Full text: St. Ingberter Anzeiger

Jugberter Anzeiger 
Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert. 
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M 101l. 
Die braunschweigische Erbfolge⸗ 
frage vor dem Bundesrathe. 
Die seit Monaten in der Schwebe hängende 
zraunschweigische Erbfolgefrage wird nunmehr höchst 
wahrscheinlich ihrer endgültigen Lösung entgegen 
jehen. Im Namen Preußens hat der Reichskanz ⸗ 
er und erste Bundesbevollmächtigte des Königreich 
ßreußens, Fürst Bismarck, dem Bundesrathe den 
Antrag unterbreitet, daß die verbündeten Regier— 
ungen Deulschlands ihre Ueberzeugung dahin aus⸗ 
prechen, daß die Regierungsübernahme des Herzog— 
hums Braunschweig durch den Herzog von Cumber⸗ 
land, den Sohn des ehemaligen letzten Königs von 
hannover mit dem inneren Frieden und der Sicher⸗ 
seit des Reiches unvereinbar sei. Wie man erfährt 
ist dieser Antrag bereits am Donnerstage im 
Bundesrathe beralhen worden und es kann kein 
Zweifel darüber sein, daß er entweder einstimmig 
oder doch nahezu einstimmig angenommen und 
damit die definitive Ausschließung des Herzogs von 
Tumberland von der Thronfolge in Braunschweig 
zeschlossen worden ist. Bei dieser delikaten Erb— 
iolgefrage waren Legimität und dynastisches Erb⸗ 
recht mit der Reichsverfassung in Konflikt gekommen 
ind so wenig man auch die Legimität des dynastischen 
Erbrechts des Herzogz von Cumberland auf das 
Herzogthum bestreiten konnte, so stand der Verwirk⸗ 
ichung desselben doch die deutsche Reichsverfassung 
als ein unüberwindlicher Felsen gegenüber. Die 
Kteichsverfassung bestimmt, daß alle deutschen Fürsten 
den gegenwärtigen staatlichen Zustand im Reiche 
mit dem Kaiser, Bundesrathe und Reichstage an 
— 
dann ein Fürst, der dies verweigert, wie es der 
derzog von Cumberland thut, auch nicht Regent 
ines deutschen Bundesrathes werden. Auch isf es 
janz unmöglich, daß sich das Koönigreich Preußen, 
welches von der Fortexistenz der Welfenpartei in 
hannover nur zu überzeugende-Beweise besitzt, 
inen Pfahl in den Leib dadurch treiben lassen kann, 
zaß es das anerkannte Oberhauͤpt der Weifenpartei 
n Braunschweig Regent werden und der Agiialion 
'ür die Wiederherstellung des Königreichs Hannover 
noch eine breitere Basis und Proiektion schaffen 
läßt. Eine solche Zumuthung kann an das Konig⸗ 
reich Preußen, welches im Jahre 1866 seine deutsche 
Mission mit einem Kampfe um Sein oder Nicht 
sein begann, nicht gestelli werden. Preußen würde 
nit vollstem Rechte und größter Entrüstung eine 
olche. Zumuthung zurückweisen. Hatte der Herzog 
on Cumberlande nach dem Tode seines Vaters, 
es· Erloönigs von Hannover. seinen Frieden mii 
hteußen und dem Reiche gemacht und sich von der 
difischen Umsturzpartei iosgesagt, so hatle er Herzog 
on Braunschweig werden können. Es ist dies im 
xessen niemals geschehen und nun zwingt auch die 
Pfliht der Selbsterhaliung Preußen und' das Reich 
ie hraunschweigische Erbfolgefrage unter Ausschluß 
—A 
e 
Voltische Ueberficht. 
Deutsches Reich. 
er Nünchen, 22. Mai. Die Regierung von 
ẽhaß · Lothringen hat genehmigt, daß das bayr. 
driegerdenimel zum Andenken an die Ge⸗ 
allenen von Wörth auf dem sog. Militärfriedhof 
machst Worth aufgestellt werden darf. Der Plat 
bird unentgeltlich uberlassen. Was die Art des 
Monumenso hetrifft werden demnächst einige der 
Sonntag, 24. Mai 188838. 
herühmtesten Künstler und Kunstkenner Münchens! 
zu einer desfallsigen Berathung zusammentreten. 
Berlin, 21. Mai. Der Reichskanzler Fürss 
Bismarck ist heute Abend um 1024. Uhr hierher 
urückgekehrt. 
Berlin, 21. Mai. Der Bundesratih verwies 
die Vorlage über die Volkszählung im Dezember 
an die Ausschüsse und genehmigte die Vorlage über 
die Bildung von Berufsgenossenschaften nach den 
lusschußanträgen. Der Antrag Preußens, betreffend 
die braunschweigische Thronfolgefrage, ging an den 
Fustizausschuß. 
Berlin, 22. Mai. Der Kaiser, dessen Be⸗ 
inden in erfreulicher Besserung begriffen ist, empfing 
nach der Parade den Kronprinzen und im Laufe 
des Nachmittags verschiedene Mitglieder des könig⸗ 
lichen Hauses. — Die Gesetzsammlung veröoffentlicht 
das Gesetz betreffend die Ueberweisung der aus den 
landwirtschaftlichen Zöllen eingehenden Beträge an 
die Kommunalverbände. 
Berlin, 22. Mai. Die von dem Kronprinzen 
abgehaltene Frühjahrsparade der Berliner und 
Spandauer Garnison nahm bei günstigem Wetter 
einen glänzenden Verlauf. Der Kronprinz und 
die übrigen der Parade beiwohnenden Miltglieder 
des königlichen Hauses wurden von der zahlreich 
anwesenden Bevoͤllerung enthusiastisch begrüßt. 
In Berliner politischen Kreisen kursirte gestern 
die Nachricht, daß laut Londoner Privatnachrichten 
Gladstone von einem ernsteren Unwohlsein be⸗ 
fallen sei; ob dasselbe aber körperlicher oder nur 
volitischer Natur, blieb dahingestellt. 
Hamburg, 22. Mai. In Grandpopo 
wurde am 12. April die französische Flagge 
gehißt. Die Häuptlinge protestirten, da sie 
deutschen Schutz wollen. 
* Auslaud. 
Eondon, 21. Mai. Heute Vormittag fand 
eine längere Konferenz zwischen Herrn v. Staal 
und Lessar statt, welche sich darauf zu Granville 
begaben. — Wie es heißt, würden sich die Grenz⸗ 
frage-Verhandlungen bis über die Mitte Juni 
zinausziehen, da Lumsden, welcher daran theil⸗ 
nebmen soll, ersf am 16. AInni hier erwartet wird 
Lokale und pfälzische Nachrichten. 
— Grod⸗ und WMehlpreise.) Die 
„Zeitschrift des landwirthschaftlichen Vereins in 
Bahern“ bespricht in der“ Rundschau“ ihres März⸗ 
jeftes (verfaßt von Generalsekretär Otto May) die 
wirthschaftliche Zeitlage und stellt eine Untersuchung 
uüber Mehlzölle und Brodpreise an. Dabei kommi 
der Herr Verfasser zu dem Schlusse, daß die Brod⸗ 
preise ganz unabhängig vom Getreide⸗ resp. Mehl⸗ 
preise seien, wenigstens so lange diese Letzteren nie— 
drig stehen; er beweist dieses durch vergleichende 
Jusammenstellungen. . So z. B. hat den höchsten 
Zreis für 1. Pfd. gemischtes. Brod,. Erlangen.. mit 
30 Pf., während Pirmasens, Kaiserslautern und 
Brünstadt den niedrigsten mit 12 Pf. haben. Der 
Durchschnittspreis für 1 Pfd. gemischtes Brod be⸗ 
rechnet sich für München auf 18, Landshut20, 
Speyer 13, Regensburg 21, Bayreuth 24, Ans- 
hach 16, Würzburg 23, Augsburg 25 Pf. Weizen⸗ 
brod kostet in Munchen 36, Landshut 33, Ger—⸗ 
mersheim 18, Regensburg 27, Amberg 22, Bay⸗ 
reuth 28, Ansbach 20, Würzburg 26, Augsburg 
29 Pf. Die oͤrtlichen Getreidepreise stimmen durch 
aus nicht mit diesen Brodpreisen zusammen, st 
kostete z. B. in München bei einem Durchschnitts 
20. Jahrg. 
preise von 9O M. 22 Pf. per Centner Weizen das 
Weizenbrod 36 Pf., während in Kindau bei einem 
Weizenpreise von 10 M. 55 Pf. per Ctr., das 
Pfünd Weizenbrod blos 23 Pf. kostete; ähnlich 
oerhält es sich mit den Mehlpreisen, welche auch 
durchaus keinen Anhalispanktt für die Brodpreise 
abgeben. So hatten Ausbach und Regensburg die 
zleichen Mehlpreise, während der Preis des Weizen⸗ 
drodes in Ansbach 20, in Regensburg 47 Pf. war. 
München zahlte bei einem Weizenmehlpreise von 18 
bis 22 Pf., das Weizenbrod mit 46 Pf., während 
Straubing bei gleichem Mehlpreise nur 19 Pf. für 
das Pfd. Brod berechnete. Obige Zahlen zeigen, 
daß in dieser Richtung Mißstände bestehen, weiche 
vom Standpunkte der Landwirthschaft um so mehr 
zu beklagen sind, als mit Einführung höherer Ge⸗ 
treidezoͤsllse den Landwirthen der Vorwurf einer hier⸗ 
durch veranlaßten künstlichen Brodvertheuerung nicht 
erspart blieb. Dr. Kalchgruber weist in seiner 
Schrift „Untersuchung über landwirthschafiliche, 
Peziell bäuerliche Verhältnifse in Altbayern“ nach. 
daß in München im Vergleiche der Roggen⸗ und 
Weizenpreise in der Periode 1864-69 mit 1879 
his 84 zu den Roggen⸗ und Weizenbroden beim 
Roggen eine Preissteigerung von 18,87 pCt., beim 
Weizen eine solche von 9,88 pCt. während beim 
Roggenbrod eine Steigerung von 66,66 pCt. und 
beim Weizenbrode eine solche von 111,76 pCt. sich 
ergeben hat. Das Verlangen nach Abhülfe dieses 
Uebelstandes durch Wiedereinführung einer amtlich 
festzustellenden Brodtaxe liegt sehr nahe und wurde 
bereits im deutschen Landwirthschaftsrath ein dies⸗ 
bezüglicher Antrag gestellt, welcher jedoch nicht zur 
Annahme gelangte. Die „Rundschau“ gibt 
schließlich den Konsumenten den Rath, das Brod 
nur nach Gewicht zu kaufen und auf 
dessen Einhaltung, sowie auf einen dem Mehlpreise 
entsprechenden Brodpreis zu dringen. 
— Der äus Edenkoben ausgewanderte 
Buchdruder Gust. Völker schoß sich in Rew ⸗NYork, 
als er mit einem Revolver spielte, eine Kugel in 
die Brust. 
Vermischtes. 
7.Straßbuxg, 20. Mai. Der „N. Bad. 
Ldezig.“ wird gemeldet. daß Sarah Bernhardt, 
die in Straßburg und Metz mit der Gefsellschafi 
Simon quftreten, wollte, durch eine diskrete Ver⸗ 
fügung des Ministeriums an ihrem Auftreten ver⸗ 
hindert worden ist. Die Verfügung ist an die vor⸗ 
gesetzten Behörden der beiden Thealer in Straßburg 
und Mez gerichtet und spricht die Befürchtung aus, 
daß die Auwesenheit der pajriotisch⸗ exzentrischen 
Dame zu politischen Demonstrationen mißbraucht 
werden würde. 
rAugsburg, 18. Moi. Eingeschneit 
wurden auf —A Himmelfahrtstage 
einige Augsburger Herten, welche von Lindau aus 
eine kleine Bergparue machen wollten. Zwei Tage 
mußten unsere Touristen auf der Riesealp zubringen 
und erst nachdem mit dem Bahnschlitten Weg ge— 
macht worden, konnte der Abstieg erfolgen. Der 
Schnee reichte bis an den Bodensee hinab. 
fF München, 19. Mai. Von 81 Forst⸗ 
meistern, Vorständen der seithetigen Forstämter, 
find bis heute nut mehr 14 in dieser Funktion 
belassen, alle anderen sind pensioniert oder für den 
inneren Dienst bestimmi. 
Am. Donnerstag fand die Versteigerung der 
Llein⸗ Eisenzeug · Fabril der Fitma Hetzler und 
Darcher“ aun Bettingen alS, statt unn wurd—