Full text: St. Ingberter Anzeiger

des hiesigen Polytechnikums, welche auf Veranlass⸗ 
ung dieser Kommission durch Professor Wüllner 
ind Dr. Lehmansn ausgeführt wurden, und welche 
ine Prüfung der Einwirkung von glühenden 
Drähten und elektrischen Funken auf ein künstlich 
Jergestelltes Gemisch von schlagenden Wettern, das 
zus neun Theilen leichtem Wasserstofsgas und 91 
Theilen atmosphärischer Luft bestand, zum Zweck 
qatten. Es konnte dabei die erfreuliche Thatsache 
lonstatirt werden, daß zur Eutzündung solcher 
schlagender Weiter eine sehr hohe Temperatur er⸗ 
forderlich ist. da Kupfer⸗, Silber und Eisendrähte 
abschmelzen, ohne daß fie zünden, wahrend man 
mit meist glühendem Platindraht jedesmal eine Ent⸗ 
zündung hervorrufen konnte. Elektrische Funken 
nüssen ebenfalls von besonderer Stärke sein, wenn 
ie eine Explosion jenes Gemisches bewirken sollen. 
Nach Ansicht der Kommission wurde durch diese 
Verfuche als festgestellt erachtet, daß die gebräuch⸗ 
ichen Sicherheitslampen von guter Konstruktion in 
den meisten Fällen in entzündlichen Gasgemischen 
ast absolute Sicherheit bieten. 
Dagegen mußte die Kommission bei ihren wei⸗ 
eren eingehenden Verhandlungen leider konstatiren, 
daß die Gefahren, welche dem Bergmann durch die 
Schießarbeit drohen, bedeutend größer sind, als 
man bisher angenommen hat, und daß der in den 
druben borhandene Kohlenstaub ein äußerst gefähr⸗ 
icher Feind sei, welcher nicht nur die Exrplosionen 
nizündlicher Gase weiter trage, sondern im Gemisch 
nit ganz geringen Mengen schlagender Wetter selbst 
explosibel werde. Die jüngsten großen Unfälle zu 
Farwin und Saarbrücken sind nach der einstimmi⸗ 
gen Meinung der fünfzehn anwesenden Kommissions⸗ 
mitglieder höchst wahrscheinlich in der Weise ent⸗ 
standen, daß Sprengschüsse den trockenen Kohlen⸗ 
taub aufwirbelten und dieser dann jene Katastrophe 
o äußerst verhaͤngnißvoll machte. 
Nach langen und ernsten Erwägungen deschloß 
man, der Haupt⸗Kommission, welche im Ganzen 
aus 25 Mitgliedern besteht, eine Resolution vorzu⸗ 
ichlagen, daß in Zukunft in allen Schlagwetter 
gruben die Schießarbeit in der 
Kohle zu verbieten sei. Wenn 
auch nicht verkannt wurde, daß durch 
eine derartige einschneidende Maßregel die Gewinn⸗ 
ungskosten der Kohlen um ein Bedeutendes sich 
erhöhen müßten, so wurde doch auf der anderen 
Seite hervocgehoben, daß man unmoglich die Ver⸗ 
ntwortung auf sich nehmen könne, die jetzigen 
gefahrdrohenden Zustände bestehen zu lassen, und 
man glaubt, daß eine Einführung dieser Bestimm⸗ 
ung bei der augenblicklichen Konjunktur fich am 
leichtesten werde durchführen lassen. Die erhöhten 
Selbsikosten würden jedenfalls durch die höheren 
Preise, welche die eintretende bedeutende Verringe⸗ 
rung der Produktion mit Nothwendigkeit herbei⸗ 
»ühren dürfte, reichlich ausgeglichen werden. 
Da die wissenschaftlich iechnische Abtheilung der 
Wetterkommission dem Vernehmen nach jenen schwer⸗ 
wiegenden Beschluß einstimmig gefaßt hat, so 
dürfte seine Annahme in der Haupt · Kommission 
aum zweifelhaft sein. Unseres Erachtens würde 
zie Ausführung desselben auch den außerordentlichen 
Vortheil haben, daß die Qualität der Kohle im 
Allgemeinen eine wesentlich bessere würde, denn 
zdurch die jetzt beliebte Sprengarbeit wird eine 
Zertrümmeruͤng der werthvollen Stücke in hohem 
Maße herbeigeführt. Auch für die Heranbildung 
rüchtiger Bergleute und für die Hebung des ganzen 
Slandes würde jene Maßregei von besonders 
günstigem Einfluß sein. Die Kohlengewinnung 
dird wieder zu einer Kunst, die erlerut sein will. 
Zahlreiche ungeschulte und deshalb auch unvorsich⸗ 
uge Arbeiter, welche jetzt den Steinkohlengruben 
als Kohlenhauer zustroͤmen, werden in Zukunft 
zon diesen fern bleiben und daher nicht mehr in 
die Lage kommen, ihre besseren Kameraden durch 
deichtsinn oder Unverstand mit in Gefahr zu 
zringen. — — — 
Lokale und pfälzische Nachrichten. 
L. St. Ingbert, 5. Mai. Die allge⸗ 
meine Konfeérenz, welche gestern im Stadt⸗ 
haussaale dahier unter Leitung des Hauptlehrers 
Herrn Hagenbucher stattfand, dauerte von 9 
uͤhr Vormiltags bis 1 Uhr Rachmittags. Sie war 
hon circa 70 Lehrern aus den beiden Kantonen 
St. Ingbert und Blieskastel besucht. Dieselbe be⸗ 
ehrten auch mit ihrer Anwesenheit der Kgl. Be⸗ 
irksamtmann Herr Dr. Schlagintwe itt, der 
— und zwei 
Disirittsschulinspeltoren: Die Herren Denge 
und Helfe,r. Zur Eröffnung snd zum Schlusse 
zer Konferenz sangen die Lehrer! die beiden Chöre: 
Dich soll mein Lied erheben“ und „Es klingt 
in heller Klang.“ — Nach der Konferenz verei⸗ 
aigte im „Holel zur Post“ ein Mittagessen die 
»bengenannien Herren und die meisten der Lehrer 
Bahrend der Tafel brachte der Kgl. Bezirksamt- 
nann Herr Dr. Schlagintweit auf den Kgl. 
stegierungspräfidenten der Pfalz Excellen z von 
z raund ein Hoch aus, während Lehrer Drescher 
Wolfersheim) auf die anwesenden Vorgesetzten toa⸗ 
tietrte. — Für Küche und Keller war bestens ge⸗ 
orgt. Um 4 Uhr trennte sich die Bersammlung 
n heiterer Stimmung. 
* St. Ingbert, 5. Mai. Von unserer 
Stadtverwaltung wurde in neuerer Zeit die 
Schlachthausbaufrage, die eine zeitlang 
zjanz von der Tagesordnung verschwunden war, 
vieder in Berathung gezogen. Vorerst soll nun eine 
dommission in der Angelegenheit weitere Erheb⸗ 
ungen pflegen. 
— Aus dem Bescheid des k. Consistoriums auf 
die Verhandlungen der vorjährigen Diöcesan- 
Synoden ist hervorzuheben: Mit Hinsicht auf 
die Haltung der Synoden wird das Consistorium 
die Revision des bisherigen Gesangbuches auf amt⸗ 
ichein Wege nicht weiter betreiben. Das Consisto- 
rium wird bei der zuständigen Behörde dahin 
virken, daß von den Standesämtern die zur voll⸗ 
tändigen Führung der Kirchenbucher nöthigen Data 
den Pfarraͤmtern zugestellt werden. Ein Antrag 
don Dürkheim, die decanatlichen Visitationen 
der Pfarreien alle vier Jahre vorzunehmen, wird 
ils geeignet zur Vorlage an die Generalsynode 
ezeichnet. Ebenso ein Antrag von Kaiserslautern 
iber die Behandlung der Christenlehr⸗; Versäumnisse. 
Demnächst sollen Anordnungen erlassen werden, da⸗ 
nit der Heimathsgemeinde von allen Casualien, 
velche auswärts an Zugehörigen vollzogen werden, 
imtliche Mittheilung gemacht wird. Die Enthal⸗ 
ung bon der Abstimmung über die Gesangpuch - 
ache, die da und dort vorkam, wird als unzulässig 
zezeichnet. Ein Antrag der Synode Speyer über 
Abänderung von 8 18 der Geschäftsordnung für 
Diocesan⸗ Synoden wird der nächsten Generalsynode 
zorgelegt. 
— Der Bericht des Pfälzischen Feuer⸗ 
vehr⸗Verbandes während der Verwaltungs⸗ 
deriode 1882/85 toustatirt eine Steigerung der 
vesammtleistung der pfälzischen Feuerwehren. In 
»en 711 Gemeinden der Pfalz bestehen 719 Feuer⸗ 
vehren mit 68,000 Mann. Der Verband umfaßt 
12 Bezirksverbände, entjprechend den Bezirksämtern; 
hestrebungen zur Grüudung von Kantonalverbän⸗ 
en wurde unter Hinweis auf die Satzungen ent⸗ 
Jegengetreten. 22 Unfälle gelegentlich der dienst⸗ 
ichen Verrichtungen kamen, wie schon erwähnt, vor, 
vofür ein Unterstützungsbetrag von 1078 Mark 
geleistet wurde; in der letzten Periode waren es 
32 Fälle mit 2228 Mark. Trozz dieses günstigeren 
zrgebnisses mahnt der Bericht zur größten Vorsicht 
dei Brandfällen und Uebungen. 166 Wehren er⸗ 
hielten auf Ansuchen unentgeltlich Ausrüstungsstücke 
m Gesammtwerthe von 17,815 Mark. Im Hin— 
lick auf die unglaublich rasch sich entwickelnden 
Mühlen-Brände beantragt der Ausschuß eine Ein— 
jabe an die kgl. Regierung zu richten: 1) um 
Uufstellung eines Kreisfeuerwehr-Iaspektors, 2) um 
Verpflichtung größerer und feuergefährlicher Betriebe 
zur Herstelung von baulichen Schutzeinrichtungen 
jegen Brandgefahr, Anschaffung der unentbehrlichsten 
Löschgeräthe, eventuell Errichtung einer Fabrik— 
Feuerwehr und 3) um Veröoffentlichung einer Jahres 
tatistik der Brandfälle. Die 8. Hauptversammlung 
des Verbandes findet am 14. Juni in Homburg 
tatt. Am 13. Juni ist Vorversammlung. Die 
Rechnung des Verbands ergibt bei 19,908.04 Ein⸗ 
rahmen einen Aktivüberschuß von 524.48 Mark; 
das Requisitenlager bei 26,611. 14 Vek. Eiknahmen 
einen solchen von 244. 46 Mt. und die Kranken⸗ 
asse mit 17,198. 21 Mt. einen Rest von 16,120. 21 
Hit. Der Voranschlag bilancirt mit 21,818.94 Mt. 
— Zum Vorsitzenden der zweiten Sitzungsperiode 
des Schwurgerichts bei dem k. Landgerichte Z wei⸗ 
drücken im Jahre 1885, deren Eröffnung am 
Montag den 8. Jun; nächsthin staättfinden wird, 
vurde der kgl. Oberlandesgerichtsrath Eugen Schmidt 
ernannt und zu dessen Stellvertrteter der kgl 
dandgerichts⸗Direktor Joseph Herfeldt in Zweibrücken 
zezeichnet. 
— Das diesjährige Hauptfest des pfälzischen 
wangelischen Missionsvereins wird am 8. Junien 
domburg abgehalten. Pfarrer Haffner do 
Illenau (Baden) hat die Festpredigt, Decan Krie 
don Kirchheimbolanden den Jahresbericht J 
Schlußwort übernommen. Im Auftrag der — 
Deisionsgesellschaft wird Missionsprediger —* 
von Straßburg, früher Missionar in Indien, um 
als Vertreter der Brüdermission wird Pfarta 
Burkhardt von Neudietendorf Bericht erstatten. 
— Kaiserslgutern, 2. Mai. Durth 
Entschließung Kgl. Regierung der Pfalz vom 27 
April 1885 sind die Bezirksamter und Distrin. 
schulinspektionen ermächtigt worden, denjenigen 
Lehrern, welche die Allgemeine deutsche Lehrervet. 
ammlung in Darmstadt besuchen wollen, auf Au— 
suchen für den 26. und 27. Mai ds. Is. Urlaut 
mit der Auflage zu bewilligen, daß der am Vor— 
rittage des letzteren Tages ausfallende Unterticht 
an dem nächstfolgenden Frei-Nachmittage eing. 
pracht werde. 
— Kaiserslautern, 2. Mai. Auf dem 
Gersweiler Hofe fand gestern ein Selbstmord statt 
Der Unglückliche, der die unselige That beging 
heißt, der „Pf. Vztg.“ zufolge, Christian Mang— 
weiler und ist aus Waldgrehweiler. Geistesstörun— 
soll das Motliv der That gewesen sein. 
— Dirmstein, 1. Mai. Dem „Ftranken⸗ 
thaler Tageblatt“ schreidt man von hier: Sei 
einigen Tagen ist die hiesige Vevölkerung in freudige 
Auftegungdersetzt und das wohl aus gütem Grunde 
Die Änlage einer Straßen-Eisenbahn von Franken— 
thal über Dirmstein nach Grünstadt, die schon 
wiederholt in's Auge gefaßi worden, scheint nun 
ihrer Verwirklichung mehr und mehr näher gerüch 
zu werden. Wir geben den Sachverhalt, so, wie 
er uns von kompetenter Seite mitgetheilt wurde 
kurz nachstehend wieder. Mehrere Bankgesellschaften 
— 'man nennt die von Mannheim, Darmttadt und 
Berlin — beabsichtigen auf eigene Rechnung und 
Hefahr eine Straßeneisenbahn zur Verbindung 
wischen Ludwigshafen und Grünstadt in der Weist 
auszuführen, daß hierdurch die volkreichen Orte 
Friesenheim, Oppau, Edigheim (Frankenthal), Heß⸗ 
deim. Heuchelheim, Dirmstein, Obersülzen — Grünstadt 
ins sogenannte Bahnnetz gezogen werden sollen. 
Mehrere interessirte Herren in Begleitung ausge⸗ 
eichneter Ingenieure, die unlängst wiederholt die 
Ztrecke bereisten, welche die projektirte Bahn durch⸗ 
aufen soll, haben sich in entschieden günstige 
Weise für die Ausführung dieses Projektes ausge 
prochen und gleicherzeit die Versicherung gegeben. 
aß falls nicht undorhergesehene Hindernisse sit 
enigegenstellen und ihnen die interessirten Gemeuuden 
bereilwillig engegenkommen, binnen Jahresfrist der 
Bahnbau fertig gestellt und dem Verkehre übergeben 
werden könne. 
Ludwigshafen, 2. Mai. Die ordenl 
liche Generalversammiung der Pfalzischen Eisen⸗ 
bahnen fand heute Vormittag 10 Uhr im Saalt 
des Direltionsgebäudes statt. Den Vorsiß führt 
der Präsident des Verwaltungsrathes, Hert Reich⸗ 
rath v. Böcking. Als vierter Gegenstand der Tages 
ordnung lag folgender Antrag der Verwaltung vor 
„Die Generalbersammlung wolle genehmigen, daß 
das Bau⸗ und Einrichtungskapital der Pfalzzischen 
Lndwigsbahn · Gesellschaft auf Grund der im Geschaft 
dericht? pro 1884 10 Abth Seile 20 bis * 
gegebenen Motivirung behufs Ergänzung der Fahr 
aͤpparate, sowie zur Ausführung verschiedener dring 
lichen Erweiterungsbauten und Herstellung don 
Centralweichen⸗ und Signalanlagen auf den älteten 
Linien der Ludwigsbahn um den Gesammtbettag 
pon 2,740,000 M. erhöht und die Geldbeschaffung 
bis zum Belaufe von 2,600,000 Mt. im Weg 
eines Prioritätsanlehens, für den Rest von 140000 
Matk durch Uebertragung des Alktivrestes aus dem 
Anlehen der Ludwigsbahn vom Jahre 1880 be 
eritetüigt werde alles dieses in der Votau—, 
Hung, daß und in so weit die kgl. Staatsregitrum 
diesem Antrage die Genehmigung ertheilen und 
Jjemäß 8 26 der Satzungen und Ziffer VII d 
Fusionsgrundlagen die staatliche Zinsgarantie au 
diese Kapitalerhöhung ausdehnen ird.“ Du 
intrag wurde ohne Vebane genehmigt. Nach ven 
Turnus scheiden aus dem gemeinschaftlichen Ve 
waltungsrath die Herren: Reichsrath v. Boin 
Ludwig Freiherr v. Gienanth, RKechtsanwalt un 
Gutsbesißer F. A. Mahla und Baron erhd 
Rothschild. Die austretenden Mitglieder wurde 
wiedergewählt. n 
eew igshafen, 2. Mai. Eine scha 
derhafte That beging, wie der Geueralazzeg 
derichtet, gestern Abend die Wittwe Rurndeto