Full text: St. Ingberter Anzeiger

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Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert. 
der „St. Ingberter Anzeigter“ erscheint wochentlich funfmal: Am Moutag, Dienstag, Donnerstag, Samstag und Gonntag; 2mal wöchentlich mit Unterhaltun 
zlatt und Sonntags mit Sseitiger illustrirter Beilage. Das Blatt kostet vierteliährlich T.A 60 4 einschließlich Trägerlohn; durch die Post bezogen 1M 75 , einschließlis 
0 H Zustellungsgebühr. Die Einrückungsgebühr kur die 4gespaltene Garmondzeile oder deren Raum beträgt bei Inseraten aus der Pfalz 10 B, bei außerpfalzischen und solche 
auf welche die Expedition Auskunft ertheilt, 18 B, Reclamen 30 . Bei 4maliger Einrückung wird nur dreimalige berechnet. 
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AMe 215. Donnerstag, 6. November 1884. 
70. Jahrg. 
Abonnements 
nung sich noch nicht gleich kundgeben kann, wird! 
sie namentlich nach errungenen ersten Erfolgen her— 
borbrechen und mittlerweile dürfte Oesterreich auch 
io weit gelangen, um für die gute Sache mitwirken 
zu können.“ 
grenzung der beiden Aerztebezirke, in welche der 
Kanton zerfallen soll. 
Mit gleicher Einstimmigkeit wurde die vom 
Vorsitzenden angeregte Gründung einer Distrikts— 
Sparkasse nach dem Markensystem von der 
Versammlung angenommen. Ein hohes Interesse 
boten die Mittheilungen des Herrn Bürgermeisters 
Adt von Ensheim uͤber die dort seit einigen Jahren 
bestehende Sparkasse, deren Einlagen die Höhe von 
12000 Mark erreicht haben, und die dem doppelten 
Zwecke dient, das pfennigweise Sparen zu ermög⸗ 
iichen und solide Bürger mit Darlehen zu unter⸗ 
stüßen. Wir zweifeln nicht, daß die neuerrichtete 
unter Garantie des Distriktes stehende Sparkasse 
sich bald allgemeiner Beliebtheit erfreuen und als 
eine segensvolle Einrichtung sich bewähren werde. 
*Si. Ingbert, 5. Nov. Die Gemeinde— 
rathswahlen stehen vor der Thüre, und dürfte 
es wohl für manchen unserer Leser von Interesse 
sein, wenn wir nachstehend aus den Wahlvorschriften 
das Bemerkenswertheste mittheilen. Wahlstimmbe— 
rechtigt sind alle Gemeindebürger, d. h. alle voll 
jährige selbstständige Männer, welche in der Ge— 
meinde heimathberechtigt, wohnhaft und mit einer 
direkten Steuer angelegt sind. Als selbstständig 
iind nicht zu erachten: Personen, welche auf Grund 
richterlicher Verfügung unter Curatel stehen, dann 
Dienstboten, Gewerbsgehülfen und Haussöhne, welche 
im Brode ihres Hausherrn stehen und keine eigene 
Wohnung haben. Die Ausübung des Bürgerredtes 
ruht: 1) wenn ein Bürger seinen Wohnsitz in 
eine andere Gemeinde verlegt; 2) wenn er nicht 
mit einer direkten Steuer in der Gemeinde angelegt 
ist; 8) wenn er nicht mehr als selbstständig zu er⸗ 
achten ist. Ferner ruht das Bürgerrecht bei Per— 
sonen, welche wegen eines Verbrechens oder wegen 
Vergehens des Diebstahls, der Unterschlagung, des 
Betrugs, der Hehlerei oder der Fälschung derurtheilt 
worden sind. Ebenso kann das Wahlrecht von 
Personen, gegen welche das Conkursverfahren ein⸗ 
geleitet ist, nicht ausgeübt werden. Jeder Wahl⸗ 
stimmberechtigte hat nur eine Stimme und kann 
das Stimmrecht durch Stellvertretung nicht ausge— 
übt werden. Als Stadtrath, Adjunkt oder Bürger⸗ 
meister kann jeder wahlstimmberechtigte Gemeinde— 
bdürger gewählt werden, der das 25. Lebensjahr 
zurückgelegt und in der Gemeinde seinen Wo hnsitz 
jat. Ausgeschlossen davon sind die der akiiben 
Armee und den besoldeten Landwehrstämmen ange— 
zörigen Militärpersonen, ferner zeitlich pensionitte 
Offiziere und Militärbeamte; diesen steht nur das 
aktive Wahlrecht zu. Als Gemeinderäthe, nicht aber 
zum Bürgermeister oder Adjunkten können gewählt 
verden: Staatsdiener, Geistliche, öffentlich angestellte 
Lehrer oder von der Gemeinde und der Kirche be⸗ 
oldete Bedienstete. 
M Unter den Schülern der kgl. Studienanstalt 
Gymnasium und Lateinschule) zu Zweibrücken ist 
seit einiger Zeit eine bösartige Augenkrank— 
heitt, Bindehaut-Entzündung, ausgebrochen. Die 
4. Klasse mußte deshalb ganz geschlossen werden 
ind in manchen anderen Klassen ist mehr als die 
Hälfte der Schüler von dem UÜebel befallen. Das— 
jelbe soll neuerdings auch in den anderen Unter— 
richtsanstalten Zweibrückens auftreten. 
— Seit einigen Tagen wird der in den SOer 
Jahren stehende Polizeidiener Friedrich von Rusm⸗ 
bach vermißt. Von Donnerstag auf Freitag 
wurde er zum letzten Male in Fischbach gesehen. 
Die Bewohner des Ortes haben schon die Wälder 
Wgaesucht. 
auf den 
„St. Ingberter Anzeiger“ 
mit illustrirtem Sonntagsblaut 
werden für die Monate 
fovemberund Dezember 
e allen kal. Postexpeditionen und Post—⸗ 
„oten, wie auch bei den Austrägern und der 
eͤxpedition dieses Blattes entgegengenommen. 
In der Kommission, welche zur Berathung 
der Impffrage eingesetzt ist, haben die Ver— 
handlungen begonnen. Es gilt als zweifellos, daß 
die Kommission empfehlen wird, die Impfung mit 
sumanisirter Lymphe — also von Kind auf Kind 
— abzuschaffen und die Impfung mit animaler 
Lymphe einzuführen. Auch die Reichsregierung isl 
ür dieses Verfahren. 
Politische Ueberficht. 
Zu den pfäl zischen Stichwahlen bringt 
„Pfälzer Ztg.“ vom 4. Nov. nachstehende Mil— 
seilung: „Die Zentrumspartei hat sich 
zestern über ihre Haltung in den pfälzischen Stich— 
vahlen schlüssig gemacht. Vertreten waren in der 
Versammlung sämmtliche Wahlkreisausschüsse. Ein— 
nüthig wurde beschlossen: J. Im Wahilkreis Kai— 
exslautern-⸗Kirchheimbolanden tritt die Partei mit 
aller Energie ein für die Wahl des demokratischen 
dandidaten Grohé, und zwar auf Grund des de⸗ 
nokratischen Programms in der Kulturkampffrage. 
J. Im Wahlkreis Speyer⸗Frankenthal werden die 
zarteigenossen dringend ersucht, sich vollständig der 
Wahl zu enthalten und weder für den National— 
iberalen Dr. Groß, noch für den Sozialdemokraten 
Dreesbach zu stimmen.“ 
Deutsches Reich. 
Berlin, 4. Nov. Der Kaiser hat den Jagd— 
ausflug nach Wernigerode aufgegeben, da er sich 
durch Ausgleiten im Zimmer eine leichte An— 
schwellung an der Schulter zugtzogen hat. Der 
Kaiser brachte die Mittagsstunden wie gewöhnlich 
im Arbeitszimmer zu. 
Berlin, 4. Nov. Die Vorlage betreffend 
die überseeischen Postdampfschiff -Verbindungen 
wurde von den dafür vereinigten drei Abtheilungen 
des Staatsraths heute nach vierstündiger Verhand⸗ 
lung, in welcher der Reichskanzler mehrmals das 
Wort nahm, einstimmig zur Einbringung bei dem 
Bundesrathe und dem Reichstage empfohlen. Auf 
Vorschlag des Staatsministers v. Bötticher wurde 
Dr. Miquel um Erstattung eines schriftlichen Be— 
cichts an das Plenum ersucht. 
Ausland. 
Rom, 4. Nov. An die Mächts ist Seiten? 
der Curie das bestimmte Ersuchen gerichtet worden 
die überseceischen katholischen Missionen als neutrale 
unter dem Schutze der neutralen päpstlichen Flagge 
stehende zu erklären. 
Newyork, 1. Nov. Die Wahlresultate der 
üdlichen Staaten sind demoöokratisch ausgefallen. 
Bei den Wahlen sind keine Ruhestörungen vor— 
zefallen, bdagegen fanden gestern Abend in 
Cincinnati blutige Zusammenstöße statt, wobei 
mehrere Personen getödtet und andere verwundet 
wurden. Die Republikaner haben die Majorität in 
der Staatslegislatide von Newyork und werden 
deshalb einen republikanischen Senator nach Was⸗ 
zsington in den Congreß wählen können. Die 
Wahlresultate der westlichen Staaten laufen lang 
am ein. 
In allen politischen Kreisen wird die in der 
Rordd. Allg. Ztg.“ erfolgende Publikation von 
Uktenstücken, betreffend die Wühlereien 
md Zettelungen der Welfen, lehhaft be— 
prochen. Es ist kein Zweifel, daß die betreffenden 
Riginalakten sich schon seit längeter Zeit in Hän⸗ 
den der preußischen Regierung befinden und daß 
diese aus sehr gewichtigen Ursachen, welche sich zu— 
nchst der öffentlichen Kenntniß entziehen, mit der 
publikation vorgeht. Klingt es auch ganz unglaublich 
naß seitens Oesterreichs irgend ein Vermittlungs 
ꝛersuch zu Gunsten des Herzogs von Cumberland 
iattgefunden haben sollte, fo scheinen doch hinter 
den Coulissen sich mancherlei Vorgänge abzuspielen, 
denen durch diese Veröffentlichungen die Spitze ab⸗ 
sebrochen werden soll. Man muß sich erinnern, 
ꝛaß schon bei einer früheren Gelegenheit der leitende 
Staatsmann die Bemerkung gemacht hat, mit der 
budlikation von Aktenstücken wird der Kriegszustand 
atent. Ohne Zweifel werden wir schon in den 
eisten Tagen der kommenden Reichstagssession eine 
enimirte Welfendebatte haben. — Die erwähnten, 
n der „Nordd. Allg. Zig.“ gegenwärtig veröffent⸗ 
hten Aktenstücke sind Vriefe des ehemaligen Königs 
Georg V. von Hannover, aus denen die Haltung 
rs Herzogs von Cumberlound insofern klar wird, 
us dieser sich bekanntlich im Jahre 1878 in seinem 
Schteiben an den Kaiser vollständig auf den Stand— 
Aumkt seines Vaters stellte. In den erwähnten 
zriefen, deren vollständige Wiedergabe kein Interesse 
dietet, hofft Georg auf Napoleon, welcher Preußen 
emüthigen und ihn wieder auf den Thron von 
Hannover zurückführen werde. Der Landesverrath 
Lnn nicht offener gepredigt werden, als in diesen 
chhriftstücken. Der eine Brief schließt mit den 
Vorten: Unter Napoleon, dem Onkel, kämpfte 
Fankreich in erobernder, unter Napoleon, dem 
Aefen, in befreiender Absicht, und hat, was damals 
deniger der Fall war, mit Ausnahme der altpreu— 
ischen Probinzen, das Mitgefühl und die Beiftim— 
numg aller deuütschen Völker“ und wo diese Gefin— 
Lokale und pfälzische Nachrichten. 
Z. St. Ingbert, 5. Nov. Die gestrigen 
Lerhandlungen des Distriktsrathes für den 
danton St. Ingbert sind von Interesse auch für 
weitere Kreise. Ihr Schwerpunkt lag auf dem 
Bebiete der Distrikts-Armenpflege. Zunächst gall 
s auf Grund des Reichsgeseßzes über die Kran— 
enversicherung der Arbeiter sich über die 
Organisation der zu errichtenden Orts-Krankenkassen 
ür die keiner Fabrik-Krankenkasse angehörenden 
Arbeiter schlüssig zu machen. Von seiten des kgl. 
herrn Bezirksamtmannes war zur Vereinfachung 
des Rechnungswesens und zur Deckung der einzelnen 
Bemeinden gegen unvorhergesehene hohe Zuschüsse 
eine den ganzen Kanton mit seinen 235 Arbeitern 
umfassende Distrikts-Krankenkasse vorge— 
geschlagen und ein Statutenentwurf vorgelegt wor— 
den. Die Versammlung trat nach langer Debatte 
dem wohl durchdachten Entwurfe zunächst für ein 
Jahr einstimmig bei und einiaäte sich über die Ab⸗