Full text: St. Ingberter Anzeiger

Schildes sollte mit der englischen Flagge geschmückt 
verden. Nur die Engländer sollten das Recht 
jaben, hier Kohlenstationen zu errichten und das 
dand zur Aufpflanzung ihrer Batterien zu benutzen. 
Der Handel des ganzen großen Inselgebietes sollte 
ein specifisch britisch⸗australischer und die Wohlfahrt 
der zahlreichen Volksstämme der Südsee sollte den 
Britisch⸗Australiern unterstellt und von ihnen regulirt 
verden. Mit einem solchen Schilde in der Hand 
zlaubte Austral-Asien eine große welt⸗historische 
Mission erfüllen zu können. 
Träume dieser Art beschäftigten bis vor wenigen 
Wochen noch hiesige Publizisten und Staatsmänner 
ich nenne geflissentlich die Publizisten zuerst, denn 
zie Kundgebungen der Staatsmänner richten sich 
zier beinahe steis nach den Kundgebungen jener). 
stichts konnte die hochfliegenden Pkäne, die sich an 
derartige Phantasien knüpften, beeinträchtigen, weder 
zas offizielle Nichtsthum der englischen Regierung, 
aoch die offiziellen Gelegenheitspredigten deutscher 
und französischer Blätter. Selbst die Logik von 
einer Theilung der Welt, von der natürlichen 
Bleichberechtigung auch anderer Mächte, wurde ver⸗ 
neint. Englands Weigerung, die von Queensland 
nns Werk gesetzte Annexion Neu⸗Guineas anzuer⸗ 
jennen, ruitelte zwar ein wenig an der Zuversicht 
dieser partikularistischen Weltbeglücker, doch wurde 
zie zuversichtliche Stimmung bald wieder, und zwar 
in erhöhtem Maße hergestellt, als Kommodore 
Erskine das britische Protektorat über den südlichen 
Theil der Rieseninsel aussprech. — Deutschland 
durchbricht nun mit einem Ruce die Bariere, die 
Engiand gegen die Annerxionsgelüste anderer Mächte 
aufzustellen das Recht zu haben glaubte. Daher 
die Lamentationen hiesiger Zeitungen über Deutsch- 
lands Anmaßungen; daher auch die Aufforderung 
des Premiers der Kolonie Viktoria an die anderen 
olonien, gemeinsam gegen die neue Nachbarschaft 
zu protestiren. Dieser Minister, ein Herr Service, 
berkündet, daß die Annexion Deutschlands das 
Werk eines Wortbruches sei, denn die deutsche Re—⸗ 
gierung habe der englischen das Wort gegeben, sich 
in der Südsee politisch nicht festzuseßen. Natürlich 
Jlaubt Herr Service selbst nicht, daß ein solches 
Bersprechen gegeben worden. Man kann nur 
schwer ein Lächeln unterdrücken ob der moralischen 
Entrüstung, die sich in den Worten des Premiers 
undgibt.“ Als ob England nicht Dutzende Male 
durch Wortbruch, Heuchelei, Unterdrückung und 
Lüge sich in den verschiedensten Theilen der Erde 
festgesetzt hätte. .. Doch scheint es beinahe, als 
ob mit Frankreich ein gegenseitiges Verständniß 
destanden habe, die Südsee-Inseln unberührt zu 
assen. Jetzt aber, da England den Süden und 
Deutschland einen nördlichen Theil Neu⸗Guineas 
und augrenzende Inseln annektirt haben, wird sich 
Frankreich voraussichtlich nicht geniren, sein Lieb⸗ 
jugeln mit den Neu⸗Hebriden in praktische Bahnen 
zu lenken. Dann wird abermals und in verstärkter 
Weise ein Klage- und Wehgeheul Australafien 
durchziehen. Die Erde aber wird sich dabei ruhiq 
weiter drehen. 
Der Schild Australiens ist also zerbrochen und 
zie Stücke desselben im Besitze der drei machtigsten 
Reiche Europas. Die Inseln selbst und ihre Be⸗ 
vohner werden bei dieser Theilung sich entschieden 
resser befinden als ohne dieselbe. Ob und in wie 
weit Deutschland aber durch sein neues Gebiet pro⸗ 
fitiren wird, das zu beurtheilen bleibht einer späteren 
Zeit überlasien. 
Sokale und pfälzische Nachrichten. 
t In Folge Erlasses k. Regierung sind nach 
einer Entschließung des k. Staatsministeriums des 
Innern für Kirchen⸗ und Schulangelegenheiten die 
Zeichenhefte mit vollständigem Punkt. oder Liniennetz 
für den Zeichenunterricht an den Volksschulen mit 
Beginn des Schuljahres 1885186 verboten und nur 
solche mit vereinzelten Richtlinien oder Richtpunkten 
exlaubt. In gleicher Weise sind auch die Zeichen⸗ 
äfelchen mit vollständigem Punkk- oder Liniennetz 
oerboten und nur solche mit vereinzelten Richtpunkten 
oder Richtlinien fernerhin erlaubt. 
— Zweibrücken, 17. Febr. Schon längere 
Zeit ist hier zwischen zwei Einwohnern ein Prozeß 
hor dem k. Amtsgerichte anhängig, der schon einige 
Male Gegenstand gerichtlicher Verhandlung gewesen, 
aber jetzt noch nicht entschieden worden, und auf 
dessen Ausgang man allgemein interessirt ist. Und 
was ist der Gegenstand dieses Prozesses? Ein 
danagrienvogel. Der Kläger stellt auf, daß 
Ser fragliche und ftreifi⸗⸗ Pogel ihm oöntftflsogen 
ind von dem Beklagten oder andern Personen auf⸗ 
zefangen worden sein müsse, während der Beklagte 
dehauptet, schon länger im Besitze dieses Vogels zu 
ein. Zwei Vertheidiger betreiben den Prozeß, 
Dutzende von Zeugen sind in dieser Sache schon 
ius Feld geführt worden, und leider muß das 
irme Thierchen seit zweieinhalb Monaten im Unter⸗ 
uchungs⸗ resp. Lanogerichtsgefüngniß, wo ihm 
illerdings liebevolle und gute Verpflegung zu Theil 
vird, dem immer noch in der Ferne stehenden 
Ausgang der Sache harren. Der Kanarienvogel, 
welcher auf ein gewisses Kunststück dressirt, das er 
iur dem Kläger machen soll, liegt soweit nur als 
inzig gewichtiges Beweismittel vor. Da der 
PVogel dieses Kunststück aber nur dem Kläger macht, 
elbst seinem jetzigen Pfleger, der sich seit 2h2 Mo⸗ 
iaten auch schon alle mögliche Mühe hierwegen gegeben 
jaben will, nicht gehorcht, so besteht allgemein die 
Vermuthung, daß der Kläger doch der richtige 
Zigenthümer sein dürfte. Der Vogel, der übrigens 
in ausgezeichneter Schläger sein soll, darf aber 
yoch lange singen, bis er die Gerichtskosten, jener 
er beiden Vertheidiger sowie endlich jene der 
Zeugen herausgeschlagen hat. 
— Ueber den bereits erwähnten Racheakt des 
entlassenen Arbeiter Prell in Pirmasens wird 
erner berichtet, daß Fräulein Bock durch die Kugel 
erhältnißmäßig leicht an der Brust verwundet 
vurde, während der Thäter infolge seines Selbst⸗ 
nordversuches schwer darniederliegt. Prell ist aus 
zaiserslautern gebürtig. 
— Kaiserslautern, 15. Februar. Die 
siesige israelitische Gemeinde beabsichtigt dem Ver⸗ 
iehmen nach die Mittel zur Vollendung der Syna⸗ 
zoge durch eine Lotterie aufzubringen, sofern ihr 
die Genehmigung dazu ertheilt wird. 
— Kaiserslautern, 19. Februar. Nach— 
dem der Termin für die Einsendung der Saat— 
»roben abgelaufen ist, machen wir die Besucher des 
Saatgutmarktes darauf aufmerksam, daß der dies⸗ 
ährige Frühjahrsmarkt wieder eine schöne Auswahl 
reiswürdiger Waare aufzuweisen haben wird. Die 
ämmtlichen Muster werden der Keimprobe unter⸗ 
tellt. Getreidesorten, Hülsenfrüchte und Kartoffeln, 
verden auf ihre Keimfähigkeit und die Sämereien 
nuf den eiwaigen Inhalt von Kleeseide geprüft. 
Jeder Käufer kann sich daher auf dem Markte von 
der Aechtheit und Keimfähigkeit der einzelnen 
Waaren selbst überzeugen. Jeder wird seinen Be⸗ 
hdarf auf dem Markte decken können, und laden wir 
um Besuche desselben am 24. und 25. ds. Mts 
aochmals ein. (Kais. Ztg.) 
— Aus dem Holzlande, 18. Februar. 
Bestern um die Mittagsstunde wurde gleich beim 
kingange in den Schopper Gemeindewald von 
-—chmalenberg aus, die ledige Hebamme J. O. von 
5chopp von einem Burschen aus Schmalenberg 
chwer mißhandelt und schließlich mit einem Schusse 
ju ködten gesucht. Schwer verletzt mußte das 
Mädchen nach dem näher gelegenen Schmalenberg 
erbracht werden. Ein verschmähter Heirathsantrag 
von Seiten des jungen Unholdes soll die Ursache 
ieser Unthat sein. K. 3.) 
— Niefernheim, 18. Februar. Beim 
stoden eines Ackers des Herrn Bürgermeisters Herr 
ahier fanden die Arbeiter desselben zwei Menschen⸗ 
kelette, welche etwa einen halben Meter weit von 
inander entfernt lagen. Das eine derselben rührte 
on einem kräftigen Manne, das andere von einem 
bis 8jährigen Kinde her. Gleichzeitig fanden 
ie Arbeiter des Herrn L. Herr bei derselben Arbeit 
ine etwa 4 Pfund schwere Kanonenkugel. Wie 
nan hört, wurden bei dieser Arbeit schon mehrere 
erartige Funde gemacht. 
— Landau, 10. Februar. Gelegentlich des 
Todes der Wittwe Hiestand (dieselbe wurde als 
deiche in der Queich gefunden) kursiren seltsame 
herüchte und Vermuthungen. Man nimmt vielfach 
in daß ein Verbrechen vorliege. Die Verstorbene 
st Abends noch eifrig arbeitend auf der Waschbrücke 
zetroffen worden. Als man die Leiche auffand, 
rgab sich das Vorhandensein einer Beule am Körper, 
owie Beschädigung des linken Ohres (die allerdings 
nuch im Wasser oder bei dem Sturze entstanden 
ein können). Es ist ferner unerklärlich, wie die 
deiche durch den hohen und engen Rechen bei der 
derch'schen Mühle hat durchgeschwemmt werden können. 
Der Fuhrknecht, gegen welchen sie hätte zeugen 
oslen, hat am Dienstag Mittag, an welchem die 
zrau ihren Todt fand, die Stadt verlassen; sein 
ziger Aufenthaltsort ist unbekannt. Die Beörde 
Af sw»learonßisch unch ihm rochoörchirt 
— (Aus Muthwillen verunglückt.) 
Ein Gjähriger Knabe wollte sich auf das Rückbreif 
einer durch das Dotf Fußgönnheim fahrenden Chaise 
etzen, allein er rutschte seitwärts und kam mit dem 
Fuͤß in die Speichen des Rades. Der Kutscher, 
welche auf den Hilferuf des Verunglückten sogleich 
das Pferd anhielt, bewahrte denselben vor größerem 
Anglücke. Nach Aussage des Arztes ist der Fuß 
gebrochen. 
— Frankenthal, 185. Februar. Zu einer 
auf gestern ausgeschriebenen Bürgerversammlung 
zum Zwecke der Bewilligung eines Anlehens von 
80,000 Mt. hatten sich ganze 12 Stimmberechtigte 
—XVVVX 
Jenehmigten. 
— Neustadt, 18. Februar. (Turnerbund 
— Kamräigenossenschaft Am Sonntag den 22 
Februar findet dahier eine Ausschußsitzung des 
„Pfälz. Turnerbundes“ statt. — Der weitere Aus— 
schuß der „Pfälz. Kampfgenossenschaft“ wird Sonntag 
den 1. März, Vorm. 10 Uhr. im Saalbau zur 
Berathung über die Satzungen einer pfälzischen 
Triegersterbekasse zusammentreten. 
— Neustadt, 18. Februar. Wie der „Zig.“ 
mitgetheilt wird, hat in verflossener Woche unser 
herr Bürgermeister Mack ein Terrain von etwa 
3 Morgen in der Nähe des neuen Kirchhofes und 
der Pechfabrik im Auftrage des durch seine zahl⸗ 
osen Wohlthaten weithin bekannten Herrn Kom— 
nerzienraths Hetzel angekauft. Der Morgen soll 
auf 4000 Mark zu stehen kommen. Der Terrain 
st bestimmt zur vielbesprochenen Spitalanlage, 
velche all die vielen Werke der Barmherzigkeit, die 
uinsere Stadt ihrem unermüdlichen Wohlthäter zu 
hanken hat, krönen wird. 
— Speyer, 18. Februar. Der Budget⸗ 
kntwurf des landwirthschaftlichen Kreis⸗Komites der 
Pfalz für das Jahr 1885 bilanzirt in Ennahme 
und Ausgabe mit 64.827 Mark. 
Vermischtes. 
F Von der Saar, 17. Febr. „Borgen 
nacht Sorgen.“ Vor einiger Zeit hatten wir 
Belegenheit in einem Krämergeschäft hinter die 
doulissen zu sehen und bekamen da erst einen 
rechten Begriff von dem Unheil, das durch da— 
edige Borgen herbeigeführt wird. Ueber 70900 M. 
tanden da in den Büchern aus lauter kleineren 
und größeren Posten zusammengestellt, wofür der 
Inhaber des Geschäftes auch nicht einen Groschen 
mehr geben mochte, also lauter faule Posten, die 
zereits als verloren betrachtet wurden. „So geht 
s überall“, sagte man mir, als ich darüber staunte, 
„aber die Krämer ꝛc. kommen doch nicht zu kurj 
»abei, denn die Baarzahler müssen erstlich „die 
Tatze durch den Bach schleppen helfen“, und dann 
sehen sich die Verborger vor bei den Leuten, denen 
ie regelmäßig botgen.“ Da muß man denn doch 
das Borgen als einen bösen Keebsschaden bezeichnen, 
der besonders vielfach am Wohle unserer Arbeiter⸗ 
nebpölkerung nagt. (Tr. 3.) 
F Saarbrücken, 18. Febt. Auf dem 
Schießstande am Ludwigsberg wurden gestern Nach⸗ 
nittag von Mannschaften des 7. Dragoner ⸗Regiments 
Schießübungen abgehalten, wobei, wie der St. Joh. 
5br. Anz. berichtet, der am Scheibenstande markirende 
Dragoner von einer zurückschlagenden Kugel getroffen 
ind am Bein erheblich verletzt wurde. Der Ver— 
puudete wurde mittelst Tragbahre ins Militärlazarett 
efördert und befindet sich außer aller Gefahr. 
F Saarbrücken, 19. Februar. Im kleinen 
Zaale des Kasinos hier fand heute eine außer⸗ 
yxdentliche General ⸗Versammlung der südwestlichen 
Bruppe des Vereins deutscher Eisen- und Stahl⸗ 
Industrieller statt. an welcher auch Mitglieder des 
Hereines zur Wahrung der gemeinsamen wirth⸗ 
chaftlichen Interessen der Saar⸗Industrie mit be⸗ 
athender Stimme theilnahmen. Die Tagesordnung 
detraf nach der „Sbr. Ztg.“ Vorberathung der 
Maßnahmen für die am Montag den 2. März in 
der Tonhalle hier stattfindenden Generalversammlung 
der Eisenindustriellen des Saar- und Moselreviers 
zur Bildung einer Unfall-⸗Versicherungs-Berufsge⸗ 
rossenschaft. Der Versammlung wohnte der Prä⸗ 
ident des Reichsdersicherunasamtes in Berlin, Herr 
Bödiker, bei. 
Neunkirchen, 18. Febr. Während der 
drei Karnevalstage wurden 572 Masken-Erlaubnis⸗ 
Zarten verlangt; der hiesigen Armenkasse wurde 
dadurch eine Einnahme von 228. 80 Mk. zugeführt. 
F München, 18. Februar. Heute Morgen 
hanhß fsich der Scharfrichter Oißlinger mit seinen