Full text: St. Ingberter Anzeiger

vom Trittbrette eines Waggons herab, ohne sich 
durch den gefährlichen Sturz erheblich zu verletzen. 
Den Weg nach hier, legte er noch in der nämlichen 
Stunde zu Fuß zurück; auch konnte er am nächsten 
Tage seinen Dienst wieder wie zuvor versehen. 
— Bei der am 29. Dezbr. im Revier Esch— 
ringen abgehaltenen Treibjagd der HH. Gebrüder 
Krämer von St. Ingbert wurden 7 Rehe, 37 
Hasen und 2 Füchse erlegt. — In Heckendalheim 
wurde wegen Scharlachs die Schule bis auf Wei⸗ 
teres geschlossen. - Zur Verwesung der Lehrerstelle 
in Ommersheim wurde von hoher königl. Regierung 
der Schuldienst⸗Erspektant Franz Xaver Hirner aus 
Freyung in Niederbahern berufen. 
— Zweibrücken, 4. Januar. Das Aus— 
kunftswesen der Vereine Creditreform ist in sehr 
erfreulicher Entwicklung begriffen. Durch die fort— 
schreitende Neugründung von Vereinen seitens des 
Verbandsvorstandes (jetzt in 55 Städten) beschafft 
derselbe fich immer mehr eigene Korrespondenten 
mit der durch die sonstigen Vereinseinrichtungen 
begründeten wesentlich erhöhten Sach⸗ und Personen⸗ 
kenntniß und hiermit gebotener erhöhter Sicherheit 
der Auskunftsertheilung. Dadurch, daß die Vereine 
Creditreform nicht auf Gelderwerb gerichtete Privat— 
institute, sondern von der Geschäftswelt auf dem 
Wege der Selbsthilfe und Gegenseitigkeit geschaffene 
und unter der Kontrole aller Betheiligten stehende 
Vereinsocgane sind, unterscheiden sie sich in vor— 
theilhaftester Weise von jenen. Sie arbeiten deß⸗ 
halb billiger und haben vor denselben voraus: 1) 
Zentralisation des Auskunftswesens an den einzelnen 
Vereinssitzen und deren Umgegend, welche eine bessere 
Kontrolirung der angefragten Firmen ermöglicht im 
Vergleich zu den vielen Privatinstituten. 2) Be— 
nützung der Legitimationskarten, welche jährlich 
kostenfrei von den Vereinen für sämmtliche Reisen— 
den jedes Vereinsmitgliedes ausgestellt werden und 
zur unentgeltlichen Benützung des bei allen Ver— 
bandsvereinen vorhandenen Materials bei persön— 
ficher Anfrage seitens der Reisenden berechtigen. — 
Bei unserer Verbandsorganisation stehen jedem Mit— 
gliede eines Verbandsbereines, (z. B. unseres für 
den Landgerichtsbezirk Zweibrücken bestehenden Ver⸗ 
eins) die sämmtlichen Bureaux aller existirenden 
und gegründet werdenden Verbandsvereine ohn— 
Weiteres auch zu schriftlichen Erkundigungen zu 
Gebote. Unsere Mitglieder senden ihre Anfragezette! 
direkt an den Verein, wo der Angefragte wahnt, 
und erhalten Auskunft sofort direkt, was einen oft 
sehr kostbaren erheblichen Zeitgewinn zur Folge hat. 
Die Vereine geben auf sämmtliche Orte Deutschlands 
ohne Ausnahme Auskünfte (also nicht etwa nur 
auf Vereinssitze und deren nähere Umgehungen) 
und zum gleichen Preise jetzt für ganz Oesterreich 
Ungarn, ferner auch auf das sonstige Ausland. 
Ferner verweisen wir bezüglich der Thätigkeit der 
pfälzischen Vereine auf den Bericht der pfälzischen 
Handels- und Gewerbekammer pro 1883 und 
wollen nicht ermangeln, auch auf die eingehenden 
Besprechuugen über das Auskunftswesen in der 
vielgelesenen Berliner „Handels- und Gewerbezei- 
tung“ hinzuweisen. Insbesondere das darin er⸗ 
örterte Gebahren der Privatinstitute bietet viel In— 
teresse. Ihnen gegenüber zeichnen sich die Vereine 
Creditreform durch eine wohlthuende Einheitlichkeit 
ihres Tarifes aus und durch die Sicherheit, welche 
dem Einzelnen gegenüber dem Geschäftsführer durch 
die Vereinsvorstände geboten ist. — Der Verein 
Creditreform Zweibrücken hat kürzlich die 
10. Liste saumiger Zahler an seine Mitglieder ver⸗ 
theilt. Wie es den Anschein hat, hat die Thätig— 
keit des Vereins bereits eine Besserung im Borg⸗ 
wesen herbeigeführt. Denn häufig kommen uns 
Aeußerungen lebhafter Befriedigung seitens solcher 
Mitglieder zu, die Eingänge verloren geglaubter 
Posten zu verzeichnen hatten, oder die vor Verlusten 
zgewarnt wurden, die sie durch Ausborgen an ge⸗— 
mahnte Leute ohne Kenntniß unserer Listen erlitten 
hätten. Manche Geschäftsleute haben sich überhaupt 
in letzter Zeit zu einem resoluten Nein gegenüber 
vielen Borgansprüchen entschlossen. Wir können 
nicht dringend genug rathen, darin fortzufahren, 
andererseits aber auch die Vortheile des Creditre⸗ 
formvereins zu benützen; denn dadurch kann das 
schädliche Borgunwesen bekämpft und so dem öffent⸗ 
lichen Interesse ein wesentlicher Dienst geleistet werden. 
— In Kusel, Konken und Etschberg 
sind in Folge Ausbruchs der Lungenseuche einige 
Stallungen geschlossen worden. 
— Es circulirt in dem Lauterthal das Ge— 
rücht, die bayerische Staatsregierung habe von der 
preußischen für den Bau und Betrieb der Eisenbahn 
von Lauterecken nach Staudernheim die Summe 
bon vier Millionen Mark verlangt, während die 
xreußische Staatsregierung nur 5300, 000 M. geboten 
jabe. Sollte sich dieses Gerücht bewahrheiten, so 
ann der Leser selbst das Facit ziehen, wann der 
Bau dieser Eisenbahn beginnen wird. 
— In Frankenthal ist heuer an Neujahr 
'o viel gratulirt worden, daß der dortigen Post 
die Dreipfennigmarken ausgegangen sind. 
— In Göllheim schoß sich am Neujahrstag 
ein Handelsmann einen Finger ab und ein Schreiner 
erhielt einen Schuß in die Hand. 
—* Die Bevölkerung der Stadt Ludwigs— 
hafen a. Rh. ist im Jahre 1884 um 2448 
töpfe gestiegen. 
— Der Landrath der Pfalz bewilligte 
.884 für das Jahr 1885 zu Erziehungs- und 
Bildungszwecken Mk. 868,659, 16, für Industrie 
and Kultur Mk. 93,542,50, für Wohlthätigkeit 
Mk. 323,785,54 und für Straßenbauzwecke 167, 200 
Mark; insgesammt beziffern sich die Kreisausgaben 
auf Mk. 1,482,826, 11, wobei der Pfalz gegenüber 
den rechtsrheinischen bayerischen Kreisen die zweite 
Stelle einnimmt. Der Schuldenstand der Pfalz 
beläuft sich auf 8,269,870 Hek.; nebst Niederbayhern 
und Oberpfalz ist die Rheinpfalz hiebei am gering- 
ten betheiligt. 
Vermischtes. 
F Mühlhausen i. E., 4. Januar. Der 
„Expreß“ stellt die Nachricht einiger Zeitungen, es 
ei der vierte Theilnehmer an den Straßburger und 
Stuttgarter Mordthaten in der Person eines ge— 
wissen Marowski in Mülhausen entdeckt worden, 
dahin richtig, daß die Polizei von Mülhausen 
virklich eine geheimnißvolle Persönlichkeit verhaftet 
habe, die sich weigert, Auskunft über Namen, Be—⸗ 
ruf, den letzten Aufenthalt ꝛc. zu geben; es sei 
Brund zur Annahme vorhanden, daß diefes Indi— 
»iduum an den Attentaten von Straßburg und 
Stuttgart theilgenommen habe. 
Straßburg i. E., 4. Jan. Der Wirth 
Acker dahier hat auch das Neujahr angeschossen 
ind zwar mittels eines kugelgeladenen Revolvers. 
Er schoß in seinen Hofraum hinaus und traf einen 
zaselbst weilenden Gast, den Photographen Kißler, 
in lebensgefährlicher Weise. Wirth Acker wurde in 
der Nacht noch in Haft genommen. 
F Simbach Gahern), den 2. Januar. Dieser 
Tage hat sich in unserer Nähe ein blutiges Ren— 
dontre mit einem Wilderer zugetragen. Der Farst⸗ 
adjunkt von Ueberackern, Bezirkehauptmannschaft 
Braunau, traf in den Waldungen des Grafen Hoyos 
einen Wilderer. Auf Anrufen feuerte dieser sogleich 
nit großer Gewandtheit sein Gewehr auf den Forst⸗ 
idjunkten ab, verwundete denselben schwer an der 
Schulter und suchte dann die Flucht zu ergreifen. 
Aus kurzer Entfernung sandte ihm aber der Adjunkt 
chon im Fallen eine Kugel nach, die dem Wilderer 
die Brust durchborte. Beide blieben nicht weit 
zon einander hilflos liegen und wurden erst uach 
anger Zeit, halb verblutet aufgefunden. Die Ver— 
etzung des Forstadjunkten ist schwer, aber gerade 
nicht lebensgefährlich; der Wilderer wird aber wahr⸗ 
cheinlich seiner Wunde erliegen. 
F Aus Irrenzfelden bei Bogen wird 
olgender Unglücksfall berichtet, der wieder ein ekla⸗ 
antes Beispiel liefert für den grenzenlosen Leichtsinn, 
nit welchem — nicht etwa 12jahrige Buben Schieß⸗ 
waffen behandeln, denn das wäre ja am Ende nicht 
ehr verwunderlich, sondern — die Herren Eltern 
»ieser Jungen den letzteren die Schießwaffen zu⸗ 
zänglich machen: „Der 12jährige Häuslerssohn Hiendl 
in Irrenzfelden nahm die beiden Läufe eines ge⸗ 
adenen Doppelterzerols, das trotz wiederholten Ab⸗ 
drückens nicht losging, in den Mund, bemühte sich 
hjineinzublasen und hielt den unteren Theil, von 
velchem die Kapseln entfernt waren, an das Licht. 
Selbverständlich entzündete sich das Pulver und 
die beiden Ladungen fuhren dem unglucklichrn 
Znaben in den Bund. Das Gesicht wurde eut⸗ 
etzlich zerrissen. Nach Gstündigem Leiden gab er 
einen Geist auf. 
F Aus Freising, 31. Dezember, wird dem 
„Münchener Fremdenblatt“ geschrieben: Heute er⸗ 
ꝛignete sich hier ein schauerlicher Unglücksfall. Ein 
erkommener junger Mensch Namens Wilm ver— 
iiftete seine Mutter, seine Schwester und dann 
ich selbst. Der Mörder wurde bereits todt ge— 
unden; die neben ihm liegende Mutter und 
Schwester gaben noch Lehbenszeichen und wurden 
ofort von ihrer Wohnung ins nahe städtische 
krankenhaus gebracht. Beide tragen auch Verletz⸗ 
uingen an sich, sodaß man annimmt, es sei dem 
schauerlichen Drama ein heftiger Streit in der 
Familie vorausgegangen. Die Mutter galt als 
eine ordentliche Ftau, die nur mit ihrem Sohne 
zu gut war. Letzterer war bei einem Schuhmacher 
dahier im Geschäfte; er brauchte mehr, als er ver⸗ 
diente. Die Mutter konnte ihm nie genug Geld 
geben. 
F Der Lehrer Beer in Gleisthal, im 
enseitigen Bayern, ein noch junger Mann, war 
nuif die Jagd gegangen und wurde unweit des 
Irtes erschossen aufgefunden. Maag vermuthet, daß 
Wilderer, welchen er stark zu Leibe ging, ihn er— 
chossen haben. 
F Die Welt geht wieder einmal 
unter. Das „Regensburger Tageblatt“ bringt 
eine Uebersetzung der Prophezeihung des Nostra— 
damus, welche den Untergang der Welt zum Gegen— 
stande hat. Die Stelle lautet: „Wenn Georg Gott 
am Kreuz ausstreckt und Markus ihn dann aufer— 
weckt und Sankt Johannis ihn wird tragen, dann 
hat die Weltendstund geschlagen.“ Damit ist ge— 
sagt: Das Ende der Welt erfolgt, wenn der Char— 
freitag auf den 23. April, Ostern auf den 25. April 
und der Frohnleichnamstag auf den 24. Juni 
(Johannistag) fällt. Das ist nun 1886 thatsächlich 
der Fall. — 
F München, 83. Jan. Eine neue Art Rech— 
nungen einzukassiren, hat ein hiesiger Ge— 
chaftsmann erfunden. Derselbe hat mehrere sehr 
äumige Zahler. An diese stellte er nun quittirte 
Rechnungen aus und machte sie seinem ziemlich 
ahlreichen Dienstpersonale zum Neujahrspräsent. 
Die also Beschenkten werden nicht ermangeln, die 
Belder beizutreiben. 
f (EEin Frankfurter in Amerika.) 
Zu den Künstlern unter den Photographen New— 
Hors zählt Wilhelm Kurz, geboren in einem 
Bororte Frankfurts a. M., dessen Bildniß die New— 
Horker „World“ ihren Lesern unlängst darbrachte. 
Mit 14 Jahren erhielt W. Kurz Unterrichtsstunden 
im Städél'schen Institut, da er die Absicht hatte, 
Htaler zu werden. Als jedoch sein Vater starb, 
mußte er sich mit 15 Jahren einem Gewerbe zu— 
venden und trat bei einem Lithoraphen in Offen⸗ 
dach ein. Nach Leistung seiner Militärpflicht begab 
sich W. Kurz (1854) nach England, trat dort in 
die deutsche Legion für den Krimfeldzug und suchte 
nach Beendigung des Krieges, von England nach 
Amerita überzusiedeln, was das erste Mal durch 
inen Schiffbruch vereitelt wurde. Endlich nach 
stew-York gelangt, brachte er sich zunächst als Ge— 
zjilfe eines Photographen, dann als Miniaturmaler 
ort, und sah seine Einnahmen wachsen. Im Jahre 
866 begann er, sich der Porzellanmalerei zu wid⸗ 
nen, und fing mit zwei Gehilfen an, die Photo— 
graphie immer noch als Hauptbeschäftigung treibend. 
Er brachte es im Laufe von 5 Jahren so weit, 
daß er heute 40 Gehilfen beschäftigt und eines 
der elegantesten photographischen Ateliers sein eigen 
nennt, während er immer noch dabei mit qroßem 
Beifall den Pinsel führt. 
fFRetterath, 4. Januar. Kürzlich ist die 
giesige Kirche erbrochenworden; sämmtiliche Schränke 
vurden geöffnet, ein silberner und ein vergoldeter 
delch, Paramente, der Opferstock vor der Weih—⸗ 
nachtskrippe und verschiedene andere Sachen gestohlen. 
Zum Glück blieb der Tabernakelschlüssel unentdeckt. 
F Deutz, 4. Januar. Der hiesigen Polizei 
st es gelungen, einer weitverzweigten Falschmün⸗ 
erbande auf die Spur zu kommen, die weit über 
ie Rheinprovinz hinaus ihr gefährliches Wesen 
reibt. Es wurde ein Frauenzimmer verhaftet, bei 
em eine Menge falschen Geldes vorgefunden wurde; 
inen Theil des Geldes hatte die Dirne in mehreren 
ßeschäften bereits anzubringen gewußt. Die wei— 
eren Angaben der Verhafteten wiesen auf eine 
zrößere Falschmünzerbande hin, von der bereits 
einige Mitglieder dingfest gemacht werden konnten. 
F Auch die beste Sache kann geschädigt werden, 
venn Uebertreibungen vorkommen. So meldet das 
Berl. Tagbl.: „Die Männer haben sich ausgetobt, 
und nun kommen die Weiber an die Reihe. Zwar 
agt ein altes Sprichwort: In ecclesia taceat mulier: 
„in kirchlichen Sachen haben die Frauen nicht mit⸗ 
ureden“, aber der Staat ist ja nicht die Kirche, 
und so kann denn Niemand der schöneren Hälfte der 
Sterblichen verwehren, auch ihrerseits zu zeigen, 
‚was eine Harke ist“. Die Anregung dazu geht 
don Merseburg aus in Gestalt folgenden Inserats. 
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