provinzen, welches um so mehr nieder—
zedrückt wird, je mehr das Stammland stolz
sein Haupt erhebt. Die russische Sprache
ind damit die russische Sitte wird unsern Lands—
euten dort mit Gewalt aufgezwängt — das äußere
dleid soll schließlich auch die innere Natur verän-
dern. Neuerdings ist die russische Sprache als
Unterrichtssprache auch in die Riga'sche Keeisschule
eingeführt worden, die von mehreren hundert
Schülern besucht wird. Schritt für Schritt geht
so das Russenthum vor in seinem Vernichtungs—
tampfe gegen die uralten Sitze deutscher Cultur.
Fortgesetzt herrscht in Irland Gährung.
Fine kürzlich in Dublin stattgehabte Haussuchung
hat zur Entdeckung merkwürdiger Documente ge—
ührt, aus denen die Existenz eines Geheimbundes
erhellt, welcher die Bezeichuung „Die irischen
Rächer“ führt. Dieser Verein wurde zu dem Be—
jufe gegründet, die Phönix⸗Park-Mörder zu rächen
und der irischen rebolutionären Sache durch Ge—
valtthaten Vorschub zu leisten. Die Personen,
welche die „irischen Rächer“ bilden, sind meist
junge Männer des Handelsfaches.
Deutsches Reich.
Berlin. Wie das Berl. Tagbl. vernimmt,
hat das Reichs-Versicherungs-Amt nach langen und
sehr eingehenden Berathungen endlich den Entwurf
eines Normal⸗Statuts fuür die Berufs-Genossenschaften
velche sich auf Grund des Unfall-Versicherungs-
Besetzes vom 6. Juli 1884 bilden werden, fertig
gestellt. Dasselbe wird demnächst im Druck erscheinen.
Bei den Berathungen über dieses Statut haben sich
die Schwierigkeiten, welche die Bildung der in Aus—
sicht genommenen Genossenschaften bietet, in vollem
Umfange herausgestellt, und deshalb soll der Statuten⸗
Entwurf auch noch nicht als ein definitiver gelten,
sondern es sollen erst die Meinungen derjenigen
Vereine und Personen, welche jetzt mit Vorbereitungen
zur Bildung der Genossenschafter beschäftigt sind,
dor der endgiltigen Feststellung gehört und berück—
ichtigt werden.
Ausland.
Rom, 10. Nov. Der Minister des Aeußeren,
Mancini, hat den Gesandten von Chile und
Uruguay mitgetheilt, daß er ihre Regierungen für
den Schaden verantwortlich mache, den Italien
durch das Zurückweisen von italienischen Auswan—
ʒererschiffen erleide, und gedroht, Kriegsschiffe nach
den Häfen dieser Länder abzusenden.
Die deutsche Annerion von Bageida.
Der Vertrag, den Deutschland mit den Häupt—
ingen von Bageida geschlossen, hat der „Daily
News“ zufolge folgenden Wortlaut: Der General—
tonsul des Deutschen Reiches, G. Nachtigal, und
M'lapa, König von Togo, haben, Ersterer im
Namen Sr. Majestät des deutschen Kaisers, Letzterer
bdertreten durch Plakkos, Träger des Stockes König
M'lapa's für sich und seine Erben und seinen Chef,
im heutigen Tage folgendes Abkommen getroffen:
„1) König M'lapa von Togo, von dem Wunsche
heseelt, den in diesem Lande hauprtsächlich von deut—
ichen Kaufleuten betriebenen legitimen Handel zu
»eschützen und denselben vollkommene Sicherheit
ihres Lebens und Vermögens zu verbürgen, erbittet
iich den Schutz des deutschen Kaisers, damit er im
Stande sei, die Abhängigkeit seines an der West⸗
üste von Afrika gelegenen Territoriums von der
zstlichen Grenze des Portseguro nach der westlichen
Brenze von Lomey oder Bai Beach aufrecht zu er⸗
jalten. Der deutsche Kaiser gewährt seinen Schutz
nit gehöriger Berücksichtigung aller gesetglichen Rechte
Underer.
2) König M'lapa wird keinen Theil seines Ter⸗
itoriums mit Souveränitätsrechten an irgend eine
remde Macht oder Personen abtreten, noch wird
⸗r Verträge mit fremden Mächten ohne vorherige
Zustimmung des deutschen Kaisers schließen.
83) König M'lapa gewährt allen in seinem
Lande ansässigen deutschen Unterthanen jedweden
Schutz und freien Handel, und wird niemals irgend
einer Person der übrigen Nationen mehr Vorrechte,
Begünstigungen oder Schutz gewähren, als deutschen
Unterthanen eingeräumt ist; und König M'lapa
wird ohne vorheriges Abkommen mit dem deutschen
Kaiser keine anderen Abgaben oder Steuern auf⸗
legen als die, welche bislang herkömmlich sind,
nämlich 1 sh. per Tonne auf Palmkörger, zahlbar
in den repräsentativen Ortshäuptling.
4) Der deutsche Kaiser repräsentirt alle früher
jeschlossenen Handelsverträge zwischen König M'lapa
ind Anderen und wird den jetzt in König M'lapa's
ande bestehenden Freihandel in keiner Weise be—
chweren.
5) Der deutsche Kaiser wird die von Koͤnig
M'lapa und seinen Häuptlingen bislang befolgte
lusübung der Zolleinnehmerfunktionen nicht beein—
rächtigen.
6) Die kontrahirenden Parteien behalten sich
ie künftige Verständigung über Angelegenheiten,
Fragen ⁊c. von wechselseitigem Interesse, die in den
zerträgen nicht eindegriffen sind, vor.
7) Dieser Vertrag tritt sofort in Kraft, voraus⸗
gesetzt, daß er die Zustimmung der deutschen Re—
zjierung findet.“ (Dann folgen die Unterschriften
des kontrahitenden Häuptlinge und der Zeugen.)
Lokale und pfälzische Nachrichten.
* St. Ingbert, 11. Nov. Auch der gestrige
dirchweihmontag war von der Witterung begünstigt.
Nuf den Straßen entfaltete sich denn auch schon
vährend des Vormittags ein reges Leben und
Freiben; in bedeutend höherem Grade war dieses
ber am Nachmittage der Fall. Alt und Jung,
diesige und Auswärlige wogten in buntem Gemisch
wischen den zahlreichen Jahrmarktsbuden hin und
jer. Manches „Marktstück“ wurde gekauft, mancher
„Nickel“ vernascht, und die fahrenden Händler
und sonstigen Verkäufer, vom „billigen Jakob“ bis
zum ersten und lketzten der Marktwaarenbesiztzer,
nachten vergnügte Gesichter. Auch die Karoussels,
Zchieß- und andere Schaubuden hatten zahlreichen
Zzuspruch und machten ein gutes Geschäft. — Wie
nder ersten, so sollen auch in der verflossenen
weiten Kirchweihnacht die Tauzlokale sehr gut be—
ucht gewesen sein. Erwähnt sei noch, daß wir
eide Kitchweihtage von keinem störenden Zwischen-
all hörten; ein schönes Zeugniß für den Ordnungs—
inn der hiesigen Bevölkerung.
— In den Nächten vom 12. bis zum 14.
). Mtis. wird in diesem Jahr der bekannte
stovember⸗Sternschnuppenfall nieder—
gjehen; ein aufmerksamer Beobachter kann in diesen
stächten 40 bis 50 Sternschnuppen erblicken. Die
Nehrzahl derselben bewegt sich in parallelen Bahnen,
o daß es den Aaschein hat, als würden sie von
inem Punkte des Firmaments ausgestreut.
— Kaiserslautern, 10 Nov. Gestern
Nachts gegen 9 Uhr wurde von dem asb hier nach
ẽselsfürth abgegangenen Zuge in kurzer Ent—
ernung dor dieser Station ein Mann vom Eisen⸗
»ahnzuge überfahren. Der Kopf ist vom Rumpfe
jetrennt und an den Zehen ist der eine Fuß ver—
etzt. Der Getödtete ist von großer Statur ge—
vesen und in schwarzem Sonntagsanzug gekleidet.
deute früh, als der erste Zug hierher fuhr, lag
ie Leiche noch am Platze, da die Gerichts⸗
ommission zum Befund erwartet wurde. Wer
der Verlebte ist, darüber haben wir noch nichts
erfahren. (Kais. 3.)
— Kindenheim, 9. Nov. In vergangener
Nacht wurde dem hiesigen Ackersmann Peter Beckert
ine Kuh aus dem Stall gestohlen. Vom Hof aus
»ersuchten der oder die Diebe durch Legen von
Diehlen die Kuh über eine etwa 1 Meter hohe
Mauer zu bringen, wo sie dann außerhalb des
Dorfes auf das freie Feld gelangt wären. Nach—
dem dieses mißlungen zu sein scheint, wurde die
Kuh zum Hof heraus über die Orisstraße entfernt.
(Frkth. Tgbl.)
— Landau, 10. Nov. Im Laufe des
jestrigen Tages zog die letzte Abtheilung des hies.
8. Inf.Reg., welche während der Wahl in Lud—
vigshafen konsignitt war, wieder hier ein. Wie
nan hört, ist damit beiden Theilen, unsern Acht⸗
ehnern und den Vewohnern von Ludwigshafen
und Umgegend ein großer Gefallen geschehen.
(Land. Tgbl.)
— In Speyer war der Barbier Jakob
Zauer verhaftet worden unter dem gräßlichen
gerdachte, seine Frau vergiftet zu haben. Die Leiche
vurde ausgegraben und der Magen an die medi—
inische Fakultät nach Würzburg geschickt zur Unter⸗
uchung. Dieselbe stellte fest, daß der Tod der
zrau nicht durch Gift herbeigeführt worden ist.
da hat nun der heklagenswerthe Mann, der na—
ürlich sofort freigelassen wurde, die Untersuchungs—
jaft schuldlos erduldet.
— Ludwigshafen a. Rh., 9. Nov. In
Nannheim wurde in der gestrigen Nacht ein Zoll—
zediensteter meuchlings überfallen und durch Messer⸗
tiche so stark verletzt, daß man daran zweifelt, den—
elben am Leben erhalten zu können. Dem Thäter
st man auf der Spur.
Bermischtes.
F Zur Frage der Kurzsichtigkeit hat die
berbayerische Aerztekammer in ihrer jüngsten Ple.
narsitzung einen bemerkenswerthen Antrag auge⸗·
iommen und beschlossen, der Staatsregierung zur
Würdigung zu übergehen. Der Antrag lautet;
„Es wolle die Staatsregierung ersucht werden
ieselbe möge in Anbetracht der notorischen Zunahme
der Kurzsichtigkeit, die auf dem Wege der Vererbung
zu einem ständigen Nationalübel heranzuwachsen
)rohe, und in Ergänzung der in dieser Richtung
»ereits ins Werk gesetzten heilsamen Maßnahmen
hr Augenmerk auch auf den Druck und das Papier
der Schulbücher lenken, da dieselben häufig auch
Druckarten und Papiersorten zeigen, die dazu ge.
ignet sind, die Ausbreitung der Myopie zu för—
hdern, und wenigstens bei Neuabdruck dieser Bücher
iesem Mißstande hindernd in den Weg zu treten.“
F Als Kuriosum in seiner Art mag wohl da—
stehen, daß ein junges Dienstmädchen in Düssel—
dorf außer einem Kleide auch noch ein Knäblein
yon kaum 6 Monaten einem Ehepaar dortselbst
Jestohlen hat. Sie wird nunmehr von der Staais-
mnwaltschaft zu Düsseldorf steck brieflich verfolgt,
ind es sind 200 Mk. Belohnung auf die Er—
zreifung der Diebin und Wiederherbeischeffung des
dindes ausgesetzt.
— Die neueste Spielerei, die von Leipzig
uuch wohl bald ihren Weg gleich dem CriCri
unseligen Angedenkens, durch ganz Deutschland machen
wird, erscheint ebenso sinnlos wie dieses, wenn sie
auch nicht mit so nervenzerstörendem Geräusch auf—
tritt. Sie präsentirt sich in Form einer mit einer
Busennadel geschmückten Herrenkravatie. Durch einen
Hummischlauch steht der mit einer winzigen Oeffnung
dersehene Kopf der Nadel mit einem wassergefüllten
Ballon, der in der Hosentasche plaziert ist, in
Verbindung. Ein Druck auf diesen und aus der
stadel steigt ein fast unsichtbarer Wasserstrahl, der
ich in feinem Sprühregen auf die Umftehenden
ergießt. Natürlich ahnt niemand, woher der
olötzliche Regen kommt, und der heimtückische Atten⸗
äter amüsiert sich königlich mit seiner kindischen
Spielerei. Einem Herrn, der sich in Berlin diesem
zergnügen auf der Pferdebahn hingab, wäre es
nach der Mittheilung des „D. T.“ allerdings, und
nit Recht, beinahe schlecht bekommen. Die Um—⸗—
tehenden wurden doch schließlich auf ihn aufmerk—
am, und er konnte sich nur durch schleuniges Ab—
pringen der drohenden Vergeltung für den schlechten
5cherz entziehen.
F(Glückdurch Lotterie.) Einem Mann
n Unterlauchringen bei Waldshut sollte dieser Tage
»ab und Gut unter den Hammer kommen. Der
zerichtsvollzieher war schon auf dem Wege dahin.
rzreudestrahlend kam ihm der Mann entgegen bis
as nächste Dorf und zählte ihm den Betrag für
»ie Pfändung hin. Von der Hamburger Lotterie
oar dem Schwerbedrängten 10,000 Mk. Gewinn
ugefallen.
Ein jugendliches Geigertalent
rat jüngst in Dresden auf. Das hoffnungsvoll⸗
Vunderkind heißt Emil Barach und hat, troß
einer 18 Jahre, in Wien schon einen Ruf als
üchtiger Geiger, der auch schon seine eigenen
dompositionen öffentlich hören läßt. Das Wiener
donservatorium verlieh bem jungen Künstler die
joldene Medaille für Violinspiel, und er spielte
richts Geringeres als Paganinis erstes Concert.
Dieser „deutsche Dengremont“, wie man ihn ge—
lannt hat, componirte sein erstes Lied im 8. Lebens⸗
ahre.
F Frankfurt a. M., 9. Nov. Eine photogra⸗
hische Neuheit ist durch den Photographen Geld⸗
nacher dahier erfunden worden. Detselbe versteht
Zhotograpraphieen ohne jegliche Anwendung von
Japier auf Holz zu übertragen und dieselben so
u poliren, daß sie mit der ganzen Fläche einen
inheitlichen Glanz besitzen und wie eingelegt er⸗
cheinen. Es ist dabei gaaz gleichgültig, welcher
urt die Photographie, ob sie Porträt, Landschaft—
steproduktion u. s. w. sei.
Aus Schlesien. Vor 30 Jahren war
uf der Primkenauer Feldmark an einem Land⸗
nanne aus Görisseiffen im Löwenberger Kreise,
»er den Viehmarkt besuchen wollte, ein Rauhmord
erüßt worden, ohne daß vom Thäter eine Sput