Full text: St. Ingberter Anzeiger

rjelet war aber keene Rede, det kann ick vor 
Fott un vor's Jericht bezeujen, betheuerte der 
jackirer B. dem Berliner Schöffengericht, vor 
em er nebst vier Kameraden wegen Körperverleß— 
ag angeklagt war. — Vors: Sie sollen doch die 
rei Schmiedegesellen mißhandelt haben. — Angekl: 
a, da brat' mir eener 'n Storch, ick war pickfein 
mjczogen, hab mir ooch für mein theures Jeld 
risiren lassen, und in so weihevoller Stimmung 
oli ick mir mit die Leute jemein jemacht haben? 
.Vors: Das ist kein Grund, daß Sie sie nicht 
eprügelt haben. — Angekl.: Nanu, Herr Je— 
ichtshof, det wird woll 'n Irund sind, indem ick 
ein solcher Broledarier bin, det ick mir mit die 
Sorte verhauen sollte; nee, da kennen Sie mir 
chlecht. Ick halt' wat auf mir, un wenn ick mir 
rügle, so duh' ick det man blos mit Meines— 
eichen. — Vors.: Die Zeugen behaupten aber, 
aß Sie der Hauptmann bei der Prügelei gewesen 
— Aungekl.: Als wie icke? — Vors.: Ja, 
Sie. — Aungekl.: Wissen Sie wat, Herr Je— 
otshof? Die Leute sind falsch auf mir, weil ick 
mr nich um ihnen jekümmert habe, un dadrum 
eden sie jetzt so. Det is aber blos die reene Pi— 
anterie von sie. — Vors.: Sie sollen etwas an— 
etrunken gewesen sein. — Angekl.: Wat ick an— 
trunken, von eener unschuldigen Weißen? Nee; 
Zie waren ja nich bei, Herr Jerichtshof, da will 
x* Sie det Wort ooch weiter unich übel nehmen, 
iher det kann ick Ihnen sagen, det ick woll mehr 
jerdragen duh'. — Vors.: Haben Sie blos eine 
Weiße getrunken? — Angekl.: Na, um die reene 
Pahrheit zu sagen, wir haben voch noch eenen 
inter die-Binde jejossen, det war aber 'n echter 
»ognac, vor dem man sich nich zu schämen braucht, 
det reene Wort Jottes, sage ick Ihnen. — Vors.: 
Ihre Behauptungen scheinen nicht richtig zu sein. 
Angekl.: Wenn ick Sie aber versichern duh'. 
zors.: Auf Ihre Versicherung ist nicht viel zu 
zeben. — Angekl.: Sie können sich dadrauf ver⸗ 
sassen, Herr Jerichtshof. Der „Herr Jerichtshof“ 
herließ sich aber nicht darauf, sondern verurtheilte 
die Angeklagten auf Grund der Zeugenaussagen zu 
e 2 Monaten Gefängniß. 
Hamburg, 3. Dez. Der Afrikareisende 
d. Robert Flegel hat für die Ausführung 
seines Planes, das Flußgebiet des Niger und 
zamentlich das des Benue, welcher vom Niger aus 
ine nördliche Wasserstraße dem Kongo zu eröffnet, 
ür den deutschen Handel zu bahnen, eines unserer 
edeutendsten westafrikanischen Häuser, die Herren 
zantzen und Thormählen, gewonnen. Diese Firma,. 
ne schon bedeutende Faktoreien in Kamerun, Gabon, 
dlein⸗ Eloby, der Bata⸗Bai, GroßBatanga und 
m Campofluß besitzt, tritt als Geschäftsleiterin an 
zie Spitze einer Handels-, Plantagen⸗ und Berg— 
Jaugesellschaft mit dem Namen „Benue⸗Compagnie“, 
in deren Auftrag Herr Flegel geeignete Plätze am 
NRiger mit Handelsfaktoreien versehen, Landankäufe 
nachen und mit den afrikanischen Häuptlingen 
“andelsverträge abschließen soll. Eine englische 
zesellschaft, National African Compagny, hat am 
Zenue bereits im September vorigen Jahres festen 
uß gefaßt. Der Benue entspringt auf einem 
cheidegebirge, welches von dem Hochlande von 
amerun nur durch das Thal des mittleren Alt⸗ 
Falabar getrennt ist. Das Gebiet ist das eigent— 
iche Hinterland von Kamerun, zugleich, wie Flegel 
mittheilt, ein fruchtbares Hochland, das ein ge— 
undes Klima hat und alle Gewächse der Tropen 
sowie der gemäßigten Zone erzeugt. Als Einfuhr⸗ 
artikel empfiehlt Flegel Genever in Kisten, Rum in 
Korbflaschen und Fässern, Gewehre, Salz, Steingut— 
waaren, Glas- und Eisenwaaren, Kupfer und 
Messing in Stangen, Flanelle und Tuche. 
f Ein Arzt an der Universität in Wien be⸗ 
eichtet über eine sehr gelungene Operation 
nit dem Cocain, dem neuen Betäubungsémittel. 
xin 20jähriges Bauernmädchen hatte beim Essen 
von Kraut einen Knochen mit verschluckt. Athem⸗ 
aoth und, da sich die Zacken des Knochens bei 
eder Schlingbewegung in die Larynxwand ein⸗ 
bohrten, beträchtliche Schlingbeschwerden waren die 
Folge. Die Operation nach der neuen Methode 
derlief sehr befriedigend. Der Arzt fügte aber selbst 
zinzu: „Bei dem Mädchen hätte ich den Knochen 
jofort entfernen können, wenn es mir nicht darum 
zu thun gewesen wäce, die Operation erst am 
nachsten Morgen (Mittags vorher war das Mädchen 
in die Klinik gebracht worden) vor dein Auditoriuu 
vorzunehmen.“ Nicht der Schmerz eines geängstigten 
Menschenkindes, sondern des Auditoriums war es, 
dem die Rücksicht gebührte! Wie grausam kann die 
Wissenschaft sein! 
Bergstur z. Am 29. November hat auf der 
Mont-CenisLinie ein Bergsturz stattgesunden, der 
eicht unabsehbares Unglück hätte herbeiführen können. 
Ungeheure Felsblöcke lösten sich von den Bergabhängen 
os und stürzten ein unmittelbarster Näheder Statien 
Praz auf die Bahnlinie, indem sie alles mit sich 
ortrifsen, was ihnen entgegenstand. Der Bahn— 
örper war teilweise ganz zerstört; Eisenbahn— 
chienen und Telegraphenstangen lagen geknickt 
imher; der Verkehr zwischen Frankreich und Italien 
var während einiger Zeit vollständig unt rbrochen. 
Fs wurde sofort telegraphisch die nötige Zahl Ar— 
zeiter herbeigerufen. Während dieselben aber noch 
nit den Arbeiten beschäftigt waren, brauste plötzlich 
ein Eisenbahnzug in vollem Dampfe daher, der 
nmit knapper Not, bevor ein schwerer Unfall sich 
zreignete, zum Stehen gebracht werden konnte. 
Richt ohne große Anstreugungen gelang es, ohne 
daß ein Verlust an Menschenleben zu beklagen wäre, 
zie Liene nach mehreren Stunden wenigstens auf 
einem Geleise wieder fahrbar zu machen. Man 
ssaubt, daß der Bergsturz die Folge der an 
nehreren Orten vecrspürten Erdstöße war. 
Der aus Eiken (Argau, Schweiz) berichtete 
ingebliche Cholerafall stellte sich nachträglich 
lücklicherweise als Typhus heraus. 
F Wallmerod. Eine sschrecliche 
Szene ereignete sich in dem Dorfe Berod. Es 
vurde in einem Hause eine Versteigerung abgehalten. 
Zahlreiches Publikum war im untersten Stocke und 
riings um das Haus versammelt. Mitten in der 
Versteigerung, als eben der Polizeidiener das be— 
annte „einmal,“ zweimal“ ausrief und eben „zu⸗ 
chlagen“ wollte, gab es, wie die „Kobl. Ztg.“ 
nittheilt, einen furchtbaren Krach — der Boden 
zing auseinander und die ganze Stube mit ca. 100 
Menschen und Allem, was sich sonst darin befand, 
ag im Keller — Alles auf einem Haufen. Zum 
zroßen Glück kamen sämmtliche Personen mit dem 
loßen Schrecken, leichten Verletzungen und Brand— 
vunden davon — der geheizte Ofen war nämlich 
uuch mit herabgestürzt. 
Holyhead, 8. Dez. Der Dampfer 
„Pochard“ mit Pafsagieren und Ladung von Cork 
iach Rotterdam ist gestern Nachmittag nächst Holy⸗ 
zead gesunken. Obgleich das Rettungsboot sogleich 
zinausgeschickt wurde, konnte des starken Seegangs 
vegen Niemand gerettet werden. 
(Auch eine Wahlbeeinflussung. 
In englischen Blättern begegenen wir folgendem 
ergötzlichen Geschichtchen: „Weit mehr noch als Mr. 
Nottage hatte ein anderer Alderman Londons Aus⸗ 
icht, dieses Jahr zum Lord-Mayor gewählt zu 
werden. Die Geschichte zerschlug sich jedoch aus 
dem Grunde, weil man in Erfahrung brachte, daß 
sich dessen Gattin in gesegneten Umständen befinde. 
Nun aber ist die Stadt London verpflichtet, jeder 
rady⸗Mayoreß, die, während ihr Gatte im Amt ist, 
ein Kind zur Welt bringt, eine silberne Wiege zu 
aufen. Dieser Gebrauch ist etwas kostspielig. Zum 
etzenmale wurde im Jahre 1878 dem Neugeborenen 
in Mansion House dieser Tribut gezollt und dies⸗ 
nal wollte man die Ausgabe ersparen.“ 
F Von der Insel Trinidad (englisch) sind 
Mittheilungen über eine entsetzliche Menschenschläch- 
terei angelangt, welche am 30. Oktober dortselbst 
stattgefunden hat. Die ausgedehnten Zuckerrohr⸗ 
und Cacao-Plantagen jener Insel werden seit der 
Unterdrückung der Negersclaverei durch ostindische 
Toolies bearbeitet. Diese armen, genügsamen uud 
riedfertigen Menschen, deren Zahl auf 60,000 
eschätzt wird, sind Anhänger der Buddistischen Re— 
igion. Ihr religiöses Hauptfest, welches der Moha⸗ 
medischen Religion entlehnt ist, das Mohurrum 
oder Hosayfest genannt, wird am 30. Oktober ge— 
teiert. An diesem Tage bereiten sich die Coolies 
BPagoden von Papiermachsé von verschiedener Größe, 
üllen dieselben mit Geschenken und tragen sie in 
Zrozession zum Meeresufer, um sie als Opfer für 
hre Gottheit in das Meer zu werfen. In Folge 
zer fürchterlichen Zuckerkrisis, welche auf Westindien 
astet, war die Arbeitszeit der Coolies von den 
zflanzern erhöht und ihr Lohn von 35 auf 30 
Fents täglich reducict worden. In Folge dessen 
nachte sich begreiflicherweise eine Mißstimmung 
inter den Coolies bemerkbar. Hierdurch fühlte sich 
er Gouverneur der Insel, welcher bei dem Hosay⸗ 
este Excesse befürchtete, bewogen, das Fest ohne 
Weiteres zu verbieten, obwohl die Coolies dringende 
Horstellungen machten, daß ihre Religion ihnen 
dasselbe vorschriebe und bei ihrer Uebersiedelung 
don Ostindien nach Trinidad ihnen die freie Aus— 
übung ihrer Religionsgebräuche verbürgt worden 
ei. Als Antwort ließ der Gouverneur das Kriegs- 
chiff „Dido“ kommen, auf der Rhede von San 
Fernando, einer kleinen Küstenstadt von 3000 Ein— 
vohnern, anlegen und Marinesoldaten ausschiffen. 
Zugleich wurde San Fernando, durch welche Stadt 
der Hauptzug der Coolies nach dem Meere zu 
gehen hatte, mit 74 Neger-Polizisten und 72 Land⸗ 
'oldaten besetzt. Die Hauptstadt Port of Spain 
(35,000 Einwohner) bliebh nur mit 25 Polizisten 
und 40 Landsoldaten besetzt. Hier verlief auch 
Alles in Ruhe. Anders ging es in San Fernando 
zu. Als am 30. Oktober die Prozession der Coolies 
mit ihren Pagoden vor den Thoren jener Stadt 
mikam, stellten sich ihnen die Polizisten und Sol— 
daten entgegen und verwehrten ihnen den Durchzug 
aach dem Meer. Die Coolies geriethen in große 
Aufregung, schwangen ihre Stöcke (andere Waffen 
jatten sie nicht) und machten Miene, den Durch— 
jang mit aller Gewalt zu erzwingen. Da ließ der 
die bewaffnete Macht kommandirende Offizier die 
Aufruhrakte verlesen und unmittelbar nachher ein 
nörderisches Feuer auf die gedrängte Masse der 
Sodlies eröffnen. In einem Augendlicke lagen 12 
Todte und 93 zum Theil schwer Verwundele, da— 
runter Frauen und Kinder auf dem Boden! Die 
lebrigen flohen entsetzt davon. Ueber diese grau— 
same, aller Menschlichkeit spottende Schlächterei 
vehrloser Menschen herrscht in weitesten Kreisen 
zroße Entrüstung. 
Eine japanesische Erfindung. 
Ein japanesischer Eingeborener Namens Sahashitta 
aus Wassima hat kürzlich ein eigenartiges Glas⸗ 
»apier erfunden, welches aus den Fasern japane⸗ 
ischer Wasserpflanzen hergestellt wird. Das Papier 
st sehr stark und so durchsichtig, daß es zum Ein⸗ 
ahmen und in Fenster an Stelle der Glasscheiben 
ehr gut verwendet werden kann. 
Auf Veranlassung des in Californien 
weilenden Agricultur⸗Ingenieurs Freiherrn August 
9. Schilling-Cannstatt aus Baden (einer auch in 
der Pfalz bekannten Persönlichkeit) dis vor Kurzem 
Mitglied des Villard'schen Auskunftsbureau's der 
Nordpacific- Eisenbahngesellschaft für Oregon ꝛc., 
zat sich in Nordcalifornien eine neue deutsche 
Zolonie unter dem Namen „Cannstatt“ orqanisirt. 
Sterbefälle. 
Gestorben: in Kallstadt Magdalena Rupre cht, 
geb. Luß 63 J. a.; ebendaselbst Elisabetha Heinz, 
22 J. a.; in Blieskastel Nikol. FJennerwein 
en, Maurermeister; in Frankenthal Katchen 
Schuster, 2323 J. a.; in Lambsheim Friedrich 
Schnau, 17 J. a.; in Neunkirchen Stephan 
Demanche, 57 J. a. 
Marktbericht. 
e. Eusheim, 4. Dez. (Viktualienmarkt.) Butter 
20-0,00 M. per a Kilo, Eier 90 8 per 
Dutzend, Kartoffeln O, — M. per 50 Kilo, Zwie⸗ 
heln per Kilo 10 Pf., Kraut per Kopf 15 Pf. 
Während des Monats November wuürden 'in 
Ensheim geschlachtet: 7 Kühe, 8 Rinder. 15 Kölber, 
12 Schweine und 1 Hammel. 
Fur die Redaktion verantwortlich: æ x Deme ßz. 
(Die katholische Gemeinde der Münchener 
Vorstadt Giesing) hart seit einem Dezennium 
des inneren Ausbaues und der Einrichtung ihres 
jerrlichen Golteshauses. Die eignen Miitel der 
opferwilligen Gemeinde sind jedoch erschöpft und 
ie wendet sich hiemit an alle wohlwollenden, 
hristliven Mitbrüder mit der innigen Bitte, ihr 
venigsten durch Abnahme von Loosen à 2 Mark 
ꝛer Allerhöchst genehmigten „letzten Geld-Prämien⸗ 
Follecte““ zum Ausbar“und zur Einrichtung der 
atholischen Pfarrkirche Giesing behülflich zu sein. 
lußer dem Bewußtsein, einen heiligen Zweck ge⸗ 
oͤrdert zu haben, bietet diese Lotterie den Theil— 
jehmern die Aussicht auf hohe Gewinnste, indem 
inter den 15,200 derselben im Gesammtbetrage 
on 161,500 Mark der erste 50,000, der zweue 
10,000, der dritte 53000, der vierte 2500 Mark 
etragen, ferner 4mal 1000, 6 mal 500, 10 mal 
300, 26 mal 200, 50 mal 100 Mark u. s. w. 
zezogen werden. Die Ziehung findet unabänderlich 
zereits am 11. Dezember siatt.