Full text: St. Ingberter Anzeiger

lich eine Achtung gebietende Streitmacht auf einem 
Punkie. 
Von den 26 Schiffen unserer Marine, welche 
für den politischen Dienst Verwendung finden, sind 
es vier der prächtigsten Kreuzer, welche nach West 
afrika entsendet werden. Die beiden gedeckten Kor⸗ 
vetten „Bismarck“ und „Gneisenau“ haben je 16 
15 C.M. Krupp-Geschütze und je 404 Mann Be— 
satzung an Bord und die GlattdecksKorvetten „Olga“ 
und „Ariadne“ 10 resp. 8 Geschütze und 267 resp 
238 Mann Besaßzung. — 
Die Führung des Geschwaders ist sehr guten 
Händen anvertraut. Der Name Knorr hat einen 
guten Klang in der deutschen Marine. Wer er— 
innerte sich nicht des am 9. November 1870 vor 
Havanna stattgehabten Gefechts zwischen dem preu— 
ßischen Kanonenboot „Meteor“ und dem französischen 
Apiso „Bouvet“. Der damalige Kapitän-Lieutenant 
Knorr war der Angreifer und Sieger: die ganze 
Affaire, eine hübsche, von Anfang bis zu Ende 
rititerlich durchgeführte That! 
Die Bemühnngen der französischen Re— 
gierung, mit Deutschland in ein besseres den 
Interessen Frankreichs entsprechendes Verhältniß zu 
kommen, findet in der Pariser Presse eine getheilte 
Aufnahme. Von den vernünftigen Blättern wird 
betont, daß Frankreich und Deutschland gemein— 
schaftliche Interessen haben und daß es daher ein 
Unsinn sei, gewisse Rechte im Stiche zu lassen, 
nur weil dieselben mit Deutschland gemeinsame 
seien. Die radikalen und chauvinistischen Blätter 
schreien dagegen, Ferry habe Frankreich verrathen; 
sie vergleichen ihn mit Bazaine und behaupten, er 
häufe Schimpf und Schande auf Frankreich. Im 
Ganzen genommen gewinnt aber doch die vernünf⸗ 
tigere Denkungsart das Uebergewicht. So schreibt 
neuerdings das angesehene „Journal des Debats“: 
„Wir haben keine freie Wahl mehr; wenn England 
sich nicht mit uns verständigt und fortfährt, unsere 
Rechte zu verletzen und unsere Beziehungen mit 
China zu schädigen, so müssen wir im Einver— 
nehmen mit Deutschland handeln, obwohl wir da— 
durch in eine gewisse Abhängigkeit zu der letzteren 
Macht gebracht werden.“ Die Vorstellung von einer 
Abhängigkeit von Deutschland durch eine Besserung 
Beziehungen zu demselben beweist, daß das Blatt 
sich in den Gedanken, mit Deuischland in wirklicher 
Freundschaft zu leben, noch nicht hineingefunden 
hat. Ein anderer Beweis von der zunehmenden 
Erkenntniß von dem Werthe der deutschen Freund— 
schaft ist die von einem radikalen Blatte gemeldete 
Thatsache, daß in diesem Jahre die sonst alljährlich 
am 28. Sept. veranstalteten Manifestationen der in 
Paris bestehenden Korporationen der Elsaß⸗Loth— 
ringer unterblieben sind, um Deutschland nicht zu 
verlezen. Möge sich nun diese Nachricht bewahr⸗ 
heiten oder nicht, so viel steht fest, daß vielleicht 
noch nie seit dem letzten Kriege so viel von einer 
intimeren Annäherung zwischen Deutschland und 
Frankreich die Rede war als gegenwärtig. 
Die Betheiligung deutscher Firmen an der 1885 
in Antwerpen ahzuhaltenden Ausstellung 
dürfte eine viel größere werden, als ursprünglich 
zu vermuthen war. Wenn man auch nicht die 
Hoffnung hegt, durch diese Betheiligung neue Kund⸗ 
schaft zu erwerben, so fürchtet man doch, durch das 
Fernbleiben seitherige Kunden zu verlieren, und 
wenn man erwägt, daß Antwerpen für einen Theil 
Deutschlands einer der wichtigsten Hafenplätze ge⸗ 
worden ist, so wird man diese Besorgniß nicht für 
unbegründet erachten können. Der Verein der 
Glasindustriellen hat beschlossen, in der Dele—⸗ 
girten-Versammlung des Centralverbandes deutscher 
Industrieller in Frankfutt a. M. den Gedanken 
anzuregen, ob nicht auf's Neue ein Gesuch an die 
Reichzregierung gerichtet werden solle, für diese 
Ausstellung einen Reichskommissar zu ernennen. 
—A 
Muünchen, 2. Okt. Die feierliche Eröffnung 
der deutschen Molkerei-Ausstellung hat heute im 
Auftrage des Königs durch den Prinzen Ludwig 
als Ehrenpräsidenten in Gegenwart der anwesenden 
Mitglieder des königlichen Hausrs, der Ministerien, 
der Militär- und Civilbehörden, der deutschen und 
fremdländischen Delegirten und sonstigen Notabili— 
täten programmmäßig stattgefunden. 
Berlin, 1. Olt. Nachdem am 1. Oktober 
1882 die Grundsätze für die Besetzung der Sub— 
altern- und Unterbeamtenstellen im Reichs- und 
Staatsdienste mit Militäranwärtern in Kraft ge— 
reten sind, hat der Erlaß des Kriegsministers vom 
22. November 1877 über die territoriale Giltigkeit 
der Zivilversorgungsscheine nach einem Erlasse dieses 
Ministers vom 29. Juli da. Is. seine Bedeutung 
zerloren. Es berechtigen nunmehr auch die vor 
dem genannten Termin auf Grund des 8 75 des 
Militärpensionsgesetzes bzw. der Novelle vom 4. 
April 1874 ausgestellten Zivilversorgungsscheine 
»hne Unterschied zur Anstellung in allen Stellen, 
welche den Militäranwärtern bei den Reichsbehörden 
und Behörden in sämmtlichen Bundesstaaten vorbe⸗ 
jalten sind. 
Berlin, 2. Okt. Dem Vernehmen nach be— 
absichtigt die kronprinzliche Familie von München 
uus nach Tyrol zu gehen, um dort einige Wochen 
nkognito zu bleiben. 
Berlin, 2. Okt. Ein Grenadier der Schloß⸗ 
wache machte, während er auf der Gallerie vor dem 
stronentresor Posten stand, seinem Leben durch Er⸗ 
schießen ein Ende. Ueber die Motive verlautet 
aichts Sicheres. Der Selbstmörder, der bereits 
berheirathet war, soll ein pflichttreuer Soldat ge⸗ 
vesen sein. 
Ausland. 
Paris, 30. Sept. Mehrere Abendblätter 
vollen wissen, Admiral Courbet werde Morgen 
die Anker lichten. Das Ziel der Expedition ist 
inbekannt. — Das Festessen im Großen Orient zur 
Feier der Eroberung der freien Stadt Straß— 
»urg durch die Franzosen findet übermorgen statt. 
Das Organisations-Komité läßt an alle Elsaß-Loth⸗ 
inger Gesellschaflten von Paris, der Provinz und 
»es Auslandes folgende Einladung ergehen: Liebe 
randsleute! Die Elsaß-Lothringer werden sich am 
riächsten 1. Oktober zusammenfinden, um den 2038. 
Jahrestag der „Vereinigung Straßburgs mit Frank⸗ 
reich“ zu feiern. Das Essen, zu dem auch die 
Frauen geladen sind, wird um 7 Uhr Abends im 
Festsaale des Grand Orient (das Lokal der Pariser 
Freimaurer) stattfinden. Sie werden ohne Zweifel 
mit uns der Ansicht sein, daß dieses unauslöschliche 
Datum sich uns niemals mit größerer Macht als 
zu dieser Stunde aufzwang, wo unsere heimathlichen 
Provinzen unter dem Schlage eines Reskripts, das 
chnen ihre letzte Freiheit raubt, sich vorbereiten, den 
Protest von 1871 nachdrücklich zu erneuern. Die 
Abgeordneten der elsaß-lothringischen Verbindungen 
der Departements und des Auslandes und alle 
unsere französischen Freunde werden sich uns bei 
dieser Gelegenheit — wir haben die feste Hoffnung 
— anschließen, um trotz aller Bündnißgerüchte zu 
hekräftigen, daß die geheiligte Sache unserer Zurück- 
'orderung in unserm Lande nicht einen einzigen 
hrer Anhänger verloren hat. Das Organisations— 
Komitsö. 
Paris, 2. Okt. Präsident Grevy wird heute 
Abend 1132 Uhr zurückerwartet und am Samstag 
dem Ministerrath präsidiren. — Der Kriegsminister 
egte dem heutigen Ministerrathe den Entwurf einer 
Organisation der Kolonialarmee vor. — Die Kre⸗ 
dite für Tongking und China bis Ende des Jahres, 
velche bei Eröffnung der Kammern beantragt wer⸗ 
den sollen, werden insgesammt nicht mehr als 10 
Millionen betragen. — In Cirh⸗le-Noble bei 
Maçon hat ein Dynamit-Attentat stattgefunden und 
erheblichen Schaden angerichtet. 
Moskau, 1. Okt. Der Skierniewizer Kaiser⸗ 
begegnung legt in einem Leitartikel die „Moskauer 
Zeitung“ insofern eine eminente Bedeutung bei, als 
dieselbe lediglich die völlige Sicherstellung der 
wesentlichsten Interessen jeder der drei Großmächte 
nach sich ziehen könne. Als vorzüglichstes Resultat 
der Entrevue hebt die „Moskauer Zeitung“ die 
Herstellung jener herzlichen Beziehungen Nußlands 
zu Oesterreich wie zwischen Rußland und Deutsch⸗ 
and hervor. Letztere herbeizuführen war freilich 
eichter, weil zwischen Rußland und Deutschland 
aur Mißverständnisse persönlichen, zufälligen Cha— 
rakters obgewaltet; allein zwischen Rußland und 
Desterceich köͤnnen reale Zwistmotive entstehen. Die 
daiserannäherung sei nicht nur für den Frieden 
kuropas wichtig, sondern noch mehr für die Auf—⸗ 
rechterhaltung des inneren Friedens und die Be— 
estigung des monarchischen Prinzips. Wenn Oester⸗ 
ꝛeich aus irgend welchen Grüunden von gemein— 
amem Vorgehen gegen die Anarchisten Abstand 
Jenommen, so existiren diese Gründe jetzt nicht mehr; 
dies bezeugt die Eatrevue. Es sei daher unnütz, 
zu gründen, gegen wen die entente cordiale der 
)rei Großmächte gerichtet sei. Vor allem müsse die 
Entrevue sich auf das Institut der internationalen 
Banditen beziehen, welche heiliges Asylrecht geniehen 
bei Regierungen, die das Verstandnit oder Gewis, 
verloren haben. 
London, 1. Okt. Das Mißtrauen gegen 
»eutsche Kolonialpolitik äußert sich noch imme in 
der Befürchtung einer Beeinträchtigung des englischen 
dandels. So drückt Oberst G. B. Malleson in 
einer Zuschrift an die „Times“ in Bezug auf da— 
üngste Vorgehen der Boeren die Meinung aus 
aß eine Verständigung zwischen den Boeren um 
Deutschland existire, durch welche englische Fabri. 
anten aus Südafrika verdrängt werden sollen und 
der ganze Handel dieses Landes in deutsche und 
jolländische Hände gespielt werden soll. — Selbst. 
derständlich ist jedes Wort zur Widerlegung solcher 
Anklagen, deren völlige Grundlosigkeit für jeden 
Unbefangenen auf der Hand liegt, überflussiq 
Lokale und pfälzische Nachrichten. 
* St. Ingbert, 83. Okt. Wie wir hören 
hat bei der letzten Zweibrücker Verloosung von 
Pferden und anderen Gegenständen Fortuna einige 
hiefige Bürger mit namhaften Gewinnen — ] 
Pferd, 1 Kanapee, 1 polirten Tisch u. s. w. — 
bedacht. 
*— In den letzten Tagen hatte man Gelegen— 
heit, mehrfach Schaaren von Schneegänsen auf 
ihrem Zuge nach Süden beobachten zu können; ein 
Zeichen, daß die kalte Jahreszeit vor der Thür steht. 
* Eine totale Mondfinsterniß tritt 
am 4. Oktober ein und wird in ihrem ganzen 
Verlaufe bei uns sichtbar sein. Der Mond geht 
an diesem Tage um 5 Uhr 19 Min. Abends auf 
und bewegt sich nur um 2 Grade nördlich vom 
Aequator am Himmel weiter. Der Vollmond er— 
eignet sich um 10 Uhr 33,6 Min. Um 7 Uhr 
50,4 Min. Abends tritt der Mond in den 2,9 
Mondhalbmesser breiten Erdschatten ein, wird aber 
immer noch von der Sonne beleuchtet, nur von 
einer Regen- oder Rauchwolke umzogen. Um8 
Uhr 48,8 Min. erreicht der Mond den Kernschatten 
ind wird an seiner Ostseite verfinstert. Die graue 
Farbe geht nun in Roth über. Die Totalität be— 
zjinnt um 9 Uhr 49,4 Min. und endet um 11 
dhr 21,8 Min. Die Mitte der Verfinsterung, wo 
die Mittelpunkte der Sonne, Erde und des Mondes 
in einer Geraden liegen, ist um 10 Uhr 35,8 Min. 
Der Mond schimmert in dieser Zeit in einem kupfer⸗ 
cothen Lichte, wobei sich die Einzelheiten unter⸗ 
sccheiden lassen, bis er um 12 Uhr 22,4 aus dem 
Kernschatten in den Halbschatten tritt und um! 
Uhr 20,8 Min. sich auch das Grau des Halbschattens 
zerstreut. Das rothe Licht des verfinsterten Mond⸗ 
rührt von dem zerstreuten Lichte her, welches die 
exleuchtete Erdatmosphäre noch in den Erdschatten 
gineinsenkt. 
— Am 12. Okt. wird in Spey er die Siz— 
ung des Ausschusses des Pfälzischen Feuer— 
wehr⸗Verbandes abgehalten. 
— Aus dem Lauterthal, 1. Okt. So 
angenehm und wünschenswerth die jetzige Witterung 
für die Weinernte ist, so nachtheilig ist sie für die 
dandwirthschaft, und besonders ist es die Kornsaat 
die unter diesen Witterungsverhältnissen sehr leidet 
daher wäre ein guter Regen sehr zu wünschen. Die 
startoffelernte ist im Gange und fällt heuer je nach 
dem Boden sehr verschieden aus; während dieselbe 
in schwerem Boden in Qualität wie in Quantität 
als eine sehr gute zu bezeichnen ist, sind die Kar⸗ 
toffeln in leichterem Boden sehr gering und meisten⸗ 
vurzelig. 
— Aus der Pfalz. Der Dürkheime 
Wurstmarkt hatte am Sonntag eine kolofjale 
Menschenmenge angezogen. Die Trinkhallen waren 
rortwährend dicht gefüllt, und es wurde dem Wein⸗ 
jott mit altem und neuem Stoff in der ausgiebig 
sten Weise gehuldigt. Wahrlich, der Thatsache 
Jegenüber, daß Festivitäten wie der Wustmarkt und 
das Zweibrücker Rennen solche Massen von Theil⸗ 
nehmer finden, klingt die hie und da noch immei 
zu hörende und wie es scheint nie ganz verstummende 
slage von den „schlechten Zeiten“ geradezu absurd. 
— Dürkheim, 2. Ott. Gestern Abend 
Jjegen 7 Uhr brach dahier im Günnig'schen An— 
vesen am Obermarkt ein Brand aus, der bedeutenden 
Umfang annahm und bei den dortigen Bauverhält 
nissen der Nachbargrundstücke leicht hätte sehr bedenk⸗ 
lich werden können. Das Feuer erforderte zu 
teiner Unterdrüdung große Anstregung feitens 
der Feuerwehr, der Nachbarschaft ꝛc., da es durch 
deus, Stroh⸗-, Holz⸗ und Spielwaaren⸗Vorräthe 
bdiel Nahrung fand. Wohnhaus, Scheuer 
und