Full text: St. Ingberter Anzeiger

vare entdeckt worden. Jetzt hat der Mörder kurz 
r dem Tode seinem Bruder die Unthat gestanden. 
F ist ein Einwohner aus Wolversdorf. Nach— 
em er seinem Brinder erzählt, daß er den 
Fremden mit einer Axt erschlagen habe, äußerte 
, der Mord iasse ihm keine Ruhe — er könne 
cht im Bette sterben, erhob sich, schleppte sich 
zühsam in die anstoßende Kammer und sank 
ori todt nieder. 
.(Ein Schweizer im deutschen Reichs—⸗ 
4g!) Dieses Unicum hat ein bayerischer Wahl⸗ 
reis, nämlich der 6. schwäbische, Immenstadt-Kempten. 
ertig gebracht. Der dort gewählte ultramontone 
ßfarrer Schelbert ist ein vor Jahren aus Muntta— 
hal im Kauton Schwyz nach Kempten eingewan⸗ 
derter freier Schweizer Bürgersmann. 
(Gegen die Weinschmierer.) In 
it Schweiz ist ein Gesetz über Weinfabrikation in 
zraft getreten. Die Lokale, in denen die Wein— 
chmiererei geübt wird, müssen künftig ein Schild 
nit der Aufsicht: „Weinfabrit“ tragen. Sie stehen 
aler staatlicher Aufsicht und zahlen für jedes Liter 
dunstwein eine Steuer von 2 Centimes. Im 
dandel müssen alle Fässer, Flaschen und Verkaufs⸗ 
hkale mit der Bezeichnung „fabrizirter Wein“ ver— 
sehen werden. Bravo! 
Paris 4. Nov. Vor den Geschworenen 
es französischen Cher Departements erschien dieser 
Tage ein 183jähriger Zuckerbäckerlehrling, namens 
Wentzeis, unter der Anktage der Ermordung seines 
Meissers. Dieser hatte den Jungen nach kurzer 
Probe fortgeschickt, weil er nicht nur unmäßig 
naschte und dem Dienstmädchen verfängliche An— 
räge machte sondern auch sonst noch alle erdenklich⸗ 
dumpensteiche beging. Auf Bitten eines Onkels, 
zes Pfarrers Wentzeis, willigte der Zuckerbäcker 
Rigolet darein, es nochmals mit dem Schlingel zu 
derfuchen; aber der Bursche hatte ihm einen 
ödtlichen Haß geschworen, fiel eines Abends über 
hn her und stieß ihm ein Messer in die Lunge, 
⸗ daß der Ueberfallene wenige Minuten darauf 
erschied, nachdem er Wentzeis als den Thäter be⸗ 
eichnet hatre. Dieser gab denn auch vor dem 
-„chwurgericht das Vergehen zu und erzählte, wie 
auf den Gedanken gekommen: er hatte im 
Petit-Journal“ den Roman „La belle Julie“ 
jon Kichebourg gelesen und gesehen, daß ein Vier— 
ehnjähriger seinen Brodherrn tödten könnte, indem 
er den Arglosen in einem Treppenwinkel erwartete 
ind ein Messer auf ihn zuckte. Auch das wußte 
der Taugenichts aus seiner Lektüre, daß die That 
ür ihn keine weitere Folgen haben würde, als die 
Finsperrung in eine Besserungs-Anstalt bis zu 
einem 21. Jahre. Sein Vater brach üher diesen 
Spruch in lautes Wehlklagen aus, während der 
Verurtheilte ihn ganz gleichmüthig hinnahm. 
Paris, 8. Nov. Die Kapitäns Renard 
und Krebs stiegen heute in Meudon zum dritten 
Male mit dem lenkbaren Luftschiff auf, der Ver— 
uch wird als gelungen bezeichnet. Die beiden 
Luftschiffer segelten nach Billancourt und kamen 
nach 84 siündiger Fahrt nach Meudon zu dem Punkte 
urück, von welchem aus sie aufgestiegen waren. 
Paris, 10. Nos. Die Cholera ist hier 
in fortwährender Zunahme begriffen. Nach einer 
Mittheilung der Seinepräfektur sind hierselbst von 
Samstag Mitternacht bis Sonntag 2, nachmittags 
23 Cholera⸗Todesfälle vorgekommen. Von Mittag 
bis elf Uhr abends sollen 138 Erkrankungen und 
51 Todesfalle vorgekommen sein. Offizielles über 
cziere Nachricht liegt noch nicht vor. Aus Mon⸗ 
treuil werden 10 Cholerafälle gemeldet. 
Der Erkaiserin Eugenne ist ein 
ernster Unfall zugestoßen. Sie begab sich nach 
Chislehurst, um die Gruft, in welcher Napoleon III. 
und sein Sohn ruhen, zu besuchen. Als sie aus 
ihrem Wagen stieg stürzte sie und zog lich eine zienilich 
ichwere Verletzung ihres linken Beines zu. 
(Es lebe die Reklamesl) Auf einem 
Friedhofe in Paris findet sich folgende Grabschrift: 
‚Hier ruht die tugendhafte Karoline, Gattin des 
Schlossermeisters Gobère; das Gitter dieses Grab— 
mals, welches der besten der Frauen errichtet worden. 
itammt aus der Werkstatt ihres Mannes.“ 
* Erst jetzt werden genauere Mittheilungen über 
pas furchtbare Unglück bekannt, das die kleine 2813 
kinwohner zählende, in der Provinz Cuenea gele— 
jene Stadt Huete betroffen hat. Am 30. Okt. 
vatte dort die Heirath eines jungen Bauern statt— 
gefunden, darauf war das Festmahl in dem Hause 
der Eltern der neuvermählten Frau eingenommen 
worden, und von da beqgab sich die zahlreiche 
Zochzeitsgesellschaft in ein anderes Haus, dessen 
bere Räume zwar sehr eng, aber die etwa 60 
Bersonen zu fassen im Stande waren, die die 
Feier des Tages mit einem Ball beschließen wollken 
Der obere Stock dieses Hauses war nur durch eine 
chmale Treppe zugänglich und die Zimmer desselben, 
durch je zwei Lichter erleuchtet, hatten nur ganz 
kleine Fenster, wie sie in den Bauernhäusern ge— 
wöhnlich sind. In einem dicht an der Treppe ge— 
segenen Raum des unteren Stockwerks befanden 
sich eine Auzahl Rohrbiüudel, und diese haben sich 
auf bisher unerklärte Weise, vielleicht durch einen 
zlimmenden Cigarrenstummel entzündet. Erst als 
die ganze Masse des leichtentzündlichen Stoffes ir 
Flammen stand und das Feuer die Treppe erfaß 
Jatte, wurde dasselbe ven der Wirthin des Hauses 
»emerkt. Die Benutzung der Treppe, die in lichten 
Flammen stand, war nicht mehr möglich, es blieben 
ilso nur die kleinen Fenster zur Rettung übrig 
Der Rauch und Qualm erfüllte aber schnell das 
zanze Haus, löschte die Lichter aus und bewirkt 
in kurzer Zeit durch Erstickung den Tod von etwa 
30 Menschen. Die andern vermochten, wenn auch 
nur unter mehr oder minder schweren Verletzungen 
das Leben durch die Feuster zu retten. Von diesen 
Verletzten sind inzwischen noch mehrere gestorben, 
dagegen ist es gelungen, einige Halberstickte wieder 
ins Leben zurückzurufen, so daß die Zahl der Tod— 
ten sich auf 27, 21 Frauen und 6 Männer, die 
der mehr oder minder schwer Verwundeten auf über 
25 beläuft. Die junge Frau befindet sich unter 
den Todten, der junge Gatte unter den schwer 
Verletzten. Sofort nach Bekanntwerden des Aus— 
bruchs des Feuers eilte die ganze Bewohnerschaft 
des Ortes an die Unglücksstätte, und alle bethei— 
tigten sich an dem Rettungswerke. Aber trotz der 
Schnelligkeit des Eingreifens und der Energie der— 
selben war es nicht möglich, das furchtbare Unglück 
zu derhindern, daß diese große Zahl von Menschen 
der Erstickungstod ereilte. 
GDie Cholera⸗Eier.) Die krasse Unwissenheit 
der Bevölkerung in Süd⸗-JItalien hat sich 
während der Cholera-Epidemie in einem seltsamen 
Licht gezeigt; das Benehmen des Präfekten von 
Reggio in Kalabrien scheint derart gewesen zu sein 
daß er aufgefordert wurde, auf seinen Posten zu 
verzichten, worauf er bemerkte, daß „er die Wahr— 
heit der gemachten Angaben nicht ableugnen könne 
daß aber ein Mann in einer Provinz von Dumm— 
öpfen nichts auszurichten vermöge.“ Er erzählte 
dann einzelne illustrirende Fälle, wovon der fol— 
gjende einer ist. Ein Spaßvogel hatte aus Jux 
wei Eier, ein weißes und ein schwarzgefärbtes, vor 
Tagesanbruch an das Thor eines Hauses hingelegt 
vorauf er die Bewohner aufweckte und ihnen sagte, 
ie hätten die Cholera-Eier vor der Thür. Der 
Schrecken der armen Leute war unbeschreiblich. Der 
Bürgermeister wurde allsogleich geholt und er be— 
ahl den Gedarmen, das Haus zu umzingeln, 
vährend sich die Behörden beriethen, was zu thun 
ei. Endlich wurde beschlossen, daß eine lang— 
Stange mit einem Netz daran herbeigeschafft werde, 
ind dieses wurde mit aller Vorsicht unter die Eier 
geschoben und dieselben sodann in Prozession, ar 
velcher sich der Bürgermeister, Gendarmen und 
ind Stadtleute betheiligten, auf den Kirchhof ge— 
ragen, wo sie feierlich unter einer dicken Schich 
»on Kalk begraben wurden. Erst jetzt athmete die 
Stadt wieder frei auf, und Bürgermeister und 
Soldaten kehrten friedlich in ihre Quartiere zurück 
Das Gesetzbuch der Afghanen hat 
nerkwürdige Bestimmungen. Eines der urältesten 
hrer Gesetze besteht darin, Verbhrechen aller Arf 
zurch die Auslieferung von — Weibern zu bestrafen. 
Wenn mancher Europäer mit seinem einen Weibe 
chon bestraft genug ist. so muß der Afghane offt 
mit seinem ganzen Harem büßen. Ein Mord z. B. 
tostet zwöolf Weiber; eine abgehauene Hand, Nase 
und dergleichen wird mit sechs Weibern, der Verlust 
eines Zahnes mit drei und eine Kopfwunde mit 
inem Weibe bezahlt. Wer sich also seiner Frau 
entledigen will, darf nur seinem Nachbar ein Loch 
nn den Kopf schlagen. 
London, 10. Nov. Eine Explosion hat 
im Samstag Abend in der Hochin⸗-Kohlengrube bei 
Tredegar stattgefunden, während 15 Bergleute in 
der Grube waren. Man befürchtet, daß alle um— 
gekommen. Es wurden 4 Todte gefunden. 
Mons, 10. Nov. In dem Kohlenberg 
werke bei Wasmes (Hennegau) sind durch schlagende 
Wetter 20 Bergleute getödtet und 5 verwunde 
vorden. 
sGodern, aber rbehrreich, Seu 
Julius und Julianne, ein kleines Geschwisterpaar, 
vom Fenster aus den Hochzeitzzug des nebenan 
wohnenden Kaufmanns mit angesehen, war das 
„Hochzeitsspielen“ ihre angenehmste Beschäftigung.— 
Neulich ging die Mutter zu Markte und empfahl 
ihren Kleinen, bis zu ihrer Zurückkunft mit Spielen 
sich zu beschäftigen. Als die Mutter zurückkehrte, 
saß Julius weinend in einer Ecke, während Julianne 
schmollend ihren Trotzwinkel occupirt hatte. „Was 
ist denn geschehen?“ fragte die Mutter Julius, 
und dieser, dem die hellen Thränen die Backen 
herunterrinnen, erwidert mit kläglicher Stimme: 
„Ach, denke Dir, Mama, Julianne will mich nicht 
hjeirathen, ich soll erst eine Equipage kaufen und 
ich habe doch nur 5 Pfennige!“ „Armer Julius“, 
beschwichtigt die Mutter den Kleinen, doch dieser 
wirft sich jeßt in die Brust und sagt: „Ich weiß, 
was ich thue, ich lasse Julianne sitzen und suche 
mir eine Andere“. — Und dies ist bei dem Alter 
von Julius, 5 Jahre und 2 Monate, ein ziemlich 
bernünftiger Gedanke. 
Die Entfernung von der Er de zur Sonne 
hat sich nach den neueren Berechnungen als ge— 
ringer herausgestellt, als sie bisher berechnet war. 
Grundlegend für diese neueren Berechnungen ist 
der Venusdurchgang vom 6. Dezember 1882, für 
welchen bekauntlich von allen civilisirten Völkern 
Breobachtungsstetionen an verschiedenen Punkten der 
Erdoberfläche aufgestellt waren. Eine einigermaßen 
endgiltige Wahrscheinlichkeitszahl läßt sich freilich 
erst aufstellen, weinn alle diese Stationen ihre Be— 
rechnung und mikrometrischen Messungen verglichen 
und combinirt haben. Bisher berechnete man die 
Entfernnng von der Erde nach der Sonne auf 
23,307 Erdradien oder 20,053,000 geographische 
MNeilen. Nach den Messungen der beiden belgischen 
Stationen vom 6. Dezember 1882 betägt sie aber 
nur 23,147 Erdradien oder 19,950,000 ge— 
ographische Meilen. 
(Für Hausfrauen.) Gegen rauhe Hände ge⸗— 
brauche Citronensaft. — Mit warmer Milch und 
Wasser kann man Oeltuch ohne Seife reinigen. — 
Eine heiße Schaufel über Möbel gehalten, nimmt 
weiße Flecke davon weg. — Streue Sassafrasrinde 
unter getrocknete Früchte, um die Würmer davon 
abzuhalten. — Eine Hand voll Heu mit Wasser 
in einen neuen Eimer gethan, nimmt den Geruch 
der Farbe mit sich fort. — Tintenflecke auf Sei— 
dens⸗, Wollen- und Baumwollenstoffen lassen sich 
mit Terpentin entfernen. — Eine Mischung von 
Bienenwachs und Salz macht alte Bügeleisen so 
glatt wie Glas. — Zähes Fleisch kocht ebenso weich 
wie anderes, wenn man dem Wosser ein wenig 
Essig zugefügi. 
Für die Redaktion verantwortlich: F. X. Demetz. 
Aus den Wolken muß es fallen 
Aus der Götter Schooß, das Glück, 
Und der mächtigste von allen 
Herrschern ist der Augenblick. 
Wenn man freilich nichts dazu thut, dann 
wird man vergebens warten, daß einem das Glück 
in den Schooß fällt. Und doch rückt jener Augen- 
blick immer näher, in welchem das Loos, über die 
Treffer der Giesinger Kircheubau⸗Lotterie ent 
scheidet. Schon ein Loos, auf welches etwa der 
Haupttreffer mit 530,000 Mark fallen würde, wäre 
im Stande,, den glücklichen Gewinner zum zu— 
friedensten Menschen der Welt zu machen. 
Herr Dr. C. Rüst, Großh. Medicinalrath 
in Grabow in Meckl. äußert sich über die Vorzüg⸗ 
lichkeit des rheinischen Trauben-Brust-Honids 
wie folgt: 
„Den rheinischen Trauben-Brust-Honig aus der 
Fabrik von W. H. Zickenheimer in Mainz 
habe ich oft und seit langer Zeit empfohlen und 
stets gefunden, daß derselbe ein ausgezeichnet gutes 
Hausmittel gegen chronische Husten, Heiserkeit u. 
‚s. w. ist. Auch habe ich den Trauben- Brust-Honig 
‚während einer Keuchhusten-Epidemie anwenden 
„lassen. Während dieser Husten, mit andern Mitteln 
behandelt, stets circa *2 Jahr angehalten hat, war 
„er bei Anwendung des Trauben-Brust-Honigs in 
„einigen Wochen beseitigt. Ich kann also den 
„rheinischen Trauben-Brust-Honig als ein ganz 
„vorzügliches Mittel bei Husten-, Brust- und Hals— 
„leiden empfehlen.“ 
Wir machen hierhei darauf aufmerksam, daß 
dieses seit einer Reihe von Jahren eingeführte und 
vorzügliche Hausmittel an hiesigem Platze käuflich 
hei Herrn J. Friedrich.