ʒt. Iusherter Amzeiger.
Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert.
r St. Ingberter Anzeiger“ erscheint wbchentlich fünfmalz Am Blontag, Dienstag, Donnerstag, Samstag und Sonntag; 2mal wöochentlich mit Unterhauusgb⸗
lau und Sonntags mit Sseitiger illustrirter Beilage. Das Blatt kostet vierteljährlich ).AM G60 A einschließlich Traägerlohn; durch die Post bezogen 1.M 75 4, einschließliq
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auf welche die Expedition Auskunft ertheilt, Iß d, Neclamen 30 . Bei 4maliger Einrückung wird nur dreimalige berechnet.
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Donnerstag, 30. April 18885.
20. Jahrg.
Politische Uebersicht.
Deutsches Reich.
München, 28. April. Die Handels⸗ und
Bewerbekammer von Oberbayern beschloß einstimmig,
in den Reichstag die Petition zu richten, alle noch
zicht in Kraft getretenen, aber schon beschlossenen
zollerhöhungen auf die Herbstsession zu vertagen
uind in der Zwischenzeit die betheiligten Erwerbs⸗
reise anzuhören.
München, 28. April. Neuerliche Gesucht
im vorzeitige Zulassung zur Prüfung für den ein⸗
ährig⸗freiwilligen Dienst veranlassen die k. Staats⸗
ninisterien des Krieges zu der Bekanntgabe, daß
derlei Gesuche um Altersdispens eine Berüchsichtig⸗
ing nicht mehr erhalten werden, da Gründe für
trenge Einhaltung des 8 89 der Ersatzordnung
orliegen, nach welchem Berechtigungen zu frag⸗
ichem Dienste nicht vor vollendetem 17. Lebens⸗
ahre nachgesucht werden dürfen.
Berlin, 28. April. Die zweite Berathung
m Plenum des Bundesratihs über den Gesetzent⸗
vurf betreffend die Abänderungen von Bestimm⸗
ingen des Gerichtsverfassungsgesetzes und der
Strafprozeßordnung wird voraussichtlich am nächften
donnerstag stattfinden. Inzwischen liegen die An⸗
räge des Justizausschusses betreffend die Zusammen⸗
etzung der Schwurgerichte vor.
Ausland.
Paris, 29. April. Sicherer Informatisn
ufolge hat in dem gestrigen Ministerrathe Frey⸗
inet die letzten Depeschen der Botschafter in Peters⸗
surg und London mitgetheilt, wonach Hoffnung,
jen Conflikt friedlich zu lösen, kaum mehr gehegt
verden darf. Der Botschafter in Petersburg meldet,
»aß die Annahme der englischen Forderung. eine
Antersuchung bezüglich der Verantwortlichkleit für
»en Zusammenstoß am 30. März und des noch
veiteren Vorschlages, diese Frage einem Schieds⸗
jerichte zu unterbreiten, nicht erfolgen wird. Aus
dondon wurde berichtet, daß die Ablehnung des
Borschlags voraussichtlich die Abberufung des eng⸗
ischen Botschafters aus Petersburg mit Hinter⸗
assung eines Geschäftsträgers — also noch nicht
Abbruch der diplomatischen Beziehungen — zur
Folge haben werde.
London, 29. April. Der „Standard“ will
von einem eingegangenen Telegramme wissen, wo⸗
jach die russischen Truppen Merutschal besetzt hätten.
dem Heimwege bis auf die Haut durchngaßt.
Hoffentlich lassen sie sich dadurch die Lust zum
Wiederkommen nicht verderben.
*St. Ingbert, 30. April. Wie wir in
»er Montags-Nummer ds. Bl. berichteten, hatte am
Sonntag Morgen die älteste Tochter des Berg⸗
nannes Marseiner dahier das Unglück, ihr
tjahriges Brüderchen mit kochendem Kaffee zu über⸗
chütten. Trotz ärztlicher Hilfe erlag das Kind den
erhaltenen Brandwunden und wurde gestern beerdigt.
* St. Ingbert, 30. April. Als Seltenheit
vird uns mitgetheilt, daß Herr Seifenfabrikant
David Kahn in seinem Garten, also im Freien,
chon blühende Rosensträucher hat.
— Pirmasens, 27. April. Die Redaktion
des „Pirm. Anz.“ haite dem Reichskanzler eine
stummer des „Unterhaltungsblattes zum Pirma⸗
enser Anzeiger“, worin ein Gedicht des Herrn
Studienlehrers Dörschl, „Das Schwarz⸗Weiß ⸗ Roth⸗
Zuch des wieder auferstandenen Haus Sachs“ zum
Preise des deutschen „Reichs⸗Schuhmachers“ ent⸗
zalten ist, nebst einem Glüchwunsche gesendet. Dem⸗
elben hatte Herr Schuhfabrikant L. Kopp ein paar
Jübsche Hausschuhe, als Leistungsprobe der hiesigen
dollegen des Reichs ⸗Schuhmachers, beigelegt, wofür
jeute früh an die Adresse des Redatleurs Lützel
olgendes Danbkschreiben in des Reichskanzlers kraͤf⸗
igen Schriftzügen eintraf: „Berlin, 20. April
1885. Die mir zu meinem Geburtstage übersandte
Festgabe und die sie begleitenden Glückwünsche
jaben mich sehr erfreut. und bitte ich Sie für diesen
VBeweis Ihres Wohlwollens meinen verbindlichsien
Dank entgegenzunehmen. v. Bismard.“
— Die Tochter des früheren Pfarrers Gröbe
in Edenkoben ist bei einem Brande in Phila⸗
delphia, wo dieselbe Gouvernante war, verunglückt.
Sie sprang nämlich, um sich zu retten, aus dem
ierten Stocwerl in den Hof und starb infolge
des Sturzes.
— Edenkoben, 27. April. Eine Fuchs⸗
jagd mit Kanonen — das ist das Neueste, was
zu melden; am Samstag Nachmittag wurde hier
ꝛine solche bewerkstelligt. Oberhalb des Hüten⸗
zrunnens am Zweiterberg entdeckte man einen
Fuchsbau, der sich nicht abgraben ließ; es wurde
rine veritable Kanone, sogen. Feldschlange, mit 1
Pfund Pulver geladen, vor die Oeffnung gebracht,
der Schuß mittelst Zündschnur entzünder und dann
die Einfahrt verstopft. Nach kurzer Zeit wieder⸗
hjolte man dieses Verfahren und da nirgends ein
Entweichen des Dampfes bemerkbar war, so wird
angenommen, daß derselbe sich im Bau verbreitet
ind alle Insassen desselben getodtet hat.
— Nach einem Erlasse des bischöfl. Ordina⸗
ziates Speyer kommt mit Beginn der Sommer⸗
schule für die drei ersten Schuljahre ein neuer ver⸗
hefserter Katechismus in Gebrauch. Auch bestimmt
dieser Erlaß das Pensum der Religion (Katechis⸗
mus und Bibl. Geschichte) ganz genau.
»Impreußischen Abgeordnetenhause
eginnt heute Donnerstag die Plenarberathung des
jelgenannten Antrages Huene und dürfte dieselbe
nindestens den Rest der Woche ausfüllen.
* Der „Reichs⸗ und Staatsanzeiger“
ublicirt die Ernennung des ordentlichen Mitgliedes
——
atheßs Dr. Koch in Berlin, zum ordentlichen
xofessor an der Berliner Universität, unter gleich⸗
einiger Verleihung des Charakters als Geheimer
Ledizinalrath.
»Der Erbgroßherzog von Baden hat
h in Wien mit der Prinzessin Hilda von
tassau verlobt. Die Verlobung wird von der
adischen Bevölkerung mit freudigster Theilnahme
egrüßt, da sie ganz deren Wünschen entspricht.
»Der englisch⸗russische Konflikt
eigt noch immer dieselbe unbestimmte Physiognomie
nie schon seit einer Woche. Die Zeitungsnachrichten
us London und Petersburg wechseln in der Stim⸗
uung bestaändig; während die „Moskauer Zeitung“
neinem ihrer jüngsten Artikel einen überraschend
iedlichen Ton anschlägt und dringend für eine
erftandigung zwischen England und Rußland
laidirt, ergehen sich die „Times“ wieder einmal
allerhand kriegerischen Drohungen. Zur Klär⸗
ng der Lage haben auch die Erklärungen, welche
It. Gladstone in der Montagssitzung des Unier⸗
wses abgab, nicht gerade beigetragen. Der eng⸗
che Premier äußerte, die Regierung sei sich der
weren Verantwortlichkeit, die Ehre Englands
irecht zu erhalten, bewußt, während fie gleichzeitig
e Pflicht habe, Alles aufzubieten, um den Krieg
a vermeiden. Lumsden habe Offiziere nach Lon⸗
on entsandt, um Granville genaue Informationen
czüglich der Pendjeh⸗Affaire zu dringen. Die
erhandlungen mit Ruͤßland wurden aber inzwischen
iht abgebtochen. — Einstimmig ist der elf⸗Milli-
nen· Kredit vom Unterhause noch am Montag an⸗
nommen worden. — Reuter's Bureau bringt
Aende allarmirende Meldung: „Der Krieg uin
udermeidlich, der Kaiser wird heute (Dienstag)
ich Moskau abreisen und dort ein Manifest er⸗
ssen. Inzwischen ist diese Meldung bereits wieder
mentirt worden). Der Times“ zufolge unter-
ꝓ es keinem Zweifel, daß falls England's Vor⸗
die Frage, ob Komaroffs Angriff ein pro⸗
b gewesen sei, einem Schiedsgericht zu unter⸗
en. von Rußland ablehnend beanwortet werde,
d Abbruch der diplomatischen Beziehungen folgen
7 Die Nachricht, Kaiser Alexander habe
—9 ein Schreiben an Kaiser Wilheim gerichtet
demselben von dem Sinken der Friedens
udichten gesprochen, wird als erfunden bezeichnei.
LEokale und pfälzische Nachricht⸗e⸗
*St. Ingbert, 30. April. MPostalisches.)
das Postbürau befindet sich von heute Nachmittag
in in den Parfterre⸗Lokalitäten im Hause des
herrn Rentner Graffion (früher Schlaudeckersche
Vohnung.) Gleichzeitig wird darauf aufmerksam
jemacht, daß Packete, mit und ohne Werth sowie
rinschreibebriefe mindestens 1 Stunde, gewöhnliche
Zriefe » Stunde vor jedem Zuge aufzuliefern
ind, wenn mit Sicherheit auf den Abgang mit
zer nächsten Post gerechnet werden soll.
*Sit. Ingbert, 30. April. Am gestrigen
Tage, dem sogenannten ‚kalten Mitwoch“, der in
Zreußen als Buß⸗ und Bettag gefeiert wird, haite
ich unsere Stadt, gleichwie in früheren Jahren,
ines sehr zahlreichen Besuches aus der preußischen
stachbarschaft zu erfreuen. Für die meisten der
häste sollte freilich der am Nachmittag eintretende
stegen recht unangenehm werden. Denn nachdem
ije mit „Münchener“ und diversen anderen „Baye⸗
ischen“ ihren inneren Menschen gehoͤrig angefeuchtet
satten, wurde nun auch der äußere Mensch auf
Vermischtes.
Dem Mesti enaufstand in Canada
urte durch 9 nad Niederlage. welche
me Wddieton dan sacze Bologe
hehracht hat, der Todessioß verjetzt worden sein.
e letzteren, die iht oberster Chef, Riel, selbst be⸗
igte, wurden nach 7stuündigem Gefecht in die
lucht geschlagen und erlitien starle Verluste.
7 In Senn heim (Elsaß) hat sich ein acht⸗
ahriger Knabe eriränkt. Der jugendliche Selbst⸗
norder, ein durchaus nichtsnutziger Schlingel, sollte
n eine Besserungsanstalt verbracht werden und die
Furcht davor hat ihn in den Tod getrieben.
f Karlsruhe, 27. April. Oberst von der
Marwitz, Chef des Generalstabs des XIV. Armee-
orps, ist in Folge eines unglücdliches Sturzes vom
Pferde, gestorben.