Full text: St. Ingberter Anzeiger

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Amtliches Organ des königl. Amktsgerichts St. Insbert. 
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Jer St. Ingberter Anzeiger“ erscheint wöchentlich fünfmal: Am Montag, Dienstag, Donnerstag, Samstag und Sonntag; 2mal wöchentlich mit Unterhalturge 
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auf welche die Expedition Auskunft ertheili, 15 H, Neclamen 30 —. Bei 4maliger Einrückung wird nur dreimalige berechnet. 
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19. Jahrg. 
Politische Ueberficht. durchweg den Ausführungen der „Köln. Ztg.“« 
an und fügt hinzu: Durch seine auf die Zerstörung 
Bayern soll in dem beir. Ausschusse des jes Reichs anspielenden Reden hat der Mandatar 
umdesraths gegen die Einbeziehung der lande und des Herzogs von Cumberland, Herr Windthorst, 
xstwirthschaftlichen Arbeiter in die Unfallversiche - Fessen Erbfolge in Braunschweig vollständig un 
—D—— noͤglich gemacht. Wenn Cumberland nunmehr jede 
Nussicht verloren hat, mag er sich dafür bei seinem 
Zevoll mächtigten bedanken, die Bundesregierungen 
berden Niemand in ihrer Mitte dulden, der es 
ich zur Aufgabe macht, von der Reichstagstribüne 
den Aufruhr gegen Kaiser und Reich zu vertheidigen. 
Auslaud. 
Paris, 6. Dez. Der Senat diskutirte heute, 
dem Wunsche des Ministeriums gemäß, das abge⸗ 
inderte Senats⸗Wahlgesetz, dessen Annahme gesichert 
cheint. Die Vorlage wird sodann Montag der 
dammer unterbreitet und das Ministerium die 
Zabinetsfrage stellen. Niemand zweifelt, daß das 
Ministerium die Majorität erhält. 
Paris, 6. Dez. Der Munizipalrath sprach 
ich heute mit 50 gegen 23 Stimmen betreffs der 
Aussiellung im Jahre 1889 zu Gunsten des Mars- 
eldes aus. 
Paris, 6. Dez. Der chinesische Gesandte in 
rondon, Marquis Tjeng, übergab dem englischen 
Minister des Aeußeren, Lord Granville, eine Mems⸗⸗ 
andum, enthaltend die Bedingungen, unter welchen 
Fhina geneigt wäre, Frieden mit Frankreich abzu⸗ 
hhließen. Die englische Vermittelung darf sonach 
iis offiziell begonnen betrachtet werden. Lord Gran⸗ 
isle hal bereits mit dem französischen Botschafter 
Waddington darüber conferirt. 
der Reichstag hat am“ Freitag den Antrag 
es Sezialdemokraten Grillenberger betr. Hinaus⸗ 
hiebung des Termins des Inkrafttretens deß 
drankenkassengesetzes auf 1. April 1885, resp. das 
stuhen des Beitritis der eingeschriebenen Hilfskassen 
zis zu diesem Termin, einer Kommission über⸗ 
viesen und dann die Berathung des Etats fort⸗ 
sesetzt. 
2okale und pfalzische Nachrichten. 
*St. Ingbert, 7. Dez. Dem kgl. Ge⸗ 
cichtsvollzieher Herrn Faßbender dahier wurde 
uuf Ansuchen gestattet, den geprüften Bewerber um 
in Gerichtsbollzieheromt, Herrn Kech, auf die 
Hauer eines weiteren Jahres als Stellvertreter 
rufzustellen. 
*St. Ingbert, 8. Dez. Gestern feierte 
ie hiesige Knappschaft das Fest ihrer Schutzpatronin, 
er heiligen Barbara, indem die Mitglieder derselben 
n beiden Kirchen dem vormittägigen Gottesdienste 
nwohnten. Leider hatte der festliche Aufzug der 
dnappen unter der regnerischen Witterung etwas 
u leiden. 
* Im Jahre 1884 wurden an den bayerischen 
debammenschulen 24 Hebammen aus der 
falz approbiert, darunter u. A. auch MariaOchs, 
jeb. Rung, aus St. Ingbert und Maria Jung 
us Schnappach. 
Blieskastel, 7. Dez. Die Blies ist 
zurch die in den letzten Tagen stattgehabten Regen⸗ 
jüsse und durch den Schneegang stellenweise aus 
hrem Ufer getreten. 
Ausel, 5. Dez. Der Postbote Mootß 
on Selchenbach kehrte von seinem gestrigen Dienst 
jange nicht nach Hause zurück. Als man heute 
Morgen nach ihm fahndete, fand man ihn in einem 
Thälchen zwischen Bubach und Krottelbach erfroren 
jegen. Um 5 Uhr wurde er noch auf dem Wege 
ach dem Koͤnigreicherhofe getroffen. Der auf so 
hredliche Weise ums Leben gekommene Postbote 
bar ein solider Mann, in dem eine Wittwe mit 
nehreren kleinen Kindern den Ernährer verlieren. 
Pfaͤlzisches Schwurgericht. 
V. Quartal 1884. 
Zweibrücken, 58. Dezember, Vormittagẽ 
Zuz Uhr, Verbandlung gegen Christian Karl 
Deutsches Reich. 
Berlin, 6. Dez. Die Kommission der Kon⸗ 
erenz berieth heute den Bericht der Subkommission 
iber die Schifffahrtsakte für den Congo. Der Bericht 
er Subkommission schlägt vor, die Schifffahrt auf 
em Congo und seinen Nebenflüssen, sowie der 
FJerkehr auf den eventuellen, Seitenkanälen und 
kisenbahnen ist frei. Es dürfen nur Taxen für 
ie Bestreitung der Kosten des Schifffahrtsverlehrs 
rhoben werden. Eine eventuell von Stanleypool 
ehufs Umgehung der Katarakte nach dem unteren 
Theile des Congo zu bauende Eisenbahn soll 
zerjenigen Macht übertragen werden, welche 
m dem Kataraktenufer liegt. Diese Macht kann 
en Bau der Eisenbahn einer Gesellschaft übertragen. 
rine einzusezende internationale Kommission kann 
dentuell behufs eines Eisenbahnbaues eine Anleihe 
egociiren mit Genehmigung der in der Kommission 
ertretenen Regierungen. Seitens der internationalen 
'ommission wird an der Congomündung eine 
Ruarantäne eingerichtet. Die Ausführungen der 
Schifffahrtsakte unterliegen der Ueberwachung der 
nternationalen Kommission. Der Bericht der Sub⸗ 
ommission enthält fernor u. a. die Vorschläge 
Deutschlande und Belgiens, betreffend die Natralität 
)es Congos und seiner Nebenflüsse. Von Amerika 
vurde der Vorschlag wegen Neutralisirung deß 
anzen Congogebietes vorbehalten. 
Berlin, 7. Dez. Die „Nordd. Allg. Iig.“ 
eproduzirt die Aeußerung der „Koͤlnischen Zig.“ 
iber die Reichstagssverhandlungen vom vorigen 
Mittwoch und schließt mit dem Satze, daß die da⸗ 
ei vomn Abg. Windthorst dargelegten Anschauungen 
nur noch mehr dazu beitrügen, die Unmöglichkeit 
mer welfischen Thronfolge in Braunschweig nach⸗ 
otisen. Die „Nordd. Allg. Itg.“ schließt fich 
—A 
heim. Anklagesache: Körperverletzung mi. 
rachgefolgtem Tode. Vertreter der koͤnigl ˖ 
Staatsbehörde: Herr 1I. Staatsanwalt Wagner 
Bertheidiger: Herr Rechtspraktikant Muck. 
Dder Angeklagte, welcher seit dem 13. Maielf. 
ys. eine Gmonatliche Gefängnißstrafe in der kgl. 
dZefangenenanstalt dahier zu verbüßen hatte und 
pährend dieser Zeit in der Schreinerei beschäftigt 
vurde, gerieih, wie schon oͤfter, so auch am 22. 
Oktober abhin mit seinem Mitgefangenen, dem nun 
verlebten Schreiner Kiefer von Niederhochstadt, in 
Streit, wobei sie sich heftig einander schimpften. 
Schließlich tam es zu Thätlichkeiten, und schlug 
hiebei Kiefer mit einem Richtscheid auf den Ange⸗ 
tlagten los, während letzterer ein in der Nähe 
liegendes Stück Eisenblech erfaßte und jenem der⸗ 
maßen auf die linke Kopfseite schlug, daß Kiefer 
sofort zu Boden stürzte. Derselbe wurde ins 
Spital verbracht und starb daselbst bald darauf. 
Nach dem Gutachten der Sachverständigen ist 
der Tod zweifellos in Folge dieses Schlages ein⸗ 
getreten, indem dadurch die vordere obere Hüälfte 
des linken Schläfenbeinmuskels gequetscht und eine 
10 CEim. lange, bis auf den Boden des Schädels 
dringende Knochenspalte herbeigeführt wurde. Hier⸗ 
»urch sei ein faustgroßer Bluterguß zwischen 
Schädeldach und harter Hirnhaut erzeugt worden, 
n Folge dessen ein gewaltiger Druck auf die linke 
Hälfte des Großhirns Statt gehabt habe. Dieser 
Druck und die Verlezung wichtiger Nerven hätten 
den Tod herbeigeführt. 
Hierin erblickt die Anklage, nachdem ein Kau⸗ 
salzusammenhang zwischen dem eingetretenen Tode 
ind der Statt gehabten Mißhandlung erwiesen sei, 
das Verbrechen der Körperverlezung mit nachge⸗ 
folgtem Tode im Sinne des 8 226 R.St.⸗G.B. 
Der Angeklagie gibt die That, wie geschildert, 
zu, will jedoch von dem Verlebten dermaßen ge⸗ 
reizt worden sein, daß er seiner selbst nicht mehr 
Herr war. 
Die Geschworenen sprachen den Angeklagten 
inter Annahme mildernder Umstände schuldig, wo— 
rauf der Gerichtshof denselben in eine Gefängniß— 
strafe von 9 Monaten verurtheilte. 
Nachmittags. Verhandlung geqgen Johannes 
Burg, 38 J. a., Tagner von Kandel. An—⸗ 
llazesache: Versuch der Brandstiftung. 
LBertreter der k. Staatsbehörde: Herr J. Staats⸗ 
uwalt Petri. Vertheidiger: Herr Rechtspraktikant 
Correll. 
Urtheil: 8 Jahre Zuchthaus, sowie 5 Jahre 
Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte. 
Bermischtes. 
F In Ingolstadt haben kürzlich 80 bayer. 
Branntweinbrennereibesitzer und ⸗Fabrikanten, um 
dem Niedergang der Spirituspreise entgegenzutreten, 
veschlossen, eine Verminderung der Produktion in 
der Weise eintreten zu lassen, daß statt viermaligen 
Maischens pro Tag nur dreimal gemaischt wird. 
München, 58. Dez. Bei dem 1. Infan⸗ 
serie⸗Regiment finden seit mehreren Wochen Proben 
rtiner neuen kriegsmäßigen Verpflegung statt; es 
erhalt eine größere Abtheilung tagtäglich dieselbe 
Menage, und wird die Nahrhaftigkeit dieser Menage 
auf jede mögliche Weise geprüft. Zu diesem 
Zzwecke rückt die Abtheilung regelmäßig zum Exrer⸗ 
zitium oder zu Felddienstübungen aus und unter⸗ 
liegt in der Kaserne zur Fernehaltung des Genusseß