Full text: St. Ingberter Anzeiger

altere Linie des altangesehenen Hauses Thurn 
und Taxis. Der Verstorbene war der Bruder der 
Prinzessin hon Hohenzollern, so daß die beiden 
verwandten fürstlichen Hänser an einem Tage die 
Stammeshäupter verloren haben. 
Berlkin, 4. Juni. Der Kaiser, welcher gut 
zeschlafen hat, empfängt Nachmittags 1 Uhr den 
Thef der Admiralität v. Caprivi, welcher die 
Matrosen der „Olga“ vorstellt, die vor dem Kaiser 
Posten gestanden haben. — Fürst Bismarck, mit 
feinem Sohne, dem⸗ Grafen Wilhelm, ist heute 
Morgen 8 U. 40 M. nach Kissingen abgereist. 
Berlin, 4.Juni. Der Reichsanzeiger 
meldet, daß die Genesung des Kaisers ohne Stör⸗ 
ung in erwünschter Weise fortschreitet. 
Konigsberg, 3. Juni. Der Kronprinz von 
Preußen und Prinz Withelm sind heute Mittag 
hier eingetroffen. Dieselben wurden von der Be⸗ 
völkerung begeistert empfangen. Nach einer Fahrt 
durch die reichgeschmückten Straßen find dieselben 
im Oberpräsidialgebäude abgestiegen. 
Baden⸗Baden, 8. Zuni. Die Nachrichten 
der „Germania“ über eine ernste Erkrankung der 
Aaiserin sind völlig unbegründet. Im Befinden 
der Kaiserin ist nichts verändert. 
Ausland. 
Wien, 4. Juni. Fur den verstorbenen Fürften 
von Hohenzollern wurde eine achttägige Hoftrauer 
angeordnet. — Bei der Reichsrathswahl des adeligen 
Großgrundbesitzes in Tirol siegten von den Candi⸗ 
dalen' der Compromißliste 2, der Deutschliberalen 
2, und der Italienischliberalen 2; bei den Wahlen 
n der böhmischen Städtegruppe verloren die Deutsch⸗ 
liberalen einen Bezirk der Prager Kleinseite. 
Bernu, 4. Juni. Durch Beschluß des Bun⸗ 
desrathes sind gestern 21 Anarchisten. darunter ein 
Franzose und mehrere Deutsche, ausgewiesen worden. 
Newyort, 31. Mai. Im Distrikt Pittsburg 
wird morgen ein Eisenarbeiterstrike 
Jegen eine Lohnherabsetzung von 20 pCt. beginnen. 
Die Arbeiler erboten sich, sich eine Herabsetzung von 
I0 pCt. gefallen zu lassen, welches Anerbieten 
mehrere Hüttenbesitzer, darunter Carnegie Brothers, 
Dilworth. Porter u. Co. und die Republik Iron 
Companh annahmen. Diese Fabriken werden im 
Betrieb bleiben, aber die meisten übrigen im Distrilt 
werden geschlossen werden und nahezu 100,000 
Arbeitet werden feiern. Dies wird der größte 
Strike sein, der in der Eisenindustrie seit Jahren 
vorgekommen ist. Er wird von den Fabrikanten 
wegen der verherrschenden Ueber⸗Produktion be⸗ 
günstigt. Die Einschränkung der XE 
denr ganzen Sommer hindurch fortdauern. 
Sokale und pfälzische Nachrichten. 
*Sit. Ingbert, 5. Juni. Das Fron⸗ 
leichnamsfest wurde gestern in unserer Stadt. 
vom prächtigsten Wetter begünstigt, in überaus 
feierlicher Weise und unter außerordentlich zahlreicher 
Betheiligung gefeiert. Die Straßen, durch welche 
sich die Prozession bewegte, waren mit frischem 
Grün bestreut und durch Fahnen, Kränze und 
Bilder festlich geschmückt. Eingeleitet wurde die 
Feier am Vorabend und am Festmorgen durch 
Slockengeläute und Böllerschüsse, sowie durch Zapfen⸗ 
streich und Tagreveille, ausgeführt von der hiesigen 
Bergkapelle. 
*St. Ingbert, 5. Juni. 3 In den letzten 
Tagen ging durch notariellen Akt das Terxrain, 
auf dem die Firma Schuler und Schmid in Zurich 
rine Spinnerei zu errichten beab sichtigt, in den 
Besitz der genannten Firma über. 
Aus der Pfalz, 80. Mai. Das k. 
Konsistorium der Pfalz gibt den protestantischen 
Dekanaten, Pfarrämtern und selbstständigen Vikariaten 
der Pfalz folgenden Erlaß bekannt: „Die in ein⸗ 
zelnen Gegenden unserer Pfalz wahrnehmbaren 
Fortschritte des Sektenwesens erheischen eine erhöhte 
Wachsamkeit zum Schutze der Ordnungen unserer 
Kirche. Das bezügliche Verhalten der staatlichen 
Behoͤrden ist durch die Staatsgesetze normirt und 
kann hier nicht weiter in Betracht kommen. Da—⸗ 
gegen erscheint es zweckmäßig und nothwendig, für 
die Organe der Kirche, die Geistlichen und Presby⸗ 
ferien, nachfolgende Weisungen zu erlassen: 1) 
Die Ortsgeistlichen und Presbyterien haben das et⸗ 
waige Eindringen einer Sekte in ihre Gemeinde, 
sowie die Fortschritte derselben genau im Auge zu 
behalten und die geeigneten Mitiel zur Bekampfung 
derselben sotgfältig zu erwägen. 2) Von licchlicher 
Seite sinv die Sekten unter thunlichster Vermeidung 
zußerer Maßregeln polizeilicher Art vornehmlich 
durch innere Mittel zu bekämpfen, und ist dabei — 
das Hauptaugenmerk darauf zu richten, das Wesen 
der Sekle innerlich zu überwinden und deren An⸗ 
hänger der Landeslirche, von der sie sich abgewendet 
jaben, wieder zu gewinnen, insbesondere durch lau⸗ 
ere, eindringliche und den Gemeinden an Kräften 
iahe zu bringende Verkündigung von Gottes Wort 
ind schriftmaäßige Verwaltung der Sakramente; 
zurch Wetteifer in der Befriedigung der kirchlichen 
gedürfnisse der religiös gerichteten Gemeindeglieder, 
asbesondere auch der heranwachsenden und erwach— 
enen Jugend, und durch Verlegung der Gottes⸗ 
enste und Bibelstunden auf eine jenen Gemeinde, 
zliedern passende Zeit, was besonders in Orten 
mit Fabrikbebolkerung von Wichtigkeit ist; durch 
reue persönliche Seelsorge, die den Wankenden und 
Irrenden nachgeht und fie angemessen belehrt. 3) 
die aus den Verbande der Kirche- förmlich aus⸗ 
getretenen früheren Gemeindeglieder verlieren durch 
hren Austritt alle kirchlichen Gesellschaftsrechte und 
habe keinen Anspruch auf irgend welche Dienst⸗ 
eistung seitens unserer Kirche G. B, das Läuten 
der Glocken dei Beerdigung ꝛc.) 4) Diejenigen 
Bemeindeglieder, welche, ohne ihren Austritt aus 
inserer Kirche ausdrücklich erklart zu haben, sich 
ekuirerischen Gemeinschaften thatsächlich anschließen, 
udem sie nicht blos den gottesdienstlichen Ver⸗ 
ammlungen derselben beiwohnen, sondern von den· 
elben auch für sich oder ihre Angehörigen die 
Taufe, die Konfirmation, die Trauung oder das 
jeil. Abendmahl empfangen bezio. begehren sind 
jon dem Presbyterium in ernste, je nach den ob⸗ 
valtenden Umständen bis zur zeitweisen Entziehung 
der lirchlichen Gemeinderechte sich steigernde Kirchen⸗ 
zucht zu nehmen. Aber auch hierbei ist nicht aufßer 
Auge zu lassen, daß das letzte Ziel jedes hier in 
Anwendung zu bringenden Verfahrens kein anderes 
ein soll, als die Verirrien auf den rechten Weg 
urückzuführen.“ — Gpf. K.) 
A'Blieskastel, 8. Juni. Vom herrlichsten 
Wesser begünstigt veranstaltete die hiesige Latein⸗ 
chule gestern einen Ausflug auf den Bornbacher 
Hof. Derselbe verlief in gemütlichster Weise bei 
Fesang, Deklamation und Spiel, und nur ungern 
erließ man in später Abendstunde diesen idyllischen 
Ort. 
— Zum 8. pfälzischen Feuerwehriag welcher 
im 14. Juni in Homburg hattfindet, ist fol⸗ 
jendes Programm festgestellt: Am Vorabend: Sitz⸗ 
ing der Bezirksausschüsse im Hotel Dümmler, 
Zapfenstreich und Reunion im Cappel'schen Garten. 
Im Festtage: Tagreveille, Empfang der Gäste am 
Bahnhof, um 103 Uhr: Hauptdersammlung des 
ofäliz. Verbandes im Weber'schen Saale, um 12 
Uhr Uebungen am Marktplatz und Probe der aus⸗ 
zestellten Maschinen, 2 Uhr: Mittagstisch in ver⸗ 
schiedenen Gasthäusern, 4 Uhr: Konzertreunion im 
Weber'schen Garten (Kapelle des 17. Inf.Regts.) 
die Feuerwehrleute erscheinen zu der Versammlung 
in Ausrüstung. Sie genießen auf den pfälzischen 
gahnen eine Fahrtaxetmäßigung in der Art, daf 
die gelösten einfachen Billete zur freien Rückfahrt 
—XXE 
pPirmasens, 1. Juni. (R Bal- 
wierer.) Der Müller von R. im nahen Reichs 
ande sitzt gestern ganz gemüthlich mit einem Ireunde 
m Café Feß hinter einem Glase Münchener.“ „Du,“ 
neint der Müller, „gelt ich sih recht derangirt aus 
n meinem Gesicht, ich sin seit acht Dag nit me 
Jerassert worr.“ „„Ich will derr en jure Rotk 
jewe““, sagt der Freund, ein loset Vogel, „„lof 
zich hier rassere. Do drauß laft grad enner, be 
dem hann ich mich schun oft balwere losse, geh 
mne un ruf dern rinn““. Der draußen Vorüber⸗ 
gehende ist aber der Kaufmann Herr D. aus Neu⸗ 
adt, der ein der Rasirtasche nicht umähnliches Päck. 
hen in der Hand trägt. Der dicke Müller läuft 
zur Thür hinaus und ruft mit Stentorstimme: 
Eer! Eer!! Rasirer!“ „Schön, schön, recht ange 
dehm.“ Herr D. folgt dem voran gehenden Müller 
ns Café. Der Muͤller plazirt fich auf einen Stuhl. 
Der Reisende öffnet sein Täschchen. Zum Kuckuk! 
Seife und Stifenschüssel vergessen! Haben wir Nie— 
nand, der hinüberläuft ins Nachbarhaus und das⸗ 
elbe holt?“ Da Niemand da ist, muß man fich 
ben mit einem zur Verfügung geslellten Teller und 
inem Stückchen Seife behelfen. Der Müllet wird 
eingeseift! Backen, Bart, Mund, Nase, Ohren, 
Stitue und noch ein großer Theil des Kopfes. 
dem Müller hüpft das Herz vor Vergnügen; se 
zründlich hat ihn sein Barbiet noch nicht eingeseift 
Pie's zum Rafiren gehen soll, hat der Barbier 
auch sein Messer vergessen. „Was nun? — Hu 
ich eben mit diesem probiren.“ Spricht's, — 
in Tranchirmesser vom Buffet und geht auf den 
Fingeseiften zu. „Nee, mit so em Messer loß ich 
nich doch nit rassere!“ Schaut die Umsitzenden am 
zie mit aller Gewalt das Lachen zu verbergen 
uchen, schaut seinen Barbier an, dem der Schal 
uus den Augen blitzt, und spricht mit unnachahm 
icher Stimm' und Betonung: „Ich glaab, Du 
aischt gar kee Balwierer!!“ Nach einigen gerade 
unicht liebenswürdigen Auseinandersetzungen wurde 
ein echter und rechter Barbier - geholt, der den 
Müller seines Bartes entledigte. 
J — Aus Pirmasens, 8. Juni, wird det 
„K. Z.“ geschrieben: Vor einigen Wochen kauft 
ich ein gewisser Müller, Schuster von hier, von 
dem Zeitungsausträger Kubeck ein Loos der Titt 
inger Lotterie. Als er irrthümlicher Weise auf 
der Ziehungsliste der Spessart-Lotterie suchend, 
eine Nummer vergebens suchte, glaubte er, sein 
doos sei werthlos und hatte nicht weiter Acht 
darauf. Das Loos ging verloren. Das Nummer 
Jatte er sich in den Kalender geschrieben. Nun wurde 
Zekannt. daß sich bis jetzt der Besitzer desjenigen 
dooses, auf das der Hauptgewinn der Tittlinger 
zottierie entfallen, noch nicht gemeldet habe. Müller 
heschaut seine Nummer und — dasselbe ist der 
daupttreffer der Tittlinger Lotterie! Das Loos 
ber ist verschwunden. So erzählt wenigstens der 
vetreffende Müller. (7) — 
— Kaiserslautern, 1. Juni. De 
Pleisch'sche Wald bei Waldfischbach wurde heut 
verfteigerl. Als einzige Bieter traten Gebr. Rie 
nus Zweibrücken auf. denen der Wald für 60 000 
Mark zufiel. 
— In Maud ach wurde der Ackerer Essig 
uuf dem Felde vom Hitzschlag getroffen und war 
ofort todt. 
— Rheinzabern, 2. Juni. Eine hiesig 
Frau, die eine große Vorliebe für schwarze Hühnet 
jat, erholte sich bei ihrer Nachbarin Rath, wa 
vohl zu thun sei, daß ihre Bruthenne schwatz— 
Züchlein ausbrüte. Diese gab ihr den Bescheid 
ie Henne in einen schwarzen Hut zu setzen. Der 
sath wurde befolgt. Der Mann mußte wohl oder 
ibel seinen schwarzen Hochzeitshut opfern, worin 
die Henne sorglich gebettet wurde. Und siehe da 
— die ausgebrüteten Küchlein waren alle schneeweiß! 
— Freinsheim, 1. Juni. In welch 
hohem Werthe dahier die Wingerte und das Baum⸗ 
ield stehen, zeigte eine heute hier stattgehabte 
hüter. Versteigerung. Es wurden für 52 Decimalen 
Ader mit Bäumen und Wingert M. 3500 und 
für weitere 68 Decimalen, ebenfalls Acker wit 
hänmen und Wingert, M. 2925 erlöst. Der 
beste Beweis von der Rentabilität der Obstbaum 
zucht. — Die Kirschen⸗Ernte in hiesiger Gemeinde 
hjat bereits begounen und wurden am gestrigen 
rage an hiesigem Platze schon ca. 20 Centner sog 
Schloßlirschen· A Pfund 40 Pfg. abgeliefer 
Sammtliche Kirschensorten sind infolge der seit 
Jerigen kühlen Witterung recht vollkommen und 
cheihen eine gule Quaidät; mian verspricht sit 
infolge dessen für unseren Ort eine bedeutendt 
Finnahme. (F. T.) 
Vermischtes. 
f Bildstock, 3. Juni. In der benachbarten 
Brube Friedrichsthal verunglückten gestern wahrend 
er Arbeit durch herabstürzende Felsmassen zwe 
Bergleute. Der eine, Namens Jungmann. starb 
nach wenigen Minuten und hinterläßt eine Wittwe 
nit sechs unversorgten Kindern; der andere, ein 
Schlepper, erlitt einen Beinbruch und wurde nach 
Zulzbach ins Lazareth gebracht. (S. u. Bl.ß. 
7 Metz, 2. Juni. Eine Chompagnerfabii 
vird nun doch in Meh errichtet werden. Zu 
Haus Vissinger u Cie. in Abize wird fich au 
Fem St. Ludwigsplatz etabliren. Noch vor den 
15. ds. Mis. soll das erforderliche Naterial zur 
Stelle sein, 
paIngweiler; 1. Juni. Vor einigen Tagen 
kam der chemalige 62 Jahre alte Förster Ferber 
auf der Ziegelei des Hertrn Haag dem brennender 
Ziegelofen zu nahe. Seine Kleider fingen Feuet. 
aindder alte Mann lief lichterloh brennend zun 
Hrunnen um dort das Feuer zu löschen. de 
Rettung kam zu spät. Mit vielen Brandwunder 
hedecht, verschied der Arme alsbald. 
p'Straßburg, 2. Jani. Der heutuge 
52. Versammlung der els.⸗lothr. Pastoret 
fonferenz wohnten 103 evangel. Geiffuche bei