Full text: St. Ingberter Anzeiger

die Betäubten dem sicheren Tode zu entreißen. Die 
zanze Familie befindet sich noch in ärztlicher Be— 
ng. 
hardunanchen— Die Frau eines hiesigen Be— 
amten untersuchte, wie allmorgendlich, so auch neu⸗ 
lich die Taschen ihres Gemahls. um, da sie ihn 
für untreu hielt, nach etwaigen Beweisen zu forschen. 
Zie fand nun in dessen Brieftasche ein Couvert 
mit der Photographie eines Frauenzimmers, welches 
sie nun fammt dem übrigen Inhalt des Couverts, 
im das Bild einer Nebeubuhlerin zu dernichten, 
sofort in's Feuer warf. Als ihr Cheliebster auf— 
wachte, war sein Erstes, da er in der Nacht spät 
nach Hause gekommen war, seiner Frau zu erzählen, 
daß er am vorhergehenden Tage von seiner ver— 
heiratheten Schwester einen Brief nebst deren 
pᷣhotographie und einer 100-Dollar-Note erhalten 
habe. Da er den Brief nicht mehr vorfand, mußte 
seine Frau wohl oder übet den wahren Sachver⸗ 
halt erzählen und munkelt man, daß sie nunmehr 
nit den deutlichsten Beweisen der darauffolgenden 
Auseinandersetzung herumgeht. 
Thannenkirch, 18. März. Eine gräß⸗ 
uche Mordthat ist gestern Abend hier verübt wor⸗ 
zin. Der Vater eines gestellungspflichtigen jungen 
Moannes Namens Traiber hatte anläßlich der Muster⸗ 
ung seines Sohnes mehrere Bekannte zum Trunk 
eingeladen. Spät Abends gerieth Einer davon in 
Zank mit einem Anderen. Der Joseph Marschall, 
an Bekannter von Traiber, stellte sich mit geladenem 
ewehr dem Keller in deu Weg und schoß ihn 
mitten auf die Stirne. Keller blieb sofort todt 
—000— 
hat ihn die Gensdarmerie noch nicht ermitteln kön— 
en. Der Erschossene ist derselbe, der vor 2 Jahren 
dem Förster auf Forsthaus Mittelberg eine Kuh 
gestehlen hatte; der Mörder ist ouch ein bestraftes 
Subjekt, das erst vor einigen Jahren in Rappolts- 
weiler wegen Sachbeschädigung wieder angezeigt 
vorden war. 
Darmstadt. (Wos sich liebt, neckt sich.) 
kin kleiner Schelmenstreich hat in den letzten Wochen 
zu einer Neckerei zwischen der Prinzessin Beatrice 
von England und ihrem Bräutigam, dem Prinzen 
von Battenberg, geführt. Die sehr religiöse Prin— 
nessin hatte den Befehl gegeben, daß die für ihre 
Ausstaftung bestimmten Tischtücher, Servietten und 
handtücher statt Krone und Monogramm fromme 
Vibelsprüche tragen sollen. Nun aber ist die Zahl 
der Wäschestücke weit größer, als jene der passenden 
Sprüche; die Prinzessin wandte sich in diesem Falle 
an den Bräutigam und derselbe bot sich sofort an, 
mit heiligen Sentenzen in lateinischer Sprache aus— 
zuhelfen. Thatsächlich sandte er eine Sammlung 
solcher, welche sofort in Arbeit gegeben wurde — 
doch, o Schrecken, die Wäsche zeigt jetzt in blauer 
und rother Farbe Anfangszeilen der allerprofansten 
Studentenlieder.“ Die Prinzessin schmollt ein wenig; 
doch bei Hofe amusirt man sich köstlich über den 
gelungenen Scherz. 
F In Trier belustigten sich neulich einige 
Mädchen mit Seilspringen, als plötzlich einem der⸗ 
selben ganz schwindelig wurde und Krämpfe bekam. 
Der Arzt konstatirte eine Darmverschlingung. Ob 
diese erneute thatsächliche Warnung Beachtung finden 
wird. 
*(Professor Frerichs und Bis— 
marck.) Der berühmte, am Samstag gestorbene 
Pathologe war vor etwa dritthalb Jahren, als sich 
der Gesundheitszustand des Fürsten Bismarck sehr 
chlimm gestaltete, zu einer Unterfuchung des Lei— 
denden veranlaßt worden. Sein Urtheil, welches 
sich bis jetzt vollauf bestätigt hat, wurde damals 
deröffenttlicht, es ist aber vielleicht von Interesse, 
es noch einmal zu wiederholen. Frerichs konsta⸗ 
sirte, daß das Befinden des Reichskanzlers zu 
keinerlei ernsten Befürchtungen Anlaß gebe; Ischias 
und Tic douloureux seien nur Theilerscheinungen 
iner nervösen Ueberreizung, die Fürst Bismarck 
iich durch Ueberanstrengung zugezogen habe. Allein 
zum Glücke besitze der Fürst eine unverwüstliche 
donstitution und sei ein Mann von altem, knor⸗ 
tigem Stamme, der noch leistungsfähig sein werde, 
denn manche seiner jungen Minister — die Herren 
Staatsminister v. Bötticher und Burchard waren 
»amals beide erkrankt — längst abgearbeitet und 
»erbraucht sein würden. „O, ich kenne den Fürsten 
eit einer Reihe von Jahren,“ sagte Frerichs, „ich 
habe ihn schon im Jahre 1830, als ich noch in 
diet Professor war, behandelt und daher ist mir 
ine Konstitution gar wohl bekannt. Der Reichs- 
zanzler hat wahrhaft eiserne Nerben und an eine 
rebensgefahr ist bei ihm gar nicht zu denken. Ich 
habe ihm gesagt, daß er noch wenigstens zwanzig 
Jahre leben wird.“ 
F (Ermordung eines Diplomaten.) 
zIn Rotterdam hat sich in der Nacht zum 
Montag ein düsteres Drama abgespielt. Es wird 
uins des Weiteren darüber geschrieben: Der ja— 
»anische Geschäftsträger bei der niederländischen 
stegierung, der Legationssekretär Sakurada, wurde 
im Bett von seiner Geliebten erschossen. Vor 
einiger Zeit lernte Sakurada, ein Mann Anfangs 
der Vierziger, welcher früher in Brüssel attachirt 
war, eine junge Belgierin kennen. Es war ein 
hildschönes, blondes, neunzehnjähriges Mädchen, 
ie Tochter eines Arbeiters. Dem jungen Tinge 
chmeichelten die Aufmerksamkeiten des vornehmen 
Japanesen, obgleich derselbe bei aller Liebenswür⸗ 
digkeit ein Gegentheil europäischer Schönheit und 
»on ausgeprägtem japanischem Typus war. Sie 
eine hochgewachsene schlanke Blondine, er ein kleiner 
unansehnlicher und schwächlicher Knirpo. Die 
unge Belgierin folgte ihrem Liebhaber nach dem 
daag und wurde hier von ihm eingemiethet. Wäh— 
rend sie sich einredete, ihr ostasiatischer Freund werde 
ie später heirathen, kühlte sich sein Liebesfeuer 
illmälig so weit ab, daß er eines Tages ihr die 
Freundschaft aufsagte. Stürmische Szenen folgten, 
n deren Verlauf die Belgierin erfuhr, daß ihr 
Ungetreuer bereits verheirathet und Vater mehrerer 
rinder sei. Von dem Augenblicke an scheint ihre 
stachsucht entflammt worden zu sein. Sakurada 
rat eine Reise durch Holland an, die betrogene 
Belieblse, begleitet von ihrem kleinen Bruder, der 
ils ihr Diener auftrat, verfolgte ihn. In Gouda 
erwischte sie den Ungetreuen am Bahnhofe. Aeußer⸗ 
lich schien darauf eine Aussöhnung zu erfolgen. 
Das Paar fuhr unter Austausch von Zärtlichkeiten 
nach Rotterdam. Hier gab das Mädchen im Bei⸗ 
ein ihres Liehhabers nach einen Geldbrief mit 
»mnigen tausend Franks an ihre Verwandten in 
Belgien auf die Post. Dann nahmen Beide 
stachtquartier in einem vornehmen Rotterdamer 
Hotel. Um Mitternacht wurden die Kellner durch 
unen Schuß aufgeschreckt. Man drang in das 
zimmer und fand den japanischen Geschäftsträger 
Zakurada blutbedeckt im Bett liegen. Die jugend— 
iche Mörderin hatte ihm den Revolver an die 
rechte Schläfe gesetzt und mit einem Schuß das 
dirn zerschmettert, er war alsbald todt. Dann 
var sie aufgesprungen und hatte versucht mit einem 
Dolch sich die Pulsadern aufzuschneiden. Ihre 
igenen Verletzungen waren indeß nur leicht. Eine 
nerkwürdige Koketterin äußerte die völlig ruhig ge⸗ 
liebene Thäterin noch dei ihrer Verhaftung. Da 
ie festgehalten wurde, wischte ihr ein Polizist das 
lutbefleckte Antliiz mit naßgemachter Hand ab. 
Sie weigerte sich darauf, das Zimmer zu verlassen, 
venn ihr nicht die Wangen bepudert würden. 
Ddie Waffen hatte ihr Tags zuvor der noch un⸗ 
nündige Bruder besorgt. Beweggrund der That 
cheint weniger Eifersucht als gekränkte Eitelkeit. 
Baltimore, 28. Februar. Am lezzten 
Samstag hielt der berüchtigte Anarchist Johann 
Vdost von NRew-York eine Rede in der Turnhalle. 
Das Lokal war gut gefüllt. Das Auditorium zer— 
fiel in Neugierige, in Gesinnungsgenossen des Most 
und in Anhänger der gemäßigten Sozialisten, weiche 
die Anarchisten bekämpfen. Most ließ eine seiner 
Jewöhnlichen Morde und Brandreden vom Stapel, 
n welcher er die irischen Dynamiter zu rechtfertigen 
uchte, alle Attentäter und Furstenmörder der neuern 
Zeit verherrlichte, „Könige, Grafen, Herrscher und 
apitalisten“ ein über das andere Mal als Schurken 
jezeichnete, und die amerikanische Republik als einen 
kolossalen Schwindel“ hinstellte, in der es erst er⸗ 
räglich werde, wenn das Volk die 2000 Millionäre 
nuf die Seite geschafft hätte. Zur Abschaffung aller 
lebelstände gebe es ein Heilmittel, das Dynamit, 
velches sich sehr leicht bereiten lass.. Most gab 
ann eine genaue Beschreibung der Anfertigung von 
Dynamit und wollte offenbar jeden seiner Zuhörer 
ewegen, mit diesem gefährlichen Spreugstoffe Ver— 
uuche anzustellen. Zum Schlusse sprach er aller 
Moral Hohn, indem er in cynischer Weise seinen 
Begnern jedes Sittlichkeitsgefühl absprach und dann 
nit frecher Stirn bekannte, daß er auch gar keinen 
Ansptuch auf Moralität erhebe. Bei den blutdürst⸗ 
igsten Kraftstellen in der Rede wurde immer lebhaft 
applaudirt, und was am meisten auffiel, war der 
Umstand, daß viele ganz harmlos aussehende junge 
Manner, allem Anscheine nach Fabrikarbeiter, sich 
urch Beifallklatschen hervorrthaten und dadurch sich 
als Gesinnungsgenossen des Anarchisten bekundeten. 
Als die Mord und Beandrede beendet war, ergriff 
ein Sozialist das Wort und behauptete, daß er 
Augeuzeuge gewesen sei, als Most sich in einer Ver⸗ 
sjammlung zu New-PYork, als großer Feigling er— 
vies, dem jeder persönliche Muth mangele. (Er 
jatte sich bei der Auflösung und der zugleich statt⸗ 
iindenden Prügelei hinter einer Fenstergardine ver— 
teckt, wurde aber beim Hervorschlüpfen mit dem 
stufen: „Du Lump bist an allem Schuld!“ gehörig 
durchgebläut.) Jetzt kam es zu lebhaften Zänkereien 
und wahrscheinlich wäre es auch zu Schlägereien 
sekommen, wenn nicht der größte Theil der Zu— 
jörer das Lokal geräumt hätte. — Wie lange, 
chreibt hierzu ein New-Yorker Blatt, wird man 
noch solche elende Volksverführer und Schurken wie 
Most und Konsorten in unserm Lande ungehindert 
ihr Unwesen treiben lassen? Erst wenn das Kind 
rtrunken ist, wird bekanntlich der Brunnen zugedeckt. 
Eingesandt. 
St. Ingbert, 20. März. Am nächsten 
Sonntag, 22. März, feiert Deutschland das 89. 
Wiegenfest seines Kaisers Wilhelm. Achtzig und 
acht Jahre! Welch ehrfurchtgebietendes Alter! 
Wenn es der Welt einmal aufgefallen ist und sie 
»is in die fernsten Lande mit Bewunderung erfüllt 
jat, daß ein 74jähriger Greis als Oberfeldherr die 
Anstrengungen eines großen, schwierigen Feldzuges 
n eigener Person sich unterzogen, wenn dieser 
Zeldengreis alsdann noch über viele Jahre hinaus 
reines sieghaften Volkes allgemeines Wohl durch 
ine kräftige Regierung, durch eine friedengebietende 
diplomatie, durch eine fortschrittliche humane Ge— 
etzgebung anstrebt und anbahnt und theilweise noch 
zei seinen Lebzeiten ins Werk zu setzen vermag, 
vahrlich, so muß es dem einfachsten Beurtheiler 
inleuchten: Unser Kaiser Wilhelm ist ein von Gott 
yesonders begnadeter Heldengreis. Darum wird seine 
Person und sein Werk, das neuerstandene Deutsche 
Reich, heute schon von allen Völkern des Erden— 
runds als eine der ehrfurchtgebietendsten Gestalten 
ind Gestaltungen der Weitgeschichte angesehen und 
dieses universelle Ansehen, zu welchem die deutsche 
Nation mit und durch ihren Kaiser gelangt ist, 
ritt auch uns Deutschen in unserer Tagesgeschichte 
mmer klarer vor die Augen. Wir St. Ingherter 
saben bisher noch niemals so recht allgemein kund 
jegeben wie sehr es auch uns bewußt ist, was wir 
in unserm Kaiser und unserm neuerstandenen 
deutschen Vaterland zu verehren haben. Eine 
zeutliche öffentliche unumwundene Kundgebung der 
Ehrfurcht und tiefsten Hochachtung für unsern 
daiser geschah seitens der Centrumspartei im ver— 
zjangenen Oktober durch den Centrumskandidaten 
n seiner Wahlrede im Oherhauser'schen Saale. 
der Redner, Herr Stadtpfarrer Lorenz aus Kaisers⸗ 
autern, gab in warmen Worten der Verehrung 
Ausdruck, die die Centrumspartei für unsern Kaiser 
Vilhelm hegt, und ein begeistertes Bravo bewies, 
»aß diese Saite auch in St. Jnugbert einen voll— 
önenden Anklang bei allen Parteien findet. Wollen 
vir deßhalb, liebe Mitbürger, einmal auch durch 
die That beweisen, daß wir in Einem Punkte 
ines Sinnes sind, daß wir Alle nämlich einver— 
tanden sind in der Hochachtung und Ehrfurcht für 
insern hohen Kaiser Wilhelm, dem Gott noch viele 
Jahrestage seines Wiegenfestes schenken möge. 
Zeigen wir uns darin einig, daß wir in Ermange— 
lung anderer Festlichkeiten doch wenigstens durch 
beflagguug unserer Häuser den Tag 
feiern, der einer großen Nation Ehrentag zu sein 
derdient, den 22. März, den Geburtstag des 
zroßen Kaisers des großen Deutichen Vaterlandes. 
Fur die Redalktion veran'wortich: F. X. Demetz. 
Schiffsbericht der Red Star Line. 
Mitgetheilt von dem Agenten Hermann Laur, St. Ingbert. 
Der kgl. Postdampfer „Noordland“ Kapitän 
Nickels, welcher am 7. März von Antwerpen ab 
zing, ist am 18. März wohlbebalten in New⸗-York 
magekommen 
Gib mir ein Zeichen, Genius! 
wo find' ich am letzten Märze 
sechzigtausend Mark? 
hunjquvgpug oge LaL qu 
molug pratoago Siieq uolnvjent b dlao 
bunhertuuraagy aßbuii usquaquuno qnqplaat, 
taattaat uddal auqo Layes e Ißz uo aßq u