st. Jugbherter Amziger.
Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert.
9— St. Jugberter Aunzeiger“ erscheint wbchentlich fuufmal: Um Montag, Dieunstag, Donnerstag, Tamstag und Sonutag; 2mal wbchentlich nit Unterhaltunge⸗
zlatt und Sonntags mit Sfeitiger illustrirter Beilage. Das Blatt kostet vierteljührlich 1 AM 60 A einschließlich Tragerlohn; durch die Pos bezogen 144 75 4, einschließli
—T Zustellungsgebuhr. Die Einruckungsgebühr fur die 4gespaltene Garmsndzeile oder deren Raum beträgt bei Juseraten aus der Pfalz 10 —, bei außerpfalzischen und solche
auf welche die Expedition Ausksanft ertheilt, I3 4. Neelamen 30 . Bei 4maliger Einrückung wird nir dreimalige berechnet.
M 76. — Sonntag, 19. April 18883. 20. Jahrg.
Herat.
Es scheint, daß in einem blutigen Weitkampfe
der auch in Folge eines langwierigen diplomati⸗
hen, aber schließlich friedlich endigenden Streites
je Stadt und das Gebiet von Herat den eigent⸗
ichen Jankapfel bilden würde, weshalb es angezeigt
erscheint, Einiges über Herat zu berichten. Herat
ist die östlichste, schönste und fruchtbarste Provinz
hon Afghanistan mit der Hauptstadt gleichen Na⸗
mens. Herat liegt gerade beim Beginn des ge⸗
waltigen Hindukuschgebirges, hat daher weder das
seiße Steppenklima, noch das reiche Bergklima.
die Bewohner von Herat find keine eigentlichen
ufghanen, sondern mit Turkmenen vermischte
Perser und ist auch Herat nie vollstandig Afgha⸗
nistan einverleibt gewesen, sondern war immer
eine Art Khanat unter afghanischer Oberherrschaft,
wurde auch häufig von einem afghanischen Prinzen
tegiert.
u Stadt Herat, Hauptstadt des Landes und
Sitz der Centralbehörde, liegt im fruchtbaren,
chönen Thal des Herirud, mit dem sie durch
Wasserleitungen verbunden ist, und bildet ein
angliches Viereck, das von einem an 15 Meter
hohen Erdwall, um den ein Wassergraben läuft,
umgeben ist und fünf wohl befestigte Thore enthält;
diese Erdwerke und Mauern würden aber einem
europaischen Heer um so weniger Widerstand ent⸗
jegensezen können, als die Stadt im Nordosten
don einem nahen Hügel überragt wird. Die
hauptstraße geht vom Nordost zum Südthor, hier
sonzentrirt sich Handel und Verkehr, hier liegen
die Bazare und die Karawansereien; im übrigen
bildet Herat ein Labyrinth von engen und schmutzi⸗
jen Gassen mit schmalen Häusern und von allerlei
Untath angefüllt. Auch der alte Palast ist unan⸗
ehnlich. die große Moschee in Verfall. Die Bau⸗
verle, qus der Blütezeit Herats, sind theils in
ertrümmertem Zustand, theils ganz verschwunden;
mich in der Umgegend erinnern zahlreiche Ruinen
in den ehemaligen Glanz der Stadi.
Faur Handel und Verlehr ist Herat ziemlich
iedeutend, auch besitzt es eine Industrie für orien⸗
lalische Waffen, Teppiche, Tuche u. s. w. Das
hertlichste von Herat ist aber dessen wunderbar
hone, sehr fruchtbare und gut angebaute Umge⸗
bung, wegen weicher die Perser Herat Die Petle
der Welt nennen.
Herat ist eine Stadt alipersischen Ursprungs
und haben fast alle Eroberer der aͤlten Welt ihre
heereizuge nach Indien bereits uüͤber Herat ge—
ommen. Später kam Herat mit Perfien an die
nabischen Chalifen, dann an die kürlischen Sultane,
spüter an die Mongolen, dann an die selbstständigen
—X Schahs, wurde dann wieder von den
Iighanen erobert, machte sich dann eine Zeit lang
hanz unabhängig und kam dann wieder unter
Iehanische Herrschaft, wo es. wie schon erwähnt,
sas immer ein suzeränes Khanat bildete. Dasselbe
umfaßt einen Flächenraum don 2000 Meilen
mit 800, 000 Einwohnern; üͤber letztere Zahi
qhwanlen indessen die Angaben bedeutend und
prechen manche Werke über Afghanistan sogar don
—W Einwohnern, welche Angabe aber ent⸗
chieden zu hoch gegriffen erscheint. Die Einwohner .
der Siadi Herai selbst wird auf ca. 70,000
38— indessen beruht auch diese Angabe mehr
tmeinen Schatzungen, als auf wirklichen
Politische Uebersicht.
Deuntsches Reich.
Munchen, 15. April. Wenn bisher noch
Jemand daran gezweifelt hat, daß die bayerische
Regierung eine pPlanmäßige Organisation
der Gewerbe durch die Fachvereine, die nur im
Rahmen des ganzen Reiches möglich ist, verhindern
will, so wird ihm die neuerliche Maßnahme, die
den Schreiner⸗Fachverein mit der Auflösung be—⸗
droht, wenn er nicht aus dem Centralverband
austritt, eines Besseren belehren. Es ist danach
janz offenbar, daß man die Centralisation dieser
Vereine über das Reich zu verhindern mit allen
Mitteln bestrebt ist.
Muͤnchen, 16. April. Sr. Maj. der
König haben verfügt, daß im Etatsjahre 1888 / 86
aus der Ersatzreserve 1. Klasse 2500 Mann zu
einer ersten (zehnwöchigen), 1300 Mann zu
einer zweiten (vierwöchigen) und 1200 Mann zu
einer dritten (vierzehntägigen) Uebung einberufen
und die weiter nöthigen Ausführungsbestimmungen
durch das Kriegsministerium zu treffen seien; ferner
daß jenen Stabsoffizieren oder an Stelle solcher
jungirenden Hauptleuten, welchen da, wo mehr
als eine Ersatzreserve Kompagnie desselben Regiments
am gleichen Uebungsorte fich befinden, die Aufficht
über diese Kompagnie übertragen ist, für diesen
Dienstbereich die Disziplinarstrafgewalt in dem für
den Kommandeur eines nicht selbstständigen Ba—
aillons festgesetztem Umfange und zwar auch für
die Folge beigelegt werde. Hiernach wurde nun
hestimmt: Es sind einzuziehen per Armeekorps zu
einer ersten (zehnwöchigen) Uebung: bei der In⸗
fanterie 1040 Mann, bei den Jägern 600 Mann,
bei der Fuß⸗Artillerie 100 Mann, bei den Pionie⸗
ren 50 Mann; zu einer zweiten (4wöchigen) Ueb⸗
ung: bei der Infanterie 600 Mann, bei den
Jägern 80 Mann, bei der Fuß.Artillerie 70 Mann,
hei den Pionieren 50 Mann und zwar in erster
dinie Mannschaften, welche im Etatsjahre 188485
jum ersten Male geübt haben; zu einer dritten
141ägigen) Uebung: bei der Infanterie 500 Mann,
bei den Jägern 20 Mann, bei der Fuß ⸗Artillerie
50 Mann, bei den Pionieren 30 Mann und zwar
in erster Linie Mannschaften, welche im Etatsjahre
1882/83 zum ersten Male geübt haben. — Hieran
reihen sich die Bestimmungen für die Ausbildung
der Ersatzreservisten 1. Klasse im Etatsjahre
1888 / 86.
Berlin, 13. April. Die Gewerbeordnungs⸗
Zommission nahm den Antrag Ackermann auf Ver⸗
schärfung des Paragraphen 100 e an, wonach die
Regierung verpflichtet ist, einer Innung auf deren
Antrag das ausschließliche Recht auf Halten von
dehrlingen zu ertheilen, sobald dieser Innung die
hälfte der am Orte domicilirenden Gewerbetrei⸗
henden dieser Branche angehören.
Berlin, 16. April. Nach der gesflern im
Reichsstage abgegebenen Erklärung des Staatssekre—
särs im Reichsjustizamt, v. Schelling, darf man
die Hoffnung hegen, daß der bedauerliche Beschluß
des Justizausschusses des Bundesraths, welcher die
Wiedereinführung der Berufung ab—
lehnt, durch das Plenum abgeandert werden wird
Freilich ist das nur eine Hoffnung. Gegner der
m Volke allgemein begehrten und von den prak⸗
ischen Juristen fast einstimmig empfohlenen Reform
ind haupisachlich Bahern, Württemberg, Koͤnigreich
SZachsen und die thürindischen Staaten
Auslaud.
Vetersburg, 17. April. Komaroff tele⸗
graphirt, die Afghanen räumten sämmiliche Posten
an den Grenzen. Die russischen Wachtposten be⸗
zogen wieder ihre früheren Stellungen.
— — — —
Lokale und pfaälzische Nachrichten.
— Aus der Pfalz, 17. April. Auf der
1885 zu Antwerpen siattfindenden Welt⸗Ausstellung
dellen folgende Firmen der Pfalz aus: Badische
Anilin- und Sodafabrik, Blech⸗ und Emaillir⸗
waarenfabrik Kirrweiler, Frankenthaler Maschinen
und Armaturfabrik Klein, Schanzlin und Becker,
Frankenthaler Schulbankfabrik A. Lickroth und Comp.,
Thr. Gemeinder in Pirmasens, Kammgarnspinnerei
Zaiserslautern, Gebrüder Kayser in Kaiserslautern,
E. Kern in Edenkoben, Gebr. Raab in Kaisers⸗
lautern, E. V. Reverdy in Frankenthal, Rheinische
Früchtenhandlung Biffar in Deidesheim, Scheurer
und Comp. in Ludwigshafen, Friedr. Seyler in
Deidesheim, M. Wolff in Pirmasens. Im ganzen
stellen 852 deuische Firmen.
Ensheim, 16. April. Der Schulverweser
A. Morio in Rohrbach wurde vom Gemeinderath
von Ensheim zum Lehrer für die III. ktath. Schul⸗
stelle daselbst vorgeschlagen.
— Zweibrücken, 185. April. Der Unter⸗
suchungsrichter am hiesigen k. Landgerichte beschäf⸗
tigt sich schon seit längerer Zeit damit, den Ver⸗
fasser anonymer Schriftstücke zu ermitteln, durch
welche das Glück einer hiesigen Familie gestört
wurde, und wenn es möglich gewesen gänzlich
bdernichtet worden wäre. Schon seit drei Jahren
erhielt ein jnnger Ehemann Briefe und offene
sKorrespondenzkarten mit dem denkbar schmählichsten
Inhalte. Mit teuflischer Bosheit und Raffinirtheit
wurden demselben Dinge vorgeworfen, welche dazu
dienen sollten, eine Ehescheidung der beiden Ehe⸗
seute zu bewerkstelligen. Durch anonyme Schreiben
wurden die mit dem Verfolgten in Verbindung
ehenden Geschaäftsfirmen aufgehetzt, demselben den
Kredit zu kündigen, indem dessen Vermögensver⸗
hältnisse als zerrüttet geschildelt und die Insolvenz
als nahe bevorstehend bezeichnet wurde. Der Ano⸗
nymus ging in seiner Bosheit sogar so weit, seinem
wehrlosen Opfer die Eroffnung zu machen, daß er
nicht eher ruhen werde, bis derselbe vollständig ver⸗
nichtet sei. Die Untersuchung soll nun so weit
gediehen sein, daß man dem Schuldigen auf der
Spur ist. Der so schmählich verfolgien Familie
schenkt man hier die lebhafteste Theilnahme und ist
entrüstet über die nichtswürdige Handlungsweise
des mit fluchwürdigem Hasse und gemeinster Bosheit
erfüllten Verfolgeerßs.
— Zweibrücken, 17. April. Nächsten
Sonntag wird dahier unter Leilung des Bezirks⸗
Turnwartes, Herrn Weis von Pirmasens, ein
Vorturnerlurs des J. pfaͤlzischen Turnbezirkes Pir⸗
masens⸗Zweibrücken abgehalten werden.
— Der Verstorbene Gutsbesitzer Theod. Stein⸗
metz dvermachte seiner Heimathgemeinde Forst
7000 Mtk. und dem St. Johannisverein in Dürt⸗
heim 4000 Mk. zu gemeinnützigen und wohlthä⸗
tigen Zwecken.
— Speyer, 185. April. Am 10. ds. M.
feierte in voller Gesundheit der Förderer und Wohl⸗
thäter der Pfalz, Herr Heinrich Hilgard GVillard)
in Berlin, seinen 50jährigen Geburtstag. Bei
dieser Gelegenheit sind ihm viele Beweise der Hoch⸗
achtung aus der Pfalz ühersendet worden