Full text: St. Ingberter Anzeiger

Abendztg.“ erfährt, sofort verschieden, nachdem er 
noch gestern Abend sich vergnügt im Kreise seiner 
Freunde aufgehalten hatte. Die Trauer um den 
lebenswürdigen Beamten ist in all' den zahlreichen 
creisen eine allgemeine, die das Glück hatten, mit 
ihm in Verkehr zu kommen. 
München, 19. Dez. (FJum Malzver⸗ 
brauch.) Nach einer Zusammenstellung der von 
den Brauereien Münchens in der Zeit vom J. Juli 
1884 bis einschließlich 30. Juni 1885 versottenen 
Malzquantitäten betrug dieselbe beim Spatenbräu 
189,070 Ih., beim Pschorrbrau 112, 000, beim 
Hackerbräu 105,578. beim Löwenbräu 98,427, 
beim Franziskanerbräu84,410 hl. 90 1., beim 
Augustinerbräu 49,575und beimZacherlbräu 46 670. 
Nach siebenjähriger Pause wird zu Reujahr 
1886, wieder der alt hergebrachter Schäffler⸗ 
tanz die Straßen Münchens durchziehen. Der 
bolksthümliche Brauch wird diesmal in ganz Le⸗ 
sonders feierlicher Weise mit einem historischen 
Weiheakte inaugurirt werden, indem von Mit- 
gliedern des bayerischen Königshauses und Münchener 
Bürgern den Schäfflern eine prachtvoll gestickte 
Fahne in den Münchener Stadtifarben verehrt werden 
wird, deren Weihe und Uebergabe am Sylvester- 
abend stattfinden soll. Die Vorbereitungen zu dem 
Feste haben bereits begonnen, und es wird das⸗ 
selbe ein ebenso großartiges, als eigenartiges werden 
7 Ein Oberprimaner war mit seinem Vater 
einem Gerbermeister, der iu einem Dorfe bei Kö— 
nigsberg wohnt, auf die Fuchsjagd gegangen. 
Beide schlugen dabei verschiedene Richtungen ein 
und verloren sich schließlich aus den Augen. Der 
Vater glauhte endlich hinter einem sich bewegenden 
Buschwerk den Fuchs zu erkennen, legte an und 
schoß. In demselben Augenblick erscholl ein er⸗ 
schütternder Schrei. Der Schütze eilte hinzu: er 
fand seinen Sohn mit zerschmettertem Hirnschädel 
fich in seinem Blute wälzend. 
F Bern. Laut einer im „Echo des Alpes“ 
veröffentlichten Uebersicht sind in den letzten sieben⸗ 
undzwanzig Jahren bei Besteigung der Alpen 184 
Personen ums Leben gekommen und zwar 40 Füh—⸗ 
rer und Träger, 80 Touristen, 2 Klosterbrüder 
von St. Bernhard, 11 Arbeiter, welche über die 
Alpen gingen, und 1 Krystallsucher; 16 Personen 
infolge Erschoͤpfung und Kälte, 15 durch Sturz in 
Spalien und Abgründe, 15 durch Ausrutschen auf 
dem Eise, 41 durch Ausrutschen auf den Felsen 
oder dem Grase, 4 durch rollende Steine, 27 durch 
dawinen und 16 durch unter den Schri!ten der Tou⸗ 
risten einstürzenden Schnee oder Eis. Die Spitze 
des Moniblanc wurde von 1859 bis 1875 673mal 
bestiegen, dabei verloren 25 Personen ihr Leben. 
FEin Sportkunststück hat dieser Tage 
die zahlreichen Sportkreise Lüttichss und Ver— 
viers beschäftigt. Die Renngesellschaft in Viel— 
Salm (in der Provinz Luxemburg) hatte die Be— 
hauptung aufgestellt, daß man, um mit einem 
Wagen mit zwei Pferden hintereinander bespanni 
nach Lüttich, 35 Kilometer zu gelangen, mehr als 
bier Stunden brauche. Der Lütticher Sportsman 
Georges Chandoir nahm die Herausforderung an 
und erbot sich die Fahrt in kürzerer Zeit zu voll- 
bringen. Nun begann das Wetten, das Einsätze 
in Gesammthöhe von fast 100,000 Fr. bewirkte. 
Chandoir ritt auf dem Vorderpferde, brach Morgens 
9 Uhr 4 Minuten von Viel⸗Salm auf, überall 
ron Reitern begleitet, und traf nach 8 Stunden 
23 Minuten in Lüttich an. Obwohl er keinen 
Aufenthalt unterwegs gemacht, waren die Pferde 
im besten Zustande. 
fLondon, 18. Dez. In Newcastle 
arretirte die Polizei Bernhard Vogt alias Hermann 
und Joseph Martens, die beschuidigt sind, einen 
Mord in Deutschland begangen zu haben. 
GSr. 3) 
FSchredliche Szenen an Vord eines 
britischen Dampfers. In Dublin ist ein 
Brief von dem Steward eines Dampfers in China 
eingegangen, der fürchterliche Szenen an Bord eines 
von der chinesischen Regierung zur Truppenbefoör⸗ 
derung gecharterten Dampfers schildert. Da jede 
Anstrengung gemacht wurde, um die Sache zu ver⸗ 
tuschen, so wünscht der Steward, daß der Name 
des Dampfers nicht genannt werde. Der Schreiber 
sagt, daß der Dampfer in Amoy gechartert wurde, 
uim 2500 „Schwarzflaggen“, die nach dem Ton—⸗ 
tinger Kriege aufgelöst worden waren, nach Hankow 
u führen. Schon auf ihrem Marsche nach Amoy 
hdatien die Schwarzflaggen grausame Mordthaten 
rung war äußerst besorgt, sie weiter sortzuschaffen. 
Bei der Einschiffung wurden etwa 1000 von ihnen 
entwaffnet, aber die übrigen erschienen an Bord in 
einem solchen Gedränge, daß die Idee, sie sämmt⸗ 
ich zu entwaffnen, aufgegeben werden mußte. Viele 
zon ihnen waren betrunken und führten auch noch 
Spirtuosen mit sich. Das Schiff war zum Ueber⸗ 
maß gedrängt voll; sowohl auf Deck wie im Kiel⸗ 
raum war jeder Zoll besetzt. Nachdem der Dampfer 
den Hafen verlassen hatte, begannen die Schwarz 
laggen unter sich zu spielen, wie dies ihr üblicher 
Zeitvertreib ist, und einige von ihnen schienen viel 
Beld bei sich zu führen. Die ganze Nacht über 
nahmer die Streitigkeiten unter ihnen kein Ende, 
die denn auch in Schlägereien und Mordthaten 
ausarteten. Zahlreiche Körper wurden von ihnen 
über Bord geworfen, gleichviel ob lebendig oder 
todt. Einige wurden erstochen, andere erwürgt, 
und von der Schiffsmannschaft konnte sich Niemand 
inmischen. Als der Morgen anbrach, wurden 
Dutzende von Leichen über Bord geworfen, von 
henen einige erdrückt, oder aus Mangel an Wasser 
jestorben waren. Eine Gruppe von Schwarzflaggen 
hatte den Wasservorrath an Bord mit Beschlag be⸗ 
legt und verweigerte der Mannschaft jeden Tropfen. 
Als andere Schwarzflaggen sich dem Wasser zu 
aähern versuchten, entspann sich ein fürchterlicher 
rampf. Die Hitze war schrecklich, und Viele star⸗ 
zen vor Durst. Die Aufrührer vernichteten alle 
Nahrungsmittel, warfen den Reis und die Koch⸗ 
utensilien über Bord und drohten den Köchen mit 
dem Tode. Schließlich begannen sie Seewasser zu 
rinken oder auf andere Weise ihren Durst zu 
oͤschen. Die Matrosen krochen mit lechzender Zunge 
nach dem unteren Maschinenraume und verschafften 
ich dort kondensirtes Wasser. Nach einer kurzen 
Weile gestalteten sich die Dinge noch ernster, und 
zie Schwarzflaggen drohten, die Mannschaft zu 
ödten, was sie dadurch zu verstehen gaben, daß 
ie mit ihren Messern an ihren eigenen Kehlen die 
hewegung des Halsabschneidens nachahmten. Es 
zjelang ihnen, den Kapitän beim Bart zu fassen 
und ihm das Messer an die Kehle zu setzen. End⸗ 
ich wurde der Dampfer zurück nach Amoy gesteuert, 
vo ein britisches Kriegsschiff vor Anker lag. Der 
Befehlshaber des letzteren bereitete sich zuerst vor, 
zas Deck des Dampfers mit seinen Gatling⸗Kanonen 
u bestreichen, aber schließlich enterte er das Fahr⸗ 
eug. Auf dem Deck befand sich eine Anzahl von 
Zoldaten, die schwarze Flaggen an ihren Speeren 
jatten. Alsdann erschienen zwei chinesische Kano— 
ienboote, welche die Schwarzflaggen in Empfang 
nahmen; diejenigen, die sich weigerten, den Dampfer 
uu verlassen, wurden über Bord geworfen; man 
iberließ es ihnen, das Land zu erreichen, so gut 
ie konnten. Sechs der Rädelsführer der Schwarz⸗ 
laggen wurden sofort enthauptet, und 100 erhielten 
ie Bastonnade. Fäünf Soldatenleichen wurden 
päter im unteren Kielraum aufgefunden; dieselben 
varen buchstäblich zu Tode getreten worden. 
f(Gutbedient.) Einer der großen Lon⸗ 
doner Herrenschneider, welcher auch die Ehre hat, 
den Prinzen von Wales zu bedienen, kutschirte, so 
wird erzählt, unlängst seine Equipage mitten unter 
denen der eleganten Welt in Hydepark. Da rief 
hm ein hochgeborener Klient von ihm, der das 
ibel nahm, plötzlich mit schallender Stimme zu: 
„Eh, Mr. P., sehen Sie doch 'mal, dieser Ueber⸗ 
cock hier, den ich von ihnen habe, will gar nicht 
itzen.“ Mr. P. stieg ruhig von seinem Sitz herab 
ind bat Se. Hoheit. eine Sekunde stille zu halten. 
Er ging um ihn herum und betrachtete von allen 
Seiten aufmerksam den Sitz des Paletots. „Ja, 
Fure Hoheit hat Recht“, erklärte er endlich und 
„og ein Stückchen Kreide aus der Westentasche, 
„hier muß der Rock etwas eingenommen werden, 
ind hier und hier! Und bei jedem „Hier“ machte 
er dem hohen Herrn dicke, fette Kreidestriche auf 
ʒ»en Rock, während sich eine lachende Corona um 
Beide sammelte. „So, wenn Eure Hoheit sich jetzt 
njach meinem Atelier bemühen wollen, aber ohne 
interwegs die Kreidezeichen verlöschen zu lassen, 
o wird mein Werkführer auf der Stelle die noth— 
vendigen Aenderungen vornehmen!“ erklärte endlich 
ernsthaft der Gentleman⸗Taylor, verabschiedete sich 
nit einer tiefen Verbeugung und kutschirte davon. 
Die Hoheit aber stand wie eine bemalte Krähe ver⸗ 
dutzt da und entzog sich dann durch eine rasche 
Flucht der Heiterkeit der Umstehenden. Sie soll 
nie wieder Mr. P. unterwegs mit „talkingshop“ 
zehelligt haben. 
Siaack bezeichnend, das in einem Madrider Theater 
nufgeführt wird: „Die Karolinen“ und handelt 
von zwei Kindern, Germania und Hispania, die 
ich um ein Spielzeug zanken. Schließlich kommen 
ie überein, den Strit zur Entscheidung ihrem 
Papa — papa heißt im Spanischen auch „Papst 
— vorzulegen. Dieser fällt das salomonische Ur— 
heil, daß das Spielzeug der Hispania gehöre, daß 
aber die Germania das Recht habe, damit zu 
pielen. womit die Kinder zufrieden sind. Das 
Publikum nimmt diese Löosung mit unbändigem 
Belächler auf — vor drei Monaten hätte es des⸗ 
vegen beinahe einen blutigen Krieg angefangen. 
f Warfchau, 21. Dez. In dem Prozeß 
jegen 28 Angeklagte wegen Theilnahme an der 
ozialrevolutionären Verbindung „Proletariat“ er⸗ 
'olgte in vergangener Nacht der Urtheilspruch. Die 
Angeklagten, Friedensrichter Bardowsky, Geniekapi- 
än Leery, Kunicki, Ossowski, Schmauß und Pie— 
rusinski wurden zum Tode durch den Strang, 
von den übrigen Angeklagten 18 zu sechszehnjäh— 
iger Strafarbeit in Bergwerken, zwei zu zehn 
Jahren und acht Monaten Strafarbeit mit lebens⸗ 
änglicher Ansiedelung in Sibirien und zwei zu 
ebenslänglicher Deportation nach Sibirien verurtheilt. 
Heiteres aus der Gerichtsstube theilt 
die „M. D. Z.“ von einem Kreis-⸗Friedensrichter 
durganowski im Permschen Gouvernement mit. K., 
ein mitunter exzentrischer Mann, verhandelte kürz⸗ 
lich eine Klagesache, als die zu seiner Privatwohn⸗ 
ung führende Thür aufging und auf der Schwelle 
derselben seine Frau erschien mit der Meldung, 
zas Essen sei fertig, K. möge die Sitzung schließen 
oder unterbrechen. Dem Richter war die Störung 
iemlich unbequem, und er machte seine Gatuin 
darauf aufmerksam, daß auf Störung der Gerichts⸗ 
yerhandlung eine Strafe gesetzt sei. Der Frau 
iber schien dies weniger wichtig zu sein, als das 
daltwerden der Speisen, und so stand sie fünf 
Minuten später wieder unter der Thür und bat 
hren Mann von Neuem zu Tisch. Dieser aber 
ühlte sich jetzt nur als Mann des Gesetzes, unter- 
zrach einen Augenblick die Verhandlung, um in 
iller Form Rechtens eine Resolution niederzuschreiben, 
raft deren er seine Frau zu drei Rubeln Strafe 
erurtheilte, zog dann die Brieftasche, legte drei 
Rubel auf den Tisch und setzte die unterbrochene 
Herhandlung fort. 
f In New-York und Brooklin hat 
ich ein süddeutscher Soldatenbund ge⸗ 
hildet, welcher den Zweck eines KrankenUnterstütz⸗ 
ungsvereins hat. Als Mitglied kann nur beitreten, 
ver wirklich in einem süddeutschen Staate im Heere 
zedient hat. Der Verein zählt zur Zeit weit über 
100 Mitglieder. Die Organisation ist ganz mili⸗ 
ärisch und sämmtliche Chargen vom Hauptmann 
abwärts sind vertreten. Unter den Mitgliedern 
hefinden sich viele Pfälzer. Hauptmann der ganzen 
dompagnie ist ein Münchener. Der Führer (char⸗ 
zirter Lieutenant) der New Yorker Abtheilung iß 
ein Kaiserslauterer Kind. Die Uniform, welcher 
ich die Mitglieder des Vereins bei Zusammenkünß 
en oder öffentlichen Aufzügen bedienen, entspricht 
zjenau der Uniform, welche die bayerische reitende 
rtillerie hat. Wenn ein Mitglied krank wird, so 
rhält es wöchentlich 3 Dollars, stirbt ein verhei⸗ 
raihetes Mitglied, so erhält dessen Frau 200 Dol. 
und stirbt die Frau eines Mitgliedes, so erhält der 
Mann 100 Dollars. 
Gemeinnüͤtziges. 
(Eingewachsene Zehennägel.) Diese 
chmerzhafte Uebel ist mehr eine Folge von zu kurzen 
ilz zu engen Schuhen. Wenn sich nämlich der Nagel 
Hesonders bei etwwas langerem Wuchse, nicht meht 
zach vorn ausdehnen kann, so wächst er nach den 
Zeuen und so in's Fleisch, wo davurch Wundhei 
uind Entzündung entstehen. Das vertiefte (conder⸗ 
Ausschneiden des Nageis hat nun den Zweck, ihn 
u veranlassen, daß er sich wieder nach der Mitt 
sin ausdehnt, wodurch die Ecken aus dem Fleische 
urückgezogen werden. Dies beansprucht aber immer 
ewisse Zeit. Um nun diese abzukürzen, den 
Schmerz zu lindern und den Wiedergebrauch de⸗ 
rußes krüͤher zu ermöglichen, empfiehlt Dr. 3 
Zirsch in Prag, die erkrankte Zehe täglich mehrmals 
warmem Wasser zu baden, in welchem auf ⸗ Liter 
in Stuckchen kaustisches Kali (Kalicauticum) bon 
er Größe einer Erbse aufgelött ist. — 
Auszug 
aus den Registern des Standesamts St. Ingbert 
fkür den Monat November 1883. 
G—0*4244