des Längeren über die Anlage eines Schifffahrts⸗
kanals nach dem Niederrhein (Speyer) berathen.
Dem Präsidenten der Handelskammer war von dem
am vergangenen Samstag zusammengetretenen pro—
visorischen Komite eine Eingabe übermittelt worden,
in welcher die Haudelskammer gebeten wurde, die
Kanalangelegenheit zu der ihrigen zu machen und
die nöthigen Schritte zu veranlassen, daß die Frage
endlich zum Austrag gelange. Der Präsident der
Handelskammer hat in Folge dessen gestern den
versammelten Mitgliedern der Kammer einen längeren
Bericht vorgelegt, welchen die Kammer einstimmig
als von iht ausgehend anzunehmen beschloß. Hier⸗
auf wurde dann ein engeres Komite von der Hau⸗
delskammer erwählt, welches einer auf Donnerstag
den 7. Februar in das Stadthaus hier zu berufen⸗
den Versammlung der Kaufleute und Industriellen
des Unterelsaß über die Frage berichten soll.
4 In ganz Deutschland gilt Frankfurt
a'M. für eine reiche Stadt. Mit welchem Rechte das
geschieht, beweist der Steuerbetrag, den die Be⸗
Zohner der Stadi alljährlich an den Staat zahlen,
und der z. B. im verflossenen Etatsjahr die kolos⸗
sale Summe von 8,150.000 Mk. erreichte. Rech—
det man hierzu die Summe, welche die Stadt noch
an Steuern erhebt und die in demselben Jahre
1,560,000 Mtk. betrug, so ergibt sich, daß die Be⸗
völkerung im Ganzen in einem Jahre 7,710,000
M. Sieuern bezahlt hat. Bekanntlich werden die
Finwohner in Klassensteuerpflichige und Einkom—
mensteuerpflichtige eingetheilt. Beide Klassen zu—
sammen waren mit einem Einkommen von
4,500, 000 M. veranschlagt. Die besser Siituirten
sind verhältnißmäßig stärker mit Steuern belastet,
als die weit zahlreicheren minder gut Situirten.
Für die letzteren wird dies Verhältniß noch günstiger,
wenn wir berücksichtigen, daß wegen eines Einkom⸗
mens unter 420 M. die große Zahl von circa
32,000 Personen zu einer Steuer überhaupt nicht
berlangt war. — Diese letztere Kategorie von Ein⸗
wohnern vermehrt sich im nächsten Jahre um etwa
24,000 Personen, welche seither zur ersten und
— aber in Folge der
heuen Gesetzgebung nunmehr steuerfrei sind.
Diese Personen haben nämlich nur ein Durch⸗
schnitts-Finkommen von 540 resp. 780 M. Es
bleiben überhaupt im nächsten Jahre nur etwa
22,000 Frantffurter übrig, welche zur Staatssteuer
herangezogen werden. Leute, die ein Durchschnitts⸗
einkommen zwischen 9000 und 26000 M. haben,
hatte man in Frankfurt a. M. im verflossenen
Jahre 828. Ein Durchschnittseinkommen von
24,000 M. hatien 66 Personen, ein solches von
15.000 bis 50,000 M. 42 Leute. Dann aber
werden die Hochgestellten in der Stufe immer sel⸗
lener. Auf der 29. Stufe, wohin nur diejenigen
gehören, welche mehr als 150,000 M. Durch⸗
schnittseinkommen haben, sind nur 3 anzutreffen
und ebenso viele auf der folgenden mit annähernd
200,00 M. Einkommen. Mit 300,000 M. Ein⸗
kommen (33. Stufe), welches zwei Personen hatten,
tritt ein bis zur 68. Stufe, auf welcher einsam
auf der Höhe“ einer thront mit 2,430,000 Mt.
UÜeber ihm sitzt noch ein Steuerpflichtiger, der über
zwei und eine halbe Million zu „verzehren“ hat
And damit — „hört sich alles auf“, wie der Ber⸗
liner sagt, denn weiter hinauf gibt's nichts mehr
zu versteuern.“
pElberfeld, 3. Febr. Heute Abend gingen
die Schwurgerichtsverhandlungen gegen den des
Mordes seiner Ehefrau angeklagten Ziethen und den
der Beihilfe am Morde beschuldigten Wilhelm zu
Fude, Die Geschworenen erklarten Ziethen für
schuldig, Wilhelm für nichtschuldig, worauf der
Berichishof Ersteren zum Tode verurtheilte, Letz⸗
seren freisprach.
Essen, 2. Febr. Gestern wurde hier ein
2ojähriger junger Mann verhaftet, welcher den
Versuch gemacht hatte seinen Vater zu erschießen.
Ungeregelte Familien⸗Verhältnisse waren die Ver⸗
anlassung des traurigen Entschlusses. Die Eltern
desselben lebten fortwährend in ünfrieden, welche
eine Trennung derselben zur Folge hatte. Nachoem
eine Versöhnung eingetreten war, wandte sich der
Haß gegen den Sohn, welcher, als der sich wieder
einstellende Unfriede die Eltern abermals getrennt
hatte, beschloß, den Valter mit einem inzwischen
beschafften Revolver zu erschießen. Er begegnete
demselben Abends vor der Krupp'schen Menage
und feuerte auf ihn einen Schuß ab ohne zu
treffen, worauf er sich zum Polizei⸗· Amt begab, um
anzuzeigen, daß er versucht habe, seinen Vater zu lödten.
4 In der hessischen Pfalz wurden in
diesen Tagen größere Partien 18883er verkauft.
Beispielsweise in Badenheim bei Sprendlingen, wo
a. 20 Stück zu M. 350 -860, fowie ca. 10
Stück aus besseren Lagen zu M. 400 verkauft
darden. In Wallertheim wurden 20 St. 1888er
zum Preise von M. 480 —- 450 gekauft.
In einem Sprechzimmer eines Hamburger
Arztes ereignete sich dieser Tage ein ebeuso eigen⸗
hümlicher wie trauriger Vorfall. Der betreffende
Aürzt, zu dem ein in einem Bankgeschäft angestell⸗
ler junger Mann gekommen war, um ihn wegen
eines Halsleidens zu consultiren, hatte seinen rech·
len Zeigefinger in den Mund seines Patienten bei
der üntersuchung eingeführt, als letzterer plötz⸗
lich vom Schlag getroffen wurde und sterbend
ich in dem Finger des Arztes festbiß. Erst
den Bemühungen zweier schleunigst herbeige—
solter Collegen gelang es, den ärmsten aus seiner
chmerzhaften Lage zu befreien. Der Finger schwoll
ehr bedeutend an und der Zustand des auf so
nerkwürdige Art in seinem Berufe verunglückten
Mediciners ist zur Zeit noch höchst besorgnißer⸗
cegend.
Dresden, 30. Januar. Anonyme Todes⸗
urtheile sind den Landtagsabgeordneten Bebel und
diebknecht zugestellt worden. Die kuriosen Schrift⸗
rücke sind im Stile nihilistischer Proklamationen
derfaßt und es heißt darin, eine neue Charlotte
Torday werde bis zum 15. Februar den Spruch
)er heimlichen Jury vollstreckkt haben. Auch der
dicke Kayser“, das jüngste Reichs tagsmitglied, sollte
richt geschont werden. Gleichzeitig sind in Restaurati⸗
nen Zetiel ausgestreut worden mit der Aufschrift:
„Nur Blut kann unsere Rache befriedigen. Das
ozialistische Exekutionskomite.“ Diese Zettel sind
von derseiben Hand geschrieben, wie obige „Todes-
artheile“, der Äbsender scheint also sämmtliche Par⸗
seien vernichten zu wollen, was jedenfalls für die
Unvarteilichkeit seiner heimlichen Urtheile spricht.
4 Die „Allg. Militär⸗Ztg.“ enthält eine in⸗
eressante Uebersicht der Streitkräfte, über
velche die europäischen Großstaaten gegenwärtig
unmittelbar nach dem Abschluß ihrer Mobilmachung
würden verfügen können. Die angeführten Ziffern
tellen sihh; Deutschland 1,282,800 Mann mit
2996 Geschützen, wovon die eigentliche Feldarmer
375.000 Mann mit 2040 Feldgeschützen, die Er—⸗
satztruppen 246,000 Mann mit 444 Feldgeschützen
und Besatzungs- und Feldreservetruppen 361,500
Mann mmit 512 Feldgeschützen; Oester reich mit
Ausschluß seiner Landwehr rund eine Million
Streiner mit 2604 Geschützen; Frankreich
1,487, 300 Mann mit 28092 Feldgeschützen, wovon
die unmittelbar gleich verfügbare Feldarmee
754,000 Mann mit 2622 Geschützen; Italien
20,000 Mann mit 1368 Feld⸗ und 60 Gebirgs⸗
geschützen, wovon jedoch höchstens 400,000 Manu
nit 800 bid 864 Geschützen unmittelbar mit dem
Fintrelen einer Mobilmachung verfügbar erachtet
verden tönnen; Rußland endlich 1,604,000
Mann mit 4836 Geschützen, wovon 1,257,800
Mann mit 2982 Geschühzen als für einen euro—
äischen Kriegsschauplatz verfügbar zu erachten sind.
die drei verbündeten Mächte Deutschland, Oester-
ceich und Italien würden im Staude sein, bei
Anspannung ihrer ganzen Kraft unmittelbar mit
iner Gesammtmacht von 1,634,000 Streitern und
144 Geschützen in eine Kriegsaction eintreten zu
connen.
In Graubünden wurden im abgelaufenen
Zeptember 1198 Gemsen erlegt, eine Zahl,
velche dafür spricht, daß sich endlich nach jahre⸗
angen Bemühungen der Gemsenstand in der
Schweiz gehoben hat, Als weitere Jagdbeute wer⸗
den vier Bären aufgeführt.
p In der Nacht vom 1. auf 2. Februar wurden
n Paris Maueranschläge verbreitet, welche die
Ztadtsergeanten zur Ergreifung der Waffen, um
ich Recht zu verschaffen, aufforderten. In dem
Aufrufe heißt es: „Bürger, warum zögert ihr noch,
um Gewehre zu greifen? 200,000 eurer Brüder
erkommen vor Hunger in Paris, währnd die Blut
auger, die am Ruder sind, nichts für sie thun.
Zo“ lange diese elende Regierung bleibt, werdet
hr ausgebeutet werden. Befreien wir uns von
dieser Infamie! Soldaten, brave Friedenswächter,
zie ihr in euren Interessen verletzt werdet, leihet
zure starke Hand euren Brüdern und das Werk
vird bald fertig sein. Der Executiv-Ausschuß derer
die leiden.“
(Was die Pariser in's Pfandhaus
bringen.) „Temps“ hat Nachforschungen ange—
stellt über die Art der Gegenstände, welche Pariser
und Pariserinnen im öffentlichen Pfandhaus ver—
setzen. Da sind unter den zu weniger als 10 Fr.
laxirten Gegenstäuden 5500 Lorgnetten, 400 Reiß.
euͤge und 150 Farbenschachteln und 550 Fächer,
70 Meerschaumpfeifen, 150 Kruzifire. 50 kleinere
Spiegel, 950 Nippaegenstände, 3000 Eßlöffel,
1350 Schachteln mit Servicen, 3000 Sonnen⸗
chirme, Regenschirme und Stöcke, 2321 Musikin⸗
trumente, 2269 meist neue Kupferpfannen, 600
Aiquerkäsichen, 3300 Teppiche. Daneben 85,000
goldene Ringe, darunter ohne Zweifel viele Ehe—
unge, die zu versetzen sich manches gute Weib mit
bitleren Thränen entschloß, aber vielleicht ebenso
biele leichthin geschenkte und ebenso rasch und leicht
in's Leihhaus getragene.
(Ein Wiener Witz über Schenk,
den Mädchenmörder!) der Lokalhumor läßt
iich eben nichts entgehen, auch nicht den gräßlichsten
Zioff. Schenkt besteigt mit der Kochin Ketterl
bekaunilich einem seiner Opfer) ein Waggon im
Westbahnhofe. Ein Bekannter trifft ihn. „Ah.
Herr von Schenk“ (welcher Wiener wird nicht „Herr
son“ sagen!) „Sie machen eine Reise?“ — „Nein
nur einen kleinen Abstecher.“
Im Brautkleide durch Petroleum
erbrannt! Aus Komorn, 29. Januar, wird
dem „Pester Lloyd“ geschrieben: Gestern feierte die
reizende 16jährige Rosa Hajabacs in Szt. Peter
Komorner Comitat) ihre Hochzeit mit einem Bauers⸗
ohne Namens Molnar. Nach dem Hochzeitsschmaust
ʒesuchte das Paar das Elternhaus der Braut. Da
gbereits Abend war, brannte schon die Petroleum⸗
ampe, Diese wurde umgestürzt, das Petroleum
»plodirte, die Flammen ergriffen die Kleider, der
m Hochzeitsschmuck stehenden Braut in so vehemter
Weise, daß das arme Mädchen, mit Branntwunden
hedecti, sofort den Geist aufgab. Auch der Vatetr
der Braui, der Richter des Dorfes, wurde bei seinem
Rettungsversuche gefährlich verletzt.
London. Der Herzog von Southerland
welcher an der Spitze des Ausschusses für den Pa
astina⸗Canal steht, wird im Laufe dieses Sommer
ronstantinopel besuchen und den Sultan für den
Tanal zu gewinnen trachten. Da der Herzog zu
den reichsten Edelleuten Englands gehört, wird e
sein Wort am Goldenen Horn schon vernehmba
zu machen verstehen. Er hat das Canalgebiet schor
zurch einen englischen Militär, den Obersten Colville
untersuchen lassen. Colville, der dieser Tage von
seiner Reise zurückgekehrt ist, hebt als größtes Hin⸗
erniß eine 16 Km. lange Bergkette von durch
chnittlich 120 Meter Höhe hervor; da aber die⸗
elbe stofflich leicht zu durchstechen sei, hält der
Iberst das Canalunternehmen für moͤglich, da die
onstige Bodenbeschaffenheit günstig sei.
F CGStürme und Regengüsse in Eng
aud.) Auf die Stürme der letzten Tagen folgten
m England äußerst heftige Regengüsse, welche in
ielen Theilen des Landes große Ueberschwemmungen
zerursacht haben. In Clitheron stand gestern das
Vasser in den niedrig gelegenen Stadttheilen zwei
Fuß hoch und mußten dort sämmiliche ebenerdigt
VWohnungen geräumt werden. Die Marschengegen.
den von PYorkshire sind überfluthet; Felder und
Hhärten haäben stark gelilten und eine große Zah
son Rindern und Schafen sind ertrunken. Ja
Stornoway gingen am Samstag Abend wuhren⸗
des Sturmes fünf Männer aus, um auf den Betz
riften nach den dort weidenden Schafen zu sehen.
Sie kehrten nicht zurück und man fand erst an
Dienstag vier derselben in ganz erschöpftem Zustande
nuf; der fünfte Mann war der Erschöpfung eb
egen. Die Ueberlebenden hatten sich dadurch er
zalten, daß sie Schafe schlachteten, deren Fleisch si
n rohem Zustande genossen und mit deren Fellen
ie sich warm hielten. In Mullinasole, emen
Fleischerdorfe bei Ballintra in Irland, riß die w
Inde See fünf Hütten fort, aus denen sich de
Finwohner jedoch glücklicherweise rechtzeitig geflüchte
Jatten. Auf der Ostküste dauern die Stürme for
ind sind abermals eine Reihe von Schiffsunfälle
zu vermelden.
GEin Drama aus dem Leben) Ma
änder Blätter erzählen folgende traurige Geschicht
Fester All. Kau B. Koch in einem vornehm
Mailänder Hause, sitzt auf der Anklagebank;
wird beschuldigt, seiner Herrschaft Kostbarkeiten J
großem Werth entwendet zu haben. Alle an ih
gerichteten Fragen des Richters beantwortet er stel