Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert.
See eòeô —————
Der St. Ingberter Anzeiger“ erscheint wochentlich fünfmal: Am Montag, Dienstag, Donnerstag, Samstag und Sonntag; 2mal wöchentlich mit Unterha ltu
Olatt und Sonntags mit Sseitiger illustrirter Beilage. Das Blatt kostet vierteljährlich A 60 4 einschließlich Tragerlohn; durch die Post bezogen 1.4 75 4, einschließl
40 — Zustellungsgebuhr. Die Einrückungsgebühr fur die 4gespaltene Garmondzeile oder deren Raum betragt bei Inseraten aus der Pfalz 10 —, bei außerpfälzischen und solche
auf welche die Sryedition Auskunft ertheilt. I5z 4. Meclamen 30 4. Bei 4maliger Einrückung wird nur dreimalige berechnet.
—
Dienstag, 17. März 1888.
20 Jahrg.
π
Bolitische Uebersicht.
An eine Betrachtung über den Eindruck
der Rede, welche der Kanzler am Freitag im
Reichstag gehalten hat, knüpft die , Post“ folgende
zeheimnißvolle Sätze, die heute in der „N. A. 8.“
abgedruckt werden:
„Niemals ist ein Volk auf parlamentarischem
Wege zu einer vollständigen Verfassung gelangt.
Frankreich kämpft um seine Verfassung veingahe
qundert Jahre. Der englische Verfassungskampf
zieht sich durch das 17. Jahrhundert. Wir können
die deutsche Berfassungsbildung erst seit 1866 da—
uren, dürfen uns aber allerdings nicht verhehlen,
daß eine große und sichere Stellung in der aus⸗
värtigen Politik bei der geographischen Lage Deutsch⸗
lands und bei der heutigen Weltlage überhaupt un⸗
oereinbar ist mit der Fortdauer sich fruchilos durch
eine lange Periode hinziehender innerer Kämpfe.
Wir glauben, daß nur ein außerordentliches Mittel
diesen Zustand abkürzen, der nicht nur für unsere
xute erlangte Stellung, sondern selbst sür unsere
kristezz im höchsten Grade gefährlich ist. Wir
zlauben aber, daß die Parteizerrissenheit im Volke
viel geringer ist als in den Parlamenten. Wir
Jlauben andererseits, daß das Volk, bei der Unent⸗
schiedenheit aller inneren Fragen zur Entscheidung
derselben an die Urne des allgemeinen Stimmrechts
berufen, nicht anders kann, als den Losungen des
jerrissenen Parteiwesens folgen. Eine große Füh⸗
tung, einen zusammenhängenden Plan, einen durch
unere Harmonie befriedigenden Abschluß seines Ver⸗
faffungswerkes würde das Volk mi Befriedigung
empfangen, ohne sich in der Aufnahme durch den
Widerstand des Parteigeistes beirren zu lassen, ohne
dem Ruf dieses Geistes zur Unterstützung des Wider—⸗
tandes zu folgen.“
Wie der befriedigende Abschluß des Verfassungs-
werkz, den das Volt gern empfangen würde, zu
trzielen sein soll, das bleibt dumel. An einen
Staatsstreich, überhaupt an ungesetzliche Schritte
wird die „Post“ nicht denken. Auf gesetzlichem
Wege kann aber die Verfassung nur ausgebaut wer⸗
yen unter Mitwirkung des Reichstags. Auf einen
n ihrem Sinne willfährigen Reichstag rechnet aber
wiederum die „Post“ nicht, denn sie sagt, wenn
das Volk an die Urne de— allgemeinen Slimmrechts
erufen werde, „so könne es nicht anders, als den
sungen des zerrissenen Parteiwesens folgen.“ Es
aleibt nur übrig, den Ton auf das allgemeine
Stimmrecht zu legen. Aber auch dieses zu be—
eitigen wird schwer gelingen. Vorausgesetzi dazu
teine konservalive Majorität, da bekanntlich das
Zentrum auf das entschiedenste für das all gemeine
ztimmrecht einttin
Arbeiter, die bisher unter der allgemeinen Annahme
gelitten hatte, daß er vorläufig doch nicht zu
Stande kommen werde. Auch auf diesen Gesetz⸗
entwurf gedenkt die Regierung keineswegs für die
zegenwärtige Session zu verzichten, und der Reichs-
lag wird sonach nicht umhin können, auch mit
diesem Gegenstand sich noch ernstlicher, als es bis⸗
her der Fall gewesen, zu befassen.
einzige Ausnahme von der Regel bildet die englische
Baptisten Niederlassung von Viktoria in Ambas
Bay, die geographisch innerhalb der deutschen
Grenzen fallen, würde, jedoch unter dem Schuͤtze
Englands bleibt. Die Abmachung überweist Eng-
and den werthvollen Distrikt des Nigers und die
Oelflüsse. Deutsch werden die Territorien sein,
—D —
worten wollen, um sie dem Deutschen Reiche zu
entziehen.
Der Präsident des Reichstags beabsichtigt, am
27. März, am Tage vor Palmsonntag. eine Ver⸗
sagung des Hauses eintreten zu lassen. Da jedoch
im 25. März des katholischen Feiertages wegen
die Sitzung ausfallen muß, so wird in Anregung
gebracht werden, die Vertagung schon am 24. Närz
beginnen zu lassen, und es ist anzunehmen, daß
das Haus in diesem Sinne beschließen wird.
Ausland.
Konstantinopel, 11. März. In Hediaz
find vom Mahdi erlossene Proclamationen saisirt
worden. In denselben erklärt der Mahdi, daß die
Jeit für die Wiederherstellung eines arabischen
dönigreiches erschienen sei, daß die Türken nicht
besser als Ungläubige seien und aus Arabien ver—
krieben werden müßten; daß seine Mission des Er—
folges sicher sei und daß die Araber vorbereitet
sein müßten, in seiner Sache zu kämpfen, wenn er
das Signal dazu gebe. Er fügt hinzu, daß die
Zeit für ein solches Signal noch nicht gekommen
jei, aber mittlerweile müßten die Vorbereitungen
rüstig betrieben werden. Die Gouverneure don
Hedjaz und Yemen haben in Folge der gewaltigen
Bährung, welche diese Proclamafonen unter der
Bevölkerung von Türkisch-Arabien erzeugt haben,
die Pforte dringend um Truppenverstärkungen ersucht.
London, 14. März. Den letzten beim Aus—
wärtigen Amte eingegangenen Nachrichten aus Af⸗
ghanissan zufolge befindet sich Penjdeh noch im
Besitze der Afghanen und die Russen sind nicht
über Puli-Khatum und Akrabat hinaus vorgerückt.
Sie halten aber die letzteren beiden Platze besetzt.
London, 16. Marz. Der Prinz von Wales
und der Herzog von Edinburg setzten ihre Abreise
nach Berlin auf Mittwoch Abend fest. Prinz Al⸗
bert Viktor, altester Sohn des Prinzen von Wales,
reist mit.
London, 16. März. Die „Times“ sagt,
die Reise des Prinzen von Wales und des Herzogs
von Edindburg nach Berlin, nachdem die Beilegung
»er diplomatischen Differenz glücklich stattgefunden
jat, bilde eine opportune Bestätigung der That—
ache, daß zwischen England und deusschland keine
Frage vorhanden sei oder entstehen dürfle, welche
aationale Feindseligkeiten erwecken könnte. Gegen—
vartig, wo Deutschland eine Kolonialmacht sei, sei
es womöglich noch wichtiger als je, daß unglück-
liche Vorkommnisse wie die jungsten. nicht wieder⸗
eintreten würden.
Kairo, 16. Marz. Nachrichten aus Kassala
zufolge, welche in der letzten Nacht von Suakin
eingetroffen und vom 16. Februar datirt sind,
var die Stadt damals nicht genommen. In
Sualin war zwar das Gerücht von der Einnahme
Kassalas verbreitet, dasselbe aber nicht bestäligt
vorden. Auch über angebliche Niedermetzelung der
Barnison ist hier nichts bekaunt.
Newyortk, 16. März. Mehrcre nordameri—
anische Kriegsschiffe erhielten wegen der durch den
Präsidenten Barrios im Guatemale herhorgerufenen
Der Afrikareisende E. R. Flegel ist
don Hamburg, wohin ihn die Vorbereitungen für
seine neue Reise gerufen hatten, wieder nach Berlin
zurückgekehrt. Er gedenkt, da ihm jetzt reichlich
Geldmittel für eine neue Tour in das Benuegebiel
zur Verfügung stehen, in den nächsten Tagen
Berlin zu verlassen. Zunächst wird er einen mehr—
vöchentlichen Aufenthalt auf Madeira nehmen, um.
»a er immer noch angegriffen ist, seinen Körpen
aillmälig an das südliche Klima zu gewöhnen
Zeine beiden schwarzen Freunde Maduga und
Don Tambari werden ihn dorthin begleiten. Auf
einer Tour in Afrika wird der Reisende nach ge—
tauerer Durchforschung des Benue-Gebietes und
Anlage von Handelsstationen den Congo zu er—⸗
eichen versuchen. Mehrere Gelehrte werden sich
derrn Flegel auf seiner Reise anschließen, unter
Andern ein junger Ornithologe Herr Hartert aus
Wesel.
Wie man hört, ist dieser Tage zwischen
Lüderitz und einem Consortium, zu dessen
Ditgliedern u. A. der Abg. Hammacher gehört,
ein Uebereinkommen wegen Uebernahme des Besitzes
des genannten Herrn in Angra Pequena zu
Stande gekommen. Die neue Gesellschaft dürfte
ihr Augenmerk zunächst auf die Ausbeutung der
nontanen Schätze des Landes richten.
Deutsches Reich.
München, 15. März. An Stelle des zum
Fommandeur des 1. Infanterie⸗Regiments designirter
erzeitigen Personalreferenten im Kriegsminisferium,
Oberstlieutenant Frhrn. von Asch, wird, dem Ver—
iehmen nach, der dermalige Referent für allgemeine
Urmee ˖ Angelegenheiten, Major à la suite des
Beneralstabes Frhr. von Zoller, treten. Diese beiden,
sowie eine Reihe anderer Personalveränderungen in
der Armee dürften aber erst gegen Ende des Monats
verwirklicht werden.
Berlin, 15. März. Das zwischen dem
Brafen Herbert Bismarck und Lord Granville in
dondon vereinbarte Abkommen besteht der „Daily
News“ zufotge in der Feststellung einer endgiltigen
Grenzscheide zwischen den Protektoraten Englands
ind Deutschlands am Kamerun. Das ganze zwischen
dem Ro del Rey und Lagos gelegene Territorium
vird unter englische Oberhoheit gestellt und Fürs'
Bismarck läßt jeden Anspruch auf ein Proteltora
lüber irgend einen Theil des Territoriums, innerhallb
dessen Grenzen die deutsche Flagge aufgehißt worden
'allen. Andererseits überläßt Lord Granville dem
»eutschen Protektorat einen Streifen Gebirgsküste,
er auf der anderen Seite der Grenzscheide liegt.
Diese Abmachung bezweckt die Beseitigung der Un⸗
»equemlichkeit, die entstehen dürfte, falls Gebiets—
enclaven unter britischer beziehungsweise Deutscher
Oberhoheit in den zu dem Protektorat der anderen
Macht gehörigen Grenzen mit eingeschlossen werden,
owie ferner die Herstellung einer klaren und scharf
narkirten Abtheilungslinie zwischen denselhen. Die
Die weitverbreitete Annahme, daß die Regierung
uuf die Börsensteuerbn a ge geringen Werti
ge und für diese Session darauf verzichten werde,
wie man aus Berlin schreibt, durchaus nicht
utreffend. In den Kreisen der Börsensteuerkom—
nission herrsot kain Zweifel, daß die Kegierung
ile Anstrengungen machen wird, das Geseß noch
n dieser Sesfion zu bringen. Darauf weisi auch
die Berufung des Staatsraths zur Berathung dieser
Angelegenhen hin. Es wird somit nach Ostern
—A— Erledigung des Gesetzentwurfs im
eichstag gegangen werden. Ebenso verhält es
ig auch mit dem Entwurf über die Unfall—
ersiche runa der land. und forstwirbschafniche