Full text: St. Ingberter Anzeiger

Amzeiger. 
Amtliches Organ des könial. Amtsgerichts St. JZnabert. 
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der „St · Ingberter Anzeiger“ erscheint wochentlich fünfmal: Am Montag, Dienstag, Donnerstag, Samstag und Sonntag; 2mal woͤchentlich mit Unterhaltung 
zuatt und Sonntags mit Sseitiger illustrirter Beilage. Das Blatt tostet vierteljährlich 1 A G60 — einschließlich Tragerlohn; durch die Post bezogen 14 75 H, einschließlich 
4 Zuftellunasgebuhr. Die Einrückungsgebühr fur die 4espaltene Garmondzeile oder deren Raum beträgt bei Inseraten aus der Pfalz 10 ⸗, bei außerpfaälzischen und solchen 
auf welche die Expedition Auskunft ertheilt, 15 A. NReelamen 30 —. Bei 4maliger Einrückung wird nur dreimalige berechnet. 
Ae 199. Montag, 13. Oktober 1884. 
19. Jahrg 
Politische Uebersicht. 
Rom, 8. Okt. Gestern hat der Papst den 
oreußischen Gesandten von Schlözer und den 
Redakteur des klerikalen „Journal do Rom“, Herrn 
Hhenri des Houx, in Privataudienzen empfangen. 
Die Organe der Curie verrathen unichts davon, was 
der Diplomat dem heiligen Vater vorgetragen hat, 
berichten aber umständlich über die Unterredung, 
velche er mit dem genannten Journalisten hatte. 
Derselbe überreichte ihm sein neuestes, lostbar ge⸗ 
hundenes, „der Appell an die Katholiken Frank⸗ 
reichs“ betiteltes Schriftchen, in welchem seine Lands⸗ 
leute aufgefordert werden, den belgischen Katholiken 
nachzuahmen, um das liberale Cabinet zum Rücktritt 
zu bewegen. Leo XIII. hat den Verfasser gesegnei 
und ihm beim Abschiede zugerufen: „Die Sacht 
ver Kirche ist die Sache Frankreichs und umgekehrt “ 
Da der Gesundheitszustand der ewigen Stadi 
etzt nichts zu wünschen übrig läßt, so soll das 
rFoͤnsistorium noch im Laufe dieses Monats statt⸗ 
inden. 
London, 10. Okt. Die „Times“ bespricht 
die deutsche Kolenialpolitik und sagt, es müsse wie⸗ 
derholt werden, daß die deutschen Interessen in 
Afrita mit denen Englands nicht irgendwie in Kon⸗ 
flitt zu kommen brauchen. Wenn Deutschland sich 
hei der Gründung von Kolonien auf friedliche 
kommerzielle Unternehmungen beschränke, werde es 
»as von England unternommene Civilisationswerl 
ordern und England ein willkommener Gehilfe. 
nicht dessen Feind sein. 
Petersburg, 8. Olt. An der russisch— 
hinesischen Ämurgrenze sollen angeblich 
nuf der chinesischen Seite, wenig über zwei deutsche 
Meilen von der Grenze, neue Goldfelder entdeckt 
vorden sein. Dem Herüberströmen der Chinesen 
auf das russische Gebiet, über welches so viel geklagt 
wurde, dürfte nun in Bälde eine entgegengesetzte 
Wanderung folgen, welche jedenfalls auch zu Be· 
chwerden diesmal freilich von chinesischer Seite, 
ühren wird. 
Kairo, 11. Okt. Der Uniermudir von Dongola 
und der Gouverneur von Merawi bestäligen die 
xxmordung Stewart's. General Wolseley befah 
dem Mudir, mit Truppen nach Merawi zu gehen 
im die Gefangenen zu befreien oder loszukaufen 
karte abgegeben und die Flur in ein leichtes Schnee⸗ 
zewand gekleidet. 
*— Der gestrige Tanzschul⸗Schlußball 
im Café Oberhauser war sehr zahlreich besucht und 
nahm einen recht gelungenen Verlauf. Tanzschüler 
inb ⸗Schülerinnen huldigten der neu erlernten 
Zunst in ausgiebigem Maße, und auch solche, die 
schon längst dem Tanzschul-Ballalter entwachsen 
ind, blieben nicht zurück. Den Herren Musikanten 
möchten wir schließlich noch für derartige Fälle eine 
eiwas bessere Stimmung wünschen; denn gestern 
Abend waͤr es damit nicht zum Besten bestellt. 
*—Wie wir aus der „Kaiserl. Zig.“ ersehen 
sttellt die Zentrumspartei folgende Kandidaten in 
den pfälzischen Wahlkreisen auf: Für den Wahl⸗ 
bezirk Zweibrüchen-Pirmasens den Stadipfarrer 
bon Kanserslautern, Herrn Lorenz, für den Wahl⸗ 
bezirk Kaiserslautern⸗Kirchheimbolanden Herrn Dr. 
Windthorst, für Germersheim-Bergzabern sowie 
jür Speyer⸗Frankenthal Herrn Dr. Julius Sieben 
in Deidesheim, für Landau-Neustadt Herrn Anwalt 
Dr. Kugler in Landau und für Homburg⸗Kusel 
derrn Dekan Dr. Hammer von Wolfstein. 
*— Folgenden 10 Kandidaten der kathol. 
Theologie wurde die Aufnahme in das Klerikal⸗ 
eminar zu Speyer gestattet: Johaunes Bohnert⸗ 
Stodborn, Jakob Didion-Contwig, Heinrich Endres⸗ 
Speyer, Leopold Herrmann⸗ Studernheim, Nikolaus 
Jung⸗St. Ingbert, Franz Xaver Keßler⸗ 
Zarsberg, Jak. Peter⸗Landstuhl, Aug. Schneider—⸗ 
St. In gbert, Fridolin Schuler-Bornheim. Joh. 
Stutzinger · Landstuhl. Der Eintritt erfolgt am 27. 
Oktober. 
*Der kath. Kirchengemeinde Großbockenheim, 
k. Bezirksamts Frankenthal, wurde zur Reparatur 
der Satristei und des Pfarrhauses daselbst eine 
Follekte in sämmtlichen katholischen Kirchen der 
Pfalz bewilligt und zur Vornahme dieser Kollekte 
mn Einverständnisse mit dem bischöflichen Ordinariate 
Speyer das Allerheiligenfest Samstag den 1. Nov. 
1884 bestimmt. 
* Wie der „Kirchenbote“ miitheilt, wird die 
diesjährige evangelische Pfarr-Konferenz 
am Mitiwoch, den 5. November in Hochspeyer 
stattfinden, wobei Herr Pfarrer Werle von Katz⸗ 
veiler das Referat über die Bibel⸗Revision halten 
wird. Ein zweites Thema soll die religiöse Er— 
ziehung der Kinder aus gemischten Ehen bilden. 
— Bei der Umdcckung des Kirchthurmes der 
antern protest. Kirche in Pirmasens fand, der 
„P. Z.“ zufolge, der Schieferdecker Simon Jung 
aͤnen Schieser, in welcher die Worte: Felix 
Ziraquer hat den Kirchthurm befahren 26. Auaust 
769“, eingegraben sind. 
— Neuüstadt, 8. Okt. Auf Anregung von 
zerschiedenen Seiten waren heute Vertreter der Ge⸗ 
neinden Neustadt, Haardt, Gimmeldingen, Königs⸗ 
hach, Ruppertsberg und Mußbach versammelt, um 
daruͤber zu berathen, ob es nicht zweckmäßig sei, 
den Herbstbeginn gemeinschaftlich auf einen Tag 
restzusetzen, da in diesem Jahre, wo die Quantität 
eine geringere zu werden verspricht und um den 
Verkauf zu erleichtern, der gemeinsame Beginn der 
Weinlese sich empfiehlt. Man wurde dahin einig, 
haß mit Genehmigung der betreffenden Gemeinder 
äihe die Weinlese am Donnerstag, den 16. d. M., 
hren Anfang nehmen soll. 
— Edenkoben, 10. Okt. Heute entlud 
ich unter gewaltigem Sturm über unsere Gegend 
ein Gewitter mit ziemlich heftigem Hagelschlag. 
Waren die Hagelkörner etwas stärker gewesen, so 
die Meldung von der Abhaltung einer Kon— 
serenz in Berlin zur Regulirung der Congo— 
ud Nigerangelegenheiten wird ietzt all— 
tig bestätigt. Die Einladungen sollen bereits er— 
zangen sein. Es wird angenommen, daß die Mächte 
icht besondere Vertreter zu der Konferenz entsenden 
deiden, sondern daß, wie es bei der letzten Londoner 
donfereuz der Fall war, die diplomatischen Verkreter 
der Mächte am Konferenzort, also diesmal in Berlin, 
u den Verhandlungen berufen werden dürften. 
Wie „Telegraph“ berichtet, ist Dänemark auf 
musdrücklichen Wunsch des Fürsten Bismarck zur 
hetheiligung an der Congokonferenz einge— 
aden. Portugal, Spanien, Belgien und Holland 
haben bercits ihren Beitritt zur Conqokonferenz 
undgegeben. 
Aus Anlaß der Dampfer-Subventions— 
ßorlhage sind dem Fürsten Bismarck neuerdings 
wieder verschiedene Zustimmungsadressen zugegangen, 
anter anderen auch seitens der deutschen Kolonien 
— 
eztere trägt mehrere hundert Unterschriften und hat 
um so mehr Bedeutung, als unter den fremden 
dolonien in Buenos⸗Ahyres die deutsche kommerziell 
den ersten Rang tinnimmt. 
Deutjsches Reich. 
Berlin, 10. Okt. Nach den Aufstellungen 
»es Magistrats beträgt die Zahl der hier eingetragenen 
Keichstagwähler 288,818. Die ausgelegte Wähler- 
Liste wurde von 34. 955 Personen (ca. 12.3 vCt.) 
tingesehen. 
Berlin, 11. Oki. Die Sozialdemokratie ist 
ehr rührig in der Verbreitung von Wahlflugblättern 
und täglich hat der , Reichsanzeiger“ Verbote solcher 
drucksachen zu publiziren. Heute wurden verboten: 
Flugblätter, die in Potsdam, Kassel und Mann⸗ 
seim vertheilt werden. Die meisten dieser Blätter 
ind bei Dieß in Stuttgart gedruckt. 
Ausland. 
Wien, 10. Okt. Der Kaiser empfing 
den König Milan von Serbien, welcher hierauf den 
dönig von Sachsen besuchte. Sodann erhielt König 
MNilan den Gegenbesuch beider Monarchen, später 
den Besuch des Prinzen Wilhelm von Preußen. 
dem Galadiner in Schönbrunn wohnten der König 
don Sachsen, Prinz Wilhelm, Kalnoky und Prinz 
benß mit den Mitgliedern der deutschen Botschaft bei. 
Wien, 10. Okt. Der Handelsminister ruft 
Staatseisenbahnrath zu seiner ersten Session 
zuf den 4. November ein. Auf der Tagesord nung 
leht der Antrag auf Einführung des Personentarifs, 
velcher auf den Staatsbahnen seit dem 1. Juni 
882 eingeführt ist, bei allen neu hinzuttetenden 
Staatsbahnen, sowie auf Einführung des Gütertarifs 
der Staatsbhahnen bei der Galizischen Transversal— 
Sokale und pfalzische Nachrichten. 
*St. Ingbert, 18. Okt. Wie bereits 
bekannt gegeben, findet heute Abend 8 Uhr in der 
Wirthschaft der Frau Wiw. Jul. Grewenig eine —A 
ralversammlunng des hiesigen Vorschußvereinß 
statt. Die Tagesordnung umfaßt: 1) Vorlage 
des Geschäftsberichts pro J. Semester 1884; 2) 
Bericht über den am 9. und 10. Juni abgehaltenen 
ofälzischen Genossenschaftstag zu Dürkheim. Dem 
uins vorliegenden Rechenschaftsberichte fürs erste 
dalbjahr 1884 entnehmen wir, daß die Mitglieder⸗ 
ahl von 588 vom Anfange bis zum Schlusse des⸗ 
jelben auf 607 gestiegen ist. Das Stammantheil⸗ 
TFonto betrug am 30. Juni 205,417 Mk., das 
Reservefond-⸗Conto 33,980 Mk., das Sparkassen⸗ 
Fonto bei 456 Einlegern 490,770 Mk., das Dar⸗ 
lehen· Conto 18,684 Mk., das Conto⸗Corrent⸗Conto 
716,7659 Mk., das Gewinn⸗ und Verlust- Conto 
24598 Mtk. Der Umschlag in den einzelnen Mo— 
zaten des abgelaufenen Semesters bewegte sich zwischen 
354,560 Mi. im Monat Januar und 464 866 Mk 
im Monat Mai. 
» Gestern Morgen bot unsere Gegend das 
Bild einer Winterlandschaft. Ganz gegen den Ka— 
Ander hatte der Winter in der Nacht seine Visiten⸗ 
no ne 
Paris, 10. Okt. Zwischen Henri Rochefort 
uind Kapitän Fournier kam es heute Nachmittag 
um Duell, in welchem Rochefort am Halse, Four⸗ 
nier ernstlich in der rechten Seite verwundet worden 
—— 
die Details über den Kampf bei Langkev (Tongking) 
und meldet u. A., daß in dem Dorfe allein 640 
todte Chinesen gefunden worden seien. General 
Neatier fei am Schenkel verwundet.