Full text: St. Ingberter Anzeiger

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St. Jugherter Amzeiger. 
Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert. 
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de St. Ingberter Anzeiger“ erscheint wochentlich fünfmal: Am Montag, Dienstag, Donnerstag, Samstag und Sonntag; 2wuial wöochentlich mit Unterhaltungt⸗ 
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AX 101. Sonntag, 24. Mai 1885. 
20. Jahrg. 
Die braunschweigische Erbfolge⸗ 
frage vor dem Bundesrathe. 
Die seit Monaten in der Schwebe hängende 
braunschweigische Erbfolgefrage wird nunmehr höchst 
wahrscheinlich ihrer endgültigen Lösung entgegen 
gehen. Im Namen Preußens hat der Reichskanz⸗ 
jer und erste Bundesbevollmächtigte des Königreich 
Preußens, Fürst Bismarck, dem Bundesrathe den 
Antrag unterbreitet, daß die verbündeten Regier⸗ 
aungen Deuischlands ihre Ueberzeugung dahin aus⸗ 
prechen, daß die Regierungsübernahme des Herzog⸗ 
hums Braunschweig durch den Herzog von Cumber⸗ 
land, den Sohn des ehemaligen letzten Königs von 
hannover mit dem inneren Frieden und der Sicher⸗ 
Jeit des Reiches unvereinbar sei. Wie man erfährt, 
ist dieser Antrag bereits am Donnerstage im 
Zundesrathe berathen worden und es kann kein 
Zweifel darüber sein, daß er entweder einstimmig 
oder doch nahezu einstimmig angenommen und 
zamit die definitive Ausschließung des Herzogs von 
Fumberland von der Thronfolge in Braunschweig 
yeschlossen worden ist. Bei dieser delikaten Erb⸗ 
olgefrage waren Legimität und dynastisches Erb⸗ 
echt mit der Reichsverfassung in Konflikt gekommen 
und so wenig man auch die Legimität des dynastischen 
erbrechtz des Herzogs von Cumberland auf das 
herzogthum bestreiten konnte, so stand der Verwirk⸗ 
ichung desselben doch die deutsche Reichsverfassung 
ils ein unüberwindlicher Felsen gegenüber. Die 
RKeichsverfassung beftimmt, daß alle deutschen Fürsten 
)en gegenwärtigen staatlichen Zustand im Reiche 
nit dem Kaiser, Bundesrathe und Reichstage an 
oer Spitze als zu Recht bestehend anerkennen, also 
lann ein Fürst, der dies verweigert, wie es der 
herzogz von Cumberland thut, auch nicht Regent 
eines deutschen Bundesrathes werden. Auch is es 
ganz unmöglich, daß sich das Königreich Preußen, 
welches von der Fortexistenz der Welfenpartei in 
hannover nur zu überzeugende Beweise besitzt, 
einen Pfahl in den Leib dadurch treiben lassen kann, 
daß es das anerkannte Oberhauͤpt der Weifenpartei 
in Braunschweig Regent werden und der Agiialion 
ür die Wiederherstellung des Königreichs Hannover 
wch eine breitere Basis und Protektion schaffen 
lagt. Eine solche Zumuthung kann an das Koͤnig⸗ 
reich Preußen, melches im Jahte 1866 seine deutsche 
MNission mit einem Kampfe um Sein oder Nicht⸗ 
sein begann, nicht gestellt werden. Preußen würde 
mit vollstem Rechte und größter Entrüstung eine 
solche Zumuthung zuruckweisen. Häatte der Herzog 
on Cumberland nach dem Tode seines Vaters, 
des Erkönigs von Hannover, seinen Frieden mit 
Zreußßen und dem Reiche gemacht und sich von der 
velfischen Umsturzpartei losgesagt, so hätte er Herzog 
on Braunschweig werden können. Es ist dies in⸗ 
essen niemals geschehen und nun zwingt auch die 
Pflicht der Selbsterhaltung Preußen und das Reich, 
—AX Erbfolgefrage unter Ausschluß 
des Heridas bon Cumbeclande uregeln 
* 
berühmtesten Künstler und Kunstkenner Münchens 
zu einer desfallsigen Berathung zusammentreten. 
Berlin, 21. Mai. Der Reichskanzler Fürst 
Bismarck ist heute Abend um 102.4 Uhr hierher 
zurückgekehrt. 
Berlin, 21. Mai. Der Bundesrath verwies 
die Vorlage über die Volkszählung im Dezember 
an die Ausschüsse und genehmigte die Vorlage über 
die Bildung von Berufsgenossenschaften nach den 
Ausschußanträgen. Der Antrag Preußens, betreffend 
die braunschweigische Thronfolgefrage, ging an den 
Fustizausschuß. 
Berlin, 22. Mai. Der Kaiser, dessen Be⸗ 
finden in erfreulicher Besserung begriffen ist, empfing 
nach der Parade den Kronprinzen und im Laufe 
des Nachmittags verschiedene Mitglieder des könig⸗ 
lichen Hauses. — Die Gesetzsammlung veroffentlicht 
das Gesetz betreffend die Ueberweisung der aus den 
landwirtschaftlichen Zöllen eingehenden Beträge an 
die Kommunalverbände. 
Berlin, 22. Mai. Die von dem Kronprinzen 
⁊bgehaltene Frühjahrsparade der Berliner und 
Spandauer Garnison nahm bei günstigem Weiter 
ꝛinen glänzenden Verlauf. Der Kronprinz und 
die übrigen der Parade beiwohnenden Miiglieder 
des königlichen Hauses wurden von der zahlreich 
mwesenden Bevoͤlkerung enthufiastisch begrüßt. 
In Berliner politischen Kreisen kursirte gestern 
die Nachricht, daß laut Londoner Privatnachrichten 
Sladstone von einem ernsteren Unwohlsein be⸗ 
fallen sei; ob dasselbe aber körperlicher oder nur 
politischer Natur, blieb dahingestellt. 
Hamburg, 22. Mai. In Grandpopo 
wurde am 12. April die französische Flagge 
gehißt. Die Häuptlinge protestirten, da sie 
deutschen Schutz wollen. 
J Ausland. 
London, 21. Mai. Heute Vormitiag fand 
eine längere Konferenz zwischen Herrn v. Staal 
und Lessar statt, welche sich darauf zu Granville 
begaben. — Wie es heißt, würden sich die Grenz⸗ 
ẽrage -Verhandlungen bis Aber die Mitte Juni 
jinausziehen, da Lumsden, welcher daran theil⸗ 
nehmen soll, erst am 16. Juni hier erwariet wird. 
preise von 9O M. 22 Pf. per Centner Weizen das 
Weizenbrod 36 Pf., während in Lindau bei einem 
Weizenpreise von 10 M. 55 Pf. per Ctr. das 
Pfund Weizenbrod blos 23 Pf. kostete; ähnlich 
oerhält es sich mit den Mehlpreisen, welche auch 
durchaus keinen Anhalispankt für die Brodpreise 
abgeben. So hatten Ausbach und Regensburg die 
gleichen Mehlpreise, während der Preis des Weizen⸗ 
brodes in Ansbach 20, in Regensburg 47 Pf. war. 
München zahlte bei einem Weizenmehlpreise von 18 
bis 22 Pf., das Weizenbrod mit 46 Pf. während 
Straubing bei gleichem Mehlpreise nur 19 Pf. für 
)as Pfd. Brod berechnete. Obige Zahlen zeigen, 
zaß in dieser Richtung Mißstände bestehen, weiche 
„om Standpunkte der Landwirthschaft um so mehr 
u beklagen sind, als mit Einführung höherer Ge— 
reidezölle den Landwirthen der Vorwurf einer hier⸗ 
hurch veranlaßten künstlichen Brodvertheuerung nicht 
exrspart blieb. Dr. Kalchgruber weist in seiner 
Schrift „Untersuchung über landwirthschafiliche, 
peziell bäuerliche Verhältnisse in Altbayern“ nach. 
daß in München im Vergleiche der Roggen⸗ und 
Weizenpreise in der Periode 1864 -69 mit 1879 
jis 84 zu den Roggen⸗ und Weizenbroden beim 
Roggen eine Preissteigerung von 18,87 pCt., beim 
Beizen eine solche von 9,893 pCt. während beim 
Roggenbrod eine Steigerung von 66,66 pCt. und 
beim Weizenbrode eine solche von 111,76 pCt. sich 
ergeben hat. Das Verlangen nach Abhülfe dieses 
Uebelstandes durch Wiedereinführung einer amilich 
festzustellenden Brodtaxe liegt sehr nahe und wurde 
bereits im deutschen Landwirthschaftsrath ein dies⸗ 
bezüglicher Antrag gestellt, welcher jedoch nicet zur 
Annahme gelangte. Die „Rundschau“ gibt 
schließlich den Konsumenten den Rath, das Brod 
rur nach Gewicht zu kaufen und auf 
dessen Einhaltung, sowie auf einen dem Mehlpreise 
entsprechenden Brodpreis zu dringen. 
— Der aus Edenloben ausgewanderte 
Buchdruder Gust. Völker schoß sich in NewYork, 
als er mit einem Revolver spielte, eine Kugel in 
die Bruft. 
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BVermischtes. 
fFStraßburg, 20. Mai. Der „N. Bad. 
Losztg.“ wird gemeldet. daß Sarah Bernhardt, 
die in Straßburg und Metz mit der Gesellschaft 
Simon auftreten wollte, durch eine diskrete Ver⸗ 
fügung des Ministeriums an ihrem Auftreten ver⸗ 
hindert worden ist. Die Verfügung ist an die vor⸗ 
gesetzten Behörden der beiden Theater in Straßburg 
und Meß gerichtet und spricht die Befürchtung aus, 
daß die Anwesenheit der patriotisch- exzentrischen 
Dame zu politischen Demonstrationen mißbraucht 
werden würde. 
Augsburg, 18. Moi. Eingeschneit 
wurden auf dem Pfänder am Himmelfahristage 
ꝛinige Augsburger Herren, welche von Lindau aus 
eine kleine Bergpartie machen wollten. Zwei Tage 
nußten unsere Touristen auf der Riesealp zubringen 
und erst nachdem mit dem Bahnschlitten Weg ge⸗— 
nacht worden, konnte der Abstieg erfolgen. Der 
—A 
f München, 19. Mai. Von 81 Forsi⸗ 
meistern, Vorständen der seitherigen Forstämter, 
änd bis heute nur mehr 14 in dieser Funktion 
belassen, alle anderen sind pensioniert oder für den 
uneren Dienst bestimmt. 
Am Donnerstag fand die Versteigerung der 
LZlein⸗Eisenzeug · Fabrik der Firma „Hetzler und 
darcher“ ꝛu Bettinagen alS. satt und wurd— 
Lokale und pfälzische Nachrichten. 
— Grod- und Mehlpreise) dDie 
„Zeitschrift des landwirthschaftlichen Vereins in 
Bayern“ bespricht in der Rundschau“ ihres März⸗ 
heftes (verfaßt von Geueralsekretär Otto May) die 
virthschaftliche Zeitlage und stellt eine Untersuchung 
über Mehlzölle und Brodpreise an. Dabei kommi 
der Herr Verfasser zu dem Schlusse, daß die Brod⸗ 
preise ganz unabhängig vom Getreide- resp. Mehl⸗ 
yreise seien, wenigstens so lange diese Letzteren nie⸗ 
drig stehen; er beweist dieses durch vergleichende 
Zusammenstellungen. So z. B. hat den höchsten 
Preis für 1 Pfd. gemischtes Brod, Erlangen mit 
30 Pf., während Pirmasens, Kaiserslautern und 
Brünstadt den niedrigsten mit 12 Pf. haben. Der 
Durchschnittspreis für 1 Pfd. gemischtes Brod be⸗ 
technet sich für München auf 18, Landshut 20, 
Speyer 13, Regensburg 21, Bayreuth 24, Ans- 
bach 16, Würzburg 23, Augsburg 28 Pf. Weizen 
yrod kostet in Munchen 36, Landshut 38, Ger⸗ 
mersheim 18, Regensburg 27, Amberg 22, Bay⸗ 
euth 28, Ansbach 20, Würzburg 26, Augsburg 
29 Pf. Die oͤrtlichen Getreidepreise stimmen durch 
uus nicht mit diesen Brodpreisen zusammen, so 
kostete z. B. in München hei einem Durchschnitts 
Voltische Uebersicht. 
Deutsches Reich. 
ur Nünchen, 22. Mai. Die Regierung von 
Asaß · Loihringen hat genehmigt. daß das bahr. 
driegerdenimol zum Andenken an die Ge⸗ 
falenen von Wörth auf dem sog. Militärfriedhof 
nachst Wörth aufgestellt werden darf. Der Plaß 
wird unentgeltlich überlassen. Was die Art des 
Monumento betrifft, werden demnächst einige der