seien, machen die „Hamb. Nachr.“ Mittheilung
von einem Vorgange, der auf ihrem Redaktions—
bureau stattgefunden hat. Gegen Mittag erschien
daselbst eine ältere, sehr angesehene Hamburger
Dame, welche dem Chef der „Hamburger Nach—
richten“ in sichtlicher, innerster Empörung über den
Montagsbeschluß des Reichstages erklärte, daß
wenn die Männer die Schmach, welche dem Deut⸗
schen Namen durch jenes Votum angethan sei, zu
wenig empfänden und nicht sofort Schritte thäten,
ihrer Entrüstung einen angemessenen Ausdruck zu
verleihen, es Sache der Deutschen Frauen sei, ihren
Söhnen, Gatten, Brüdern und Vätern ein Beispiel
patriotischer Schicklichkeit zu geben. Die Absicht
der Dame ging dahin, unter ihren hiesigen Be—
kannten Beiträge zu einem Fonds zu sammeln, aus
welchem dem Reichskanzler die abgelehnten 20,000
Mark jährlich zur Verfügung gestellt werden sollten.
Zugleich erkiärt sich die Dame bereit, sofort eine
bedeutende Summe zur Gründung dieses Fonds
zur Verfügung zu stellen. Gewiß ein höchst be⸗
aͤchtenswerihes Symptom der Entrüstung, welche
der Reichsiagsbeschluß vom Montage in allen
Kreisen der Bevölkerung hervorgerufen hat.
Braunschweig, 17. Dez. In der heutigen
außerordentlichen Generalversammlung der Braun⸗
schweiger Eisenbahn⸗Gesellschaft wurde der Vertrags⸗
entwurf betreffend den Uebergang des Braunschwei⸗
gischen Eisenbahn ⸗ Unternehmens an den preußischen
Staat genehmigt.
Ausland.
Paris, 17. Dez. Die „Niederlage“ des
Fürssten Bismarck wird fortwährend von den
Hariser Blättern besprochen; man wiegt sich sogar
in der Hoffnung, Fürst Bismarck werde zurücktreten.
Dabei verbergen die Vlätter indessen nicht ihre
Verachtung gegenüber dem Schauspiel, das ihre
Muͤarbeilet au dem Zerstörungswerke des Deutschen
Reiches ihnen bereiten. Die „Republique frangaise“
sagt: „Als Franzosen müssen wir uns freuen über
den Mißerfolg des Fürsten Bismarck, der uns so
uͤbel aufgespiel hat; wären wir jedoch Landsleutt
des Fürfien Bismarck, so müßten wir an diesem
Gebahren nur Aergerniß nehmen.“
Paris, 17. Dez. Briere meldet: 2000 - 3000
Chinesen, von den Bergen herabgekommen, begannen
ein acht Kilometer nordöstlich Chu gelegenes Dorf
anzugreifen. Die Garnison von Chu, aus der
Fremdenlegion und tongkingesischen Scharfschützen
bestehend, ging dem Feinde entgegen, zerstreute ihn
und brachte ihm beträchtliche Verluste bei. Dit
Franzosen hatten 24 Todte und Verwundete.
Petersburg, 16. Dez. Die „Pos. Zig.“
berichtet: Ein am 7. d. M. auf den kaiserlichen
Zug ' geplantes Attentat ist glücklich vereitelt
wocden. Einer der längs der Bahnlinie aufge⸗
stellten Posten ist ermordet und nicht weit von ihm
das Werkzeug gefunden worden, womit der Versuch
des Losschraubens der Eisenbahnschienen gemacht
worden. Das Werkzeug ist als einem seitdem ver ⸗
schwundenen Bahnwärter gehörig erkannt worden.
SEskale und pfalzische Rachrichten.
* St. Ingbert, 19. Dez. Gestern Abend
war der Ausschuß des Vereins gegen Hausbettel
zu einer Sitzung versammelt. Die Jahresrechnung
foll ein recht günstiges Resultat aufweisen, indem
noch ein Kassenüberschuß zur Unterstützung hiesiger
Armen verwendet werden kann. Näheres konnten
wir nicht erfahren; doch erfolgt jedenfalls von
Seiten des Ausschufses noch Bericht uͤber die Wirk⸗
samkeit des Vereins.
DSt. Ingbert, 19. Dez. Für die bevor—
stehenden Weihnachtssendungen machen wir auf fol⸗
gende Bestimmungen für die Erleichterung des Ver⸗
kehrs aufmerksam: 1. Es ist dringend zu empfehlen,
Weihnachtsgegenstände nicht etwa bis zu den letzten
Tagen vor dem Weihnachtsfeste zurückzuhalten,
sondern vielmehr solche zur Sicherung rechtzeitiger
Ankunft möglichst bald zur Post zu bringen. 2.
Die Verpackung der Sendungen ist fest und dauer—
haft herzustellen; schwache Holzschachteln, Papp⸗
schachteln, Cigarrenkistchen ꝛtc. sind als Verpackungs⸗
Material nicht geeignet. 3. Die Sendungen sind
mit einer dauerhaften, deutlichen und vollständigen
Adresse zu versehen, so daß nöthigenfalls auch ohne
die zugehörige Postpacket-Adresse die Bestellung vor⸗
genommen werden kann. Sendungen, auf welchen
nach ihrer äußeren Beschaffenheit eine Adresse nicht
qut und haltbar befestigt werden kann, wie Koͤrbe,
Säcke. unberpacktes Wildpret, Federwild in Netzen
u. s. w. sind mit gut befestigten Anhängezetteln zu
persehen und auf Letzteren die Adresse anzugeben.
Solche Anhänge⸗Adressen, die bereits den Bindfaden
zur entsprechenden Befestigung tragen, sind bei jeder
Postanstalt zum Verkauf vorräthig und werden an
den betreffenden Fahrbostschaltern zum Preise von
3 Pfg. für 2 Stück des kleinen Formats und 5
Pfq. für 2 Stück des großen Formats abgegeben.
Ist der Bestimmungsort weniger bekannt oder gibt
es mehrere desselben Namens, so ist die treffende
Postanstalt, bezw. die zur genauen Ortsbestimmung
adthige besondere Bezeichnung beizusetzen.
XKauft am Orte! Das Weihnachtsfest
aaht heran und mit ihm die Weihnachtseinkäufe
Die Läden sind gefüllt mit guter preiswürdiger
Waare, und Jedermann kann Das am Orte finden
was er für seine Lieben braucht. Mancher Geschäfts—
maunn sieht in dem Weihnachtsfeste die kurze Zeit,
in der er für manche schwere Sorge des ganzen
Jahres sich zu entschädigen hofft. Es dürfte des—
jalb ein Wort an die Käufer, daheim einzukaufen,
etzt wie nie an der Zeit sein und manche gute
Stätte finden. Es ist leider vielfach zum guten
Ton geworden, daß man sich von auswärts, aus
den Großstädten, seine Bedürfnisse kommen läßt,
eine Wirkung des Vorurtheils. als ob man es dort
besser und billiger finde. Jeder, der die Stadt
lieb hat, in der er lebt, sollte sich befleißigen, auch
in derselben seine Einkäufe zu machen, um damit
beizutragen, daß die einheimischen Geschäfte sich
immer mehr heben und vervollständigen können.
Es ist ja möglich, daß Dieses oder Jenes auch ein⸗
mal nicht auf Lager ist; es wird aber keinen
denkenden Geschäftsmann geben, der die augenblick—
lich nicht vorräthigen Artikel den Bestellern nicht in
kürzester Zeit herbeischafft. Darum: Kauft am Orte
Der kathol. Kirchengemeinde Labach
k. Bezirkssamts Zweibrücken, wurde zur Reparatur
der Kirche eine Kollekte in sämmtlichen katholischen
stirchen der Pfalz bewilligt und zur Vornahme
Aieser Kollekte im Einverständniß mit dem bischöf—
lichen Ordinariate Speier der erstle Weihnachtstag
(25. Dez.) 1885 bestimmt.
Das Kreiseomite des landwirthschaft—
ichen Vereins der Pfalz hat zu den Kosten für Er—⸗
richtung einer Obst⸗ und Weinbauschule in Kirchheim
holanden einen Beitrag von 200 Mark bewilligt.
— Der Stadtrath in Grünstadt hat vor einigen
Tagen die Aufhebung der dortigen Fortbildungs—
chule beschlossen. — Auch in den pfälzischen Gar⸗
nisonsstädten hat die Durchsuchung der Kasernen
ind Wohnungen der EinjährigFreiwilligen nach
ozialistischen Schriften stattgefunden. — An der
dateinschule in Dürkheim wurde vor Kurzem
zurch Verfügung der königl. Kreisregierung die Er—
eichtung eines Musikkursus genehmigt. — In
AV
Jebildet, der bereits über 800 Mitglieder zählt. —
Dem Gewerbeverein Frankenthal wurde von
dem kgl. Regierungspräsidenten der Pfalz, Excellenz
von Braun, der Betrag von 180 M. zur Unter—
stützung der von dem genannten Vereine ins Leben
gerufenen gewerblichen Zeichnenschule zugewiesen.
— Der pfälz. Bahnen haben im November
1884 vereinnahmt 1,268,293 M. 88 Pf., gegen
den gleichen Monat des Vorjahres ein Mehr von
20,006 M. 56 Pf. In den verflossenen 11 Monaten
von 1884 betrugen die Einnahmen 13,617,813 M
59 Pf., was gegen die gleiche Periode des Vorjahrs
ein Mehr ergibt von 4860,8526 M. 61 Pf.
— Bei Pirmasens wurde am 13. Dez.
Nachmittags die ledige Franziska Faul von Reifen—
berg, welche fertige Schuhe abgeliefert hatte, aul
der Landstraße, gegen den Staffelhof, von 3 Strol—
chen (Handwerksburschen) überfallen und ihrer Baar—
schaft von 5 Mk. beraubt. Dieselben rissen der
Faul förmlich die Kleider vom Leibe, schnitten der⸗
jelben schließlich noch die Haare ab und gingen
dann flüchtig. ((BPf. 3.)
— Edenkoben, 17. Dez. Die juristische
Fukaltät der Münchener Universität hat das Conrad
Maurer'sche Stipendium im Betrage von 785 Mk.
jür das Jahr 1884/85 an den Rechlspraktikanten
Franz Troll in Edenkoben verliehen.
— Nach einem Inserat in der „Ggt.“ hat sich
die 18jährige Lina Grünewald von Edesheim
in der Nacht vom 15. auf den 16. Dezember, um
übler Nachrede zu entgehen, von ihren Eltern ent—
fernt. Der besorgte Vater bittet um Mittheilung
über das Verbleiben seiner Tochter.
— Landau, 18. Dez. Wie wir hören, soll
die Kapelle des hiesigen 18. Inf.Regts., welche
zegenwärtig 44 Mann stark ist, nächstens auf 61
Mann gebracht werden und ein Theil derselben alg
Bataillonsmusik dem 2. Bataillon genannten Regi—
ments, in Zweibrücken garnisonirend, abgegeben
werden unter der Direktion des bei der hiesigen
Musik stehenden geprüften Kapellmeisters Becker.
(L. Tgbl.)
Bermischtes.
F St. Johann, 17. Dez. Vor kurzem
flatteten Diebe dem Hause eines hiesigen Wein—
zändlers einen nächtlichen Besuch ab; ein gefülltes
Faß wurde von den Strolchen gestohlen. Die
Fnttäuschung der Diebe muß aber groß gewesen
zein, als sie den Inhalt des Fasses versuchten und
Essig anstatt Wein vorfanden. In der zweiten
Nacht nach Ausführung des Diebstahls brachten
die Burschen, wie der hiesige „Anz.“ meldet, das
leere Fuß geräuschlos in den Hofraum des be—
stohlenen Weinhändlers zurück.
Stuttgart, 16. Dez. Ein erschütterndes
Freiguiß trug sich gestern in Feuerbach zu. Der
Apotheker gab einem vermöglichen Burschen statt
eines kleinen Schnäpchens — Carbolsäure. Der
Vursche', welcher demnächst heirathen wollte, starb
nach einigen Stunden qualvollen Leidens. Der
Apotheker hat sich sofort der Staatsanwaltschafr
gestellt.
4 Ueber einen in Kempften vorgekommenen
Mord schreibt man: Soviel scheint nunmehr fest-
zustehen, daß der unglückliche Bauer Moser von
Gerats bei seiner Heimkehr aus Kempten am
Samstag, gegen 5 Uhr Abends in der Nähe des
Gehölzes bei Kuhnen durch einen Schuß, den der
dort in der Nähe stationirte Bahnwärter vernahm,
schwer verwundet und, da er sich noch eine kurze
Strecke fortschleppen konnte, von dem Mörder durch
Stiche und Hiebe auf den Kopf vollends getödtet
wurde. Der Unmensch schleppte sein bejammerns—
werthes Opfer sodann auf das Schienengeleise, wo
dem Leichnam von dem Bahnzug noch ein Fuß
abgefahren wurde. Selten ist ein Mord mit
groͤßerer Kaltblütigkeit und Grausamkeit begangen
worden wie dieser. Möge es bald gelingen, den
oder die Urheber der That ausfindig zu machen
und dem strafenden Arm der Gerechtigkeit zu über
liefern.
Das „Regensb. Tagbl.“, dem wir die Ver
antwortung überlassen müssen, theilt folgende fass
unglaubliche Schauergeschichte mit: Ein⸗
Fräu in Plan badete das kleine, einige Wochen
alte Kind, während zwei kleine Knaben am Boden
neben ihr spielten. Die Kleinen mochten woh'
einige Tage zuvor ein Schwein abstechen haben
sehen, denn dieser Art war ihr Spiel. In einem
unbewachten Augenblick holte nun der eine der
Knaben ein Misser, kniete sich auf seinen Bruder
und stach ihn in Wirklichkeit ab. Die Mutter.
durch einen Schrei des Sterbenden aufmerksam ge⸗
macht, eilte entsetzt hinzu und versetzt in der Auf—
regung dem kleinen Mörder einen so heftigen Schlag
daß auch dieser als Leiche zu Boden sinkt. Bis
sie wieder zur Badwanne eilte, war auch der kleine
Säugling ertrunken.
FMuünchen, 17. Dez. Ein hiesiger Ge—
schäfismann erlebte dieser Tage eine eigenthümliche
Ueberraschung. Eines Morgens wurde ein Besuch
angemeldet und in Gegenwart der Gemahlin über⸗
reichte ihm die besuchende Dame ein „lebendiges
Christkindl“ unter wenig schmeichelhaften Worten
sich unter Zurücklassung desselben rasch entfernend.
— In der Türkenkaserne entleibte sich ein Soldai
durch drei Revolvberschüsse.
Für den Weltpostverkehr hat da⸗
Reichszpostamt folgende für Interessenten sehr be—
achtenswerthe Bekanntmachung erlassen. Nach der⸗
selben dürfen mit der Briefpost nicht versandt wer ⸗
den: 1L. Briefe, welche Gold- oder Silbersachen—
Beldstücke, Juwelen oder kostbare Gegenstände ent⸗
halten, 2. irgend welche Sendungen (seien es Druch⸗
sachen. Briefe, Waarenptoben u. s. w.), die zoll⸗
pflichtige Gegenstände enthalten. Es ist eigene Sache
der Absender, sich über die in Betracht kommenden
Zollbestimmungen des Auslandes zu unterrichten.
zuch verbleibt den Absendern die Verantwortlichkeit
venn im Falle der Verabsäumung jener Verpflich
tung eine Beschlagnahme der zollpflichtigen Send
ungen oder die Festsetzung von Zollstrafen durch
ausländische Zollbehörden eintritt.
pLeipzig, 17. Dez. Anarchisten—;
prozeß. In der Nachmittagssitzung erklärt
Reinsdorf, bei dem Niederwaldattentat nicht gan;