gt. Jugherter Amziger.
Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert.
8 St. Ingberter Anzeiger“ erscheint wochentlich fünfmal: Am Montag, Dienstag, Donnerstag, Ctamstag und Sonntag; 2mal wöchentlich mit Unterhaltungs⸗
blatt und Sonntags mit Sseitiger illustrirter Beilage. Das Blatt kostet vierteljährlich 14 60 ⸗ einschließlich Trägerlohn; durch die Post bezogen 14 75 , einschließli h
d A Zustellungsgebuhr. Die Einruckungsgebühr faur die 4gespaltene Garmondzeile oder deren Raum beträgt bei Inseraten aus der Pfalz 10 , bei außerpfalzischen und solchen
auf welche die Expedilion Auskunft ertheilt, 1I5 A. Neclamen 30 —. Bei 4maliger Einrückung wird nur dreimalige berechnet.
M 80.
Politische Uebersicht.
Wie der „Pol. Corr.“ aus Odessa geschrie—
den wird, werden in Batum namhafte militärische
horbereitungen getroffen. Zwei Kriegsschiffe
ind von der Beförderung von allerlei Kriegsma⸗
crial, Festungs- und schweren Batterie⸗Geschützen,
owie Munition nach dem genannten Hafen vollauf
n Anspruch genommen. Es soll, wie es heißt,
in beirächtliches Korps zu dem Zwede concentrirt
derden, um die strategisch wichtige Bahn Tiflis⸗
poti unter allen Umständen sicherstellen zu können.
z3 werden alle Vorkehrungen getroffen, um auf
den ersten Befehl die Armirung des Hafens be—
verkstelligen zu können. — Eine gleich rege Thä—
igkeit herrsch im Asow'schen Hafen von
dertsch: Jenikale. Die erst nach dem Kriege da⸗
elbst, und zwar unterhalb des Mithridatberges
uufgeführten Befestigungen werden mit Geschützen
von größtem Kaliber armirt. Eine Reihe von
Strandbatterien, die zum Schutze des Golfes von
dertjch bestimmt sind. werden mit Beschleuniqung
hergestellt.
Deutsches Reich.
Berlin, 22. April. Ju der heutigen
teichstagssitzung war das Haus so leer
vie noch nie, offenbar weil alles als Mitglied oder
zuhörer in das Abgeordnetenhaus geströmt war,
um dort der kirchenpolitischen Debatte beizuwohnen.
die Wichtigkeit der verhandelten Gegenstände hätte
onst wohl ein zahlreiches Erscheinen veranlassen
ollen, da bei der Berathung der Zolle auf Baum⸗
vollgarne der alte Kampf zwischen Webern und
z„pinnern entbrannte. Durch den Zolltarif von
879 sind nämlich nach der Feinheit der Garn—
iummer abgestufte Staffelzölle auf Baumwollen⸗
zarne eingeführt, namentlich auf Andrängen der
urch die hohen französischen Schutzzölle geschädig⸗
en Elsaß⸗Lothringer und in der Absicht, in
Deutschland eine bedeutende Feinspinnerei zu er—
iehen. Dadurch war aber die Fabrikation von
Seiden · und Wollstoffen, welche der Baumwollen⸗
zjarne als Halbfabrikat bedarf, geschädigt und es
nachte sich daher namentlich seit Einführung der
dmission temporaire für die Seidenindustrie in
Frankreich eine lebhafte Agitation der benachthei⸗
igten Industrien geliend. In der That wurde
nachgewiesen, daß die Garne von größerer Feinheit
als Nr. 60 in Elsaß⸗Lothringen nicht zu haben
varen, sondern die Seiden · und Baumwollen⸗In⸗
dustrie nach wie vor auf den Bezug englischer
Garne angewiesen war. Es war daher berechtigt,
w verschiedene Anträge den Klagen der benach⸗
heiligten Industrien abzuhelfen suchten und zwar
xeschah diefes in doppeiler Weise. Einmal wurde
urch Antrag von freisinniger Seite das Instiut
der admission temporaire nach Deutschland zu
rpflanzen gesucht, doch muß dieser Versuch allec
dings an den bedeutsamen und schwerwiegenden
olgen seiner Annahme scheitern, da dam ohne
Iweifel auch alle anderen Industrien das Verlangen
d Zollzurückvergütung gestellt haben würden;
nationalliberale Abg. Penzig dagegen ging
n y anderen Basis aus, indem er auf Grund
* hatsache, daß die feineren Nummern als
—* in Deutschland producirt würden, mit der
Iiens der Zollstaffeln bei dieser Nummer
m ten und die höheren Nummern mit dem⸗
en Zohf mi⸗ vdi⸗ sier⸗ hesegen mithin alsa
Samstag, 25. April 1885. 20. Jahrg.
jegen den bisherigen Zustand seit 1879, eine
Zollherabsetzung der feineren Nummerga eintreten
assen wollie. Beide Vorschläge fanden sehr beredte
ind gründliche Vertretung, der erste durch die
derren Brömel, Trimborn und Bam-
derger, der zweite durch die Herren Penzig
und Buhl, bvon denen namentlich der letziere
großen Eindruck machte, da er Schutzzöllner ist
ind für den Schutz der normalen Arbeit eintritt,
in diesem Falle aber zu dem Schlusse kam, daß
das Interesse der gesammten Weberindustrie stärker
inregen muͤsse, als das isolirte der elsässischen
ZSpinnereien, denn die übrigen Spinnereien Deutsch
ands produciren allerdings nicht die feineren
Barnnummern. Die Bekaͤmpfung der Anträge
vurde durch den Elsässer Grad und die Regier⸗
ing geführi, denen der Abg. v. Fischer zur
Seite trat, weil er das Rütteln an dem Tarif
bon 1879 mißbilligte. Am geschicktesten, wie fasi
ets, war der Minister v. Bötticher in der
Vertheidigung der bestehenden Sätze, und wenn
ihm eine Aeußerung entschlüpfte, welche die Ab⸗
sicht eines erhöhten Zollschutzes für die feineren
Garnnummern anzudeuten schien, so beeilte er sich,
diese Ausiegung in einer zweiten Rede abzuschnei⸗
den. Natürlich ging es auch diesmal nicht ohne
Reibereien ab, doch hatte der Abg. Bamberger den
zuten Geschmack, einen Ausfall gegen die Regier⸗
ingsvertreter wegen ihrer Gleichgiltigkeit gegen die
Industrie in persönlicher Bemerkung in gewüͤnschter
Weise zu modificiren. Den Sieg errang zum
Schluß die Ansicht der Regierung.
Berlin, 22. April. Die Arbeiterschutzgesetz⸗
dommission des Reichstages hat in ihrer Mehrheit,
destehend aus den Konservativen, dem Zentrum und
den Sozialdemokraten den Beschluß gefaßt, daß auch
in den Gastwirihschaften die Gehilfen und Lehrlinge
Sonntags nur fünf Stunden beschäftigt sein dürfen.
Da sich nun in dem betreffenden Enwwurfe zugleich
die Bestimmung findet, daß die Geschäftszeit für
alle Gehilfen und Lehrlinge in demselben Betriebe
die gleiche sein muß, sind also die sämmtlichen
Wirihschaften, soweit nicht die Wirthe selber zur
Bedienung der Gäste genügen, an allen Sonntagen
auf einen fünfstündigen Geschäftsbetrieb beschränkt
Berlin, 22. April. Abgeordnetenhaus
Präsident von Köllner eröffnet die Sitzung um 11
Uhr 15 Minuten. Der Antrag des Abg. Windt⸗
jorst betreffend die Aufhebung des Sperrgesetzes
vird nach längerer Verhandlung mit 182 gegen
128 Stimmen abgelehnt. Später wurde auch der
weite Antrag des Abg. Windthorst auf Freigebung
des Messelesens und des Sakramentspendens mit
159 gegen 127 Stimmen verworfen, Für beide
Anträge stimmten das Centrum, die Polen und
ein Theil der Deutschfreisinnigen.
Berlin, 23. April. Die Zolltarif⸗Kommission
hat beschlossen, den Zoll für Reis zur Stärkefabri⸗
sation auf 3 Mark zu erhöhen. Der Antrag
Franckenstein auf Rückvergütung des Cacao und
Zuckerzolls bei der Ausfuhr von Chocalade wurde
abgelehnt, dagegen eine Resolution ähulichen Inhalts
angenommen. —
Berlin, 23. April. Der Bundesrath hat
die Einführung der Berufung mit geringer Mehrbeit
abgelehnt.
Berlin, 28.
vies einen Antrag
ines Gesetzes über
Beschlagnahme von
di⸗e Muaäschöi—⸗
Kiel, 22. April. Von den für den politi—
schen Dienst bestimmten Schiffen unserer Marine
befinden sich zur Zeit sechszehn Kreuzer in außer⸗
europäischen Gewässern, die zusammen 143 Geschütze
führen und eine Besatzung von 3468 Mann haben,
Von diesen Schiffen kehren demnächst drei in die
deimath zurück, und zwar: die Kreuzerkor vette
Olga“ (10 Geschütze und 27 Mann) von der
vest; afrikanischen Station, die Brigg „Rover“ (6
Beschütze und 78 Mann) von einer größeren
lebungsfahrt, und die Kreuzeckorvette „Nymphe“
9 Geschütze und 111 Mann) von der westameri⸗
sanischen Station. „Olga“ und „Rover! verbleiben
nach ihrer Heimkehr als Freiwilligen-Schulschiffe in
Dienst und werden dem im August zu bildenden
Beschwaderverbande beitreten Als Ersatz für
„Olga“ ist heute der Kreuzer „Cyclop“ (4 Geschütze
und 67 Mann) von Wilhelmshaven nach der
vestafrikanischen Station in See gegangen. —
Die Kreuzerkorvette „Ariadne“ (8 Geschütze und 288
Mann), welche hier gestern Abend aus Wilhelms⸗
haven eintraf, geht morgen nach Friedrichsort, um
die Schiffszungen an Bord zu nehmen.
Darmstadt, 23. April. Die Konigin von
England und Prinzessin Beatrice sind heute Morgen
um 8 Uhr hier eingetroffen.
Ausland.
Newyork, 20. April. Die Legislatur des
Staates Connecticut hat am leßgten Montag fast
einstimmig eine Bill angenommen, welche eine
Strafe von 5000 Dollars oder zwanzig Jahren
Gefangniß auf die Herstellung und den Gebrauch
bon Dynamit zu verbrecherischen Zwecken setzt.
Fine gleiche Strafe trifft Personen, welche Geld
zur Verübung eines Verbrechens mittelst Dynamit
heisteuern oder die Verübung eines solchen befür⸗
vorten. Die Bill schreibt ferner eine strenge
Ueberwachung der Händler in Dynamit vor.
Lokale und vfalzische Rachrichten.
*St. Ingbert, 24. April. Unser Reichs⸗
sagsabgeordneter, Herr Oscar Krämer, hat kürz⸗
ich auf die ihm vor einiger Zeit aus landwirth⸗
chaftlichen Kreisen des Wahlbezirkzß zugegangene
dankadresse für seine Abstimmung über die Ge⸗
reidezölle in einem Schreiben an den 1. Vorstand
des landwirthschaftlichen Bezirlskomites in Zwei⸗
zrücken, Herrn Freudenberg, dankend erwiedert, daß
es auch hinfort, gleich wie bisher, sein eifriges
Bestreben sein werde, die Interessen des Wahlkreises
nach Kräften zu fördern und zu wahren.
*Si. Ingbert, 24. April. Eine recht un⸗
angenehme Erfahrung sollle kürzlich dahier ein aus⸗
wärtiger Geschäftsmann mit einer Pfändung und
harnach folgende Zwangsversteigerung machen.
dm nämlich die durch das Pfändungs⸗ ⁊c. Ver⸗
jahren entstandenen Kosten zu decken. mußte er dem
bei der Versteigerung erlösten geringen Betrage
noch ein erkleckliches Sümmchen beilegen. „Wo
nichts ist, ist halt nichts zu holen.“
*In Ergänzung einer kürzlich gebrachten Mit⸗
heilung üder einen im Steinbruch bei Gers heim
jorgekommenen Unglücksfall geht uns die Nachricht
uu, daß dem schwerverleßten Arbeiter eine Gabe
Sr. K. Hoheit des Prinzen Luitpold im Betrage
von 50 Mark zut heil geworden ist.
— Aus dem Westrich, 22. April. Dem
„Pf. Museum“ wird berichtet: Im Westrich,
wischen Sit. Ingbert und Neuhausel liegt an der
2niserstraße unfern der alfen Fehf⸗ GOirtel ve