Full text: St. Ingberter Anzeiger

Geiskircher Hof. Dabei wird der Oct gezeigt, wo 
einst eine Kirche (hl. Geisttirche?) stand. Heute 
noch, wo nur mehr einige Steine, die spärlichen 
Ueberreste des ehemaligen Gotteshauses, vorhanden 
sind, pilgern die Gläubigen der Umgegend am 
Tage der hl. Dreifaltigkeit zu dieser geweihten 
—AV 
Nur ein Stein der Kirche ist übrig. der die Spuren 
kunstgeübter Arbeit trägt; es ist dies der Schluß— 
stein eines gothischen Kreuzgewölbes von mäßiger 
Größe. Dies Sandsteinwerkstück zeigt im Schilde 
der Unteransicht ein Bildwerk (agnus dei 7), das 
durch starke Verwitterung sehr gelitten hat und 
nicht mehr genau zu erkennen ist. Seitlich find 
die Ansätze von vier Gewölberippen deutlich er⸗ 
halten; sie haben das gothische birnförmige Proil 
zwischen zwei Kehlen. — Möglicherweise kann ein 
Freund der heimathlichen Ortskunde Aufschluß über 
die Geschichte genannter Kirche geben, was wohl 
für Viele Interesse haben würde. 
— Von den sechskursigen Kreis⸗Real- 
schulen, welche aus Kreisfonds vollständig unter⸗ 
halten werden, erhält u. A. Kaiserslautern 51,274 
Mark. Für die übrigen sechs⸗ und vierkursigen 
Realschulen, welche im Königreich nur Zuschüsse 
aus Kreismitteln erhalten, sind sür 1885 u. A. 
zenehmigt: Speyer 18,088 Mt., Landau 17,650 
M., Neustadt 17,140 M., Zweibrücken 17,080 M. 
— Pirmasens, 20. April. Die Flucht 
der beiden protestantischen Schulverweser Reich 
und Hamm von hier war nicht blos dem „Ka⸗ 
nonenfieber“ vor der Jehres- und Anstellungs⸗ 
prüfung zuzuschreiben, sondern sie ist die unaus— 
bleibliche Folge eines höchst verschwenderischen und 
leichtfinnigen Lebenswandels, eine längst vorberei⸗ 
tete, systemathische Flucht, mit Hinterlassung vieler 
Schulden und zweier betrogenen Bräute. Seit 
Monaten haben die Lüftlinge kein Kost- und 
Miethgeld bezahlt, dagegen in allen hiesigen Zirkeln 
von Jung-Pirmasens verkehrt, viele Reisen in aus⸗ 
wärtige Theater, Konzerte, Bälle und dergl. ge⸗ 
macht, Kleider von Straßburg und Schuhe massen⸗ 
haft auf den 1. April von hier bezogen, um an 
diesem Tage zu verschwinden. So sind die Pir— 
masenser schon lange nicht mehr in den April ge— 
schickt worden, wie in diesem Jahre, und es ist der 
Kredit junger Leute dadurch sehr erschüttert. Der 
eine der beiden Flüchtlinge schrieb., dem „Pf. Vbl.“ 
zufolge, doch noch an seine Eltern, daß er ir 
Amerika sich bestreben werde, so viel zu verdienen, 
daß er alle seine Gläübiger befriedigen werde. Ob 
auch seine Braut, der er 2000 Mark abgepumpt 
hat? Der Andere ließ zum Schaden auch noch den 
Spott zurück und sollte am 25. ds. Mts. getrauf 
werden. Seine seit Neujahr gemiethete, mit neuen 
Möbeln ausgestattete Wohnung und seine Braut 
mit 12,000 Mark Vermögen haben auch das 
Nachsehen. 
— Bundenthal, 20. April. (Waldbrand.) 
Gestern kurz nach 12 Uhr Mittags brach in den 
jungen Eichenanpflanzungen im Schlage „Seugen“ 
ein Brand aus, der die ganze Anlage, zirka fünj 
Morgen, zerstörte. Man glaubt, daß der Brand 
durch Unvorsichtigkeit einiger Kinder entstanden sei. 
— Landstuhl, 21. April. (Torf⸗Brand.) 
Heute Nachmittag gegen 2 Uhr verkündeten, wie 
das „L. T.“ berichtet, die Sturmglocken und Feuer— 
wehrsignale der hiesigen Einwohnerschaft den Aus— 
bruch eines Brandes und eine dichte Rauchwolke 
bezeichnete als Brandobjekt die Torfwiesen zwischen 
der Distriktsstraße nach Ramstein und der Kuseler 
Bahnstrecke nächst dem Staatswalde. Das Feuer, 
welches etwa um 12 Uhr entstanden sein mochte, 
zatte sich in der kurzen Zeit bereits auf eine be— 
deutende Fläche ausgedehnt und dürfte kaum heute 
oder morgen vollständig gelöscht werden können. 
— Eine 56 Ctm. lange Schlange ist gestern 
Nachmittag von einem Spaziergänger bei Landstuh' 
aufgefunden und getödtet worden. 
— Kusel, 21. April. Zur Erinnerung an 
die erste hl. Kommunion seiner jüngsten Tochter 
hat der Rentuer und Gutsbesitzer Herr Ludwig 
Benzino dahier, dem Hospital der Stadt Kusel 
170 Mark als Geschenk überwiesen. 
— Vom Glan, 21. April. Der Verwal⸗ 
tungsrath des Pfälzer Bienenzucht-⸗Vereins wird sich 
am 27. April l. Is., Vormittags halb 9 Uhr, in 
der Wirthschaft von Jänisch in Kaiserslautern ver⸗ 
sammeln zu einer Sitzung mit folgender Tages— 
ordnung: 1. Feststellung der Thematas für die 
Referate der diesjährigen Haubpthersammlung. 2 
honorirung der zur Preisbewerbung eingelaufenen 
Arbeiten. 8. Wahl eines Vereinsrechners an die 
Stelle des verstorbenen Lehrers Renner. — Bienen⸗ 
freunde machen wir darauf aufmerksam, daß Wittwe 
Renner am nächsten Samstag, dea 25. April 
Mittags 2 Uhr, zu Weltersbach 20 italienisch— 
Bienenvölker in Kasten versteigern läßt. 
— Vom Glan, 22. April. In Oden— 
hach verstarb vor einiger Zeit ein jüdisches Ehe— 
hyaar, Mathias und Ester Grünebaum 
deren Kinder und Erben sich sämmtlich in Chi— 
cago niedergelassen haben. Letztere haben nun 
inen großen Theil des elterlichen Nachlasses zu 
Schenkungen an verschiedene Wohlthäter ihrer Eltern 
hestimmt und ferner angeordnet, daß 100 M. der 
üdischen Gemeinde Odenbach und der gleiche Be— 
trag der prot. Kirche das. überwiesen werde. 
— Kaiserslautern, 21. April. Karl 
DHeil von hier, Soldat des kgl. II. bayr. Jäger⸗ 
bataillons in Aschaffenburg, hatte am letzten Sonn« 
sage Garnisonsurlaub bis Nachts 12 Uhr erhalten. 
Derselbe setzte sich jedoch in die Bahn und fuhr 
don Aschaffenburg hierher. Als er. nwoz, aller 
Drohungen seiner Mutter, sogar bis zum heutigen 
Tage nicht in seine Garnison zurückkehrte, erstattete 
diese bei der hiesigen Gendarmerie Anzeige. Während 
aber die Mutter sich zur Gendarmerie begab, nahm 
der Sohn einen Strick und erhängte sich. Der 
Bräutigam der Mutter entdeckte ihn und schnitt 
den künftigen Sohn ab. 
— Dackenheim, 21. April. (Waldbrand.) 
Gestern Nachmittag zwischen 2 und 3 Uhr wurden 
die Bewohner in unseren Nachbargemeinden 
Weißenheim a!B. und Bobenheim a B. durch die 
Sturmglocke in nicht geringe Aufregung versetzt. 
Dicke Rauchwolken, welche im Walde unweit des 
Dorfes Weißenheim emporstiegen, waren die Ver— 
anlassung. Trotz der raschen Hilfe hat das ver— 
heerende Element auf einem Kompler von zirka 30 
Morgen nicht unbedeutenden Schaden verursacht. 
— Aus Amerika kommt die Nachricht, daß 
derr Jakob Müller aus Cleveland, Ohio, zum 
nnerikanischen GeneralKonsul für Frankreich er⸗ 
riannt worden ist. Müller ist bekanntlich ein 
Bfälzer, geboren in Alsenz. Er war Gehilfe 
dei Notar Schmidt in Kirchheimbolanden, mit dem 
er als treuer Parteigenosse 1848 nach Amerika 
uWswanderte. Er war der Schwiegersohn von 
—„chmidt und betrieb mit Louis Ritter (ebenfall⸗ 
ius Kirchheimbolanden) seit 25 Jahren ein Ad⸗ 
nokaturgeschäft in Cleveland. Müller steht in hohem 
Ansehen bei den Deutsch-⸗Amerikanern im Westen 
und übte auf dieselben durch Wort und Schrif! 
ser ist Theilhaber und Mitarbeiter der von seinem 
derstorbenen Schwager Aug. Thieme begründeten 
einflußreichen deutschen Zeitung ,Wächter am Erie“) 
einen bedeutenden Einfluß. Müller gehörte früher 
der republikanischen Partei an. Die Korruption 
des Beamtenstandes der republikanischen Regier⸗ 
ungen, die schamlosen Agitationen der republika⸗ 
nischen Berufspolitiker, die Ausschreitungen der von 
den Republikanern unterstützten Temperenzbewegung 
u. a. trieben ihn ins Lager der demokratischen 
Partei, für welche er mit der ihm eigenen Aus— 
dauer seit den letzten 10 Jahren namentlich bei 
der letzten Kampagne für die Wahl Clevelands, 
wirkte. Müller war inzwischen öfler wieder im 
alten Vaterlande so namentlich während des Krieges 
1870 -71; seine damaligen Bemühungen für 
Auftreibung, von Liebesgaben für unsere Krieger 
ind in der ganzen Pfalz gewürdigt worden. Schließ⸗ 
lich erwähnen wir noch, daß der alte 1884er ein 
intschiedener Freund des deutschen Kaiserreiches ist. 
FeFrankenthal, 21. April. Wegen eines 
Vergehens des einfachen Bankerotts wurde heute der 
Tabakhändler und Cigarrenfabrilant Korn von 
Speyer zu 1 Monat Gefängniß verurtheilt Korn 
jatte mit einer Ueberschuldung von 215,000 M., 
welche reichlich zur Hälfte von Börsengeschäften 
—58 im Juli v. Irs. seinen Konkurs selbff 
erklärt. 
Verrmischtes. 
F Dudweiler, 22. April. Ein ehrlicher 
Dieb. Vor ungefähr 2 Jahren wurden einem 
hiesigen Zimmermeister eine Anzahl Hobel gestohlen, 
ohne daß es dem Betreffenden gelang, den Dieb 
ausfindig zu machen. Wie erfreut war der Be⸗ 
stohlene doher dieser Tage, als er Morgens seine 
Hausthür öffnete, und vor dieser alle die ihm vor 
2 Jahren gestohlenen Hobel sorgfältig in Reih und 
Glied gestellte wieder vorfand. Nicht ein einziger 
fehlte Der Dieb mag wohl von seinem Gewisser 
durch eine letzthin sehr wahrscheinlich vorgenommen 
Beichte sehr gequält worden sein, weil er jetzt noe 
so langer Zeit das Gestohlene zurückerstattete. 
F Der Reisende ins Milliarden 
land“, Herr Victor Tissot, hat seine Studie— 
über deutsche Art und Sitte bekanntlich auch qu— 
das schöne Land Baden ausgedehnt und am Nedqa 
und Rhein die seltsamsten Beobachtungen gemacht 
Jeßt wird aus Freiburg i. Br. geschrieben, du 
Herr Tissot schon früher einmal Gelegenheit hatte 
deutschen Brauch kennen zu lernen, daß er abe 
schnöde den lieblichen Geländen der badischen Uni— 
versitätsstadt den Rücken kehrte. Die Sache truc 
sich so zu: Im Sommer 1861 hielt sich j⸗ 
Freiburg ein junger Franzose auf, Namens Tissot 
Aus unklaren Gründen gerieth er mit einem Stu 
denten, Namens Albuquerque, in Streit un— 
wurde durch allerlei Beschimpfungen, wie z. 8 
„Feigling“, genöthigt, dem Studenren eine Forder— 
ung zuzustellen. Sie lautete auf Pistolen. Al— 
aber die Sache in den Zeitpunkt des ernsthaften 
Vollzugs eintrat, wäre Herr Tissot gern zurüche— 
treten. Um dies zu verhindern, nahm man ihn 
das Ehbrenwort ab, sich am folgenden Tage in 
Suggenthal bei Waldkirch zum Zweikampf zu 
stellen. Dort suchte er im häusigen Genusse von 
mitgebrachtem Branntwein Muth, dann beschwor 
er seinen Gegner, er möge von dem Zweikampf 
abstehen. Das Corps, dem Herr Albuquerque 
angehörte, gab schließlich dem Franzosen ein 
Stunde Bedentzeit, die er dazu benutzte, sich aus 
dem Staube zu machen. In Freiburg hattie er 
ehe er verduftete, noch überall ausgesagt, der 
Zweikampf hätte nicht vollzogen werden können 
weil sein Gegner nicht ouf dem Kampfplatze er 
schienen sei. Der Herr Tissot. dessen wackere: 
Benehmen obige, einer Aufzeichnung vom Jahr 
1861 nacherzählte Darstellung klar legt, ist nur 
der nämliche Herr, der etwa 15 Jahre später das 
vielbesprochene berüchtigte Buch üorr Deutschland 
geschrieben hat. 
fFAugsburg, 20. April. Heute Abend 
wurde auf dem hiefigen Bahnhof der Fabrikarbeiten 
J. Winkler von Pfersee, dessen Frau seit 16 
Februar 1885 spurlos verschwunden ist, in dem 
Augenblicke von der Gendarmerie festgenommen, als 
er mit seiner Geliebten nach Amerika abreiser 
wollte und bereits ein Billet nach Hamburg gelost 
hatte. Winkler ist des Mordes dringend verdächtig. 
Augsburg, 21. April. In den letzten 
Tagen wurde Schwaben von mehreren großen 
Brandfällen heimgesucht. In Stillenau bei Bis⸗ 
singen sind nach einer Mittheilung der „Abendzei 
tung“ in der Nacht vom 18. auf 19. April 22 
Firste abgebrannt und dabei 8 Menschen schwe— 
verletzt worden; ferner wurden vom 17. auf 18 
April in Steinheim bei Dillingen durch Schaden⸗ 
feuer 23 Häuser zerstört und endlich ist in-der Nach 
vom letzten Sonntag auf Montag die Schlöple⸗ 
wirhschaft in Schwabmünchen niedergeörannt. Ueber 
die Entstehungsursachen ist noch nichts bekannt. 
fNürnberg, 21. April. Bis jetzt gestalten 
sich die Auspizien für die internationale Metallar⸗ 
beiten⸗Ausstellung auch in finanzieller Beziehung 
sehr günstig. Das Lotterie⸗-Unternehmen hat eir 
Mainzer Bankhaus fest Ubernommen, für die Re— 
—XD 
auch die Garderobe verpachtet worden, dieselbe iß 
Herrn Schmidt von München übertragen worden 
velcher auch hiermit bei der Landesausstellung be— 
traut war. Derselbe zahlt für die heutige Aus— 
tellung für die Garderobe 15,000 Mt. Pachtgeld. 
Als Kuriosum sei erwähnt., daß bereits füh den 
Pacht der Aborte ein Offert von 1500 Mevoc⸗ 
liegt. Der Versicherungswerth der sämmkllichen 
Aussteslungsobjekte beträgt gegen 4 Mill. Mark. 
4 Frankfurt, a. M. 21. April. Ein 
Al bum mit mehr als 4000 Briefmarken, wo— 
runter sich sehr werthvolle Raritaten befanden, wurde 
don einem hiesigen Herrn an einen Offenbachen 
Sammler um 750 Mark verkauft. 
FFrankfurt a. M. Eine Feuerloschptobe 
soll hier in den nächsten Tagen vorgenommen 
verden, welche das Publikum gewiß sehr interejt 
iren dürfte. Herr Ingenieur“ Louis Dill dahier 
hat nämlich dem Feuer⸗ und Fuhramte die „Hand⸗ 
Granaten⸗Feuerlöscher“ empfohlen und es soll nur 
eine Probe im Beisein der höheren Beamten de— 
Feuer. und Fuhramtes, sowie der sich für di 
Sache interessitenden Fachleute abgebalten werden