Full text: St. Ingberter Anzeiger

dem armen Kinde über die linke Hand ging, an 
welcher es eine sehr schwere Verletzung erlitt, daß 
irztliche Hilfe in Anspruch genommen werden mußte. 
— Schnappach, 5. Mai. (Zum Camp— 
jauser Grubenunglück. Von den auf Grube 
Tamphausen Geretteten wurde der „Pf. V.Ztg.“ 
zufolge einer kürzlich irrsinnig. Er wurde daher 
in die Irrenanstalt nach Merzig gebracht, wo er 
jedoch bald verschied. — Wie man hört, sollen jetzt, 
um eine bessere Ventilation der Luft in den Gruͤben 
Camphausen, Mayhach und Kreuzgräben herzustellen, 
neue Luftschächte angelegt werden. und zwar in 
Tamphausen deren zwei und in Maydach und in 
den Kreuzgräben je ein Schacht. 
— Die Generalversammlung der Aktionäre 
der vereinigten pfälzischen Eisenbahnen 
jat beschlossen, daß die staatlich garantirten Präzi— 
oualbezüge (außer den bereits bezogenen Aktienzinsen 
don 4 pCt. bezw. 492 pCt.) als Dividende für 
das Jahr 1884 ausbezahlt werden, wie folgt: für 
die pfülzische Ludwigsbahn 42.86 M. pro Attie 
und für die pfälzische Maximiliansbahn 8.57 M. 
pro Aktie gegen Einlieferung der Dividenten-Kou— 
pons für 1884. Nachdem auf die Nordbahn Aktien 
gemäß der Fusionsgrundlagen außer den bereits 
zezogenen 4 pCt Zinsen kein weiterer Präzipual⸗ 
»ezug entfällt und eine Superdividende sich nicht 
ergeben hat, so wird der Dividendenschein der Nord⸗ 
»ahn⸗Aktien für 1884 für werthlos erklärt. 
— Der Jahresbericht des kgl. Fabriken⸗In⸗ 
spektors für die Pfalz konstatirt eine lebhafte Be— 
schäftigung der verschiedenen Industrie-Gruppen in 
einem Auffichtsbezirke. Sämmtliche Gruppen hatten 
zurchschnittlich eine Vermehrung um 1862 Arbeiter 
oder 8,1 pCt. gegen den Stand am Schlusse des 
Jahres 1883 erfahren. Bei Vielen war die Arbeit 
o groß, daß längere Zeit hindurch zur Bewältigung 
der Aufträge des Abends über die gewöhnliche Zeit 
zinaus gearbeitet werden mußte. In hervorragender 
Weise waren beschäftigt: die Steingut- und Glas- 
Fabriken, die Blech-⸗ und Emaillirwaaren Fabriken, 
nuch die Draht⸗, Ketten⸗ und Stiften-Fabriken, die 
Tuch⸗ und Buckskin-Fabriken, die Papier⸗ Holz⸗ 
waaren- und Möbel⸗Fabriken. die Getreidemühlen, 
die Cigarren⸗ und Malz⸗Fabriken und die Bier⸗ 
brauereien. Die Anzahl der jugendlichen Arbeiter, 
velche im Jahre 1884 in der Industrie der Pfalz 
zeschäftigt wurden, betrug am Schlusse des Jahres 
2859 oder 11,5 pCt. der Gesammtzahl der Ar⸗ 
heiter; zu Ende des Jahres 1883 waren nur 2753 
ugendliche Arbeiter oder 12 pCt. der Gesammt⸗ 
zahl beschäftigt. Es hat daher zwar eine absolute 
Zunahme von 4,5 pCt., aber in Bezug auf die 
Besammtzahl der Arbeiter doch eine Abnahme in 
der Verwendung jugendlicher Arbeitskräfte stattge⸗ 
iunden von 12 pCt auf 11,5 pCt., also um 
) 5-4,2 pCt. Die meisten jugendlichen Arbeiter 
beschäftigen die Textil-Industrie, dann die Gruppe 
„Nahrungs- und Genußmittel.“ Die Ausführung 
der Vorschriften über die Arbeitszeit und Pausen 
der jugendlichen Arbeiter wird im Allgemeinen als 
eine zufriedenstellende bezeichnet. Betreffs der Ar⸗ 
heitsbücher constatirt der Bericht, daß der erwartete 
Nutzen der obligatorischen Arbeitsbücher, wenigstens 
die Arbeiter unter 21 Jahren von einem einfachen 
Weglaufen aus einem Gewerbebetrieb in einen 
anderen abzuhalten, nur ein illusorischer sei; es 
äme häufig vor, daß Arbeiter ohne Kündigung 
nis Fabriken ꝛc. unter Hinterlassung ihrer Arbeits- 
zücher fortblieben und in kleine, nur der Kontrolle 
der Polizeibehörden unterstellte Gewerbebetriebe 
zinträten. Diesem Uebelstande, sowie der Unthätig⸗ 
keit der Behörden in dieser Beziehung und der 
hierdurch verursachten Lässigkeit der Gewerbe⸗Unter⸗ 
nehmer sei nach Möglichkeit entgegengetreten worden. 
lleber die wirthschaftlichen und sittlichen Zustände 
der Arbeiter-Bevölkerung und über die Wohlfahrts- 
kinrichtungen spricht sich auch der Herr Fabriken⸗ 
Juspektor der Pfalz sehr anerkennend aus. Beinahe 
ämmtliche Arbeitgeber haben ferner ihre Zufrteden⸗ 
heit über die Erlassung des Gesetzes über die 
Zwangsversicherung der in den Gewerbebetrieben 
deschäftigten Personen zu erkennen gegeben. 
— Aus der Pfalz. Drei pfälzische Land⸗ 
wirthe fiegten am Montag beim Mannheimer 
Pairennen im Galoppreiten, nämlich: Schifer 
don Zeiskam gewann den ersten Preis mit 300 M., 
Jak. Lang von Nünschweiler den zweiten mit 
30 M. und J. Langfinger von Meckenheim den 
dritten von 40 Mk. 
— Zu der am 9. ds. Mis. in Wolfstein 
tattfindenden Weinprobe bezw. Wein- Ausstellung 
sind nach der ‚Kus. Ztg.“ über 100 Aussteller 
aus dem Bezirksamte Kusel, besonders aus dem 
mittleren und unteren Glan⸗ und Lauterthale mit 
nahe an 200 Proben angemeldet. 
— Erpolzheim, 5. Mai. Heute Nach—⸗ 
nittag gegen 6 Uhr ereignete sich dahier ein schreck⸗ 
tiches Unglück. Um einen Gemeindebrunnen zu 
epariren, stieg ein junger Schlofssergeselle von 19 
Jahren in denselben und fiel, von Stickluft betäubt, 
ofort hinab. Der Maurer Schmitt, Vater von 
drei Kindern, ein starker Mann von 43 Jahren 
vollte ihn retten, und in Angst und Eifer nicht 
nuf den Zuruf achtend, sich eine Leine umbinden zu 
assen, sondern rasch nacheilend, fiel er ebenfalls 
jetäubt hinab. Ein Geselle desselben, an der Leine 
efestigt, stieg schnell zur Rettung nach, mußte aber 
ofort wieder heraufgezogen werden und wurde nach 
ieler Mühe am Leben erhalten. Nachdem durch 
Feuer die Stickluft im Brunnen verzehrt war und man 
„inabsteigen konnte, wurden mit einem langen Feuer⸗ 
jaken die beiden Leichname herausgezogen. (D. A.) 
— Edenkoben. Gestern Nachmittag um 3 
ühr wurde in Bellheim eine Dienstmagd beim 
Hrasen vom Gewitter überrascht und stellte sich, 
im sich vor dem niedergehenden Regen zu schützen, 
rotz der Warnung des Straßenwärters, unter einen 
Baum. Ein niederfahrender Blitzstrahl traf das 
Mädchen, welches sofort todt blieb. 
— Speyer, 5. Mai. Laut Ausschreiben 
des kgl. Konsistoriums haben für die Diöcesansynoden 
ür die Periode von 1885 bis und mit 1888 
Teuwahlen stattzufinden. Diese Wahlen sind von 
»en Pfarrgeistlichen und in den z. Z. erledigten 
Bfarreien, für welche keine besonderen Verweser be— 
tellt sind, von dem Dekan und eventuell von dem 
dapitels Senior sofort vorzunehmen. Der Zusammen— 
ritt der Diöcesansynoden ist auf den 1. Juni do. 
Irs. festgesetzt. 
— Speyer, 6. Moi. Verhaftet wurde, 
vie auswärtige Blätter mitzutheilen wissen, jüngster 
Tage hierselbst ein vazierender Handwerksbursche 
ius Kreuznach und in dessen Gesellschaft eine Dirne 
vegen verschiedener Uebertretungen. Bei der üb— 
ichen Durchsuchung fand sich im Besitze des ersteren 
eine werthvolle nach amerikanischem System herge⸗ 
tellte goldene Ankeruhr nebst schwerer goldener 
dette. Die Uhr hat die Fabriknummer 51709. 
Im Innern des Staubdeckels finden sich ferner die 
Rummern: 51713, 15928, 7542, 23557, 27633, 
38522. 16196 und 17228 eingravirt, die letztern 
hne Zweifel von Uhrmachern herrührend, die die— 
elbe reparirt haben. Zweifelsohne ist die Uhr bei 
rgend einer Gelegenheit gestohlen worden; über 
‚eren Erwerb verweigern beide Verhaftete jegliche 
Iuskunft. Vielleicht führen jene Nummern zur 
Ermittelung des rechtmäßigen Eigenthümers. 
— Aus Schifferstadt, 4. Mai. wird der 
N. Bad. Ldzig.“ geschrieben: In der Nähe von 
Schifferstadt wurde gestern Abend ein Soldat vom 
7. bayerischen Infanterie-Regiment aus Germers— 
seim von der Eisenbahn überfahren und war — 
zräßlich verstümmelt — sofort eine Leiche. Der 
von dem „Pfälz. Kurier“ und dem Ludwigshafener 
General⸗Anzeiger“ hierüber sofort erstattete Bericht 
st zum großen Theile falsch. Folgendes wird von 
deugen erhärtet. Drei Soldaten der Festung 
Hermersheim waren gestern zum Besuche des Mai— 
marktes nach Mannheim gefahren und hatten sich 
in dem Theaterzuge Nr. 28 von Ludwigshafen aus 
vieder zur Rückreise eingefunden. In Schifferftadt 
ingekommen, verließ der in hohem Grade berauschte 
deier — so soll der Verunglückte heißen — seine 
dollegen, die ihn sofort suchten, aber nicht mehr 
anden und weiter fuhren. Mittlerweile war N. 
nuf dem Bahnkörper bis zum ersten Semaphor 
ortgetaumelt und hatte mehrere Kleidungsftücke 
bgeworfen, wahrscheinlich in der Annahme, daß 
r sich zu Hause befände, woraufhin er etwa eine 
5tunde lang geschlafen haben mag. Sicher ist, 
aß den Verunglüdten, ungefähr 1600 Meter vom 
„tationsgebäude entfernt, der Schnellzug Nr. 26 
Frankfurt, Basel) am ersten Semophor überfuhr, 
ym den Kopf spaltete, einen Arm und eine Fuß 
ohle abriß und so den sofortigen Tod verursachte. 
der in der Nähe befindliche Bahnwärter war nicht 
o nahe, daß er den auf dem Bahnkörper liegenden 
R. rechtzeitig bemerken konnte, doch war er es, 
velcher den Verunglückten gegen 12 Uhr Nachts 
ʒeim Semaphorauslöschen auffand und Anzeige 
erstattete. 
— Ludwigshafen, 6. Mai. Der Bestand 
der Pensions- und Unterstützungskassen der Pfalz 
ischen Eisenbahnen beziffert sich zu Ende des Jahre— 
1884 auf 2,814,808 M. 21 pfg.. die Lben 
versicherungskasse verfügt über ein Kapital vo, 
197,447 M. 83 pfg. 
— Frankenthal, 5. Mai. Heute wurd 
unsere Gegend von einem furchtbaren Gewitter heim 
gesucht und hagelte es schrecklich. In Mörsch schlug 
der Blitz in das Anwesen des Joh. Reich ein, r 
schlug von drei in dessen Stall stehenden Küher 
eine und zündete die mit Stroh und Heu ange. 
füllte Scheuer an, die vollstandig ausbrannte. 
— Frankenthal, 6. Mai. Vor de 
Strafkammer des kgl. Landgerichtes hatte sich heut 
der „Volksarzt“ Jakob Bauscher von Lachen, welche 
als Spezialität die Heilung von Knochenbrüchen 
betreibt, wegen fahrlässiger Körperverletzung zu 
verantworten. Bauscher hatte die Karoline Gunzel. 
mann von Oberhambach, die sich den Arm verrenkl 
hatte, so unzweckmäßig behandelt, daß dieselbe einen 
steifen Arm davontrug. 
Vermischtes. 
F Diedenhofen, 5. Mai. Wie der Nied— 
Ztg. geschrieben wird, hat eine französische Kom— 
pagnie aus der Champagne die Glashütte von 
Ueckingen gemiethet, um daselbst eine Cham— 
dagner⸗Foabrik einzurichten. Man fügt bei, daß der 
aöthige Naturwein aus der Champagne faßweise 
bezogen und erst nach Ankunft hier fertiggestellt und 
in Flaschen gefüllt werden soll; es ist aber zu ver⸗ 
muthen, daß auch Lothringer Weine bei der Fabri⸗ 
kation verwendet werden dürften, weil verschiedene 
ꝛinheimische Sorten sich ganz gut zum Champagni— 
siren eignen, — Auch in Straß burg soll eine 
Champagner⸗Fabrik etablirt werden. 
F Die Mannheimer neuen „großartigen 
Hafenbauten wurden nach der „Sp. Zig.“ Herrr 
A. Bernatz aus Speier, jezt in Mannheim wohn⸗ 
zaft, übertragen, der sie in Gemeinschnft mit der 
Firma Holtzmann u. Co. in Frankfurt a. M. zu 
Ausführung bringt. 
Der Lieutenant v. Chelius vom 22. Dra— 
joner Regiment zu Kaiulsruhe, welcher in den 
stennen zu Mainz am 28. v. M. mit seiner Stute 
BEeß“ stürzte, ist im Mainzer Lazareth nach kurzen 
chweren Ringen verschieden. 
F Gegenstück) In Augsburg existirt eint 
„zahme Firma“ Lamfromm und Biedermann und 
mn Osnabrück die Firma Donnerberg und Unge— 
witter. 
F München, 5. Mai. Nach dem hier er—⸗ 
cheinenden sozialdemokratischen Organ „Das Rechi 
auf Arbeit“ sind gegenwärtig in Deuischland fol⸗ 
gende Strikes zu verzeichnen: In Berlin, Königs 
berg und Gera striken die Tischler, in Bochum 
Goslar und Osnabrück die Zimmerleute, in Rathe⸗ 
now die Maurer (Maurerstrike in Berlin ist in 
Sicht), in München die Steinmetzgehilfen, in Offen 
bach die Schriftgießer. Außerdem stehen noch 
mehrere Strikes bevor. 
München, 5. Mai. Eine in der Send⸗ 
lingerstraße befindlich Kurzwaarenfirmé 
schrieb kürzlich einen Ausgeherposten aus und 
meldeten sich nicht weniger wie 320 auf den Posten 
Reflektirende. Die Filiale der Podewils'ichen 
Fäkalstoff-Fabrik Augsburg benöthigte gleichfalld 
einen Ausgeher mit einem Monatslohne von nur 
30 Mt. und gleichwohl meldeten sich 170 Refleb⸗ 
tanten. 
München, 7. Mai. Ueber Amerikamüd 
herichten die „Neust. Nachr.“: Zwei in der vorigen 
Woche aus Amerika zurückgekehrte Münchener er⸗ 
ählen haarsträubende Dinge über die derzeitige 
Noth und Arbeitslosigkeit in Amerika. Uebernachten 
mm Freien und gelegentliche Unterkunft im über⸗ 
züflten Polizeistationsgebäude bei kärglicher Kost isf 
das Wenigsie, was den Emigranten dortselbst blüht. 
Ein Heer schmutziger Agenten engagirt Leute zu 
Eisenbahn⸗ und sonstigen Straßenbauten für die 
Weststaaten, und das Loos derseiden im Westen is 
chlimmer, als Stlaverei. Die nunmehr Zurück 
zekehrten wurden ebenfalls nach Pennsylvanien in 
die Kohlenminen engagirt, und mußten förmlich 
desertiren, um dieser schrecklichen Behandlung zu 
entkommen. 
Mainz, 5. Mai. Bei der heutigen Ver— 
steigerung der Schiffbrücke wurde ein Gebot 
don 30,000 Mark gemacht. Der Nennwerth der⸗ 
selben ist 198000 Mk der Schähungswertl 
31 000 Mk., so daß eine Genehmigung nicht et 
folgen wird. Nachgebote sind noch zulässig.