Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert.
der ‚St. Ingberter Anuzeiger“ erscheint wbchentlich füunfmalz? Am Montag, Dienstag, Donnerstag, Samstag und Sonutag; 2mal wöochentlich mit Unterhaltungs
blatt und Sonntags mit Sseitiger illustrirter Beilage. Das Blatt kostet vierteljährlich 1A 60 — einschließlich Traͤgerlohn; durch die Post bezogen 1M 75 4, einschließliq
(0 ñ Zustellungsgebuhr. Die Einrückungsgebühr fur die 4gespaltene Garmondzeile oder deren Raum beträgt bei Inseraten aus der Pfalz 10 —, bei außerpfälzischen und solche
auf welche die Erpedition Auskunft ertheilt, I8 H, Neclamen 30 . Bei 4maliger Einruücung wird nur dreimalige berechnet.
M 189.
Politische Uebersicht.
Deutsches Reich.
Berlin, 26. Sept. Anläßlich des heutigen
zünfzigjährigen Dienstjubiläums des Polizeipräsiden⸗
ten v. Madai verlieh der Kaiser demselben mittelst
warmen Handschreibens für die aufrichtige Hingebung
an die Person des Kaisers den Stern zum Rothen
Adlerorden 2. Klasse.
Berlin, 26. Sept. Der kaiserliche Statthalter
m Elsaß⸗Lothringen, Feldmarschall Manteuffel,
kehrt demnächst von Gastein auf seinen Posten in
Straßburg zurück und wird in Baden⸗Baden dem
daiser seine Aufwartung machen.
Berlin, 27. Sept. Die, Nordd. Allg. Ztg.“
chreibt: Auf Einladung des Reichskanzlers be⸗
zaben sich gestern die hauptsächlichsten Hamburger
in dem Handel in Westafrika betheiligten Firmen
nach Friedrichsruhe, um ihre Ansichten über eine
stegelung der deutschen Niederlassungs-Verhältnisse
su äußern. Es verlautet, daß mit Frankreich und
kngland Verhandlungen schwebten über die Gestat⸗
ung unserer nachbarlichen Beziehungen in West⸗
ifrika; es sei alle Aussicht auf eine freundnachbar⸗
iche Verständigung vorhanden.
Berlin, 27. Sept. Kürzlich wurde gemeldet,
auun maßgebender Stelle sei der Plan, die Reife für
rima als Berechtigung für den einjährig,freiwil⸗
igen Dienst zu fordern noch nicht aufgegeben. Dem
jegenüber wird jetzt verschiedenen Blättern versichert,
daß eine Verschärfung der Vorschriften über die Er⸗
angung der Berechtigung zum einjährig-freiwilligen
dienste nicht bevorstehe, und daß es auch nicht in
»er Absicht liege, irgend eine Aenderung der Vor⸗
chriften der deutschen Wehrordnung eintreten zu
lassen. Eine Verschärfung dieser Vorschriften könnte
auch einseitig durch die Militärverwaltung nicht
mehr angeordnet werden, da der 8 14 der Reichs⸗
militärgesetze vom 2. Mai 1874 und vom 6. Mai
1880 ausdrücklich bestimmt: „Ein Gesetz wird die
borbedingungen regeln, welche zum einjährigfrei⸗—
willigen Dienste berechtigen.“
Coblenz, 26. Sept. Die Stadt ist festlich
eschmückt. Das Standbild von Goebens auf
dem kleinen Paradeplatz ist von dem Kaiserzelt und
wei Tribünen für Gaäste umgeben. Auf dem Platze
haben auch die Schulen, Turner und Sänger Auf-
tellung genommen. Das kaiserliche Paar, sowie
die übrigen höchsten Herrschaften trafen um 11 Uhr
durch die mit Flaggen geschmückte Straße und durch
die Ehrenpforte auf dem Festplatz ein. Nach einem
Wesang sprach Oberbürgermeifter Lottner als Fesi-
redner. Hierauf fiel die Hülle, und die National-
yymne ertönte. Ein Umgang um das Denkmal
eschloß die Enthüllungsfeier, worauf die Rückkehr
»er Majestäten in das Schloß erfolgte. Um 215
hr erfolgte die Abreise nach BadenBaden. Der
dronprinz und die Kronprinzessin haben sich mit
der Prinzessin Victoria und dem Prinzen Heinrich
ju einem Besuch des Fürsten und der Fürstin von
Wied nach Neuwied begeben. Prinz Wilhelm ist
nach Potsdam, Prinz Albrecht nach Kamenz abgereisi.
Kiel, 27. Sept. Ein Geschwader, bestehend
uus den Korvetten „Bismarck“ (Rlaggenschiff),
Gneisenau“, „Ariadne“ und „Olga“ geht Anfangs
Oltober nach Wesiafrika. Chef des Geschwaders
ist Admiral Knorr.
Ausland.
m Etockholm, 27. Sept. Bei der heutigen
Vadl von I9. Deputirten zur Iweiten Kammet
vucden fast durchweg liberale Kandidaten gewählt.
Montag, 29. September 1884.
19. Jahrg.
Paris, 27. Sept. Das Journal „Paris“
chreibt: Admiral Courbet werde nach Kelung ab⸗
nehen, die chinesische Besatzung vertreiben, die Kelung
imgebenden Höhen befestigen und ein Okkupations⸗
orps zurücklassen. Der Marineminister erwarte die
Meldung davon schon nächste Woche. Frankreich
ei dann im Besiz eines Pfandes, dessen Werth
)en Betrag der geforderten Entschädigung übersteigt
uind könne die Ausführung des Vertrags von
Tientsin ruhig abwarten.
Konstantinopel 24. Sept. Die aufstän⸗
zische Bewegung in Albanien nimmt bedeutendere
Dimensionen an. Die Pforte sieht sich gezwungen,
ine größere Truppenmacht bei Skutari zu konzen⸗
riren und erläßt an die Gouverneure Befehle, ver⸗
zügbare Truppen dorthin abzusenden. Erst kürzlich
erhielt der Gouverneur von Salonichi Ordre, 2000
Pann nachZAlbanien zu dirigiren. Die Albanesen
zedrohen mehrere feste Plätze und im Lande herrschi
eine unbeschreibliche Anarchie.
New⸗NYork, 24. Sept. Der deutsch-ameri⸗
anische Staatsmann Karl Schurz tritt nun als
steiseapostel für den demokratischen Präsidentschafts⸗
dandidaten Grower Cleveland auf. Nachdem er
schon in Brooklyn gesprochen, reiste er nach Westen
und hielt im deutschen Athen Milwaukee am 6.
September vor einer außerordentlich zahlreichen Zu⸗
jörerschaft eine scharfe Rede für den demokratischen
Zandidaten. — Die Art und Weise, wie der New⸗
yorker Kommissär Stephenson gegen mittellose, aber
arbeitsfähige Einwanderer verfährt, die er einfach
urückschickt, fängt auch in den Ver. Staaten an,
Entrüstung zu erregen. Man will nichts von der
Abschiebung anderer Einwanderer wissen als solcher,
die von ihren Gemeinden ordnungshalber nach
Amerika transportirt worden. Mit Recht machen
amerikanische Blatter darauf aufmerksam, was wohl
aus der Industrie der Vereinigten Staaten geworden
wäre, wenn man schon seit 1850 in der Manier
Stephenson's verfahren wäre.
ermächtigt, ausdrücklich zu erklären, daß er nach
wie vor ein treuer Anhänger der nationalliberalen
Partei bleiben wird. Herr Buhl hat sich unter
»iesen Umständen, wie er schon in der Landstuhler
Bersammlung zusagte, bereit erklärt, sich wieder um
die Kandidatur zu bewerben, und wird zu diesem
zweck einer demnächst zu berufenden Wähler⸗Ver⸗
jammlung beiwohnen. Der Vorstand des liberalen
Wahlvereins Homburg⸗Kusel: Dr. Geiger.
* Die Stipendien-Stiftung des pro—
bestantischen Vereins der Pfalz hat auch
in diesem Jahre einige Stipendien an protestantische
Theologie⸗Studirende zu vergeben. Gesuche sind
in den Vorstand des protestantischen Vereins Herrn
J. Exter in Neustadt bis spätestens Samstag, den
25. Oktober d. Is., einzusenden.
* Auf dem vorige Woche in Karlsruhe tagenden
23. Kongreß für innere Mission, zu dem
aus allen Gegenden Deutschlands Theilnehmer
herbeigekommen, wurde eine Resolution zu, Frauen⸗
arbeit und Familienwohl“ angenommen. Der
wesentliche Inhalt des Aktenstücks ist nach dem
„Fr. J.“ folgender: Verheiratheten Frauen soll
wo möglich statt der Fabrikarbeit Hausarbeit ge⸗
währt werden. Wo dies nicht thunlich, soll ihnen
durch frühere Entlassung aus der Fabrik die Mög⸗
ichkeit geboten werden, ihrem Haushalt wenigstens
aothdürftig vorzustehen. Bei den Angestellten soll
dahin gewirkt werden, daß sie das weibliche Ge—
schlecht achten. Von weiblichen Arbeitern soll keine
Nacht⸗ und Feiertagsarbeit verlangt werden. An
die Herren vom Staat und von der Kirche wird
die Bitte gerichtet, daß die Arbeitszeit des weib⸗
lichen Arbeiters auf 11 Stunden reduzirt werde,
daß für schwangere Frauen und solche, die eben
das Wochenbett überstanden haben, schützende Be—
stimmungen getroffen werden. Zu Gunsten der
Frauen sollen die Männer den Lohn nicht mehr
an Sonntagen erhalten. Der Kongreß endlich be—⸗
klagt die Konkurrenz reicher Frauen mit armen in
Handarbeiten und wünscht, daß die geringen Löhne
der weiblichen Arbeiter nicht weiter vermindert
werden.
M St. Ingbert, 29. Sept. Gestern fand
im Horst'schen Saale die rdentliche General—
versammlung des Kriegervereins statt, welche
von 73 Mitgliedern besucht war. Der durch den
J. Vorstand erstattete Jahresbericht ergab, daß der
Verein um 9 Mitglieder gegen das Vorjahr ge—
wachsen ist; neu eingetreten waren 36, abgegangen
durch Tod, Wegzug, freiwilligen Austritt und Aus—
chluß 27, so daß der heutige Rapport die Zahl
»on 209 Mitgliedern ergab. Der Kassenrapport
erwies gegen das Budget eine Mehreinnahme von
Mark 11,65 und eine Minderausgabe von 71Mk.
30 Pf. Das Vereinsvermögen ist im abgelaufenen
Jahre erheblich gewachsen und der Kassenüberschuß
beim hiesigen Vorschußverein verzinslich angelegt.
Die per Alklamation gewählte Kommission zur
Prüfung der Kassenbelege fand alles in bester Ord⸗
aung, worauf dem Rechner für die prompte Be—⸗
sorgung und große Mühewaltung der Dank der
Versammlung ausgedrückt wurde. Der Bericht über
die Sterbekasse erwies ein sehr günstiges Resultat,
indem dieselbe seit dem kurzen Bestehen troßz meh⸗
rerer Auszahlungen auf Mk. 445,40 angewachsen
ist. Angesichts dieses günstigen Standes schlug der
Ausschuß eine Erhöhung der Auszahlungen in Sterbe⸗
fällen um je 10 Mark vor, was einstimmig ange—
iommen wurde. Es werden demnach beim Todes⸗
alle eines Mitgliedes 40 Mark und der Frau eines
Lokale und pfälzische Nachrichten.
*St. Ingbert, 29. Sept. Gestern Nach—
mittag wurde auf der Hauptstraße vor dem „Hotel
zur Post“ ein Mädchen von einem Wagen über⸗
jabren. In dem Augenblicke als der Wagen, auf
dem eine Rohrbacher Kindtaufsgesellschaft saß, ab⸗
uhr, kam das Mädchen demselben zu nahe; es fiel
uu Boden und ein Hinterrad ging ihm über die
Brust. Zum Glücke soll der Unfall für die Kleine
nicht von schlimmen Folgen begleitet gewesen sein.
*— Seit Samstag befindet sich die von Frau
Oskar Krämer gestiftete Thurmuhr der
hiesigen protest. Kirche in Gang.
*— Die schöne Witterung des gestrigen Sonn⸗
tags hatte sozusagen unsere ganze Bevölkerung auf
die Beine gebracht. Bis zum Abend waren Wege
und Pfade in Wald und Feld von Spaziergängern
belebt. Eine sehr starke Anziehungskraft übte auch
das Rennfest in Zweibrücken aus, und in großer
Anzahl strömten Ausflügler von hier und aus der
Umgegend vor Abgang der Züge nach Zweibrücken
nach dem Bahnhofe.
* Aus dem Wahlkreise Homburg⸗Kusel
erhält die „Pf. L. C.“ Folgendes zur Veröffent⸗
ichung: Trotz wiederholtem Versuche ist es nicht
gelungen Herrn Benzino in Kusel zu bestimmen
von seinem Entschluß, die Reichstags-Kandidatur in
unserm Wahlkreis niederzulegen, wieder abzustehen.
Sein Rücktritt ist die Folge einer Reihe bedauer—
licher Mißverständnisse und bin ich von demselben