Full text: St. Ingberter Anzeiger

lich mit dem Inslebentreten des Unfallversicherungs⸗ 
gesetzes zusammenhängen. „Seitens der Staats⸗ 
egierung ist sämmtlichen Bahnärzten die Stellung 
gekündigt worden.“ 
Berlin, 25. Okt. Die Vorlage der Post⸗ 
dampfer⸗Subvention hat 8 Paragraphen. Nach 
31 wird der Reichékanzler ermächtigt, Einrichtung 
ind Unterhaltung der regelmäßigen Postdampf 
schiffsverbindungen zwischen Deutschland einerseits 
und Ostasien, sowie Australien und Afrika anderer⸗ 
seits, auf eine Dauer bis zu fünfzehn Jahren an 
zeeignete Unternehmer zu übertragen und in den 
gdierüber abzuschließenden Verträgen vermittelst Bei— 
hülfe bis zum Höchstbetrage von jährlich fünf Mil— 
lionen vierhunderttausend Mark aus Reichsmitieln 
zu bewilligen. 8 2 lautet: Die im 8 1 bezeich- 
neten Verträge bedürfen zu ihrer Gültigkeit, der 
Genehmigung des Bundesraths. Ueber den Inhalt 
der Verträge, sowie über die auf Grund derselben 
geleisteten Zahlungen ist dem Reichssstag bei Vor⸗ 
lage des nächsten Reichshaushaltbetats Mittheilung 
ju machen. 8 8 lautet: Die nach 8 1 zahlbaren 
Beträge sind in den Reichthaushaltsetat einzustellen. 
Es sind in Aussicht genommen: 1) Für den Ver— 
kehr nach Ostasien: a. eine Hauptlinie von der 
deutschen Küste nach Hongkong, über Rotterdam 
hezw. Antwerpen, Lissabon, Suez, Colombo, 
Singapore, b. eine Zweiglinie von Venedig oder 
Triest über Brindisi bezw. von Genug über Neapel 
und Alexandrien, c. eine Zweiglinie zwischen Hong⸗ 
kong und Yokohama über Shanghai, Nagasaki und 
einen noch zu bezeichnenden Hafen in Korea. 2) 
Für den Verkehr mit Anstralien: a. eine Haupt- 
linie von der deutschen Küste nach Sidney über 
Suez, Adelaide und Melbourne, b. eine Zweiglinie 
von Sidney über Auckland, Longo, Samoa⸗Inseln 
und Brisborn zurück nach Sidney. 3) Für den 
Verkehr mit BritishIndien: im Anschluß an die 
ostasiatische und die australische Hauptlinie eine 
Linie zwischen Aden und Bombay. 4) Für den 
Verkehr mit West- und Ostafrika: eine Haupilinie 
von der deutschen Küste nach Delagoa⸗Bay, über 
Havre nach Cherbourg, Gorce, Angra⸗Pequena, 
Lapstadt, Natal, Mozombique, Zanzibar. Im An— 
chluß an diese Linie wird eine Umgestaltung der 
jetzt schon bestehenden deutschen Dampferlinten nach 
der westafrikanischen Küste beabsichtigt, vermöge 
deren der Postdienst nach den westafrikanischen 
Blätzen regelmäßig ausgeführt werden kann. 
Berlin, 26. Okt. Wie bereits kurz gemeldet 
wurde, hat gestern Nachmittag die Eröffnung des 
Staatsrathes durch den Kronprinzen stattgefunden 
und zwar in Anwesenheit von etwa 100 Mitglie— 
dern desselben im Elisabethensaale des königlichen 
Schlosses. Der Kronprinz trug die Uniform seines 
pomumierschen Cürassierregiments, neben dem Kron⸗ 
prinzen hatten der Fürst Bismarck in großer Ge— 
neralsuniform und der Generalfeldmarschall Graf 
Moltke Stellung genommen, links vom Kronprinzen 
tanden die Minister, darunter auch der jetzt wieder 
zollstündig hergestellte Finanzminister v. Scholz, an 
der Frontseite hatten sich die Mitglieder des Staats⸗ 
rathes gruppirt. Die Mehrzahl der Anwesenden 
trug die Amtstracht der Civilbeamten, die Militär⸗ 
iniform war nur schwach vertreten; die violetten 
Ornate der beiden Bischöfe Dr. Kopp aus Fulda 
und Krementz aus Ermeland leuchteten weit durch 
den Saal, die drei Professoren, welche Mitglieder 
des Staatsrathes sind, R. Gneist, Schmoller von 
hiesiger Universitit und O. Mejer aus Göttingen, 
hatten Amtstracht angelegt, die Honneurs machte 
der Staatssekretär v. Mitler, er begrüßte und em— 
afing die Mitglieder des Staatsraths, welche sehr 
frühzeitig eintrafen. Die Erdffnungsrede des Kron⸗ 
prinzen trug einen geschäftsmäßigen Charakter; sie 
hetonte, daß die Wiederbelebung des Staatsrathes 
nach 30 Jahren Unterbrechung haupfsächtich den 
Zweck verfolge, die Gesetzentwürfe vor Einbringung 
in die Vertretungen des Reiches und Preußens 
darauf zu prüfen, ob diese dem Bedürfniß genügen 
und in die organische Gestalt der Gesetzgebung hin⸗ 
einpassen, sowie ferner wichtige Verwaltungsmaß— 
regeln vor ihrem Erlaß der Pruͤfung zu unterziehen. 
Als die Gegenstände, mit welchem sich der Staats- 
rath zunächst zu beschäftigen habe, werden bezeichnet 
die Gesetzentwlirfe, betreffend Ausdehnung des Un⸗ 
fallgesezes auf die Transportgewerbe, über die 
Dampfersubvention und über die Errichtung von 
Postsparkassen. Gesichtspunkte allgemeiner Politik 
wurden in der eine Viertelstunde in Anspruch neh⸗ 
menden Rede nicht berührt, die der Kronprinz mit 
sauter und volltönender Stimme hielt 
Straßburg, 25. Okt. Der Kaiser hat dem 
herrn Statthalter Frhrn. v. Manteuffel die 
ach gesuchte Enthebung von der Stellung als kom⸗ 
nandirender General des 15. Armeekorps bewilligt 
und zu seinem Nachfolger den Generallieutnant 
. Kleist, Kommandeur der 1. Garde⸗Inf.⸗ 
dibision in Berlin, ernannt. So meldet das 
„Els. Journal“. 
Auslaud. 
Paris, 25. Okt. Der „Temps“ bringt fol⸗ 
Jende offiziöse Mittheilung: „Es wurde beschlossen, 
beträchtliche Verstärkungen nach dem fernsten Osten 
zu senden, um das Korps in Tonking zu vermehren 
uind die Besetzung von Formosa zu verbollständigen. 
lußer den neuen Truppentheilen werden auch nach 
Tonking die nöthigen Leute geschickt werden, um 
zie Lücken auszufüllen, und nach Toulon erging 
Zefehl, die verfügbaren Transportschiffe bereit zů 
tellen; auch unterhandelt jetzt der Marineminister 
vegen Stellung mehrerer Dampfer mit Reederge⸗ 
ellschaften. Die Absendungen von Truppen, Lebens⸗ 
nitteln und Munition nach Toulon haben bereits 
»egonnen. Die Verstärkungen sollen bald nachein⸗ 
inder Mitte November in See gehen, damit sie 
Ende Dezember in Tonking eintreffen und Anfangs 
Januar in Reihe und Glied treten können. Der 
„Bienhoa“, der am 20. November abgeht, wird 
die Ersatzmannschaften und eine Batterie Artillerie 
in Bord nehmen.“ Der „Temps“ versichertferner, 
daß Brière außer der Ersatzmannschaft 9000 und 
Tourbet 3000 Mann erhalten werde. 
— Der Marineminister erhielt vom General 
Zriere eine Depesche, in welcher Trager und 
Tragbahren sowie neue Sendungen von Arznei— 
nitteln verlangt werden. Das Panzersthiff, Triom⸗ 
hante“, das vom Admiral Courbet zur Ginholung 
»on Munition abgeschickt wurde, traf in Saigon 
in. Sämmiliche französische Diplomaten und diplo⸗ 
natische Konsuln haben Vollmacht erhalten, wegen 
)er Aufregung der chinesischen Bevölkerung ihren 
Zitz in Schanghai zu nehmen, wo sich bereits der 
ranzösische Gesandte Patenotre aufhält. 
— VDer Prasident der Republik wird dieser 
bage das Dekret betreffs der allgemeinen 
Uusstellung von 1889 unterzeichnen, welche 
nuthmaßlich wieder auf dem Marsfeld und Um— 
zebung stattfinden wird. Als General-Kommissar 
verden genannt: Dietz Monnin (Senator), An— 
onin Proust (Deputirtr) und Georges Berger 
Direktor der französischen Abtheilung der Ausstel- 
ung von 1878.) Antonin Proust hat die meisten 
Aussichten, weil er durch seine politische Stellung 
großen Einfluß auf Ferry hat. 
— In der gestrigen Sitzung der Deputirten⸗ 
ammer verlangte Cuneo d'Ornano die Verweisung 
eines Antrages auf Versetzung der Minister in den 
Inklagezustand, weil sie ohne die Zustimmung der 
tammer Krieg geführt hatten, an den Tonkingaus- 
chuß. Nach der Verwerfung dieses Verlangens 
tellte Cuneo das Gesuch auf Gestattung einer In—⸗ 
werpellation wegen der Verletzung der Verfassung, 
deren die Regierung sich schuldig gemacht habe, als 
ie sich in den Krieg ohne die Zustimmung des 
Parlaments eingelassen habe. Der Präsident des 
dauses bemerkte hierauf, er werde den Conseilpräsi— 
denten über den Tag dieser AIntervellation zu Ratöe 
ziehen. 
London, 25. Okt. Heute früh wurde von 
erbrecherischer Hand der Versuch gemacht, ein Thor 
zei den Schifffahrtsschleußen des Flusses Bann 
Irland) mittelst Dynamit in die Luft zu sprengen. 
Die Polizei glaubt dem Thäter auf der Spur zu 
ein. Es ist dies bereits der zweite Versuch. der 
m Laufe dieseß Jahres gemacht wird. 
Zokale und pfälzische Nachrichten. 
— Der Verein deutscher Ingenieure 
Pfalz-Saarbrücker Bezirksbverein) hält eine Ver— 
ammlung am Sonntag, den 2. November in 
daiserslautern ab mit folgendem Programm: 
Zormittags “39 Uhr Abfahrt von Kaiserslautern 
iach der Lampertsmühle. — Besichtigung der Baum— 
wollspinnerei von G. F. Grohs-Henrich. Sißzung 
daselbst. Tages-Ocdnung: 1. Geschäftliche Mit— 
heilungen des Vorstandes. 2. Bericht des Vor— 
tandes über die Hauptversammlung. 3. Ueber 
lektrische Beleuchtung, Vortrag des Herrn F. Lur. 
t. Bericht über Dampfkesselexplosionen, von Herrn 
E. Chateau. 5. Wahl einer Kommission zur Be— 
athung von Abänderungévorschlägen zum Patent⸗ 
gesetze. Rückfahrt nach Kaiserslautern um 1442 
Uhr. Nachmittags 2 Uhr; Gemeinschaftlich— 
Mittagessen im Hotel zum Schwan. 
— Für den am 9. November im Chormann⸗ 
schen Saale zu Kirchheimbolanden flal 
findenden Verbandstage des pfälz. Gewerbe · Verung 
Verbandes ist folgende Tagesordnung festgestellt 
1. Berichterstattung über die Thätigkeit des Vororte! 
m abgelaufenen Verbandsjahr. Berichterstatter 
Zerr Verbandsvorstand Rohe. 2. Nechnungsstellung 
Prüfung der Rechnung, Decharge-⸗Ertheilung. Bo 
chterstatter: Herr Rechner Winter. 8. Die Er. 
tichtung von Handarbeitsschulenfür Mädchen. Referen! 
Derr Dekan Dr. Leyser aus Neustadt. 4. Amtae 
Speyer: Die Gründung eines Verbandes zu 
Versicherung solcher Arbeiter und Gewerbsmeisier 
velche auf Grund des neuen Unfallversicherungs 
Hesetzes nicht versicherungspflichtig, resp. fähig sind 
Referent: Herr Kreiskultur- Ingenieur Werln 
Speyer. 5. Antrag Dürkheim: Die Herausgabe 
ines pfälz. Gewerbeblattes durch den Vorort'de 
Verbandes. Referent: Herr Inslitutslehrer Strauf 
aus Dürkheim. 
— Die Evangelische Pastoralkop— 
serenz der Pfalz kann in diesem Jahre, wes 
»ie Bahnzüge zu ungünstig gehen, nicht in —R 
peher abgehalten werden und ist deshalb Reu— 
tadit als Versammlungsort gewählt worden. Si— 
indet statt Mittwoch den 5. November zu Neustad 
m alten Schießhause, Vormittags 1070 Uhr. Di 
Tagesordnung besagt: 1. Biblische Ansprache don 
Zfarrer Götz in Assenheim; 2. Referat über di— 
Textrevision der lutherischen Bibelübersetzung, er— 
tattet von Pfarrer Werle in Katzweiler; 3. Be— 
prechung über die religiöse Erziehung der Kinde 
us gemischten Ehen, eingeleitet von Kirchenratl 
Lyncker. Eingeladen sind dazu „alle Geistlichen 
welche auf dem Boden des kirchlichen Bekenntnisse? 
der „Augustana“ stehen.“ 
— Am Nachmittag des 24. Okt. brannten in 
Mundenheim die gefüllten Scheuern, sowi 
indere Oekonomiegebäulichkeiten der Herren Mathes 
ind Lehrer Butscher nieder. 
— Landau, 26. Okt. Vom hiesigen In— 
anterieregimente sind eine Anzahl Mannschaften 
iach Ludwigshafen beordert worden, marschmäßie 
uind jeder Soldat mit 40 scharfen Patronen aus 
Jerüstet. In Ludwigshafen befinden sich jetzt zut 
Aufrechterhaltung der Ordnung gegen 600 Mann 
Militär, ein Theil davon aus Germersheim. G 
var in Ludwigshafen eine sozialdemokratische Ver— 
ammlung verboten worden und es wurden Auf— 
äufe befürchtet. Ruhestörungen sind bis jetzt nicht 
vorgekommen, dagegen soll die Gegenwart der kriegs— 
hereiten Kombaqunien viel böses Blut verursachen. 
(L. J.) 
— Weisenheim a. S. 25. Okt. Einen 
Akt groͤßter Rohheit, wie er Gott sei Dank nicht 
aft vorkommt, bespricht man hier mit Abscheu. Ein 
jöchst geachteter Mann wird, wie man sich er⸗ 
‚ählt, fortgesetzt von seinen allernächsten Ange— 
hörigen aufs Unbarmherzigste behandelt! und soll 
zestern die liebenswürdige Tochter dem Vater 
jeißes Wasser übergeschüttet haben, so daß der Be— 
dauernswerthe unter ärztlicher Behandlung steht. 
Eine sogenannte „Pfuhllochgeschichte“ gewinnt durch 
solche Thatsachen nur mehr und mehr Verbreitung 
und Glauben Gr. T.) 
Berenischtes. 
F Aus Forbach schreibt man der „St. P.“. 
In meiner legten Zuschrift habe ich gesagt, daß 
trotz der guten Ernte unsere Bäcker mit einer Zähig— 
eit, die einer besseren Sache würdig wäre, noch 
mmer die hohen Brodpreise festhalten. Unsere 
ODetzger folgen diesem „löblichen“ Beispiele, wahr— 
cheinlich, weil sie sich dabei recht wohl befinden. 
Die Klagen des Publikums werden daher auch 
mmer lauter, so daß sich der Bürgermeister Hey⸗ 
zinger veranlaßt findet, heute in der „Forbachet 
Zeitung“ einen Brief zu veröffentlichen, worin er 
den Metzgern und Bäckeru des Stadibezirkes gehörig 
den Tert liest. Er läßt an dieselben die 
ernstliche Aufforderung ergehen, ungesäumt ihre 
Preise auf ein entsprechendes Maß herabzusetzen, 
wenigstens auf die Sätze, zu welchen die Lebens⸗ 
mittel in den Nachbarsiädten, wo längst auf alle 
zulässigen Gegenstände Oktroi erhoben wird, ver⸗ 
kauft werden. Sollte dieser seiner Aufforderung 
nicht sofort entsprochen werden, sagt der Bürger⸗ 
meister zum Schluß, so sehe er sich gezwungen, von 
den ihm nach den Gesetzen vom 16. bis 
24. Augqust 1790. 22. Jirli 1791 und 18. Juli