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Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert.
da St. Ingberter Anzeiger? erscheint wochentlich fünfmal: Am Montag, Dienstag, Donnerstag, Samstag und Sonutag; 2mal wöchentlich mit Unterhaltur gu⸗
Hlatt und Sonutags mit Sseitiger illustrirter Beilage. Das Blatt kostet vierteljährlich 1.A 60 A einschließlich Trägerlohn; durch die Post bezogen LIM 78 4, einschließli
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auf welche die Expedition Auskunft ertheilt, I5 4, Reclamen 30 3. Bei 4maliger Einrückung wird nur dreimalige berechnet.
M 48.
Deutscher Kolonialverein.
Y „Eine deutsche Kolonialpolitik kann nur be—
tehen, wenn sie getragen ist von der freudigen
hingabe des deutschen Volkes an ihr hohes Ziel.“
Dies ist der Sinn der wiederholten Erklärungen
xs Reichskanzlers Fürsten Bismarck über die Stel⸗
lung der Reichsregierung zur Kolonisationsfrage.
Mit dieser Erklärung aber wurde stets auch die
Unerkennung verbunden, daß, wenn auch nicht bei
der Majorität der Volksvertrelung, bei der Nation
selbst die Bestrebungen der deutschen Kolonialpolitit
holle Zustimmung gefunden haben.
Diese allenthalben im Volke vorhandene Theil⸗
nahme aber in zielbewußte Bahnen zu lenken, hat
sich der deulsche Kolonialverein zur Aufgabe gesetzt.
Aus kleinen Anfängen erwachsend, ist derselbe heute
zu einer Mitgliedschaft von über 10,000 Personen
zelangt und bereits zu einem moralischen Faktor
in der Nation geworden.
Auch in unserer Stadt sowohl, als in den
oenachbarten Bezirken sind auf die im vorigen Jahre
gegebene Anregung hin, gegen hundert Personen
dem deutschen Kolonialvereine beigetreten, und es
hesteht der Gedanke, diese in hiesiger Stadt und Um—
zegend neu beigetretenen Mitglieder zu einem beson⸗
deren Zweigvereine zusammenzufassen, um da⸗
durch jene Rechte zu erlangen, welche die Vereins⸗
datuten den selbststandigen Zweigvereinen gewähren.
Zu diesem Behufe soll demnächst eine Ver⸗
jammlung der Vereinsmitglieder und
uUer Jener berufen werden, welche sich für die
Zweche der Kolonialvereine interessiren, um einmal
diese Zwecke und Ziele öffentlich von berufener Seite
klar legen zu lassen, dann die Statuten des zu
bildenden Zweigvereins zu berathen.
Verlennen wir nicht, daß nicht bloß in prak⸗
tischer, handelspolitischer Hinsicht die Durchführung
der eingeleiteten Kolonialpolitik zu einem wichtigen
Moment des deutschen nationalen Lebens und Strebens
geworden ist, sondern daß die nationale Ehre mit
derselben aufs Engste verknüpft ist. Die deutsche
Nation steht vor der Feier des 70. Geburistages
jenes großen Mannes, der Deutschland aus dem
Elend des politischen Nichtsseinz zur führenden
Weltmacht erhoben hat.
Könnten wir unsere Dankbarkeit gegen ihn
besser dokumentiren, als wenn alle aus dem Voik,
denen die Verhältnisse es erlauben, eintreten für
jene großen Zwedce, welche er in seiner Kolonial⸗
bolitik zu deren wohlüberlegtem Ziel sich gesetzt bat.
Politische Uebersicht.
Deutsches Reich.
Berlin, 5. Marz. Der Reichskag geneh⸗
nigte in der heutigen Fortsetzung der driilen Les⸗
ing des Etais mit unerheblicher Debatte den Etat
»ez Reichüsamtes des Innern bis zum Kapitel 11.
Im Laufe der Debatie erklärte Staatsseiretär v.
hotticher gegenüber dem Abg. Baumbach, daß die
Aufsteilung ollgemeiner Vorschriften fur die Verichte
et Fabritinspeltoren außerordentlich schwer sei;
iußerdem aber sei diese Angelegenheit eine Sache
r Einzelstaaten. Der Wunsch Hartwigs auf Mil⸗
heilung der Arbeitslöhne seitens der Fabrikinspek
oren solle geprüft werden. Auch er halte die
Nitwirtung des Reiches zum Arbeiterschutz für er⸗
Arderlich; er hoffe auch don den Beiriebaͤgenossen⸗
haften eine segensreich⸗ Wirkung auf diesem Ge⸗
iete. Was das Auswanderungewesen anlange.
Sonntag, 8. März 1885.
so sei über die in der zweiten Lesung vorgebrachten
Klagen über die Hamburger Auswanderungsschiffe
eine Untersuchung eingeleitet. Kein Agent, der
Auswanderer nach Brasilien anwerbe, werde eine
Konzession erlangen.
Berlin, 6. März. Die Holzkommission nahm
den Antrag Adelmann an, wonach Bau⸗ und Nutz⸗
holz, sofern es mit Zugthieren gefahren wird und
direkt aus dem Walde kommt und nicht auf einen
Verschiffungsplatz oder Bahnhof gefahren wird, für
die Bewohner und die Industrie der Grenzbezirke
zollfrei sein sol. — Die in erster Lesung be—⸗
ichlossene Zollerhöhung auf rohe und grobe unge«
ärbte Böticher⸗, Drechsler- und Tischler- und blos
gehobelte Holzwaaren, wurde von 5 auf 4 Mark
herabgesetzt.
Berlin, 6. März. Die Börsensteuer-Kom⸗
mission nahm die nach den Anträgen der Subkom
mission für Werthpapiere unter Ziffer I, 2 und 3
des Tarifs bezeichneten Art und Mengen solcher
Sachen oder Waaren jeder Art, welche nach dem
Bewicht, Maß oder der Zahl gehandelt zu werden
oflegen, mit Einzehntel pro Mille Stempel an. Die
Anträge Oechelhäuser's auf Skalenabstufung, sowie
Einzwanzigstel pro Mille Stempel für inländische
ind ausländische Staatspapiere wurden mit 12
gegen 6 Stimmen abgelehnt.
Berlin, 6. Maärz. Die Börsensteuer-Kom—
nission hat in ihrer gestrigen Abendsitzung den
Steuersatz von 10 pro Mille angenommen. In
hrer heutigen Sitzung beschäftigte sie sich mit den
Steuerbefreiungen und wurden diese auf alle unter
Tarifnummer 42a genannten Geschäfte, wie im Aus—
sande zahlbare Wechsel, ausländische Banknoten
rusländisches Papiergeld, ausländische Geldsorten
Zahlungen an ausländischen Plätzen in fremden
VBaluten und ungemünzies Gold und Silber, aus⸗
gedehnt. Befreit sind ferner alle Geschäfte unter
500 Mk. und Waarengeschäfte unter 5000 Mk
Ausland.
Paris, 6. März. Bei dem gestrigen Em—
ofang des diplomatischen Korps bei dem neuen
Botschafter Spaniens, Cardenas, waren die Erör⸗
erungen zwischen Bismarck und Lord Granville
ind der drohende englisch⸗russische Konflikt Gegen—
tand aller Unterhaltungen. Es machte sich aber
die allgemeine Ansicht geltend, daß die Beziehungen
wischen Berlin und London bald wieder die alten
sein würden und daß bezüglich Afghanistans keine
ernste Verwickelung zu befürchten sei, zumal bie
Mächte nicht verfehlen würden, nöthigenfalls ver⸗
mittelnd einzutreten. — Mehrere Deputirte haben
ein Amendement zum Rekrutirungsgesetz eingebracht,
vonach alle in Frankreich geborenen Ausländer,
falls der Vater selbst schon in Frankreich geboren
der bei der Geburt seines Sohnes länger als drei
Jahre in Frankreich ansässig gewesen, ihrer Militär⸗
pflicht genügen müssen.
Rom, 5. Marz. Anlaßlich des Geburis⸗
ages des Papstes fand gestern bei Jacobini ein
iplomatisches Diner slatt. Den Toast auf den
Papst brachte Graf Paar aus, während Jacobini
zvuf die Souveräne und die Oberhäupter der
Ztaaten toastirte, deren Verireter bei dem papst⸗
ichen Stuhle in der Lage seien, den heilsamen Ein⸗
luß des Papstes auf die christliche Gesellschaft zu
vürdigen.
London, 5. März. (Unterhaus.) Gorst
kündigt an, er werde demnächst die Aufmerksamkeit
)»es Hauses auf die erhöhten Kosten der Jnsel
»elgoland und deren geringen Werth für England
20 Jahrg.
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lenken, sowie eine Adresse beantragen, welche die
seönigin ersuche, die deutsche Regierung zur Ueber⸗
nahme der Insel aufzufordern. (Heiterkeit.)
London, 6. März. Der meist gut unter⸗
cichtete „Standard“ erfährt, daß die Regierung
durch Meinungsaustausch mit dem Grafen Herbert
Bismarck befriedigt sei. Das Blatt hofft von dem
Meinungsaustausch Beiseitigung der Differenzen
und Herstellung freundschaftlicher Beziehungen mit
Deutschland. — Ferner hört der „Standard“, daß
er russische Botschafter beauftragt worden sei, den
Wunsch nach freundschaftlicher Verständigung mit
kngland auszudrücken. Der russische Befehlshaber
in Zentralasien sei angewiesen, von einem weiteren
Borgehen abzustehen; es bestehe nur die Besorgniß,
»b die Turkomanen unter hinreichender Kontrole
ꝛeinen Zusammenstoß mit den Afghanischen Vorposten
erhindern.
Lo? ale und proczioche Nachrichten.
* St. Ingbert, 7. März. Unter dem
Heutigen haben wir die bei der Expedition unseres
Blattes eingelaufenen 4 Mark für die durch das
Erdbeben verunglückten Spanier an Herrn Dr. v. Ehr⸗
hardt J. Bürgermeister in München abgehen lassen.
— Blieskastel, 8. März. Gestern waren
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zwei Jahren wohl geruht hat, wieder beisammen,
im den Verein neu zu beleben. Bei dieser Ver⸗
ammlung zeigte sich, daß die noch dem Verein
ingehörigen Mitglieder sehr warm für die Sache
intreten, wie sie es ja auch mit den bis vor zwei
Jahren verabreichten Unterstützungen bewiesen haben.
Dda im Laufe des kommenden Sommers eine Zu⸗
ammenkunft der Krieger der Feldzüge 1866 und
1870,71 aus dem Westrich zu Blieskastel veranstaltet
werden soll, so wurde beschlossen, bei dieser Feier
Alles aufzubieten, um den zum Feste sich sammelnden
Ktriegern einen schönen Tag zu bereiten. Möge es
unserem alten Stadtschen Blieskastel vergönnt sein,
die Helden und Kämpfer aus der Westpfalz recht
fröhlich beisammen zu sehen.
— Weisenheim a. B., 4. März. Von
dem Werthe hiesiger Obstländereien gab dieser Tage
ein Verkauf Zeugniß, welcher für 28 Dezimalen
Kirschenstück nicht weniger als 1690 M. erbrachte.
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— Ludwigshafen, 5. Mäaärz. Vargestern
rüh stürzte die an einem Seitenbau des Höcker⸗
chen Hauses, neben der Wirthschaft Hinkel, ange⸗
zaute zweistöckige Waschküche zusammen. Drei Ar⸗
zeiter, die dort schliefen, waren durch ein vorher⸗
gegangenes Krachen und Schieben der Wände ge—⸗
warnt und retteten sich. — Bei einer dieser Tage
in Freisbach stattgehabten Minderversteigerung von
Bauarbeiten wurden bei der Zimmermannsarbeit
30, bei der Tüncherarbeit gar 47 pCt., sage
ebenundpierzig Prozent. abgeboten.
W Bermischtes.
fF Fotbach, 5. März. Der hiesige Krieger⸗
Verein hat der „Forb. Ztg“ zufolge beschlossen,
vie im vorigen Jahre am Vorabend des Geburts⸗
estes Sr. Majestät des Kaisers einen Fackelzug zu
yeranstalten und die anderen hier bestehenden Ver—⸗
eine zur Betheiligung einzuladen.
F Darmstadt, 5. März. Die Regiecung
erklärte sich in der Zweiten Kammer auf eine An—
frage Reinharts bereit, der Erbauung einer stehen⸗
den Brücke bei Worms nach der Verständigung
mit der hessischen Ludwigsbahn näher zu treten.