Full text: St. Ingberter Anzeiger

t. Jagberter Anzeiger 
—W 48 
Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert. 
her St. Ingberter Anzeiger“ erscheint wbchentlich fünfmalr Am Mountag, Dienstag, Donnerstag, Samstag und Sonntag; 2mal wöchentlich mit Unterhauumgs⸗ 
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auf welche die Expedition Auskunft ertheilt, 15 A4. Neclamen 30 —. Bei 4maliger Einröckung wird nur dreimalige berechnet. 
Am 
M 72. 
— 
Montag, 13. April 1885. 
iti Berlin, 11. April. Das Dampfersubven⸗ 
Politische Ueberficht. ionsgesetz nebst Anlage ist heute offiziell publicirt 
vorden, ebenso das Gesetz wegen Aufnahme einer 
Anleihe von 4223 Millionen Mark für Ausführ⸗ 
ing des Zollanschlusses von Hamburg und für 
Zwecke des Reichssheeres, der Marine und Eisenbahnen. 
Darmstadt, 11. April. Die Königin von 
England wird am 23. April hier eintreffen. 
Ausland. 
Moskau, 11. April. Die „Moskauer Zei⸗ 
zung“ sagt: Es sei gegenwärtig, wo Pendscheh 
veder von Afghanen noch Russen besetzt, eine gün— 
tige Gelegenheit, die Pendschehfrage friedlich zu 
rledigen. Anlangend die durch England über den 
etzten Zwischenfall von Rußland verlangten Auf—⸗ 
laͤrungen, meint das Blatt, wenn die Londoner 
Blättermeldung von der Besetzung Quelparts durch 
zie Engländer, so scheine Rußland viel eher berech⸗ 
igt, darüber Aufklärungen von England zu ver⸗ 
angen. Diese Besitznahme sei für Rußland viel 
wichtiger als die Pendschehfrage; für England dürfte 
zieselbe kaum ohne ernste Folgen bleiben. Die 
driegsdrohungen der „Times“ seien leeres Säbel⸗ 
zerassel. Die russische Zeitung glaudt darauf rech⸗ 
nen zu können, daß es Gladstone, so lange er an 
»er Spiße der englischen Regierung sei, gelinge, 
eine friedliebende Politik durchzuführen und den 
gruch mit Rußland zu verhüten. 
Es scheint sich zu bestätigen, daß die „Freie 
Bereinigung“ im Reichstag noch bedeutende Zoll⸗ 
erhöhungen beantragen wird. Wie verlautet, 
vird die Erhöhung des Zollsatzes auf ausländische 
Schweine um 250 pCt., auf Rindvieh um 50 
Ci., auf zubereitetes Fleisch von 12 auf 20 Mk. 
jorgeschlagen werden. 
Die Münchener „Allg. Ztg.“ dementirt das 
Herücht, die preußische Regierung habe sich erboten, 
die pfalzischen Bahnen zu erwerben. In München 
ei an maßgebender Stelle von derartigen Of⸗ 
jetten der preußischen Regierung nichts bekannt 
ind somit zu einer bezüglichen Stellungnahme der 
zayerischen Staatsregierung bisher kein Anlaß ge⸗ 
geben. 
Das Comité der Basler Missionsanstalt hat 
in den Reichskanzler eine Petition gerichtet, der⸗ 
elbe möge die Branntweineinfuhr in 
Westafrika durch einen möglichst hohen Einfuhr⸗ 
zoll beschränken. Der Schritt werde, so heißt es 
in der Petition, dem Comité zur Pflicht gemacht 
vurch so manche Anzeichen, daß gerade der Brannt⸗ 
vein von deutschen Handlungshäusern als Haupt 
usfuhrartikel nach Afrika in Aussicht genommen 
iei. Die Vorstellung verdient gewiß eruste Beach⸗ 
ung, keine christliche Mission ist im Stande den 
„chaden wettzumachen, den der Branntwein an⸗ 
ichten würde. Die Indianer Nordamerikas sind 
iesem Gifte erlegen. In den Negern würde es 
ede Fähigkeit, der höheren europäischeu Cultur in 
wohlthuender Weise theilhaftig zu werden, ersticken 
ind nur den verbrecherischen Instinkten Vorschub 
eisten. Wir haben lebhaft beklagt, daß aus dem 
Munde eines Reichstagsmitglieds der Einfluß des 
Schnapses auf die Afrikaner in scherzhafter Weise 
ils eine harmlose Sache behandelt wurde. 
kokale und pfälzische Rachrichten. 
* St. Ingbert, 13. April. Wie wir ver⸗ 
iehmen, traf heute Morgen der Bezirktsamtmann 
zerr Dr. Schlagintweit dahier ein, um den 
ach Dudweiler führenden Weg, dessen Chaussierung 
zis an die preußische Grenze proiektiert ist, zu he⸗ 
ichtigen. 
— Im verflossenen Jahre sind in der Pfalz 
19 aktive und 22 pensionirte St ullehrer gestorben; 
rstere erreichten ein Durchschnitisalter von 50,8, 
etztere ein solches von 66 Jahren. Von diesen 
bi verstorbenen Lehrern haben nur 12 oder 28,5 
»Ct. das 70. Lebensjahr überschritten und diese 
varen bis auf 2 pensionirt. 
— Ensheim, O. April. In dem benach⸗ 
zarten Orte Eschringen wurde am Ostersonntag 
in 62jäbriger Bürger von dort in einer Schlägerei 
nit Messerstichen derart zugerichtet, daß derselbe 
ewußtlos heimgeschafft werden mußte und schwerlich 
nit dem Leben davonkommt, Derselbe wollte seine 
eiden Söhne aus einem Handgemenge mit drei 
xreußischen Infanteristen vom 47. Infanterie⸗Regi⸗ 
nent in Saarlsuis wegziehen, als sich die letzteren 
jegen ihn selbst wandten und ihn so elend zurichteten. 
— Pirmasens, 10. April. Gestern Nach⸗ 
nittag wurde der Geschäftsagent Luwig Schmidt 
on hier wegen Veruntreuung ihm anvertrauter 
helder in das hiesige Amtsgericht abgeführt. 
-Ludwigshafen, 10. April. Am 
—AXV 
ause dahier die jährliche Generalversammlung des 
gfälzischen Jagdschutzvereines stattfinden. Es ist 
eabsichtigt, bei dieser Gelegenheit auch eine Jagd⸗ 
jundeausstellung zu veranstalten. 
— Speyer, 10. April. (Prüfung.) Am 
Miiiwoch, den 27. Mai ds. Irs. und den folgen⸗ 
»en Tagen, beginnend am erstbezeichneten Tage, 
bormittags 8 Uhr. wird eine Einnehmer⸗Prüfuug 
im Sitze der k. Generaldirektion der Zölle abge⸗ 
alten. Dieselbe wird sich auf alle Zweige des 
lufschlageinnehmerei⸗Dienstes erstrecken. Gesucht 
An der ostafrikanischen Küste, gegenüber der 
zusel Zanzibar, sollen von der deutscheu 
dorbette Gneisenau“ neue, binnenwärts gelegene 
hebiele unter deutsches Proteltorat gestellt worden 
ein. Eine weitere Expedition der deutsch-afrikani⸗ 
chen Gesellschaft soll am 21. ds. unter Führung 
es ehemaligen Majors von Derivoöre aus Hannover 
ach Usagara, dem in Ostafrika erworbenen Gebiete 
er Gesellschaft, abgehen. 
Deutsches Reich. 
München, 9. April. Im kgl. Finanzmini⸗ 
zerium wird sicherem Vernehmen nach schon seit 
angerer Zeit ein Gesetzentwurf zur Revision des 
Nalzaufschlaggefsehes auf Grund fortge⸗ 
dy Erhebungen uͤber das Braugewerbe ausge⸗ 
rtheitet. 
München, 12. April. Der Konig hat, wie 
„Allgemeine Zeitung“ meldet, das Entlassungs⸗ 
resuch des Kriegsministers v. Maillinger unler 
uldvollster Anerkennung der bon demseben gelei— 
eten hervorragenden Dienste mit Rückficht auf dessen 
vorgeschrittenes Alter und angegriffene Gesundheit 
ehmigt und vom 1. 1. M. ab bis wohin der 
Rinister im Dienste verbleibt, den Generallieute⸗ 
ant und Commandeur der 4. Division in Würz⸗ 
g. v. Heinleth. zum Kriegsminister ernannt. 
r Konig hat gestern ein sehe huldvolles Hand⸗ 
chreiben an den Minister v. Maillinger gerichtet. 
20. Jahrg. 
um Zulassung zu dieser Prüfung sind bei den vor⸗ 
gesetzten k. Hauptzollämtern einzureichen. 
Vermischtes. 
4 Saarbrücken. Dieser Tage wunderte 
äich einer der Briefträger unserer Stadt wohl nicht 
venig, als er eine erhebliche Menge von dicken un⸗ 
rankirten Briefen, deren Umschlag mit einem 
krauerrand, umgeben war und den Poststempel 
Newyork“ trug, zu bestellen hatte. Auch die Em—⸗ 
ffänger der Briefe wunderten sich, derartiges aus 
Amerika zu belommen, aber die Neugier, welche 
Todesanzeige ihnen gemacht würde, setzte sie über 
zas Bedenken hinweg, die unfrankirte Sendung 
anzunehmen. Und was enthielt der Trauerbrief? 
kin Exemplar der berüchtigten, fanatisch geschrie⸗ 
zenen Most'schen „Freiheit“. Man darf 
vohl annehmen, daß diese betrügerische Art der 
Finschmugglung nicht auf unsere Stadt allein be⸗ 
chränkt geblieben ist. Die Empfänger, durchweg 
zute Bürger, vernichteten sogleich das Schandblait. 
LBor einem Vierteljahre erhielten Viele hier aus 
stew⸗York unter Kreuzband eine harmlose ameri⸗ 
anische Zeitung; dieselbe diente jedoch nur als 
Imschlag einer darunter verborgenen Nummer der 
Freiheit“. 
F Darmstadt, 8. April. Gegen das Ende 
der Bismarckfeier im Saalbau gab ein biederer 
Darmstädter Bürger seinen Gefühlen der Verehrung 
für den großen Staatsmann in drastischer Weise 
dadurch Ausdruck, daß er seine zum Aufbruch 
rängenden Freunde mit den Worten abfertigte: 
„Ach was! ich trinke noch Einen, Er hat's wahr⸗ 
jaftig verdient!“ 
FPfungstadt, 8. April. Die Firma J. 
dildebrand hier ließ dieser Tage die erste Sendung 
einsten Exportbieres nach dem Kamerungebiet ab⸗ 
Jehen. — 
Lebach, 10. April. Ein junger Mann, 
der seit 15 Jahren in Westfalen ist, kam vor 
Ostern nach Limbach, um seine dort lebende Mutter 
und seinen Bruder auf einige Tage zu besuchen. 
Am Ostersonntag ging er mit seinem Bruder 
Abends in die Wirthschaft der Gebrüder F., um 
ein Glas Bier zu trinken. Dort wurde der Fremde 
Usbald, ohne auch nur ein Wort gesprochen zu 
jaben, von einer Anzahl Bergleute überfallen, an⸗ 
jeblich, weil er einen Ueberzieher trug, und mit 
zierflaschen und Messern so verarbeitet, daß alle 
laubten, sie hätten eine Leiche vor sich. Erst nach 
nehreren Stunden zeigte er wieder etwas Leben. 
AUuch stellte es sich heraus, daß sein Portemonnaie 
nit 60 Mk. Inhalt und seine Meilitärpapiere ab⸗ 
janden gekommen waren. In diesem beklagens⸗ 
verthen Zustande wurde er zu seiner Mutter ge⸗ 
ragen. 
F Berlin, 9. April. Die Einführung eines 
Blitzzuges, welcher auf der Strecke Paris — Berlin 
— Petersburg kursiren soll, ist der „Nat.Zig.“ 
ufolge beschlossene Sache. Wahrscheinlich wird 
chon am 1. Mai der erste Blitzzug abgelassen wer⸗ 
den. Auf der Strecke Stendal⸗Oebisfelde haben 
zereits im Beisein hoöherer Eisenbahn⸗Beamten 
Probefahrten mit dem Blitzzuge stattgefunden. 
7 Nicht gratulirt haben dem Fürsten Bis—⸗ 
narck die Königin von England, der König von 
Danemarck, der König der Niederlande, die Könige 
von Spanien und Portugal. 
F Gefahren von Morphiumein— 
pritzungen.) In Iglau (Mahren) erhielt die 
2ojährige Tochter der Familie Hirschenhauser, welche