Full text: St. Ingberter Anzeiger

gefängnisses wurden sämmtliche Verhaftete in der 
Fitadelle internirt. 
Lokale und pfälzische Nachrichten. 
*Si. Ingbert, 12. Dez. Wie wir hören, 
oeranstaltet der Verein „Harmonie“ auf morgen 
(Samstag) Abend für seine Mitglieder eine gesellige 
Anterhaltung. 
*St. Ingbert, 12. Dez. Ist er schon 
abgezogen? — der Winter nämlich. Fast könnte 
man es glauben, wenn man nicht wüßte, welch 
ein „Heimtücker“ der frostige Geselle des Nordens 
ist. Die launenhafte Behandlung, die er seinem 
gehorsamsten und vor jedem kalten Hauch des ge— 
flrengen Herrn sich duckenden Diener, dem Thermo⸗ 
meter, angedeihen läßt, beweist, daß der diesmalige 
Winter noch nicht zu herrschen gelernt hat. Er ist 
sich offenbar über seine Obliegenheiten gar nicht 
im Klaren, denn er experimentirt mit allerlei. Erst 
ein wenig Schnee, dann Frost, daun 8 Grad Wärme 
und fast täglich ein abscheuliches Regenwetter, ein⸗ 
mal heftigen Sturm, dann wieder blauen Himmel 
und Sonnenschein, — das ist kein ächter deutscher 
Winter, dus ist Import aus Italien oder Süd— 
frankreich. Wie will er es fertig bringen, daß die 
Füchse bellen, wie es Brauch bei uns ist. Er 
sommt ja vor lauter Frühlingswandlungen nicht 
einmal dazu, eine rechtschaffene Eisbahn zu schaffen, 
auf dem sich seine eigenen Anhänger, die Schlitt⸗ 
schuhläufer iummeln könnten. Bei den Pelzwaaren⸗ 
ind Kohlenhändlern hat sich dieser Winter schon 
alle Sympathie verscherzt. 
—* In dem Revier Jägersburg ist der 
Wildschaden, verursacht durch zu starken Rehwild— 
—RD— 
polizeilicherfeits der Abschuß einer Anzahl Rehgeisen 
genehmigt wurde. 
—“In Obermoschel hat der Stadtrath 
in seiner letzten Sitzung bei Gelegenheit der Bud— 
zetberathutig pro 1888 den löblichen Beschluß ge— 
saßt, den Gehalt sämmtlicher dortigen Lehrer um 
100 Mk. zu erhoͤhen. 
Die Ziehung der Giesinger Kirchen— 
au- Lotterie ist auf den 29. Dez. nächsthin 
derschoben. Da sie noch in 1884 stattfinden muß, 
so steht eine weitere Verschiebung nicht zu befürchten. 
In Ommers heim wurden bei der jüngft 
stattgehabten Gemeinderathswahl gewählt: 
Algeher Berahard, Hartz Adam, Hary Andreas, 
Kihm Andreas, Lang Andreas, Ackerer, Lang 
Andreas, Schreiner, Tussing, Maler, Wack Michael, 
Gutsbesitzer, Wannemacher Joh. Albert, Wanne⸗ 
macher Joh. Kaufmann, und Wannemacher Joh. 
4. Wannemacher Joh. Albert wurde zum Adjunkten 
und, wie in einer früheren Nummer schon erwähnt, 
Wannemacher Joh., Kaufmann, zum Bürgermeister 
wiedergewählt. Neu in den Gemeinderath einge— 
treten sind: Lang Andreas, Schreiner, Tussing, 
Maler und Wannemacher Joh. 4. 
— In Pirmasens wurde am Mittwoch 
zum Burgernieister gewählt Hr. Christian König 
Jen,, Großhändler, mit 26 St., also einstimmig, 
zum J. Adj. Hr. Louis Kopp, Schuhfabrikant, 
mit 25 und zum II. Adj. Herr Louis Leinen; 
w'ieber, Gerbereibesißer mit 26 St. 
— Von der Häardt, 10. Dez. Unsere 
neuen Weine haben nun nicht blos die stürmische, 
sondern auch größtentheils die Nachgährung hinter 
sich und lassen, obwohl noch auf der Hefe liegend, 
ein maßgebendes Urtheil zu. Und dieses fällt 
durchweg zu ihren Gunsten aus. Die mit einiger 
Sorgfalt behandelten Weine find reingährig, bukett- 
reich und von bedeutendem Alkoholgehalte. Voraus- 
sichtlich werden sich diese guten Eigenschaften nach 
dem ersten Abstich noch steigern. Trotzdem will in 
den Absatz noch kein rechter Trieb kommen. Nur 
bon einem Verkauf in Mußbach zu 660 Mk. das 
Fuder hörten wir in diesen Tagen. Haffentlich 
macht die bisherige Stille einer desto lebhafteren 
Bewegung Platz. Wie sehr übrigens die Zuver-. 
sicht auf eine guͤnstige Zukunft Platz gegriffen hat, 
Heweist das häufige Rotten zur Anlage junger 
Weinpflanzungen. (xXrkth. Taabl.) 
Vermischtes. 
4 Der räthselhafte Handel mit Zehn⸗ 
ofennigstücken aus dem Jahre 1873 hat nicht 
zur in Frankfurt a. M., sondern auch in Offenbach, 
Hanau, Mainz, Bingen, Saarbrücken, München 
snd in anderen Städten geblüht, und überall sind 
die Leute, die mit bedeutendem Aufgeld die Zehn 
pfennigstücke angekauft haben. um ein Geschäft zu 
machen, „hereingefallen“. Der ganze Handel scheint glückliche Mädchen hatte ihren Vater verlassen, um 
üübrigens durch ein Inserat im „Hamb. Fremdenbl.““ nicht länger ein Opfer rohester Behandlung zu sein. 
bom 12. November hervorgerufen worden zu sein. Die Guillotine war auf dem Platze Croͤbecbeu 
In diesem Blatte annocirte nämlich Jemand, er errichtet und wohnten an 15,000 Menschen der 
suche bis zum 22. November 10 Pfennig⸗Nickelstücke Execution des Mörders bei. 
mit einem Aufgeld von 5 Pfg. per Stück zu kaufen F.Usingen, 9. Dez. In den letzten Tagen 
Hieraus mag dann das Gerücht entstanden sein, starb im Amte Usingen, zu Riedleben, der letzte 
ein reicher Herr hätte eine Wette gemacht, bis zum Kämpfer, der aus unserer Gegend an der Schlach— 
1. Januar 1885 4000, andere sagen 7000 bei Watterloo theilgenommen. Der Verblichen 
solcher Zehnpfennigstücke herbeischaffen zu können. heißt Heinrich Löw und wurde im Jahre 1791 zu 
Was übrigens obige Annonce betrifft, so erhielt Dorfweil geboren, hat mithin ein Alter von 93 
rein Sammler in München, wie er nachträglich Jahren erreicht. 
zffentlich mittheilte, einen Betrag von 5883 M. 25 Pfg F. „Schöne raus!“) Urgemüthlich pfleg 
den er in der gewünschten Münzsorte an die ge- es bei den Abtheilungen des Berliner Schöffenge— 
jebene Adresse rechtzeitig unter Postnachnahme ein- richts zuzugehen, wo sich die vielen Leute zu ver— 
andte, mit dem Vermerk zurück: „Annahme ver- antworten haben, die wegen Spielens in auswär— 
veigert, weil Annahme der Münzen geschloffen.“ ligen Lotterien vorgeladen sind. So hatte sich der 
Vermuthlich aber wurde die Sendung der Postnach: Bierkutscher Lauterbach vor der 92. Abtheilung des 
nahme halber refüsirt. Es wäre interessant, zu jiesigen Schöffengerichts wegen dieses „Kapitalvber— 
erfahren, ob hier ein Schwindel oder nur ein schlechter drechens“ zu verantworten. Der Angeklagte, welcher 
Bitz zu Grunde gelegen. in tadellos neuem englischledernen Anzuge erschien, 
* Aus Anlaß der auch von uns gebrachten machte nicht den Eindruck, als ob ihn die Sach— 
Nachricht über die Schulgeldermäßigungen für die, sehr berührte, denn er wünschte dem Vorsitzenden 
ie Studienanstalt in Würzburg besuchenden einen recht fröhlichen „Guten Morgen!“ — Präs. 
Zöhne des Regierungspräsideuten Graf v. Luxburg Guten Morgen! Lieber Mann, Sie habden in de— 
ind des Geheimraths v. Gerhard erklärt der kgl. sächsischen Lotterie gespielt? — Angekl.: Aber 
-„mtudienrektor Miller: „Der k. Regierungspräsident derbe! — Präs.: Na ja, das ist aber verboten 
derr Graf v. Luxburg hat bei dem Rektorat keinen und deßhalb werden Sie mit drei Mark Geldbuße 
Autrag auf Ermäßigung des Schulgeldes für seine bestraft. — Angekl.: Ich habe gar Nichts dagegen. 
Zöhne gestellt, sondern ich habe eine durch ihn — Präs.: Haben Sie denn wenigstens etwas ge— 
„eranlaßte und durch einen Dritten an mich ge wonnen? — Angekl. (schmunzelnd): Ich bin mil 
ichtete Anfrag? in Bezug auf unser Verfahren hei 50,000 Mark 'raus gekommen. — Präs.: Na. 
„chulgeldermäßigungen für den Fall, daß Jemand dann gratulire ich. — Angekl.: Danke schön 
nehrere Söhne an der Anstalt habe, mißverständlich Wünschen der Herr Präsident auch 'ne Glücks— 
ils einen Wunsch desselben erachtet ((), für seiee nummer? — Präs.: Nein, ich danke. Guten 
)rei Söhne die in solchem Falle verordnungsmäßig Morgen: — Angekl.: Guten Morgen! 
ulässige Ermäßigung eintreten zu sehen.“ Die An falsche Stelle. Aus Angermünde 
Nachricht bezüglich des Geheimraths Gerhard wird wird folgendes komische Mißverständniß berichtet 
zamit bestätigt. — Einer der neugebackenen Vaterlandsvertheidiger hat 
rKaufbeuren, 9. Dez. (Selbstmord.) heim letzten Löhnungsappell einen merkwuͤrdigen 
Zestern Abends 7 Uhr erschoß sich in der Nähe Begriff von seinen „Forderungen“ gezeigt. AÄus 
der Heil- und Pflegeanstalt der bei der bayerischen die übliche Frage des Feldwebels: Hat Jemand 
Rotenbank in Ludwigshafen angestellte Kommis goch irgend etwas zu fordern, so trele er vor,“ 
Zofer. Hofer, aus Augsburg gebürtig, war ein rat unfer Füsilier strammen Schrittes vor seinen 
inßerst solider, talentvoller junger Mann. Körper- dompagniechef und sagte: „Ick kriege von Amimann 
iches Leiden scheint das Motiv der That zu sein. x. noch zähn Dhaler.“ 
FStraubing, 9. Dez. Todesurtheil. F Wien, 10. Dez. In der verflossenen Nach 
Der 68jährige verheirathete Tagelöhner Michael bis früh wüthete ein wahrhaft entsetzlicher Sturm 
Stadler von Hunderdorf ermordete am 29. Sept. über Wien, welcher schweren Verlust an Eigenthum 
den Bauern Johann Rabenbauer von Hagenberg und Menschenleben herbeiführte und auch in der 
ind wurde hierfür heute vom Schwurgerichte zum Umgegend große Verwüstungen anrichtete. Auf der 
Tode verurtheilt. Der Leumund des Angeklagten Bahn Wien-⸗-Oedenburg wurden bei dem Larenburger 
st ungemein getrübt. Nach dem Volksmunde soll Damm die vier letzten Wagen des Oedenburger 
r seine erste Frau, die eines ploͤßlichen Todes starb, Zuges abgerissen und über den Damm geschleudert 
yergiftet haben, um seine Magd, mit der er schon drei Passagiere und ein Schaffner wurden schwer 
»amals in intimen Verhältnissen lebte, heirathen zu verletzt. 
önnen; weiters soll er versucht haben, seine Schwieger⸗ F Wien, 10. Dez. Auf der Jagd erschoß 
nutter zu verbrennen, um sie los zu werden, indem durch zufälliges Entladen des Gewehres ein Sohn 
r einmal sein Haus anzündete und dieselbe in den seinen 60 Jahre alten Vater und in der Verzweif— 
zarin befiudlichen Keller sperrte; der Brand wurde lung sich selbst. Die Frauen der Unglücllichen 
iber rechtzeitig entdeckt und gelöscht. Er nahm das holten die Leichen vom Thatorte ab. 
Irtheil völlig gleichgiltig auf. Auf die Frage des Die vergessene Nummer. In 
herrn Vorsitzenden, ob er das Urtheil verstanden, einer Wiener Advokaturs-Kanzlei erschien dieser 
intwortete er; „Nein“, und auf die Mittheilung, Tage eine Frauensperson mit der Bitte, ihr eine 
»atz er zum Tode verurtheilt sei, außerte er ledig· Pacternitätsklage gegen den Vater ihres unehelichen 
ich: „So!“ Kindes zu verfassen. „Wer ist denn der Vater, 
f Aus Hohenfels, 6. Dezember, wird der gegen den sich Ihre Klage richten?“ fragte der mii 
Amb. Bolksztz.“ geschrieben: Heute wurde der der Aufnahme der Information betraute Konzipient. 
zier sehr geachtete Bürger und Veigeordnete SpP. — A Dienstmann is er,“ lautele die Antwort 
aebst seinem Sohne gerichtich festzenommen und — Es giebt ja viele Dienstmänner!“ — Ja, 
in das Untersuchungsgefängniß nach Amberg einge- wissen's, Herr Doktor, das is halt a verpflixt⸗ 
liefert. Beide sollen dringend im Verdachte stehen G'schicht'; ich hab' sei Nummer vergessen ...“ 
bei dem vor einigen Jahren verübten Morde an — „Kun, und seinen Namen?“ — Um den 
einem hiesigen jungen Mädchen betheiligt gewesen hab' i ihn nit g'fragt.“ 
zu sein. Bahnwächter als Bienenzüchter. 
F München, 10. Dez. Ein Mann vom In der Juli-Ausgabe der „Oesterreichisch-ungarischen 
Lande, welcher seinen als Soldat hier dienenden Bienenzeitung“ war von einem Vorschlage des 
Sohn besuchen wollte, gerieth in einer Wirthschaft Vereines deutscher Eisenbahnverwaltungen die Rede, 
n die Gesellschaft bedenklicher Burschen, und wurde vonach die Bahnwächter mit der Bienenzucht ver⸗ 
einer Baarschaft von 400 Mark beraubt. Die traut zu machen wären. Ueber Anregung und mit 
Thäter wurden verhaftet, als sie mit dem Augs- Unterstüßgung des Chefredalteurs jener Zeitung wird 
vpurger Schnellzug abfahren wollten. nun, wie von der k. k. Generaldirektion der öster⸗ 
Bierpreisermäßigung. Nicht allein eichischen Staatsbahnen mitgetheilt wird, auf der 
m Münchener Brauhaus, sondern auch im Polni- Strecke Neulengbach.Pöchlarn der Versuch gemacht, 
chen Hof und Münchener Kindl wird das Winter- lenen Vorschlag zur Ausführung zu bringen. Die 
zier um 20 Pfg. per Liter über die Gasse ver- Bahnwächter erhalten den einschlägigen Unterricht, 
chenkt. —V 
— Die letzte öffentliche Hinrichung in Frank Erfolge dieses Versuches wird es abhängen, ob das 
ze ich hat dieser Tage in Calais stattgefunden. Vorhaben Verallgemeinerung finden kann. 
Der Hingerichtete war ein belgischer Schuhmacher. F Ein ungarischer Kabalier engagirte für sein 
velcher seine achtzehnjährige Tochter in einem siebenjähriges Söhnchen einen Hofmeister und machte 
Fleischerladen in Calais ermordet hatte. Das un- dem Knaben die Mittheilung, daß der neue Er—⸗