Full text: St. Ingberter Anzeiger

ir von solcher Stelle mitgetheilt, daß 
srinw Authenticität verbürgen tönnen. Im 
Nfe der verflossenen Woche fand sich der Wagen 
* Feldmarschalls nicht vor dem Reiaͤstagsge⸗ 
aude, als er dasselbe verließ. Graf Moltke nahm 
uher eine Droschke erster Güke, die ihn bis zu 
dem Generalstabsgebäude brachte. Graf Moltke 
tieg aus und wollte eben dem Drojchkenkutscher 
die verdiente Mark hinreichen, als dieser schon fort 
sauste, indem er im Umdrehen zurückrief: „War 
ir eine große Ehte, Herr Feldmarjschall!“ Moltike 
hatte das Nachsehen; indessen gehört er zu den 
Fenigen Fahrgästen in Berlin, die sich von dem 
Zutscher eine Marke beim Einsteigen geben lassen, 
zuch hierin sich genau an die „Vorschriften“ haltend. 
An der Hand dieser Marke ließ nun Moltke den 
Droschkenkutscher ausmitteln und übersandte ihm 
vor seiner Abreise nach der Riviera seine Photo— 
graphie mit der Aufschrift: „Seinem Droschken⸗ 
uhrer.“ 
J Ges Kindes Engel.) Eine erschütternde 
Sene spielte sich vor 3 Tagen in Berlin in 
Bülowstraße ab. Das etwa drei Jahre alte 
cZöhnchen der Schuhmacherswittwe K. hatte sich, 
ue Unsitte älterer nachahmend, an einen des Weges 
dommenden Rollwagen angehängt, um eine Strecke 
mitzufahren. Da die Pferde im Schritt gingen, 
jo achtete Niemand auf den kleinen Wagehals. 
An der Ecke der Culmstraße machte auf einmal der 
— V 
im besser umbiegen zu können. Durch den plötz— 
uchen Ruck verlor der Kleine seinen Halt und fiel 
zufs Pflaster. Da er sich nicht sogleich wieder er—⸗ 
seben konnte, so gerieth er unter der Wagen, und 
dinterrad und Vorderrad gingen über ihn weg. 
Währenddem stand die Mutter des Kindes, von 
Fntfetzen gelähmt, nicht weit davon und sah hände⸗ 
tingend und jammernd dem grausigen Schauspiel 
zu. Vorübergehende riefen den Kutscher an, zu 
halten, allein das Gerassel des schweren Wagens 
aͤbertönte ihre Stimme. Der Kutscher, der nichts 
gehört und nichts bemerkt hatte, peitschte jetzt seine 
sferde, dieselben zogen an, wieder vorwärts, und 
che Jemand hinabspringen und das Kind wegreißen 
tonnte, gingen zum zweiten Male die Räber des 
Wagens, der jetzt in die Culmstraße einbsg, über 
den Knaben hinweg. Einige Passanten sprangen 
aun hinzu und hoben das verunglückte kleine Wesen 
empor, nicht anders vermeinend, als daß ihm jedes 
Glied im Leibe zermalmt sei. Wie erstaunt waren 
sie daher, als sie bemerkten, daß der Knabe allem 
äußern Anschein nach unverletzt davon gekommen 
war: die Räder des Wagens waren nur über die 
leider des Kindes hinweggegangen, ohne den 
örper desselben zu berühren. Man brachte den 
stnaben seiner Mutter, die weinend und überglücklich 
den „nichtsnutzigen Jungen“ in ihre Arme ichloß 
uind mit ihm davon eilte. 
FWien, 10. März. Eine für die kirchlichen 
FEhefragen in ganz Europa prinzipiell bedeut⸗ 
jame Mittheilung kommt aus Rom: Papst Leo soll 
einer Katholikin in Paris, Fräulein Blanche ECastrone, 
Tochter der Gesangsprofessorin Marchesi, Dispens 
extheilt haben zur kirchlichen Trauung mit Baron 
Alexander Popper aus Wien, der Jude ist, ohne 
einen Religionswechsel. 
Die Kaiserin Eugenie hat ein Buch 
über Erinnerungen aus ihrem Leben geschrieben, 
welches diese Ostern erscheinen soll und viel Inte⸗ 
xessantes enthalten wird. 
fParis, 11. März. Das meteorologische 
vureau des „New⸗Hork Herald' meldet, daß ein 
zeftiger Wirbelsturm, dessen Mittelpunkt heute bei 
Halisax lag, sich über den Atlantischen Ocean be— 
wegt; derselbe werde wahrscheinlich gegen den 14. 
bis 16. die Küsten von Gioßbritannien, Frankreich 
und Norwegen erreichen. 
fGOer Romanseines Mörders.) Ver. 
Jangenen Montag begann vor den Pariser Ge— 
horenen der Sensationsprozeß, betreffend die 
Etmordung der Mutter der beiden Ballerich durch 
inen gewissen Jahrmarkt ˖ Herlules Gamahut und 
eine Spießgenossen. Jetzt erfährt man, daß der 
vilde Chef der Diebsbande vor acht Jahren als 
D Trappisten⸗Pater in der Grande⸗Trappe aufge— 
iommen wurde und den Klosternamen P. Triburce 
We Schon zwei Monate später riß er aber 
—9* irrte den Sommer und Herbst über herum, 
e im Winter reuig in die Klausur zurück und 
Ehm nach überstandenen Bußübungen den Namen 
Sanislas, unter welchem er, sobald der Lenz 
ieder ins Land kam, sich von Neuem, diesmal 
definitid, aus dem Staube machte. Das Kloster⸗ 
seben mit seinen Kasteiungen war für den von 
draft, Gesundheit und Ausgelassenheit strotzenden 
soloß offendar nicht geschaffen. Aus dem Gefäng⸗ 
niß richtet nun Gamahut ein langes Schreiben an 
den Abt der Grande-Trappe, P. Thimothee, stellt 
sich dem frommen Mann als der Novize 1876, 
den eine Tante an die Klosterpforte geführt hatte, 
als der P. Triburce und Stanislas vor, der durch 
ieine Streiche die Ordensbrüder betrübt hat, schil⸗ 
dert sein Elend, seine ungestüme Jugend, seine 
Charakterschwäche, und hofft, seine einstigen Brüder 
verden sich seiner in ihren Gebeten erinnern. Er 
derspricht, als reuiger Christ zu sterben, wenn er 
um Tode verurtheitt wird, und rechtschaffen seine 
zchuld abzubüßen, falls er am Leben gelassen würde. 
(„Der Mann von Sedan“.) Die Be. 
vohner der Stadt Sedan werden jetzt burch die 
Darstellung eines Theaterstücks erfreut, das nach 
den mächtigen Affichen „200mal mit großem Er— 
jolg in Brüssel aufgeführt worden ist“: „Der 
Maäann von Sedan oder die Märtyrer des Despo— 
ismus iu 5 Tableaurx“. Leztztere betiteln sich: 
das Schwert des Koisers; Die Opfer des 2. 
Dezember; 1870; Bazeilles; Die letzte Cartouche; 
In Belgien; Die Tyrannen rerfluchen, heißt die 
NRationen segnenn Die Uebergabe von 
Meetz; Die Republik, die Welt erleuchtend und den 
Mann von Scdan niederschmetternd. Unter den 
Personen figurirt „das Schattenbild Napoleons“. 
der Zulauf zum Theater ist groß. 
DerTodeines Heuden. Der Special— 
rorrespondent des „Daily Telegraph“, Herr Bur— 
leigh. beschreibt die Art, wie der tapfere Oberst 
Burnabay in der Schlacht von Abuklea seinen Tod 
zefunden hat, auf folgende Weise: „Oberst Bur— 
nabay, dessen ganzes Thun ich in einer Entfernung 
»on etwa 830 Yards beobachten konnte, ritt zur 
Front im Rücken der linken Flanke, dem Anschein 
dach, um zwei oder drei unserer Tirailleurs beizu— 
tehen, welche hart gedrängt auf das Carr zuliefen 
Ich glaube, es gelang Allen, bis auf einen Mann,. 
asselbe zu erreichen. Burnabay ritt mit dem 
Zäbel in der Faust zu diesem, um ihm zu helfen. 
Er sagte zu mir, daß er sein doppelläufiges Gewehr, 
hon dem er bei El⸗Teb gegen die Hadendowas so 
zut Gebrauch gemacht hatte, seinem Diener zu 
ragen gegeben habe. Uebrigens war Burnabay 
einer der schönsten Männer der britischen Armee, 
dabei eine wahre Hünengestalt von über 6 Fuß 
Höhe. Als der furchtlose Oberst auf einem ge—⸗ 
‚orgten Gaul — denn sein eigenes Pferd war am 
Morgen erschossen worden — vorwärts sprengte, 
tellte er sich einem Scheikh entgegen, der zu 
Pferde attakirte. Ehe der Araber herankam, strechkte 
lenselben eine Kugel von Einem aus unseren Reihen 
odt zu Boden. Die Speermänner des Feindes 
varen hart hinterdrein und einer stürzte auf Bur—⸗ 
abay los, indem er die lange Spitze seines Speeres 
jegen seinen Hals richtete. Sein Pferd anhaltend 
ind langsam mit demselben zurücweichend, lehnte 
ich Burnabay im Sattel nach vorne und parirte 
die raschen und wilden Stöße des Moslems, aber die 
ränge des feindlichen Speeres — acht Fuß machte — 
s8 ihm unmöglich, die mörderische Absicht des Ara⸗ 
zers mit Wucht zu erwidern. Ein⸗ oder zweimal 
zerührte der Oberst den Feind, aber nur um ihn 
noch hitziger zu machen. Die ganze Affaire war 
rur das Werk von drei oder vier Secunden, denn 
zie wilden Negerhorden von Kordofan und die 
Araber der Bajuda⸗Steppe mit ihren braunen Ge— 
ichtern waren bald hart an unserem Carré. Bur⸗ 
nabay focht wacker, gerade wie in einer Fechtschule, 
ind ein Lächeln schwebte auf seinen Zügen, als er die 
püthenden Stöße seines Feindes abwehrte. Di e 
Scene war mit einem Blick zu übersehen. Ein 
Araber, der einen der britischen Soldaten verfolgte, 
var fünf Schritie zu Burnabay's Rechten und in 
einem Rücken vorbeipassirt, als er sich mit einem 
lötzlichen Sprunge wandte und dem Obersten die 
Zpitze seines Speeres in die Schulter stieß. Es 
var“ nur eine leichte Wunde, aber sie reichte hin, 
daß sich Burnabay in seinem Sattel umwandte, 
um sich vor diesem unerwarteten Angriff zu ver⸗ 
heidigen. Bevor der Araber seinen Stoß wieder⸗ 
holen konnte — so nahe war die jetzt folgende 
Scene — sprang ein Soldat von der Front her⸗ 
hor und raunte dem zweiten Angreifer sein Schwert⸗ 
»ajonet durch den Leib. Als der Engländer seine 
Waffe zurückzog, drehte sich der wilde Araber um 
ind suchte ihn zu erreichen. Die Anstrengung 
var jedoch selbst für seinen wüthenden Christenhaß 
zu groß, der Rebell wankte und fiel. So kurz 
Burnabay's Blick rückwärts auf diese fatale Episode 
war, so war er doch lang genug, um den ersten 
Araber in Stand zu srtzen, seinen Speer mit voller 
Zraft in den Hals des tapferen Offiziers zu stoßen. 
Der Stich warf Burnabay aus dem Sattel, aber 
s war noch ein zweiter nothwendig, daß er die 
Zügel losließ und zu Boden stürzte. Ein halbes 
Dutzend Araber war sogleich um ihn. Trotz des 
in Ströhmen aus seinem durchbohrten Halse 
quellenden Blutes sprang der unerschrockene Offizier 
uuf und hieb mit dem Säbel in der Faust auf die 
vilde Gruppe ein. Es maren die wüthenden 
Ztreiche eines tapferen, schwer verwundeten Man⸗ 
nes, aber er wurde bald überwältigt und stürzte 
im letzten Todeskampfe zu Boden. Der helden⸗ 
müthige Soldat, welcher ihm zu Hülfe gekommen 
war, ist, wie ich fürchte, im Handgemenge ebenfalls 
erschlagen worden, denn obschon ich auf ihn Acht 
zab, sah ich ihn doch nicht mehr auf seinen Platz 
in den Reihen zurückkehren. 
Marktberichte. 
e Ensheim, 12. März. (Viktualienmarkt.) Butter 
»er!/2 Kilo 1 M. 10 Pf., Eier per Dutzend 70 Pf., 
Frühkartoffeln per 50 Kilo 5 M. 20 Pf. 
Zweibrücken, 12. März. (Fruchtmittelpreis und Vik⸗ 
ualienmartt.) Weizen O M. — Pf., Korn O M. — pf. 
Berste zweireihige O M. — Pf., vierreihige O M. — Pf. 
A 
— m. — Pf. Mischfrucht 0 M. — Pf., Hafer 8 M. 
07 Pf., Erbsen O M. — Pf., Wicken 8 M. — Pf., 
Heu 3 M. — Pf., Stroh J Qual 2 M. 40 Pf., II. Qual. 
1M. 80 Pf., Kartoffeln 1M 75 Pf., Weißbrod 1/3 Kilo 
51 Pf., Kornbrod 8 Kilo 62 Pf., Gemischtbrod 8 Kils 
77 Pf., paar Weck 90 Gr. 6 Pf., Rindfleisch J. Qual. 
60 Pf., II. Qual 56 Pf., Kalbfleisch 50 Pf., Hammel⸗ 
Jeisch 60 Pf., Schweinefleisch 50 Pf. Wein 1 Liter 80 Pf., 
Bier J Liter 24 Pf., Butter ,3 Kilogr. O M. 95 Pi. 
Homburg, 11. März. (Fruchtmittelpreis und Vittua⸗ 
lienmarkt, Weizen 9 M. 50 Pf., Korn 7 M. 80 Pf., 
Spelzkern — M. — Pf., Spelz 0 M. — Pf., Gerste 
dreihige O M. — Pf., Gecste A4reihige O M. — Pf., 
hafer 7 M. 67 Pf., Mischfrucht 8 M. 45 Pf., Erbsen 
— M. — Pf., Wicken — M. — Pf., Bohnen 0 M. 
— Pf., Kleesamen — M. — Pf., Kornbrod 6 Pfund 
33 Pf., Gemischtbrod 6 Pfund 75 Pf., Ochsenfleishh — Pf. 
Rindfleisch 530 Pf., Kalbfleisch 530 Pf. Hammelfleisch — Pf. 
Schweinefleisch 4«6 Pf., Butter 1 Pfund O M. 98 Pf., 
Zartoffeln per Zentner 1 M. 80 Pf. 
Kaiserslautern, 10. März. (Fruchtmittelpreis und 
Viktualienmarkt. Weizen 9 Mtk. 05 Pf., Korn 8 M. 
o9 Pf. Spelzkern — M. — Pf., Spelz 6 M. 47 pf., 
Berste 8 M. 50 Pf., Hafer 7 M. 83 Pf., Erbsen O M. 
— Pf., Wicken 0 M. — Pf., Linsen — M. — Pf. Klee⸗ 
samen — M. — vfsf. Schwarzbrod 6 Pfund 66 Pf., 
3 Pfd. 33 Pf., Gemischtbrod 3 Pfund 38 Pf., Butter pro 
Pfd. O M. 88 Pf., Eier per Dtzd. 72 Pf., Kartoffeln per 
Zentner 1M. 75 Pf., Stroh J. Qual. 2 M. 50 Pf., 
II. Qual. 2 M. 20 Pf., Heu vro CEtr. 3 M. — pjf. 
stleeheu 0O M. — Pf. 
* Demetz. 
Fur die Redaktion verantwortlib·⸗ 
Jittlinger Ziehung verschöben auf 31. Müärz! 
E⸗ ist leider zur traurigen Thatsache ge— 
worden, daß erst dann das Publikum sich 
Loose kauft, nachdem die Ziehung verschiedene 
Male verschoben war. Durch dieses Zu— 
warten mit dem Ankaufe von Loosen ist aber 
das Unternehmen gezwungen wiederholt zu 
yerschieben. 
Die Tittlinger kath. Kirchenbau⸗-Lotterie 
spielt bei der kleinen Anzahl von 225,000 
Loosen bereits 11,000 baare Geldge⸗ 
winne in der angesehenen Höhe von 
151,500 M. mit Haupttreffern von 60.000 
Mark, 30,000 M., 5000 M. und vielen 
anderen Mittelgewinnen aus und ist somit 
günstiger in ihren Chancen als die meisten 
bisherigen Lotterien. 
Unterzeichnete Kirchenbderwaltung gibt nun 
bekannt, daß die Ziehung der Tittlinger kath. 
stirchenbau⸗Lotterie 
endgiltig auf 31. März 
oerschoben und unter allen Umständen unter 
notarieller Leitung im nördlichen Schrannen⸗ 
pavillon zu München stattfinden wird. 
Mögen deßhalb Viele durch Ankauf von 
Tittlinger Loosen 22 Mark das schöne Unter⸗- 
nehmen fördern helfen. 
Tittling, den 14. März 1885. 
Die kath. Kirchenverwaltung: 
M. Muggenthaler, Pfarrer, Vorstand.