Full text: St. Ingberter Anzeiger

dieser ausnahmsweisen Befreiung sind die Lokal⸗ 
inspektionen, deren Aufsicht die betreffenden Schulen 
interstellt sind. — Die hienach befreitenErstkom⸗ 
nunikanten bleiben aber verpflichtet, der wahrend 
der Osterwoche ihre Schule berührenden Jahres⸗ 
chlußprüfung beizuwohnen. 
— (Obstbaumzucht.) Zufolge eines Er⸗ 
sasses des 1. Vorstandes des Kreiskomites des 
andw. Vereins der Pfalz, des kgl. Regierungs⸗ 
dräsidenien Herrn v. Braun Erzellenz, vom 8. 
Februar c. hat derselbe aus den ihm zur Verfüg 
ing stehenden Mitteln pro 1884 für Hebung der 
Obstbaumzucht den Betrag von 750 M. an Prä- 
nien vertheill. Davon erhielt zur Anschaffung von 
Dbsttrockenapparaten 200 Mark das Bezirkskomite 
sirchheimbolanden, 200 Mark der Obstbauverein 
für den Kanton Frankenthal in Lambsheim. Von 
Baumwärtern erhielten: Bezirksbaumwart Betsch 
in Zweibrücken 80 Mk., ebenso die Diftriktsstraßen⸗ 
värter Peter Göltz in Niederotterbach und Burk⸗ 
zard in Wallhalben. 20 Mk. erhielten die Distrikts 
traßenwärter: Joh. Stark in Münchweiler bei 
daiserslautern, Ph. Pfirrmann in Wörth, Lorenz 
Roth in Offenbach hei Landau, Franz Schädler in 
Maikammer und die Straßenwärter Val. Schehl 
Busenberg und Kindelberger in Rumbach und der 
Baumwart J. Conrad in Hornbach. 10 Mark 
erhielten die Distriktsstraßenwärter: G. Burret in 
Klingenmünster, Michacl Röhrig in Barbelroth, 
Valentin Jörg in Enkenbach, Karl Ebniger in 
Böchingen, Straßenwärter Josef Noll in Boben⸗ 
heim a Rh. und Gärtner J. Schneider in Rhein⸗ 
abern. 
— In seiner letzten Sitzung lehnte es der 
Stadtrath von Zweibrücken im Hinblick auf 
die Finanzlage der Stadt ab, zu den Kosten einer 
m Herbste zu errichteten Bataillons. Musik aus 
tädtischen Mitteln eine Beisteuer zu leisten. 
— Aus Zweibrücken wird folgende Ge— 
schichte etzäͤhlt: Die gegenwärtig grassirende Dy— 
amit⸗ und Anarchistenfurcht hat dieser Tage einem 
diederen tüchtigen Schlossermeister einen bösen 
Streich gespielt. Vor mehreren Tagen bemerkte 
unser Schlossermeister, daß seine zwei Lehrjungen 
vährend seiner Abwesenheit eine Arbeit in Angriff 
zenoinmen, von der er nicht wußte, daß sie bestellt 
sei. Auf seine Frage, für wenn sie gehöre, erhielt 
er zur Antwort, ein Herr, der so und so ausge⸗ 
sehen, habe diese Artikel bestellt und eine Zeichnung 
hiezu mitgebracht, aus welcher alles genau ersicht⸗ 
ich und die Größe der einzelnen Details nach Milli— 
meter angegeben war. Die Artikel gehörten nach 
Ungabe dieses Herrn zu einem kleinen Apparate, 
den er für die Stadt zu liefern habe u. s. w. 
Da der Meister auswärts stark beschäftigt war, so 
übertrug er die Anfertigung seinem ältesten Lehr⸗ 
inge, einem pfiffigen, im Geschäfte ganz tüchtigen 
Burschen und befahl ihm, Alles genau und exakt 
zu machen, was dieser nicht nur versprach, sondern 
auch that. Zu verschiedenen Zeiten arbeitete der 
Meister selbst an diesen Gegenständen, unter welchen 
einige so fein bearbeitet werden mußten, daß er sie, 
mit Seidenpapier umhüllte, um sie vor allem, was 
hrer Schönheit Schaden bringen könnte, zu be— 
wahren. Schließlich abet wurde ihm die Sache 
auffallend, denn das Bestellte wurde regelmäßig 
abgeholt und ebenso wieder neue Artikel bestellt. 
Der Meister bekam aber den Besteller nie zu sehen, 
denn nach Aussage der Lehrlinge kam diefer immer 
wenn der Meister abwesend war und nahm das 
Fertige mit, ohne jemals nach dem Preise zu fragen. 
Was die Arbeiten selbst anbelangt so konnte er sich 
nicht denken, wozu sie verwendet würden. Es 
befanden sich Platten darunter, in welche mehrere 
feine Röhrchen eingelöthet waren. Kästchen mit 
sehr genau schließenden Schiebern, oder auf beiden 
Seiten mit einer kurzen Röhre versehen, auf welche 
vermittelst eines feinen Gewindes ein Deckel aufge— 
schraubt werden konnte u. s. f. Der Meister hatte 
weder Rast nach Ruhe mehr. Er wollte wissen, 
für wen er arbeite und zu welchem Zwecke diese 
Gegenstände dienen und begab sich deßhalb zum 
herrn Bürgermeister. Dieser wußte von der ganzen 
Geschichte nichts und behauptete, von seiten des 
Magistrats sei kein Apparat bestellt, zu welchem 
solche Theile gehören könnten. Nun schien kein 
Zweifel mehr möglich zu jein, es war klar, daß 
hier finstere Anarchistenpläne im Sviele waren und 
s galt, Vorsichtsmaßregeln zu treffen. Der Meister 
segte sich selbst auf die Lauer, die Polizei wirkte 
ind stellte Posten aus, um den geheimniß- 
vollen Besteller zu fangen, sobald er sich wieder 
zlicken lasse. Der Unbekannte aber erschien nicht 
mehr und dadurch wurde die Sache noch räthsel⸗ 
Jafter. Gestern endlich kam man der Sache auf 
den Grund. Der Bürgermeister nahm die Lehr⸗ 
inge ins Examen und drachte es nach einigen 
dreuz⸗ und Querfragen so weit, daß sie den Schleier 
zieser dunklen Geschichte lüfteten. Sie gestanden 
ein, daß diese Bestellungen Lüge seien, und daß sie 
elbst auf den Gedanken gekommen seien, eine Art 
„Dampfmaschine“ zu fabriziren. Zu was sie die— 
elbe benützen wollten, das wußten sie selbst nicht. 
Daß bei ihrer Ankunft in der Werkstätte jedem 
ine wohlberdiente tüchtige Tracht Prügel zu theil 
vurde, daß der getäuschte Meifter gegenwärtig nicht 
in der rosigsten Laune ist und für Spott nicht zu 
sorgen braucht, läßt sich leicht denken. 
— Wie der „L. A.“ mittheilt, ging ein Eisen⸗ 
und Spielwaarenhändler in Zweibrücken Aus— 
zangs voriger Woche angeblich auf Reisen und ist 
zis heute nicht wieder zurückgekehrt. Argwöhnische 
Bläaubiger gingen der Sache näher auf den Grund 
ind konstatirten eine Ueberschuldung des Betreffenden 
»on ungefähr 35—40,000 Mark. Gerichtliche 
Schließung des Geschaftes und Concurs sind 
Jaher unausbleiblich. 
— Wie der „Land. Anz.“ mittheilt, wurde 
ür die Pfalz als Kreiskassier des Rotariats⸗ 
rehilfen-Vereins Herr Notariatsklerk Josef 
Sprenger in Kandel gewählt und sind an 
diesen die unter Ziff. I1I 8 3 der Statuten gefor⸗ 
derten Belege alsbald einzusenden. 
— Frankenthal, 10. Febr. Das Bürger⸗ 
meisteramt ladet die stimmfähigen Bürger der Stadt 
Frankenthal ein, Samstag, den 14. Februar, Nach 
nittags 3 Uhr, im Stadthaussaale, sich einzufinden, 
im über den Antrag des Stadtrathes behufs Auf⸗ 
ahme eines Anlehens von 80.000 Mt. zu be—⸗ 
rathen und Beschluß zu fassen. 
— Ludwigshafen, 10. Februar. Hierher 
zelangter Mittheilung zufolge soll die Frage der 
Tassierung der Reichsstagswahl Speyer⸗Frankenthal 
zemnächst entschieden werden und wird jetzt schon 
nit Bestimmtheit versichert, daß die Kassierung un⸗ 
rusbleiblich sein wird. In eingeweihten Kreisen 
oll man sogar schon den Termin der neuen Wahl 
ns Auge gefaßt und hiefür die Zeit kurz nach 
Ostern in Aussicht genommen haben. 
— Ludwigshafen, 11. Februar. Gestern 
Mittag 12 Uhr entgleiste bei Einfahrt des Fakul⸗ 
atizuges Nr. 511 im Rangirbahnhofe dahier an 
der Weiche Nr. 11112 aus bis jetzt unaufgeklärter 
Ursache der Packwagen und der darauf folgende 
Hüterwagen. Die erwähnte Weiche war in Ord⸗ 
nung und richtig bedient. Dabei gerieth leider der 
Tenderwächter Gustav Metz g er von hier (gebürtig 
aus Oggersheim) unter den umfallenden Packwagen 
ind wuͤrde hierbei so schwer verletzt, daß er noch 
zestern Abend im Spital dahier, wohin er sofort 
erbracht wurde, verschied. 
— — 
Vermischtes. 
F (Schulkrankheiten.) Einem Vortrag, 
)en Herr Siegert in Berlin im „Verein für volks⸗ 
erständlische Gesundheitspflege“ hielt, entnehmen 
vir Folgendes: Einen wesentlichen Theil der Schuld 
in den sogenannten Schulkrankheiten — dazu ge— 
yören Kurzsichtigkeit, Verbiegung des Rückgrats, 
Störungen des allgemeinen Wohlbefindens, auch 
ewisse ansteckende Kraukheiten, namentlich die Masern 
— muß man der Familie beimessen. Verhältniß⸗ 
—V0 
rziehung bei der Kurzsichtigkeit nachweisen. Wenn bei⸗ 
pielsweise auf dem Gymnasium am Zwinger zu 
Dresden die Zahl der Kurzsichtigen in Prima nur 
29 Prozent, auf der Elisabethschule dagegen, deren 
Interrichtsräume sich durch ihre Dunkelheit auszeichnen, 
35 Prozent beträgt, so geht daraus hervor, daß 
sier der Einfluß der Schule fast allein maßgebend 
st. Doch sollte man auch in der Familie immer 
arauf achten, die Kinder von Beschäftigungen fern 
u halten, die den Augen schädlich sind. Dazu ge— 
jört das leider in den Kindergärten vielfach einge- 
ührte Stechen von Mustern in Papier und das 
Finzeichnen in Quadrate. Auch am vielen Lesen 
oll man jüngere Kinder hindern und ihnen die 
MNärchen lieber erzählen. Sehr viel kann in der 
Familie zur Verhütung der sogenannten Skoliose 
Verbügung des Rückgrats) durch stete Achtung auf 
ichtige Haltung des Kindes geschehen. Der Tisch, 
in dem das Kind schreibt, soll niemals rund sein, 
za es auf einen runden Tisch die Arme nicht auf— 
egen kann, ohne die Brust zu drücken. Der Tisch 
'osll so hoch sein, daß das sitzende Kind den Ober⸗ 
arm nur ganz wenig zu erheben braucht, um die 
Ellenbogen aufzulegen. Ist der Siß zu hoch, se 
müssen nothwendig die Füße durch eine Fußbant 
zgestützt werden. Die aufrechte Haltung des Ober⸗ 
sörpers sollte man bei schwächlichen Kindern immer 
durch sogenannte Geradehalter unterstüßen, und 
außerdem darauf achten, daß das Kind nicht lange 
in einer solchen austrengenden Stellung verweilt. 
Die Forderkante des Stuhles muß um ein Geringes 
unter den Tisch reichen. Die Familie kann und 
muß darauf achten, daß das Kind immer frische 
Luft athmet, beim Wachen sowohl wie beim Schlafen. 
Db dies im Freien geschieht oder am offenen Fenster, 
ist im Grunde einerlei. Der Mangel an frischer 
Luft ist in der Regel der Grund des Siechthums 
und des Kränkelns der Kinder. Gewöhnt man die 
Kinder von frühester Jugend an frische Luft, so werden 
sie auch gegen Witterungseinflusse nicht so empfindlich 
sein. Tief athmen ist besonders für die städtischen 
stinder, die nur wenig Bewegung haben, ein wesent⸗ 
liches Erforderniß der Gesundheit. Von großen 
Einfluß ist auch die Diät. Man vermeide Speisen, 
welche die Nerdven reizen. Viele Schulkinder leiden 
darunter, daß sie von dem reichlichen Frühstück, 
welches ihnen die Eltern mitgeben, in jeder Zwi⸗ 
schenpause etwas verzehren und den Magen in 
ortwährender Thätigkeit halten. Wird ein Kind 
krank, so ist es unrichtig, es so lange wie möglich 
noch zur Schule zu schicken; ein krankes Kind hat 
teinen Nutzen vom Unterricht. Dagegen wird das 
jesunde leicht nachholen. was es versäumt hat. 
Sind ansteckende Krankheiten in der Familie, so ist 
2s richtiger, die gesunden Kinder von den kranken 
ju Hause sorgfältig zu trennen, als die ersteren 
don der Schule zurückzuhalten. Die Uebertragung 
der Krankheit durch die gesunden Kinder ist nicht 
zu fürchten. Dagegen werden diese durch den be⸗ 
tändigen Aufenthalt im Hause der Gefahr der 
Unsteckung in höherem Maße ausgesetzt. Schließlich 
vird die Gesundheit der Kinder oft durch die 
Ueberbürdung mit Arbeiten geschädigt. Die Schule 
st es am wenigsten, welche die Kinder überbürdet. 
Nusikunterricht, Tanzunterricht, Laubsägen, Sticken 
ind alle diese Beschäftigungen, die auzerhalb der 
Schule liegen, werden oft in einer für das Kind 
un erträglichen Weise gehäuft und übertrieben. 
f (GDDringeunde Sendungen.) Um dem 
Publikum die Möglichkeit zu gewähren, in dringenden 
Fällen Packete stets mit der nächsten sich dar— 
hietenden Beförderungsgelegenheit zur Absendung 
zu bringen, hat der Staatssecretär Dr. Stephan 
dei einer Anzahl geeigneter Reichspostanstalten seit 
dem 1. Februar, zunächst versuchsweise, die Ein— 
richtung getroffen, daß die Postanstalten. soweit als 
hunlich, gewöhnliche Packetsendungen zu solchen 
BeföcderungsGelegenheiten, welche außerhalb oder 
urz nach Beginn der für den Verkehr am Schalter 
»estimmten Vienststunden fallen, auch außerhalb 
der Schalterdienststunden annehmen. Bedingung 
)dabei ist, daß die Packete als „Fringende 
Sendungen' bezeichnet sind. Neben der be⸗ 
onderen Gebühr von 1 Mk. ist eine Einlieferungs 
zebühr von 20 Pfg. für jede Sendung zu ent⸗ 
richten. 
(Aus Lothringen.) Ein gräßliches Er— 
igniß hat sich, wie der „Metzer Zeitung“ ge 
chrieben wird, in dem Flecken und Kantonsort 
gerl zugetragen. Eine Bauersfrau, etwa 46 
Fahre ait, wie man sagt mit einer Milzkrankheit 
Jehaftet, hat in der Abwesenheit ihres Mannes und 
der übrigen Kinder ihr kleinstes 5jähriges Kind 
zuerst zu erwürgen versucht, ihm dann den Hal⸗ 
ibgeschnitten und den Leichnam in die Fleischbütte 
yersteckt, worauf sie sich selbst an beiden Armen und 
im Halse Messerstiche beibrachte. Man fand sie 
m Blute liegend und klagend: „Mein armes Kind“, 
nfolge dessen man erst auf die Spur des letzteren 
am. Die Frau, welche wohl mit dem Leben da⸗ 
onkommen wird, hat ihre That in einem Anfalle 
don Wahnsinn verübt. 
Melz, 11. Januar. Eine höchst eigenartige 
Scene spielie sich lezter Tage in der Familie eines 
ziesigen Einwohners ab. Die Mutter war aus⸗ 
värts beschäftigt, der Vater ebenfalls. Nur die 
Tochter blieb zu Hause, denn ihr war das einzige 
—VVDDD 
es Nachmittags zurückkehrte und nach der Ziege 
ehen wollte, war dieselbe verschwunden. Nun ging 
¶in Zornergüssen auf die unachtsame Tochter los 
ind beide begaben sich auf den Weg, um da—s 
ützliche Säugethier zu suchen. Doch alle Müht