Full text: St. Ingberter Anzeiger

*St. Ingbert, 158. Mai. Wir haben 
reulich schon darauf hingewiesen, wie ruchlose 
nde den gemeinnützigen Bestrebungen des Obst⸗ 
n entgegen arbeiten, indem sie die jungen 
Sstaumchen beschädigen. Seitdem wurden schon 
cicher nächtlichet Weile in zwei Gärten an 
det Elversbergerstraße die Bäumchen, in jedem 
Farten je eines, durch Messerschnitte zerstört. Den 
gemuͤhungen der Polizei ist es auch in diesem 
Falle gelungen, den Baumfrevler ausfindig zu 
n. 
ia In Ergänzung der kürzlich von uns gebrach— 
en Notiz, die gegen Schulverweser Reiß in 
dherwürzbach erhobene schwere Anzeige habe 
sich als grundlose Verläumdung erwiesen, wird uns 
ugetheilt. daß Schulverweser Reiß bereits der 
han entlassen und in seine Heimath zu seinen 
Fern zurückgekehrt ist. Sein Ankläger soll sich 
unch die Flucht der ihm gebührenden Bestrafung 
ntzogen haben. In Oberwürzbach selbst ist man 
sehr erfreut über die Wendung der Angelegenheit. 
Fast bei der gesammten dortigen Beoodlkerung er ⸗ 
fteut sich Schulverwefer Reiß großer Achtung und 
weifelte dieselbe auch von Anfang an nicht im 
Feringsten an der Unschuld des Genannten. 
Weisenheim a. S., 12. Mai. Vor 
anigen Tagen wurde beim Umroden eines Grund⸗ 
stüces des Heren Wilhelm Langenwalter ein Doppel⸗ 
grab aufgefunden. Dasselbe war westostwärts in 
em Längenviereckk — ca. 6 Fuß lang, 4 Fuß 
hieit und 2 Fuß hoch mit einer Längenscheidewand, 
aus rohen und unbehauenen Steinplatten her⸗ 
zeftelt und mit solchen bedeckt. Jede Abtheilung 
nthielt 3 bis 4* Menschenschadelknochen, welche am 
Westende lagerten, während am entgegengesetzten 
FFnde eine Masse von vermoderten Knochen ange—⸗ 
fäuft, sich dorfanden. Es liegt sonach die Wahrschein⸗ 
ichkeit nahe, daß die betreffenden Häupter von den 
Jadavern getrennt und die Rümpfe und Gliedmassen 
perstüctt, bestattet worden sind. — Zu bemerken ist 
noch, daß vor etwa 50 Jahren in der Nähe ein 
oͤmischer Opferaltar, welcher der pfälz. Alterthums⸗ 
SZammlung einverleibt ist, und verschiedenes andere 
aus der Römerzeit ausgegraben worden ist. 
Vermischtes. 
F Die Mutter und 5 Kinder er— 
nordet. Eine schreckliche That wird aus der 
hegend von Rottenburg am Neckar berichtet. Der 
zojährige Korsett-Weber Bernhard Nillll von Ober— 
sauser ermordete seine 72 Jahre alte Mutter und 
eine ñ Kinder im Alter von 2 bis 10 Jahren. 
ir spaltete ihnen mit einem scharfen Beile den 
dopf. Das älteste Mädchen holte er noch um 
Mitternacht bei Verwandten in Bodelshausen ab 
ind erschlug es unterwegs. Hierauf begab er sich 
n das Haus seines Schwiegerbaters, gegen welchen 
t längst gehässige Gesiunungen hegte, schlug mit 
ner Art die Hausthüre ein und richtete:m ganzen 
dause zahlreiche weitere Zerstörungen an. Ein 
bersuch, seine Schwiegereltein mit der Axt. anzu 
teisen, wurde durch das Dazwischenkommen des 
nit einer Flinte bewaffneten Sohnes vereitelt. 
Indessen wurde seine Schwiegermutter verwundet. 
don hier kehrte er in seine Wohnung zurück und 
— dieselbe mit angezündeten Reisigbuscheln in 
biand. Das Feuer durde bald gelöscht. Nill 
sug flüchtig · und eilte bis Hechingen, wo er sich 
ühst entleibte 
Ans bach, 9. Mai. In dem Bierpantscher⸗ 
esse, welcher am 1. und S. Mai beim hiefigen 
dgricht verhandelt wurde, ist heute folgendes 
eee erlafsen worden: Bierbraͤuer Leonhard 
e don hier 8 Tage Gefängniß und 780 Mt. 
Nostucfe, Madlener bon Uffenheim 6 Tage und 
* *. Joh. Leonh. May von —— 
— Ignanz Veitengruber von Weidenbach 8 
e und 300 Mt., Geschäftsführer Behringet 
uma Bonhag) und Bierbrauer Kirchdörfer von 
ne Mk., Bierbrauerswittwe Strebel in 
unen urg 200 M., deren Sohn Christoph 100 
rbrauer Heinrich Gender von Uffenheim 
Ahrdehann Ruph. von Werlendorf je. 180 De. 
ve Letztgenaunten wurde keine Verfehlung 
* — Nahrungsmittelgesetz, sondern lediglich 
dů ettetung des Malzaufschlags angenommen. 
di urtheilten haten auch die Kosten des Ver— 
—* e tragen. Ferner ist das Urtheil bezüglich 
beh g Vergehens wider das Nahrungsmittel⸗ 
erurtheilten öffentlich bekanut zu 'machen. 
Nächsten Freitag und Samstag kommt eine weitere 
Zerie von Brauern zur Verhandlung. 
Nürnberg, 12. Mai. Dem bahyerischen 
Bewerbemuseum dahier wurde die Bewilligung zur 
Veraustaltung einer Verloosung von Ausstellungs⸗ 
zegenständen gelegentlich der diesjährigen internatio⸗ 
nalen Ausstellung mit der Befugniß des Loosab⸗ 
zatzes im ganzen Königreiche unter der Bestimmung 
ertheilt, daß 250 000 Loose 4 1 Mlk. ausgegeben 
verden. 
F Eine lehrreiche Feuerlöschprobe fand dieser 
Tage auf dem Exerzierplatz der freiwilligen Feuer—⸗ 
wehr in Sachsenhausen stati. Ein Frank—⸗ 
urter Civil⸗Ingenieur bemüht sich, die in Amerika 
ind England schon seit einiger Zeit bekannten 
„Harden Star Handgranaten“ auch hier einzuführen. 
ẽs sind dies kleine, hermetisch verschlossene Gas— 
laschen. welche in die Flammen geschleudert werden, 
'o daß sie zersplittern, wobei dann die darin ent⸗ 
zaltene Flüssigkeit starke Mengen Kohlensäure ent⸗ 
wickelt und so den Brand erstickt. Die vor einem 
creise eingeladener Gäste vorgeführten Proben sielen 
cecht befriedigend aus. Es wurden drei stattliche, 
nit Petroleum getränkte Holzstöße angezündet, und 
nit Hilfe von je 6—8 Granaten war der Brand 
in wenig Sekunden gedämpft. 
f Das Jahr 1885 hat dem Winzer viel ver⸗ 
prochen und scheint wenig zu erfüllen. Die Eis⸗ 
deiligen Pankratius und Servatius brachten em⸗ 
„findlichsten Hagelschlag und Eis; in den Wein— 
hergen von Oppenheim, Nierstein, Nackenheim, 
Bodenheim u. s. w. hat der Frost bedeutenden 
S„chaden angerichtet. Ein großer Theil der Gärten 
st total erfroren und von den Landorten laufen 
die traurigsten Nachrichten ein. 
FBerlhin, 11. Mai. Ueber das Ver— 
mögen der Wittwe des ehemaligen Reichstags 
und Landtags-Abgeordneten Schulze-Delitzsch 
Bertha, geb Jacobs, ist vom Amtsgericht Iam 8 
Mai d. I, nachmittags 5 Uhr, des Konkursvber⸗ 
ahren eröffnet worden. Der Kaufmann Dielitz 
dolzmarktstraße 65, ist zum Konkursverwalter er— 
zannt. Konkursforderungen sind bis zum 1. Juli 
) J anzumelden. 1. Termin 5. Juni 2. Termin 
d. Augnst d. J. 
Berlin, 12. Mai. Bei dem Potsdamer 
Regimentern zirkulirt gegenwärtig, wie dortige 
Blätter melden, ein Schreiben des Kriegsministers. 
»em zufolge für die deutschen Besißungen im 
amerungebiet eine Anzahl von zivilversorgungsbe⸗ 
rechtigten, jetzt noch aktiven Milit irpersonen gesucht 
vird. Dieselbe sollen dort die Kru-Neger im 
Waffendienst ausbilden, damit diese als Sicher⸗ 
jeitsmannschaften ꝛc. verwendet werden können. 
Rur durchaus gesunde und kräftige Militärs, welche 
inverheiratet sind, werden berücksichtigt. Dieselben 
ollen außer freier Ueberfahrt und freier Wohnung 
einen Anfangsgehalt von 2600 bis 3000 M 
erhalten. 
f' In Otkensen bei Hamburg wurde dieser 
Tage ein Kind ohne Mund geboren. ItP 
fF Eisenbahnwesen in Europa. Es 
st berechnet worden, daß auf den Eisenbahnen in 
furopa im Jahre 1882. im ganzen 52,000 Loko⸗ 
notiven im Dienste standen. Die Gefammtzahl 
»er auf denselben beförderten Passagiere hat 
371,000.000 und das Gesammtgewicht der be—⸗ 
orderten Fracht 715,000, 000 t betragen. 2 
p Daß der Reise⸗Comfort im 16. Jahr⸗ 
sundert hinter den heutigen Anforderungen bedeu—⸗ 
end zurückblieb, läßt sich denken. Ueber die Be— 
chaffenheit der Herbergen gibt uns ein Brief des 
krasmus aus dem Jahre 1520 allerlei erbauliche 
Aufschlüsse. Der berühmte Humanist, dessen zart⸗ 
gebauter Körper beim Reisen gewiß oft unsägliche 
Qualen ausgestanden hat, schreibt u. A.:! „Bei 
der Ankunft im Gasthause grüßt Niemand, damit 
s nicht scheine, als ob man viel nach Gästen frage. 
—RDD 
einer den Kopf durch das kleine Fensterchen der 
geheizten Stube hinaus. Die Frage nach dem 
Ztall wird mit einer Handbewegung breantwortet. 
Ddort kannst Du nach Belieben Dein Pferd nach Deiner 
Weise behandeln, denn kein Diener legt eine Hand an.“ 
Ist das Pferd besorgt, so begibst Du Dich, wie 
Du bist, in die Stube, mit Stiefeln, Gepäck und 
Schmutz. In dieser allen Gästen gemeinsamen 
SZtube ziehst Du die Stiefeln aus, bequeme Schuhe 
in und kannst auch das Hemd wechseln. Hier 
ämmt der Eine sich das Haupthaar, dort wisch! 
ich ein Anderer den Schweiß ab, und wieder ein 
Anderer reinigt sich seine Schuhe oder Reitstiefel. 
dommst Du um 4 Uhr Nachmiitags an, so wirst 
Du doch nicht vor 9 Uhr speisen, nicht seiten erst 
um 10 Uhr denn es wird nicht eher aufgetragen, 
als bis sich Alle eingefunden haben. Sobald sich 
Alle an den Tisch gesetzt haben, so erscheint der 
auersehende Ganymed mit grauem Bart, geschore⸗ 
em Haupthaar, grämlicher Miene und schmutzigem 
ßewande! Bald kommen mit großem Geptänge 
zie Schüsseln. Es tritt jener Bärtige nun auf 
nit der Speisetafel in der Hand, auf die er mit 
dreide einige Kreise oder Halbkreise gezeichnet hat. 
Die das Geschriebene kennen, legen, und zwar 
kiner nach dem Anderen ihr Geld darauf, dis die 
Tafel voll ist. Dann merkt er sich Diejenigen, 
ie gezahlt haben. Niemand beschwert sich uͤber 
eine ungerechte Zeche. Wünscht ein von der Reise 
ẽrmüdeter gleich nach dem Essen zu Bette zu gehen, 
o heißt es, er solle warten, bis die Uebrigen sich 
niederlegen. Dann wird Jedem sein Nest Jezeigt, 
und das ist weiter nichts als ein Bett; denn außer 
dern Bette ist nichtz, was man brauchen konnte, 
»orhanden; die Leintücher sind vielleicht vor 6 
Monaten zuletzt gewaschen worden“ u. s. w. Wenn 
man diese Zustände der „guten alten Zeit“ mit 
den unserigen vergleicht, so heißt's doch wahrlich 
nit Recht: „Wir Wilden sind doch bessere Menschen.“ 
F Billiger Schweizerkäse in Sicht. 
Aus verschiedenen Gegenden der Schweiz namentlich 
aus dem milchreichen Emmenthal, wird über die 
ungünstigen Ausfichten des Käsehandels geklagt; 
wie es scheint, hecrscht solcher Ueberfluß sogar an 
Primawaare, daß dit Händier aus Angst, ihr Lager 
nicht rechtzeitig räumen zu können, sich bereits stark 
zu unterbieten beginnen. Selbst das Fachblatt 
„Milch-Industrie“ konstatirt diese Thatsache. 
t(Gute Fußganger.) Es sei hier er— 
wähnt, daß vier deutsche Pilger den Weg nach 
Rom zu Fuß zurückgelegt haben. Der heil. Vater 
ließ sich dieselben eigens vorstellen und erkundigte 
sich, wie viel Zeit sie gebraucht. Die jungen 
Männer waren im Ganzen 25 Tage auf der Reise. 
* Wie viel Kapital stecktin den 
Eisenbahnen der Welt?) Ein dieser Tage 
in London erschienenes Dictionary of Statistics“ 
»on M. G. Mullhall beantwortet die Frage: Im 
Banzen 4,444 000, 000 Lst. (88,880, 000,000 M.) 
Davon eutfallen u. A. auf Australien 58, Belgien 
s1, Canada 72, Spanien 79, Italien 108. 
Oesterreich. Ungarn 225, Rußland 309, Deutschland 
167, Frankreich 495, Großbritannien und Irland 
770. die Vereinigten Staaten 1189 Millionen Lst 
Gemeinnütziges. 
Gegen Motten. Unter den zur Mottenver— 
ilgung dienenden Mitteln nimmt in neuerer Zeit 
»as reine Naphtalin mit Recht einen hohen Rang 
in, weil es — bei gänzlicher Unschädlichkeit für 
Menschen und Gegenssände —. die Motten, wie 
überhaupt alle Insekten sicher vernichtet. Allein 
vie wendet man das Naphtalin am besten an 
Pulverförmig ballt es sich leicht zusammen; krystall 
sirt ist es schwer gleichmähßig zu vertheilen. Aul 
eden Fall ist die Handhabung einigermaßen um— 
dändlich und an einzelnen Stellen der damit be⸗s 
sandelten Gegenstände bleibt der unangenehme Ge⸗ 
ruch lange haften, weil man verhältnißmäßig zu 
zroße Mengen Naphtalin anwenden mußte und 
Theile davon zurücblieben. *Die bequemste und⸗ 
richtigste Anwendung des Naphtalins erfolgt in der 
Form der von Max Elb in Dresden hergestellten 
Naphtalinblätter. Diese, auf, beiden Senen mit 
inem glasharken trocknen Uederzug von Naph—⸗ 
alin versehenen Blätter werden eiufach zwischen 
die aufbewahrenden Gegenstände gelegt und theileu 
denselben vermöge der großen Oberfläche, welche sie 
zer Verflüchtigung darbieten, ihr Raphialin allmählig 
ind gleichmäßig mit. Packt man bei Winterabe— 
ziunn eine Kiste Sachen aus, die mit Naphtalin⸗ 
dlättern versichert waren, so bemierkt man dann 
nich als Kennzeichen gutern Wirkung, daß von den 
Blättern nur das Papier übrig geblieben ist, 
vährend das Naphtalin in feinster dampfförmiger 
Vertheilung die Sachen durchzogen hat Ver 
Beruch verschwindet jedoch deim erstmaligen Lüften 
ind Ausklopfen der Kleider, weil bei dieser Art 
Der Aufbewahrung durchaus keine festen Naphtalin⸗ 
heile in ihnen zurückgeblieben sein 0n