Full text: St. Ingberter Anzeiger

Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert. 
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auf welche die Erpedition Auskunft ertheilt, 18 4, Neclamen 30 . Bei 4maliger Einruckung wird nur dreimalige berechnet. 
— 
Volitische Uebersicht. 
Nach der Publikation des Gesetzes über die 
dampferSubvention wird, wie die „Nat. 
zig.“ erfahrt, behufs Ausführung desselben als⸗ 
aid die darin vorgesehene engere Submission der 
gewerber um die einzurichtenden Dampfer⸗Linien 
usgeschrieben werden. Ob beide Hauptlinien, die 
stasiatische und die australische, einem einzigen, 
der ob sie zwei verschiedenen Unternehmern über⸗ 
ragen werden, das ist noch zweifelhaft. Als Be⸗ 
berber gelten der Norddeutsche Lloyd in Bremen, 
ine mit dem Sitze in Hamburg zu errichtende 
zesellschaft, bei welcher Herr Woermann betheiligt 
st. ferner Herr Sloman, der jetzt eine nicht sub— 
jentionirte Dampferverbindung zwischen Hamburg 
ind Australien unterhält; doch dürfte leicht noch 
iner und der andere Bewerber dazu kommen. Die 
fahrten sollen binnen Jahresfrist beginnen. 
Die „Morning Post“ sagt aus Anlaß des 
otburtstages des Kaisers Wilhelm: 
„Kein Monarch hat beständiger sowohl regiert 
s geherrscht. Selbst Fürst Bismarck muß seinen 
aiserlichen Gebieter überzeugen, ehe er dessen Ge⸗ 
ehmigung erhalten kann. Der Kaiser Wilhelm 
at niemals für einen Augenblick aufgehört, eine 
ntschiedene und mächtige Individualität zu besitzen. 
zn seiner Gegenwart ist selbst Otto von Bismarck 
zur der Minister des Königs. Der Kaiser bean⸗ 
zrucht nicht, in seinen Ansichten originell zu sein; 
s ist niemals sein Ehrgeiz gewesen, seine Launen 
sem Staate aufzubürden. Er hat offen und huld⸗ 
eich die unschätzbaren Rathschläge seines großen 
dathgebers anerkannt. Aber stets erwägt ser diese 
dathschläge, und gibt ihnen niemals blos seine 
ormelle Zustimmung; doch wenn er sie nach reif⸗ 
ichem Bedacht genehmigt hat, dann sieht er mit 
estem Enschluß auf ihre Ausführung.“ 
gum Bisssmarckfonds wird von Comits⸗ 
niigliedern mitgetheilt, daß die Gesammtsumme 
aicht 11700,000 Mk., sondern 600,000 Mt. mehr, 
iljo 23300,000 Mk. beträgt. 
Graf Herbert v. Bizmarck werde, so hieß 
s betanntlich vor einigen Tagen, an dem 70. Ge⸗ 
urtstagsfeste seines Vaters in ganz besonderer 
Veise ausgezeichnet werden. Jetzt verlautet, diese 
luszeichnung werde in der Verleihung des Titels 
,Prinz'“ mit dem Prädikat „Fürstlicher Gnaden“ 
in den ältesten Sohn des Reichskanzlers bestehen. 
— Unter denen, die an dem Festtage dem Reichs⸗ 
anzler ihre Glückwünsche aussprechen werden, wird 
ich auch eine türkische Deputation befinden, die in 
urzem von Konstantinovel nach Berlin abreist. 
Der Verein der Lehrer höherer 
Unterrichtsanstalten in Berlin beschäf⸗ 
icte sich in seiner lezten Sitzung (am 23. d. M.) 
nit dem bekannten Separatvotum des Domherrn 
dr. Perger. Nach längerer Diskussion wurde 
olgende Kesolutiden angenommen: 
„Der kürzlich erstattete Bericht der Untertichts- 
dommission des Abgeordnetenhauses über die Pe⸗ 
ition von Lehrern höherer Unierrichts-Anstalten 
nthält ein von einem Mitgliede abgegebenes und 
vurch die Zeitungen weiter verbreiteies Separat⸗ 
otum, in welchem der Anspruch dieser Beamten⸗ 
dakegorie auf Gleichsteliung mit den Richtern ersier 
instanz in Rang und Gehalt als unberechtigt be— 
Samstag, 28. März 1885. — 
20. Jahrg. 
zeichnet wird. Der Verein von Lehrern höherer 
Anterrichtsanstalten Berlins hält es für unter seiner 
Würde, die einen ganzen Stand in beispiellos ge⸗ 
ässiger Weise beleidigende Motivirung dieses Votums 
u widerlegen und wird fortfahren, die Erreichung 
einer von maßgebender Stelle mehrfach als berech⸗ 
igt anerkannten, bisher aber aus finanziellen Grün⸗ 
den noch unberücksichtigt gebliebenen Wünsche zu 
xstreben.“ 
liebte Regierungsrath v. Welser im Ministerim des 
Innern. 
Berlin, 24. März. Der Kaiser hat an 
einem Geburtstage die Generale à la suite Graf 
dehndorff, Fürst Radziwill und Graf Waldersee zu 
Beneraladjutanten ernannt. — Aus Konstantinopel 
vird der „Pol. Corr.“ gemeldet, daß die rürkische 
Deputation, welche sich im Auftrage des Sultans 
aach Berlin begeben wird, um den Fürsten Bis—⸗ 
marck zu seinem 70. Geburtstage zu beglückwünschen, 
zugleich dem deutschen Kronprinzen und dem Reichs⸗ 
lanzler den Nischau-⸗Imiaz⸗ Orden überbringt. 
Berlin, 24. März. Der „Reichsanzeiger“ 
neldet: Der Kaiser sprach durch Minister Maybach 
allen bei dem Rettungswerk in der Grube Camp⸗ 
hausen Betheiligten für die Hingebung und muster⸗ 
hafte Haltung seine allerhöchste Anerkennung aus, 
und bewilligte zur augenblicklichen Linderung der 
Noth und Beihilfe dreitausend Mark für die Hinter⸗ 
hliebenen der Verunglückten aus seiner Chatulle. 
Berlin, 25. Maärz. Der Kaiser empfing 
heute Nachmittag den Fürsten Bismarck zum Vortrag. 
Berlin, 25. März. Wie versichert wird, 
jat England die Einverleibung der Samoa⸗Inseln 
zurch Neuseeland als vertragswidrig zurückgewiesen 
and seinen Beamten entsprechende Befehle zugehen 
lassen. 
Ueber das Treiben der Anarchisten 
n PittsSburg wird von dort unterm 9. d. 
N. berichtet: „In unserem Kohlendistrict haben 
eute sieben Achtel der beschäftigten Bergleute, deren 
Zesammtzahl auf ungefähr 12,000 veranschlagt 
hird, die Arbeit eingestellt, und von allen Seiten 
yerden Befürchtungen laut, daß es ohne gewalt⸗ 
hätige Ausschreitungen nicht abgehen wird. Der 
inarchistenflügel der hiesigen Socialistenpartei, der 
zach einer heutigen Meldung des „Chronicle. Tele⸗ 
raph“ in den letzten Tagen große Rührigkeit ent⸗ 
altete, wird sich denn auch kaum die Gelegenheit 
nigehen lassen, einen kleinen „Putsch“ zu insce⸗ 
liren. Unsere Geheimpolizei, weiche dem Treiben 
er Anarchisten die größte Aufmerksamkeit widmet, 
rklärt, daß sich unter den 1800 Socialisten hiesiger 
Ztadt thatsächlich kaum ein Dutzend wirklicher 
Arbeiter befinden; die überwältigende Mehrheit der 
Umstürzler“ rekrutirt sich aus den täglich hier 
inwandernden Elementen, welche sich in ihrem 
gaterlande unmöglich gemacht und hier nur dann 
icbeiten, wenn sie durch die bittere Noth dazu ge⸗ 
wungen werden und wenn ihre Schnorrer“⸗Künste 
iicht mehr verfangen wollen. Bei alledem ist jedoch 
ie Organisation in stetem Wachsen begriffen und 
ordert die stete Wachsamkeit der Behörden heraus. 
dem oben erwähnten Blatte zufolge sollen hier 
ind in unserer Nachbarstadt Allegheny City 14 
Inarchisten⸗, Gruppen“ bestehen, unter deren Füh— 
ern zwei im mittleren Alter stehende ledige Frauen⸗ 
immer, Namens Reno und Molke, besonders her⸗ 
vorragen.“ 
Ausland. 
Paris, 24. Marz. Der Marineminister wird 
dieser Tage die neuen Credite für den Congo ver⸗ 
angen, die in Folge der Abmachungen in Berlin 
iothwendig geworden sind. Für das erste Jahr 
chätzt man sie auf 2), fur die späteren Jahre 
auf 12 Millionen. — Das Gelbbuch über Egyp⸗ 
en enthält Depeschen vom 8. Januar bis zum 19. 
Februar und das in London am 18. März ahge⸗ 
chlossene Abkommen. Eine Depesche Waddington's 
dom 21. Marz, welche dieses Schriftstück begleitet, 
hebt die Thatsache hervor, daß die deutsche Regier⸗ 
ang, damit sie nicht eine Verantworilichkeit bei der 
englischen Besetzung in Egypten zu übernehmen 
cheine, durchgesetzt hat, daß in der Verfügung des 
sthedive jede Angabe, welche einschlösse, daß die 
verbürgte Anleihe zur Zahlung der rückständigen 
Unkosten der englischen Armee dienen könnte, be⸗ 
'eitigt wurde. — Pierre Giffard knüpft im „Fi⸗ 
zaro“ an den Besuch eines Spielwaaren ˖Museums 
in der Rue d'Hautville nachstehende Betrachtungen: 
„Was die Fabrikanten vor Allem wollen, das isi, 
Deutschland auf dem französischen Markt zu be⸗ 
ämpfen. Voriges Jahr betrug das Spielwaaren⸗ 
Beschäft circe 12 Millionen. Deutschland aber 
nachte 24 Millionen, also das Doppelte, und da⸗ 
von lamen drei oder vier Millionen über unsere 
Zrenze, während wir uns noch selbst genügen 
ollten. Auch die unermeßlichen Absatzgebiete, die 
Deutschland zu unserem Schaden an sich gerissen 
Jat, namentlich England und der Orient, beschäf⸗ 
igen unsere Fabrikanten. Wenn man sie fragt: 
„Woher kommt denn dieses Uebergewicht Deutsch⸗ 
sands?“, so lautet ihre Antwort, wie die der 
übrigen französischen Fabrikanten: Von dem nied⸗ 
rigen Arbeitslohn, von der Seltenheit der Strikes 
und endlich auch von der Leichtigkeit, mit der ge⸗ 
visse deutsche Fabrikanten auf den Zollstätten von 
Avricourt und Altmünsterol ihre Spielwaaren als 
Rohmaterial durchschmuggeln. 
Nom, 25. März. Der Osservatore“ ver⸗ 
ffentlicht den lateinischen Tert des am 1. Februar 
dom Papste an den Kaiser von Chinag gerichteten 
Schreibens. worin der Vapst dem Kaiser empfiehlt, 
Deutsches Reich. 
Muͤnchen, 24. März. Zur Feier des Ge— 
rurtsfestes des deutschen Kaisers versammelten sich 
orgestern Abend gegen 170 Offiziere des Beur— 
aubtenstandes im Ballsaal des „Hotel Roth“ zu 
inem Festmahl. Prinz Luitpold brachte folgenden 
Toast auf den Kaiser aus: „Ich wünsche, daß 
ie Krone noch lange das Haupt des greisen 
Seldenkaisers ziere, des Kaisers, welcher der Bun⸗ 
esgenosse unseres allergnädigsten Königas und 
derrn ist.“ 
Muͤnchen, 25. Maärz. Ueber bedeutende 
Jerschiebungen, welche im Ressort der inneren Ver⸗ 
daliung in Aussicht stünden und durch den Rück⸗ 
ritt des Präsidenten des Verwaltungsgerichtshofes, 
. Feder herbeigeführt würden, will ein Correspon⸗ 
»ent der „V. Z.“ Folgendes wissen: Auf den 
Josten v. Feder's, der wegen hohen Alters und 
kränklichkeit zum Rücktritt gezwungen ist, tritt 
nicht, wie man früher annehmen zu sollen glaubte, 
er jetzige Justizminister v. Fäustle, sondern der 
Präsident der Regieruung von Oberbayern v. 
Zgfeufer, der vor dem Amtsantritt des Ministers 
». Feilitzsch das Ministerium des Innern leitete. 
Dder jeßige Polizeipräsident v. Pechmann soll 
degierungspräsident von Oberbayhyern werden. An 
»ine Stelle kritt der heim Köniage besonders he—