St. Ingherter Amzeiger.
Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert.
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94.
Politische Uebersicht.
Die Reden des Fürsten Bismarck am
etzten Sonnabend im Reichstag haben Aufsehen
zemacht. Mit außerordentlicher Frische und Schlag⸗
ertigleit hat der Kanzler den Antrag auf staat⸗
iches Verbot der Sonntagsfeier im Interesse der
Arbeiter bekämpft und verlangt, daß zunächst die
Arbeiter selbst darüber gehört werden sollen, ob sie
ie Beschränkung um ein volles Siebentel gutheißen.
der Kanzler ging an den religiösen Gründen,
welche namentlich von den Abgg. Windthorst und
gleist⸗Retzow für den Sonntagsfeierzwang ange⸗
führt wurden, vorüber und prüfte die Anforder⸗
ungen des praktischen Lebens. Wenn dem Arbeiter
Brod fehle, so fehle ihm auch der Sinn für die
höheren Güter. So lange nicht nachgewiesen werde,
wie den Sonntags an der Arbeit zu hindernden
deuten ihr Lohnausfall zu ersetzen sei, werde er die
kntsendung des Gensdarmen in die Werkstätten
dekämpfen. Den Arbeitgebern könne man nicht
oie Lohnerhöhung um 14 pCt. zur Pflicht machen,
da diele dadurch zum Export unfähig werden und
n Folge dessen genöthigt sein würden, ihre Arbeiter
zu entlassen. Der Abg. Windthorst bestand darauf,
daß ein Gesetz Gottes unbedingt beobachtet werden
müfsse, sollten die Arbeiter auch einen kleinen Aus⸗
all am Lohne erleiden. Die Berathung ist nicht
uu Ende geführt, sollte sie fortgesetzt werden, so
at die Ablehnung des Antrages durch eine kleine
Nehrheit gegen das Zentrum und den größeren
Theil der Konservativen, und die Aunahme des
Buhl'jchen Antrags auf Veraustaltung einer Enquöͤte
jur Feststellung der in Betracht kommenden Ver⸗
zältnisse wahrscheinlich.
Der vom Reichstag nunmehr mit 214 gegen
Stimmen angenommene Entwurf zu dem
örsensteuer Gesetze wird wahrscheinlich
bvon den Bundesregierungen genehmigt werden, ob⸗
wohl den dom Kanzler erhobenen Einwendungen
rineswegs in vollem Maße Rechnung getragen ist.
ẽt laͤßt sich aber annehmen, daß für die einge⸗
brachten Abänderungsanträge schon zuvor die Ge⸗
nehmigung des Fürsten Bismarck eingeholt ist.
die uderraschend große Stimmenzahl für das Ge⸗
eß erllart sich durch den Uebertritt der Nationalr
ibderalen zu der Mehrheit, die geringe Zahl der
able hnenden Stimmen durch die Abwesenheit vieler
reisinnigen Mitglieder, welche an der Absiimmung,
deten sachliches Resultat im Voraus feststand, sich
nicht betheiligen wollten. Es ist nicht unmöglich,
daß nach einiger Zeit aus der jegigen Mehrheii
Rufe nach Aenderungen des Gesehes erfolgen. da
Jeder, der Geld begehrt oder andietet, von dem
Besehe dirett oder invirelt beruhrt werden wird,
der Bankier aber, zumal der große, die Mehrbe⸗
lasftung auf seine Kundschaft abwälzen kann. Die
virthschaftliche Ausgleichung. welcher das Geseh
dienen soll, wird in dem Maße wie man hofft
hwerlich erreicht werden. Die —ABu
denigsten durch das Gesetz belastet sein und der
brwag der Steuer, von Manchen sehr hoch veran⸗
dlagt, dürfte nach dem Urtheile von Fachleuten
eme arge Enttäuschung bringen.
Der General ⸗Gouverneur von OsstSibirien
deticdtete über an der rusfisch⸗chinesischen Grenze
usgebrochene Unruhen; bewaffneie Ehinesen uber
—Ae Grenze und üherfallen di⸗
dosakenpzui.
Donnerstag, 14. Mai 1888.
20. Jahrg.
Deutsches Reich.
München, 11. Mai. Freiherr Carl von
Thüngen-Roßbach hatte dem Generalkomité
des Landwirthschaftlichen Vereins folgenden Antrag
uinterbreitet:
„In Anbetracht der schweren Schädigung,
velche die Goldwährung durch Erhöhung des Geld⸗
verthes und zunehmende Silberenwerthung der
zesammten wirithschaftlichen Entwicklung Deutsch⸗
ands, und insbesondere der Landwirthschaft und
Industrie, durch das fortigesetzte Sinlen der Preise
zufügt, die Initiative zur schleunigen Herstellung
der vertragsmäßigen Doppelwährung ergreifen zu
volslen.“
Das Generaolkomité hat jedoch entsprechend dem
eingehend begründeten Referate seines J. Vorstandes,
Reichsraths Grafen v. Lerchenfeld⸗Köfering, den
Antrag abgelehnt. — Auf die vom Generalkomité
)es Landwirthschaftlichen Vereins in Bayern dem
Fürsten ⸗Reichskanzler zum 70. Geburtstage gewid⸗
nete Adresse und das begleitende Glückwunsch⸗
chreiben sind folgende Dankesschreiben an den J.
Vorstand eingelaufen: 1) „Euer Hochwohlgeboren
zitte ich, dem Generalkomito des Landwirthschaft⸗
ichen Vereins in Bayern für seine Glückwünsche
meinen herzlichsten Dank auszusprechen, und ver⸗
zinde damit den Ausdruck der Hoffnung, der unsere
zemeinsamen Bestrebungen auf Milderung der Un⸗
zunst der Gesetzgebung, unter welcher die Land⸗
verthschaft bisher gelitten hat, schließlich von Er.
olg begleitet sein werden. v. Bismard.“ 2)
„Für die freundlichen Glückwünsche, welche in der
mir zu meinem 70. Geburtstage übersandten Adresse
inen für mich so ehrenvollen Ausdruck gefunden
Jaben, sage ich meinen verbindlichsten Dank. v.
Bismarck.“
Berlin, 11. Mai. An Stelle Busch's tritt
nun bestimmt Graf Herbert Bissmarck als Unter⸗
aatsselretär.
Berlin, 11. Mai. In der heutigen Sißung
der Aeltesten der Kaufmannschaft wurde der Bericht
einer Deputation, welche am Freitag von dem Staats
ekretär Bötticher in Sachen einer im Jahr 1888
n Berlin abzuhaltenden allgemeinen deutschen Ge⸗
perbeausstellung empfangen worden war, entgegen⸗
senommen. Aus der der Deputation ertheilten
Antwort ergibt sich, daß die Reichsregierung dem
Plane ihr Wohlwollen und ihre Unterftützung zu⸗
venden wird, wenn der Wunsch auszustellen aus
»em deutschen Gewerbe erkennbar hervortritt. Die
Aeltesten beschlossen demgemäß sofort an die Han ⸗
»elskammern Anfragen zu richten, während eine für
ie einstweilige Vorbereitung des Unternehmens aus
yreunden desselben gebildele „freie Vereinigung“
ich in gleichem Sinne an die Vereine der einzelnen
Bewerbetreibenden zu wenden beabsichtigt.
Berlin, 12. Mai. Der heute stattgefunde—
nen geselligen Vereinigung bei dem Reichskanzlen
vohnlen weit über 300 Personen bei. Zahlreiche
Mitglieder des Bundesrathes, des Staatsministeriums
ind des Reichstags waren erschienen. Von den
Ersteren waren unler Anderen Graf Lerchenfeld,
Herwarih, Puttkamer, Scholz, Maybach, Friedberg
ind Bronsart, von den Letzteren die Konservativen
fast vollstandig erschienen; auch von den National⸗
liberalen fehlten wenige. Von dem Zentrum waren
unter Anderen Franckenstein und Windthorst, mis
velchem sich der Reichskanzler langere Zeit unter⸗
sielt, anwesend. Von den Deutsch⸗ Freisinnigen
jatte sich unter Anderen Vicepräsident Hoffmann
zngefunde PY⸗r Fürfß und die Fürffin Risßsmard
die Grafen Herbert und Wilhelm Bismarck, der
Graf und die Gräfin Rantzau machten in der
liebenswürdigsten Weise die Honneurs. Die Unter⸗
haltung gestaltete sich sehr lebhhaft und tiug einen
durchaus zwanglosen Charakter. In einem Neben⸗
raume konzertirte die Kapelle des 2. Garderegiments.
Berlin, 13. Mai. Professor Koch ist
zestern als Delegirter des Deutschen Reiches zur
Sanitätskonferenz nach Rom abgereist.
Ausland.
London, 12. Mai. (Unterhaus.) Der von
Northcote angekündigte und von Hamilton einge⸗
hrachte Antrag der Opposition zum Elfmillionen⸗
kredit wurde mit 290 gegen 260 Stimmen abge⸗
lehnt und der Kreditvorschlag in zweiter Lesung
angenommen. Gladstone erklärte, die Opposition
behaupte, England habe Rußland in allen Punkten
nachgegehen. Der am Ende dieser Woche vorzu⸗
legende Schriftmechsel werde das Gegentheil beweisen.
LEaale und pfaälzische Nachrichten.
*St. Ingbert, 18. Mai. In seiner
gestern Abend stattgehabten Generalversammlung
wahlte der hiesige Zweigverein des Pensionsbereins
„Bavaria“ Herrn Stadtschreiber Bayer als Dele⸗
girten zu der demnächst in Munchen stattfindenden
Hauptdersammlung und als Ersatzmann Herrn
Polizeidiener Jung.
* Kommenden Sonntag, den 17. Mai wird
in Saarbrüchen der Ausstellungsjar⸗
ten des Gartenbauvereins in der Hetten⸗
allee eröffnet. Bei dieser Eröffnung spielt die rühm⸗
lichst belannte Kapelle des 80. Inf.⸗Rgts. unter
der bewährten Leitung des Hercn Rechzeh. So
ist also zunächst für die Unlerhaltung von Musik⸗
freunden bestens gesorgt. Aber auch Blumen- und
Pflanzenfreunde werden nicht unbefriedigt den
GBarten verlassen. Denn wenn auch die Beete des
selben wegen der ungünstigen Witlerung noch nicht
ganz angepflanzt sind, so besitzt derselbe doch man⸗
ches, das gewiß das Interesse der Besucher erregen
wird. Verschiedene Zierstraucher entfalten ihre
Pracht; desonders erwaͤhnenswert ist aber ein pracht
polles Exemplar einer Conifere, Abies Alquockiaua,
in dunkelroter Blüte. Auch für guten Münchener
Stoff will der Wirt sorgen. Es fehlt also gar
nichts als — günstiges Wetter. Aber auch da ist
Vorsorge getroffen. Falls nämlich ungünstiges
Wetter verhindert, daß das Konzert im Garten ab⸗
Iehalten werden kann, wird dasselbe um 4 Uhr im
A
— Die allgemeine Volkszahlung im deutschen
Reiche fteht am 1. Dezember ds. Irs. bebor, und
ann man alsbald die vom Bundesrathe zu erthei—
enden, auf dem Gutachten des statiftischen Reichs⸗
unts ruhenden Ausführungsanweisungen erwarten.
Im Ganzen dürfte sie, einzelne Vereinfachungen
abgerechnet, keine wesentlichen Aenderungen gegen
rüher erfahren.
— Aus der Pfalz, 11. Mai. Die Regi⸗
ments. und Brigade⸗Uebungen der 8. Inf.⸗Brigade
inden dieses Jahr statt: Vom 22. -27. Auqust
Regimentsexerciren; vom 28. August bis 1. Sep⸗
ember Brigadeexerciren auf dem Galgenberg bei
Zweibrüden; vom 8.—8. September Detachements⸗
ibungen zwischen Zweibrücken und Landstubl; vom
10.- 15. Septhr. Divisionsmandver (zwei AÄbthei—
ungen gegeneinander) zwischen Waldmohr, Hirsch⸗
jorn und Otterberg; am 16. September Div sions⸗
nanöver (gegen einen marlirien Feind) bei Enken⸗
2mworain Rüiranghee ver iehe