Full text: St. Ingberter Anzeiger

vt. Jagherter Amzeiger. 
Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert. 
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M 79. 
Donnerstag, 23. April 1885. 
20. Jahrg. 
* will. Auch brauchen sich die Engländer Rußland 
Englands Ohnmacht. zegenüber gar nicht zu beklagen. Freilich tritt 
In London rasselt man noch immer mit dem Rußland in Asien als Eroberer auf, aber haben 
zäbel und die Engländer fingen begeistert ihr die Engländer in Indien, Afrika und den austra⸗ 
Rule Britannia, rule the waves“ „herrsche Eng⸗ lischen Inseln nicht selbst das Raub⸗ und Ausbeute⸗ 
sind, herrsche über die Wellen“, aber an einen system ins Anwendung gebracht!? Alle Kolonien, die 
nsthafien Krieg Englands gegen Rußland wegen England besitzt, besitzt es dermöge des Faustrechts, 
a Thore Indiens, wie man die Grenze Afgha- der List und Bestechung und es heißt nun von dem 
istans nennen kann, glaubt so leicht Niemand stolzen Albion: Mit dem Maße wie ihr messet, 
nehr, denn dinie und diplomatische verdet ihr auch aemessen werden. 
zchwäche liegt zu offen zu Tage. Die Herrschaft 
* das Weltmeer kann England in einem Kriege 
nit Rußland eher schaden als nützen, denn Ruß—⸗ 
and ist keine See- und Kolonialmacht und auf 
xen Wellen nicht empfindlich zu treffen, England 
nuß aber sehr sorgfältig vor den rusfischen Caper⸗ 
chiffen, welche Rußland nöthigenfalls in Nord⸗ 
merika ausrüsten lassen will, seine weitverbreitete 
sandelsslotte vertheidigen. In das Schwarze Meer 
zarf aber die englische Kriegsflotte nicht, da die 
dardanellen für Kriegsschiffe geschlossen sind und 
deutschland und Oesterreich der Türkei mit Auf⸗ 
ebung des Berliner Vertrages gedroht haben, falls 
je die Dardanellen englischen Kriegsschiffen öffne. 
zo hätte die englische Flotte als Angriffsobjekte 
qur Petersburg, Riga und Libau, welche aber durch 
züstenbefestigungen und Torpedos ziemlich geschützt 
ind, gne zin das für Petersburg durch die Fest⸗ 
ng Kronstadt. 
Aehnlich sieht es mit den Aussichten für die 
berfolge des englischen Landheeres aus. Man 
immt aus Gründen an. daß England gegen Ruß⸗ 
ond aus Indien nicht mehr als 30,000 wirkliche 
zrauchbare Truppen verwenden kann, da doch in den 
nglisch in dischen Städten Besatzungen zurückbleiben 
nüssen. Ferner wird England hochstens 30,000 
Jann auß dem Mutterlande und vielleicht 10,000 
ldann aus den Kolonien nach Indien senden kön⸗ 
nen also insgesammt eine Truppenmacht, die der 
ussischen nicht gewachsen sein kaun. Ueberdies 
vird es aber außerordentlich schwierig sein, 30,000 
is 40,000 Mann mit Lebensmittein, Munition. 
danonen, Pferden. Bagage u. s. w. von England 
uch Indien und von Indien an die afghamisch⸗ 
hrenze gelangen zu lafsen. Das ist ein unge⸗ 
uetes Stück Arbeit, was eine Menge Widerwärtig 
eiten im Gefolge haben kann, da die Schwierig⸗ 
tilen sehr groß und die Truppen nicht an dos 
idiche Klima gewohnt find. 
„Der Ohnmacht Englands im afghanischen 
zrenzstreite wird aͤber noch dadurch die Krone auf⸗ 
bsehi. daß England unter den übrigen Grokmäch⸗ 
n beine Bundesgenossen oder Freunde betigt. Die 
— und Kraämerpolitik hat es fertig 
der Re ä ßme 
Kopf r F * 
n in Äfrika und Neu-Guinea und Jialien 
n. Es muß allerdings auch stark bezwei⸗ 
de daß irgend eine Großmacht ohnedies 
Ndhabt haben würde. sich für England gegen 
zu schlagen. Die Zeiten des Krimkrieges 
—* verblendeten Eitelkeit, für England die 
uͤn — du dem Feuer zu holen. sind vorbei, 
ain ie Türkei. Diese würde in einem neuen 
aid de ganze Existenz riskiren, da dann Bul⸗ 
—c Albanesen und Griechen und 
—* d auch Serben und Monienegrinet 
ng —88 wurden. So erntet England 
dee — recJoiniden 
kanden ane mmer viel Gewinn in allen 
usschlagen. aber keine Opfer bringen 
Ausland. 
London, 21. April. Reuter's Bureau meldet 
aus Ottawa: Es cursirt das Gerücht, Fort 
Pitt, nördlich von Battleford, sei in die Hände 
der Insurgenten gefallen; man befürchtet, daß alle 
Vertheidiger niedergemetzelt seien. 
London, 22. April. „Staudard“ will 
wissen, eine gestern nach Petersburg abgegangene 
Depesche wiederhole das Verlangen der Desabou⸗ 
rung des Vorgehens Kamaroff's, weil die Russen 
in dem Gefechte von Aktebe die Angreifer gewesen 
eien. — „Daily News“ sagen, Lumsden's 
Depesche mache die Krifis ernster als je; England 
erwarte aus Peterburg bessere Aufkkätungen als 
die bisherigen. 
Eokale und pfälzische Nachrichten. 
* St. Ingbert, 28. April. Mit dem 
deutigen schließt für die Volksschule das Schuljahr. 
Das neue Schuljahr beginnt am 1. Mai, an wel— 
hem Tage auch diejenigen Kinder neu aufgenommen 
werden, welche das vorgeschriebene Altet zurückge⸗ 
legt haben. 
Wer ein Freund der Naltur ist, der versaume 
nicht, in diesen Tagen, zur Vlüthezeit der Obst⸗ 
bäume, einen Spaziergang noch den benachbarten 
Weilern Sengscheidt und Reicheubrunn 
zu machen. Die Obstbäume daselbst stehen jetzt in 
doller Blüthenpracht und erfreuen das Herz durch 
ihren schönen Anblick und ihren angenehmen Duft. 
R. Neuhäusel, 20. April. Gestern ver—⸗ 
unglückte der Bergmann Joseph Biet von Kirkel 
in der Grube „Dechen“ dadurch, daß ein Stück 
dohle einen Stempel umschlug und ein noch größeres 
Stück auf den Unglücklichen Hiel, welches denselben 
Ileichsam erdrückte. Er war sofort tot. Dessen 
Bruder arbeitete zwar nur zwei Schritte davon, 
lonnte aber leider nicht helfen. Der Verunglückte 
war als fleißiger Arbeitser und beliebter Gesell⸗ 
chafter hier bekannt und unterhielt sich tagszuvor noch 
in frohem Sangeskreise mit seinen Kameraden aufꝰs 
schönste. Seine Frau verliert an ihm einen braven 
Ehemann und seine 8 unmündigen Kinder einen 
liebevollen und sorgsamen Vater und Ernaͤhrer. 
— Wie das Direktorium der Reichsbank be⸗ 
tannt gibt, wird die in Zweibrüden bisher 
vestandene Reichsbanknebenftelle am 10. Juni J. 
J. geschlossen werden. 
— Homburg, 22. April. Unter den Ge⸗ 
stellungspflichtigen bei der dies jahrigen Musterung 
dahier befand sich ein Konscribirter mit Meter 1.91 
Bröße und ein anderer wog mit Kleidung im 
Banzen 55 Pfd. G. A.) 
— In Bruden hat sich ein junger Mann 
erschofsen, weil er als tauglich zum Riluar atlan 
wurde. 
—In Kandel starb nach laͤngerem Leiden 
der k. Notar und Rath Jung, nunmehe der ältefte 
Notar der Pfalz. Mil ihm schied ein ehrenfefter 
Charakter aus dem Leben. 
— Landau, 21. April. Der 31 Jahre alte 
edige Fuhrknecht Franz Schulz von Herrxheim, 
jatte gestern auf einer Rollfuhre in Siebeldingen 
Wein geholt. Auf der Heimfahrt des abend⸗ ge⸗ 
rieth er unter die Räder des schweren Wagens, 
die ihm über die Brust gingen, und blieb sofort todt. 
— Ludwigshafsen a. Rh., 19. April. 
Buchdrudereibesitzet Volz, der die Postsendung ab⸗ 
er welche in Temeshar explodierie wurd⸗ 
verhaftet