachungen. Jede neu enistehende Frage solle 
die Monarchen nicht getrennt, sondern vereinigt 
inden im Entschluß und im gemeinsamen Handeln, 
vo die Interessen gemeinsam, oder wo die Inter⸗ 
ssen divergiren, in der Vereinigung der Interessen, 
o daß Ordnung, Recht und Frieden solidarisch 
jewahrt werden. Für die drei Völker ist die Be—⸗ 
gjegnung der Kaiser ein Pfand der Sicherheit und 
)es Gedeihens. Eine vollständige Gegenseitigkeit 
oll sich befestigen. Gleichzeitig wird man auf das 
Treiben der Verächter der Ordnung, der Anar—⸗ 
histen und Ruhestörer ein wachsames Auge haben. 
Shanghai, 17. Sept. Zweitausend Mann 
ranzösischer Truppen landeten am Kinpai⸗Paß, 
zriffen die chinesischen Streitkräfte an und zer⸗ 
prengten dieselben unter großen Verlusten. Die 
hinesischen Truppen befanden sich alsbald in vollem 
ktückzuge. 
kotkale und pfälzische Nachrichten. 
St. Ingbert, 18. Sept. Am nächsten 
Sonntag Nachmittag findet in Biebermühle 
ine Versammlung der Vertrauensmänner der natio⸗ 
rolliberalen Partei im Wahlkreise Zweibrücken⸗ 
Zirmasens statt behufs definitiver Aufstellung eines 
dandidaten für die bevorstehende Reichstagswahl. 
JFür die Heimkehr der pfälzischen Truppen 
zon den Herbstwaffenübungen wurden folgende Be— 
timmungen getroffen: Die zwei Pionierlompagnien 
des 2. Pionierbataillons kehren am Mittwoch den 
17. September von Schwarzenfeld über Crailsheim 
n die Pfalz zurück. Das 17. und 18. Inf. 
Rgt., die 2. Feldabtheilung des 2. Feld⸗Artillerie⸗ 
Regiments, die 2. und 3. Feldpionierkompagnie 
ind der Stab der 8. Inf.Brig. treten ihren Rück⸗ 
weg mit Exrtrazügen von Ansbach über Crailsheim 
am Freitag den 19. September an; und zwar das 
1. Bataillon und der Stab des 17. Inf.⸗Regts. 
Vormittags 6 Uhr 17, die Feld⸗Artillerie Vormit⸗ 
tags 7 Uhr 20, das 2. und 3. Bataillon des 17. 
Inf.⸗Regts. 7 Uhr 50, das 2. Bataillon des 18. 
Inf.Regts., der Stab der 8. Inf.Brig. und die 
Feldpioniere in der Fahrordnung des Zuges 865 
und das 1. und 3. Bataillon des 18. Inf.Regts. 
mit Stab um 12 Uhr 30 Min. 
** St. Ingbert, 18. Sept. Der Ausschuß 
des Garten-⸗und Obstbauvereins läßt bei 
den Mitgliedern eine Preisliste üher echte Harlemer 
Blumenzwiebeln zirkuliren, mit dem Bemerken, daß 
om Vereine diese gewünschten Sortimente in 
ʒyacinthen, Tulpen, Tazetien, Crocus, Ranunkeln, 
dahlien ꝛc. für die Mitglieder besorgt werden. 
Dieses Anerbieten ist gewiß manchen Mitgliedern 
des Vereins sehr erwünscht, da viele bisher ihre 
Blumenzwiebeln auf dem Hausirwege erhielten und 
dadurch keine Garantie für echte und gute Waare 
hatten. 
— Die diesjährige Kreisversammlung 
des landwirthschaftlichen Vereins der 
Pfalz findet in Verbindung mit dem Jahresfeste 
des landwirthschaftlichen Bezirkes Neustadt am 20. 
l. M. in Neustadt a. H. statt. Auf der Tages⸗ 
ordnung der Kreisversammlung stehen Vorträge über 
die Revision unserer Wassergesetze (Kulturingenieur 
Merl) und über den Anbau der Braugerste (Kreis⸗ 
ekretär Hauter und Gutspächter Geitner). Der 
1. Vorstand des General⸗Comite's des landwirth⸗ 
schaftlichen Vereins in Bayern, Reichsrath Graf 
von Lerchenfeld⸗Köfering wird die Bersammlung 
mit seiner Anwesenheit beehren, was neben den 
Bemühungen des Bezirks⸗Comite's Neustadt, durch 
die Veranstaltung einer Obst- und Produktenaus⸗ 
stellung, dann durch die mit dem Geflügelmarkte in 
Neustadt verbundene Geflügel⸗-Ausstellung den Be— 
suchern der Versammlung anregenden Genuß zu 
bieten, zu zahlreicher Betheiligung aus allen Gegen⸗ 
den der Pfalz gewiß beitragen wird.! Die günstige 
dage Neustadis an dem Kreuzungspunkte unserer 
Zauptbahnen gestattet allen Festgästen noch an dem⸗ 
elben Tage nach Hause zu gelungen, und so dürfte 
sich der Tag für alle Theilnehmer zu einem höchst 
genußreichen gestalten. 
?— Mimbach, 17. Sept. Seit langer Zeit 
hat es in dem Mimbacher und Webenheimer Blies⸗ 
thal nicht so viel Grummet gegeben, wie dieses 
Jahr. Es ist nur schade, daß das meiste Grum— 
met nicht ohne Regen unter Dach und Fach ge⸗ 
dracht werden konnte. Man hat eben heuer mit 
der Ohmeternte zu frühe begonnen; das schönste 
Wetter kommt nun hintennach. Den einzigen Vor⸗ 
heil hat die frühe Ernte, daß die Bauern in 
manchen Lagen bereits zum zweitenmale mähen. — 
Mit der Kartoffelernte hat man auch schon begonnen 
und fällt dieselbe bei günstiger Witterung quan⸗ 
titativ und qualitativ sehr gut aus. 
— Pirmasens, 15. Sept. Gestern Mittag 
wurde, nach der „Pf. Pr:“ der bis vor kurzem als 
tellvertretender Gerichtsvollzieher in Dürkheim funk⸗ 
ionirende Adolf Gmeinder von hier durch die 
igl. Gendarmerie verhaftet und in Untersuchungs⸗ 
jaft gebracht. Derselbe war bis Ende vorigen 
Jahres als stellvertretender Gerichtsschreiber am kgl. 
Amisgerichte hier thätig und soll sich in dieser Stel⸗ 
ung verschiedener Unterschlagungen an den ihm 
anvertrauten amtlichen Geldern schuldig gemacht haben 
— Neustadt, 16. Sept. Herr Dr. Knech 
Deutsches Reich. 
IPC Müũnchen, 16. Sept. Die Holz⸗ 
dustriellen Bayerns sind ersucht innerhalb 
Tagen an den Holzhändlerverein München eine 
lärung gelangen zu lassen über Namen und 
hohnort des Unternehmers, Sißz des Betriebes, 
ahl der Arbeiter und ob sie mit Errichtung einer 
erufsgenossenschaft einverstanden sind. 
Ausland. 
Wien, 17. Sept. Wie verlauftet, dürfte der 
aner anläßlich der Eröffnung der Arlbergbahn am 
onntag dem Großherzog von Baden auf der 
nsel Mainau und dem König von Württemberg 
Friedrichshafen einen Besuch abstatten. 
Wien, 17. Sept. Die „Politische Korre⸗ 
dondenz“ meldet aus Skierniewice: Graf Kalnoky 
chielt das Großkreuz des Adler-⸗Ordens, Herr v. 
ziers und Fürst Lobanoff das Großkreuz des 
Aebhans· Ordens. 
Skierniewice, 16. Sept. Die Ankunft 
Kaisers von Oesterreich erfolgte genau gestern 
uu zwei Uhr Nachmittags. Zur Begrüßung waren 
aiser Alexander, welcher die Uniform seines öster⸗ 
chischen Regiments mit dem Stefansorden ange⸗ 
zt hatte, sowie die Kaiserin, der Großfürst Thron⸗ 
ger und die übrigen großfürstlichen Herrschaften, 
»Generalität und die Minister anwesend. Der 
aiser von Oesterreich, welcher die Uniform seines 
ijsischen Regiments mit dem Andreasorden trug 
erließ sffort nach der Ankunft den Salonwagen, 
muden Zaren zu begrüßen. Beide Monarchen 
marmien und küßten sich mehrere Male, sodann 
egtüßte Kaiser Franz Joseph die Kaiserin und die 
zroßfürsten herzlicht. Vom Bahnhofe begaben sich 
je Herrschaften nach dem Palais. — Um 4 Uhr 
caf der kaiserliche Hofzug mit Kaiser Wilhelm ein. 
luf dem Palastbahnhofe waren einige Zeit vor der 
inkunft des Zuges Kaiser Alexander mit der 
caiserin, der Kaiser von Oesterreich, der Großfürst 
chronfolger und die übrigen Großfürsten erschienen, 
werdem die Generalität und die Minister anwesend. 
eei der Einfahrt spielte die Ehrenwache des 
renadier Regiments König Friedrich Wilhelm III. 
e preußische Nationalhymne. Sobald der Waggon 
z Kaisers Wilhelm zum Stehen gekommen war, 
aherte sich Kaiser Alexander eilenden Schrittes 
inem erlauchten Großoheim, der alsbald den Wagen 
ließ. Beide Monarchen umarmten und küßien 
dodrei Mal; alsdann begrüßte Kaiser Wilhelm 
eKaiserin, der er wiederholt die Hand küßte. 
iht minder herzlich war die Begrüßung des Kaisers 
ilhelm mit Kaiser Franz Joseph und den Groß— 
tsien. Fürst Bismarck sowie die Grafen Herbert 
Wilhelm Bismardk bewillkommnete der Kaiser 
xander besonders huldvoll. Kaiser Wilhelm hatte 
russische Uniform mit dem Bande des Andreas-⸗ 
dens angelegt, während Kaiser Alexander sowie die 
voßfürsten in preußischer Uniform mit dem Bande 
chwarzen Adlerordens erschienen waren. Nach⸗ 
n haiser Wilhelm die Front der Ehrenkompagnie 
schritten hatte, begaben sich die Herrschaften 
Palais. Um 7 Uhr begann im Ppalais das 
mer, welchem die drei Kaiser, die Kaiserin, sowie 
ibrigen fürstlichen Herrschaften beiwohnten. 
Stierniewice 160. Sept. Heute Vormittag 
ge der deutsche Reichskanzler Fürst Bismard 
den Kaisern bon Rußiand und Desierreich Be— 
J während Graf Kalnoky den Zaren und Kaiser 
helm besuchte. Um 11 Uhr fand im Schlof—