Full text: St. Ingberter Anzeiger

Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert. 
der St. Ingberter Anzeiger“ erscheint wbchentlich funfmal: Am Montag, Dienstatz, Donnerstag, Samstag und Sonntag; 2mal wöͤchentlich mit Unterhalturgs- 
Zatt und Sonntags mit Sseitiger illustrirter Beilage. Das Blaͤtt kostet vierteljährlich 1A 60 S einschließlich Trägerlohn; durch die Post bezogen 14 75 —, einschließlich 
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auf welche die Expedition Auskunft ertheilt, 18 —. Aeclamen 30 . Bei 4moliger Einrüchung wird nur dreimalige berechnet. 
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Politische Uebersicht. — 
Deutiches Reich. 
München, 9. Mai. Der König hat vor⸗ 
enern den neuernannten Kriegsminisier General⸗ 
zutenant v. Heinleth und den Chef des Gendar⸗ 
Jetickorps v. Hellingrath im Königsbau der Refi— 
enz in längerer Audienz empfangen. Ferner hat 
er König mit Wirkung vom 1. Oltober d. J. 
je Ausscheidung der Ingenieuroffiziere vom Mili—- 
rbaudienste (Ingenieurdirektionen) aus dem Verhande 
xz Ingenieurkorps genehmigt. Dieselben werden 
u Zivbeamten der Militärverwaltung ernannt 
herden. — Nach den gemäß 8 156 des Regle 
gents über die Naturalverpflegung der Truppen 
m Frieden dem Kriegsministerium zugegangenen 
ßerichten der k. Generalkommandos sind im Etats- 
aht 1884/88 im Ganzen drei Beschwerden über 
tie Beschaffenheit der an die Truppen ⁊c. veraus⸗ 
jabten Naturalien erhoben worden und zwar eine 
eim 1. Armeekorps und zwei beim 2. Armeekorps 
deim 1. Armeekorps wurde dieselbe für unbegründet, 
jeim 2. Armeekorps eine für begründet, eine für 
mbegründet erachtet. 
Berlin, 9. Mai. Der König ertheilte mittelst 
uatunde vom 1. Mai dem Bischof Roos von Lim⸗ 
murg die landesherrliche Genehmigung. 
Kiel, 11. Mai. In Dan zig findet am 
18. Mai der Stapellauf einer Korvette zum 
ẽrsatz für die „Nymphe? statt. Viceadmiral Jach⸗ 
nann vollzieht den Taufatt und die Kreuzerkorvette 
Sophie“ geht zur Tauffeier nach Danzig. Kon⸗ 
readmiral Blanc ist zum diesjährigen Geschwader 
hef ernannt. 
Ausland. 
London, 11. Mai. „Daily News? meldet 
hartington wird heute im Unterhause ankündigen, 
zaß die Expedition nach Chartum endgültig auf⸗ 
jegeben sei. Der Rückzug der britischen Truppen 
nus dem Sudan erfolge möglichst bald. — Die 
interhandlungen mit Rußland betreffs Berichtigung 
yer afghanischen Grenze schreiten in einer günstigen 
ür den Emir durchaus annehmbaren Weise fort. 
Ueber die deutschen Kohonien in der 
düdssee entnehmen wir den „Annalen der Hydro⸗ 
raphie und maritimen Meteorologie“ Folgendes: 
Die größeren Inseln sind durchgehends bewohnt, 
yon den kleineren viele nicht; die Küsten sind nach 
den Slizzen zum größten Theil gebirgig und be⸗ 
valdet. Die Eingeborenen von Neu⸗Irland, welche 
ehr zahlreich an Bord zum Tauschhandel kamen, 
seigten fich wenig friedliebend; viele dei ihnen vor⸗ 
jefundene Menschenschädel bewiesen, daß sie noch 
mmer gefangene Feinde und Verbrecher verzehren; 
im Lande waren sie recht zudringlich und zum 
Streite disponirt. Die drei Haupthäfen des deut⸗ 
hen Gebietes an der Nordostiüste von Neu ⸗ Guinea 
ind der Friedrich⸗Wilhelms · Hafen, Prinz Heinrich ⸗ 
hafen und der Finsch Hafen. Die beiden ersteren 
legen dicht zusammen in der Astrolabe⸗Bai, letzterer 
4. 140 Seemeilen südöstlich von demselben im 
Oyon Golf. Der Boden ist korallinisch und nir⸗ 
gnds sumpfig. Das Wasser ist, besonders in der 
Nahe der Flußmündungen, meistens vollkomnien 
aun von Mudd, der Grund oft so weich, daß es 
Stwierigkeiten hatte, das Handloth wieder heraus⸗ 
uübelommen. Nach jpater Jemachten Erfahrungen 
deint das Klima ungesund zu sein und Fieber⸗ 
utdeiten hervorzubringen, da viele Leute darau 
rttranktten. Das Thermometer zeiate am Tage biß 
Dienstag, 12. Mai 1885. 
20. Jahrg. 
iber 300 C., Nachts fiel es selten unter 25*. Die 
Fingeborenen der Umgegend wohnen nicht auf dem 
sesten Lande, sondern nur auf den Infeln. Wäh⸗ 
dend des Tages befanden sich die meisten auf ihren 
Plantagen, die Dörfer waren dann nur von ein⸗ 
elnen Leuten bewacht, die Frauen und Kinder 
eeigten sich sehr selten; die meisten machten einen 
iemlich intelligenten, vernünftigen Eindruck. Ob⸗ 
dohl in den vörfern sehr viele Schweine herum— 
iefen, so verkauften sie diese doch nicht. Frücht 
Jab es sehr wenig, auch Kokosnüsse waren nur in 
jeringen Quantitäten vorhanden. 
die Ortschaften Bischheim, Rittersheim, Gauersheim 
Albisheim und Bolaͤnden ausdehnen. Speziell für 
stirchheimbolanden wird der Hungerberg (nahe dem 
Ebenbornerhof) als Uebungsplatz ausersehen. 
— Landau, 9. Mai. Zu dem morgen 
heginnenden Frühjahrsmarkte haben sich drei Reit⸗ 
schulbesitzer hier eingefunden und bei der gestern 
tattgehabten Versteigerung der Standplätze sich der⸗ 
art in die Höhe getrieben, daß für die beiden 
Reitschulplätze auf dem Paradeplatz noch nicht da⸗ 
gJewesene Preise erzielt murden. Beide Plätze er⸗ 
jand der eine der Bewerber, Herr Krämer, für 
710 Mk. (360 und 350 Mt.), obwohl er nur 
eine Reitschule aufstellt. Der andere, Herr Weiler, 
erhielt einen Platz am deutschen Thor für 100 Mk. 
zugeschlagen. Der dritte Vewerber, Herr Günther, 
st unverrichteter Dinge wieder von hier wegge—⸗ 
zangen. — Die Schaubuden, die in ziemlicher 
vnzahl vorhanden sind, zahlen für ihre Platze je 
20 Pf. für den Quadratmeter. 
— Speyer, 8. Mai. Einen empfindlichen 
—AX 
indere Landwirthe dienen mag, hat sich ein hie⸗ 
siger Ackerer, welcher für seine schlechte Waare Ab⸗ 
nehmer suchte und für seinen Bedarf anderweitig 
bessere Sorten kaufte zugezogen. Derselbe offerirte 
nämlich in einem hiesigen Blatt zur Saat 
prima Gerste. Die verschiedenen Liebhaber fanden 
sich denn auch ein, welchen der Verkaufer für vor⸗ 
ährige Qualität garantirte. Nachdem die Gerste 
gesaet und aufgegangen, zeigte es sich, daß dieselbe 
ausgewachsene Frucht von zwei Jahren sei. Sämmt ⸗ 
liche 11 Käufer traten zusammen, um gegen den 
Verkäufer. wenn nicht auf gütlichem Weg eine 
Verständigung zu erzielen wäre, gerichtlich vorzu⸗ 
gehen. In den von einem hiesigen Geschäftsagenten 
dieserhalb geführten Unterhandlungen erklärte fich 
der Verkäufer zu einem notarischen Akt bereit, nach 
welchem er sich verpflichtet, die Gerste auf dem 
Halm saämmtlicher Käufer in eigen an sich zu 
nehmen. Für einen Morgen (25 Ar) Ackerland 
bezahlt er am 25. August ds. Irs. 125 Mark. 
Die Fläche der besäeten Aecker ist 18 Morgen, für 
welche er an besagtem Tage 1800 M. und die 
erwachsenen Unkosten zu bezahlen hat. 
— Speier, 9. Mai. Zur Vorberathung 
über die Projektirung des Oberrheinischen Schiff- 
fahriskanals (Straßburg ⸗Speyer) sind in Straß⸗ 
burg Oberbaurath Heuser und Reg.Rath Landmann, 
beide im Auftrage des bayerischen Ministeriums 
des Innern eingetroffen. 
Lokale und pfälzische Nachrichten. 
* St. Ingbert, 12. Mai. Seit gestern 
leben wir unter dem Regimente der drei gestrengen 
Eismänner; und wahrhaftig, die kühle Temperatur 
macht der Herrschaft derselben alle Ehre. Nun 
„gestrenge Herren“ regieren nicht lange und so haben 
wir Hoffnung, daß bald mildere Mailüfte durch das 
Land ziehen. 
— Zweibrücken, 11. Mai. Eines der 
altesten Pfarrhäuser der Pfalz, wohl das älteste, 
ist das in dem nahen Ernstweiler, Es wurde nach 
einer Inschrift 1596 errichtet. (3. 3.) 
— In Betreff der Herbstmanover erfährt das 
„Zw. Tagbl.“, daß jene der 7. und 8. Brigad 
Z. Regiment⸗Bamberg, 9. Regiment · Würzburg 
17. Regiment-Germersheim, 18. Regiment⸗ Ger 
mersheim, 18. Regiment⸗Landau⸗Zweibrücken, 2 
Jagerbataillon· Aschaffenburg und 8. Chevaurlegers— 
Regiment ⸗Saargemünd Zweibrücken sich erstrecken 
jollen von Wallhalben bis Biebermühle, sowie über 
die Sickinger Höhe bis gegen Kaiserslautern. 
2Rodalben, R. Mai. (Masern.) Dahier 
herrschen die Masern in solchem Grade. daß die 
Schulen geschlossen werden mußten. 150 Kinder 
egen, dem „P. A.“ zufolge, krank darnieder, 
mehrere sind schon gestorben. 
Wäürzweiler, 9. Mai. Hier starb vor 
ein paar Tagen ein B88jähriger Greis. Derselbe 
hatte vor einigen Jahren sich dem deutschen 
daiser persönlich vorstellig gemacht, weil er mit dem 
deuischen Kaiser einen und denselben Geburtstag 
feierte. Auf seinem Sterbebette schrieb der 88jah⸗ 
rige Greis auch noch selbst seine Todesanzeige, X 
Anordnungen, wie die Leichenmahlzeit zu veran⸗ 
talten wäte und gab noch Befehl, wo der Wein 
ind die Speisen zu holen seien. 
—gaiserslautern, 9. Mai. Lokal- 
schulinspekior Röhm hat seine Stelle als 1. Direktor 
des Pfälz. Lehrerwaisenstiftes niedergelegt. An 
seiner Stelle übernimmi in interimistischer Weise der 
iI. Direltor, Herr Seminarlehrer Hildebrand von 
hier, die Leitung der Vereinsgeschäfte. Die Wahl 
Anes definitiven Vereinsvorstandes erfolgt in der 
nächsten Sitzung des Verwaltungsrathes. Herr 
Röhm war feit 1874 Vorstand des pfälz. Lehrer⸗ 
vaisenstiftes; er hat mit großer Umsicht und Opfer⸗ 
villigkeit die Geschäfte desselben besorgt, und das 
Waisenstift hat unter ihm, sowohl was das Vereins⸗ 
dermögen als die Zahl der Mitglieder betrifft, in 
erfreulicher Weise sich entwickelt. 
Daagirchheimbolanden, 9. Mai. 
Mandver.) Der „Nordpf. Bürgerztg. zufolge 
inden desinitiv am 28. August mit 1. September 
in der Nahe unserer Stadt durch die 7. Infanterie⸗ 
Brigade, bestehend aus dem 5. Infanterie ·Regiment 
n Bamberg, Ebrach, Erlangen und dem 9. Infan⸗ 
erie⸗Regiment Wurzburg · Aschaffenburg größere Ueb⸗ 
ingen statt und wird sich das Gefechtoterrain aul 
Verm ischtes. 
F Neunkirchen, 8. Mai. Ueber eine 
zlückliche Lebensrettung, am verflossenen Samstag 
zuf dem hiesigen Bahnhofe wird von der S. u. 
Bl. Zig. berichtet: Am genannten Tage wurde 
heim Einsteigen in den um 6/ Uhr abends nach 
Ditweiler abgehenden Arbeiterzug der 15 Jahre 
alte Maurerlehrling Johann Stuppi aus Pfeffelbach 
'nfolge des massenhaften Andranges von der Platt⸗ 
jzrm des Personenwagens gestoßen und fiel derselbe, 
während der Zug noch im Rangiren begriffen war, 
auf das Bahngeleise zwischen die Schienen. Dem 
anhaltenden Zuruf „liegen dleiben“ folgend, rührte 
er zu seinem Glüce sich nicht, während die Wagen 
über ihn weg passirten. Nachdem der Zug zum 
Stehen gebracht war, kroch der Junge zum Tode 
erschrocken unter dem Wagen hervor, und konnte 
er bon Glück sagen, daß er mit gesunden Gliedern 
davonarkommen