Full text: St. Ingberter Anzeiger

Bei der seit einigen Tagen auf den Straßen 
in Trottoirs herrschenden Glätte sei auf 
Jen Inhalt nachstehender Strophe hingewiesen: 
Uebt immer Eure Bürgerpflicht, 
Auch wenn es schneit und friert! 
Vergeßt das Aschestreuen nicht, 
Sonst werdet Ihr notirt. 
Der Paragraph steht nicht zum Spaß 
In unserm Ortsstatut, 
Und wer schon auf den Pflaster saß — 
Der weiß, wie gut das thut! — — 
— Für die Pfälzer wird es interessant sein, 
zu hören, daß der Kommandant des Flaggenschiffes 
Bismarck“, welches an den Kämpfen in Kamerun 
hetheiligt war, ein Herr Karcher aus Saar⸗ 
brücken ist. Verwandte desselben sind der „Pf. 
Pr.“ zufolge die Herren Dr. Schuhmacher in 
Zaiserslautern und Apotheker Schumacher in 
Kirchheimbolanden. 
Die Lehrerbildungsanstalt Kaiserslau— 
tern ist seit dem 9. d. wieder eröffnet, nachdem 
ihre Schüler von dem bewußten Augenleiden wieder 
hergestellt sind. 
— Kaiserslautern, 183. Januar. Die 
„Pf. Vztg.“ schreidt: Es ist wohl noch Jedem er⸗ 
nnerlich,; welche Aufregung das seinerzeitige Vor⸗ 
ommniß mit der fingirten Todes. Anzeige des kleinen 
Weiler hervorrief und leider haben wir heute schon 
vieder solch einen schmählichen Streich zu verzeichnen. 
xs wurde nämlich am Freitag Nachmittag eine 
Depesche von hier nach Frankeneck aufgegeben, 
welche den dortigen Verwandten des früheren Herrn 
Adjunkten Günther in Trippstadt dessen Tod mel— 
dete und zur Beerdigung auf Sonntag einlud. 
Bekümmert machen sich die Verwandten am Sonn⸗ 
ag auf den beschwerlichen und kostspieligen Weg 
wer beschreibt aber ihr Erstaunen, als sie der 
Todtgemeldete in Trippstadt wohl und munter unter 
der Hausthüre begrüßt. Mag diese Ueberraschung 
zun vuch eine freudige gewesen sein, so ist der 
BZubenstreich doch immerhin so gemein, daß nur zu 
vünschen wäre, es möge dem Thäter, dem man 
ibrigens auf der Spur ist, eine gleiche Bestrafung 
zu Theil werden, wie sie damals das kqal. Amts⸗ 
zericht über Weiler verhängte. 
Kaiserslautern, 14. Jan. (Buben⸗ 
ttreich.) Gestern Abend zwischen 6 und 7 Uhr 
rat ein Bursche von 156— 16 Jahren an die Thür 
des Ladens des Kaufmanns S. in der Kerstgasse, 
uind zwar in einem Augenbiick, als sich Niemand 
m Laden befand. Piötzlich warf derselbe ein 
Bündel Stroh und ein Stück brennenden Zunder 
n den Laden und suchte dann eilends das Weite. 
deider ist seine Persönlichkeit noch nicht festgestellt. 
— Eines der älitesten Häuser der Pfalz ist 
vohl das des Herrn Adjunkten Bohnenstiel in 
Ddertlingshausen. Dasjelbe,— unter dem Namen 
Klosterhof“ weit bekannt, ist im Jahre 1585 er⸗ 
haut wocden und hat somit in diesem Jahre das 
Alter von 300 Jahren erreicht. Man beabsichtigt 
deßhalb bis nächste Ostern durch ein Concert mit 
darauffolgendem Balle das 300iährige Jubiläum zu 
keiern. 
Im Gewerbeverein Frankenthal hat 
vorgestern Herr Dekan Dr. Leyser aus Neustadt 
einen Vortrag gehalten über die Errichtung von 
Handarbeitsschulen für die werltags⸗ und sonntaqs⸗ 
chulpflichtige weibliche Jugend. 
detr protestantischen Gemeinde See bach 
wurde zur Beschaffung der Mittel für die Restau⸗ 
ration ihrer Kirche eine Kollekte gestattet, welche 
em 28. b8. Mts. in den protestantischen Kirchen 
der Pfalz erhoben wird. 
dDas „G. W.“ schreibt aus Sondern⸗ 
heim, 10. Januar: Gestern Abend begaben sich 
Frei Knaben von hier auf's Eis, der sogenannten 
Tränk. Der 9jährige Wilhelm Wetzka, Sohn des 
Tagners Franz Josef Wetzka, wagte sich soweit vor 
And sank Lein bis an den Hals. Die anwesenden 
Knaben konnten die nöthige Hilfe nicht leisten und 
bis Erwachsene herbeikamen, war es leider zu spät 
der Verunglückte war eine Leiche. Von den 
hetrübten Eltern wurde er am selben Abend noch 
Jerausgezogen und nach Hause verdracht. 
dDie Einweihung des neuen evangelischen 
Diakonissenhauses zu Spe yer (verbunden mit dem 
Jahres⸗ und Jubilaums-Fest derselben Anstalt) 
iindet Mittwoch den 21. Januar nächsthin staft. 
Am Dienstag vorher, Abends 5 Uhr, wird in der 
leinen Kirche ein Abschiedsgottesdienst abgehalten 
verden, wobei Herr Stadtpfarret Ney die Predigt 
Jalten wird. Am Festtage selbst ist Morgens um 
10 Uhr Generalversammlung in der neuen Anstalt. 
Im 10/4 Uhr wird in der Anstaitskapelle durch 
hrn. Kirchenrath Lyncker das neue Diakonissenhaus 
ngweiht werden. Bei diesem Gottesdienste können 
jedoch nur die Diakonissinen, deren nächste Ange⸗ 
sörige, die Ausschußmitglieder, die Vertreter der 
5tationen, sowie die besonders hierzu eingeladenen 
khrengäste Theil nehmen. Da die Hauskapelle nur 
250 Sitzplätze hat, so können nur noch jene Gäste 
Blätze erhalten, welche rechtzeitig sich beim Haus- 
seistlichen melden und von demselben hierzu Ein— 
rittskarten erhalten. Nachmittags 2 Uhr findet 
)er Festgottesdienst in der großen Kirchen statt; 
derr Pfarrer K. Hoffmann aus Stuttgart, der 
ange Zeit in Speyer Stadtpfarrer war, hat die 
Fesipredigt übernommen. Am selben Tage, Abends 
5 Uhr, findet in der Anstaltskapelle noch die Ju⸗ 
iläumsfeuer der Schwester Anna Deutsch statt, 
ind zwar durch den Hausgeistlichen Hru. Pfarrer 
Scherer. 
— die 7 Schüler, deren Verschwinden aus 
Speier wir in vor. Nr. meldeten, konnten sich, 
vie leicht vorauszusehen war, ihrer angemaßten 
Freiheit nicht lange erfreuen. Nachdem dieselben 
im Montag auf Dienstag in Ludwigshafen über—⸗ 
nachteten, setzten sie ihre Reise nach Dürkheim fort, 
»on wo aus einer davon, jedenfalls vom Heimweh 
rfaßt, schleunigst die Retourfahrt antrat und mit 
em letzten Zuge Dienstag Abend in Speier ein— 
raf. Ratürlich war hierdurch der Aufenthalt der 
ibrigen 6 Reisekollegen festgestellt. Eine telegraphisch 
übgegangene Weisung lautete dahin, die kleinen 
ruropamüden festzuhalten, bis sie abgeholt und den 
chlagfertigen Armen der Eltern zurückgebracht wer— 
gen können. 
Vermischtes. 
Stuttgart, 14. Januar. Gerüchtweise 
zerlautet, daß heute Morgens ein mit dem Schnell . 
uge angekommener Mann vom Zuge weg auf 
zrund des Verdachtes, der Mörder des Polizeirathes 
tumpf in Frankfurt zu sein, verhaftet worden ist. 
F Darmstadt, 15. Januar. Verwichene 
Nacht wurde in Beerfelden der Chaussee-Aufseher, 
pelcher einen Arbeiter entlassen, von diesem, der 
ym aufgelauert hatte, auf dem Heimweg erstochen. 
zine Bestätigung mit näheren Angaben ist abzu— 
varten. 
München, 13. Januar. In vergangener 
dacht hat sich ein Studirender aus Augsburg in 
»iner Wohnung dahier durch einen Stich ins Herz 
ebbst entleibt. 
4 Einen interessanten Gegenstand von gewiß 
ußerster Seltenheit wird die Münchener Koch⸗ 
unstausstellung bieten, indem es einem Küchenchef 
ioch in letzter Stunde gelungen ist, eine mächtige 
Donau-Fotelle im Gewichte von 27 Pfund und 
er riesigen Länge von 1 Meter 24 Centimeter zu 
rwerben, welche unterhalb Giurgewo in der Donau 
Jefangen wurde. Die Forelle, welche ihrer Abnor⸗ 
nität und Seltenheit wegen einen der ersten Aus⸗ 
tellungsgegenstände und einen Hauptpreis der Lot⸗ 
erie bilden wird, wird vollständig zubereitet (blau 
sesotten) und garnirt zur Ausstellung gelangen. 
(Stiergefechte in Deutschland.) 
die Süiergefechte Spaniens haben den biederen Be— 
dohnern Tegernsee's in Bayern keine Ruhe gelassen. 
Zie begnügten sich indeß in ihrem Ergeize mit einem 
Kuhstechen“, welches am Dreikönigstage eine kleine 
ztunde von Gmund im schönen Mangfallthale 
zattfinden sollte. Ein Musitchor spirlte schöne 
Ztücke, eine große Menge Zuschauer war versammelt 
ind zwei Kuͤhe sollten raufen; aber dieselben hatten 
egeneinanter keinen Groll und konnten trotz aller 
lufeuerung ihrer Besitzer, welche für den Sieg 
00 Mark gewettet hatten, nicht zum Kampfe ge— 
racht werden, sondern näherten sich vertraulich und 
eleckten schließlich zum großen Gaudium ihrer 
zuschauer sich die friedfertigen Häupter. 
EGie Feuerspritze als Beruhigungs— 
nittel.) Am Dreikönigstage fand in Engel⸗ 
arting bei Zorneding in Bahern ein Schlitten 
ennen statt. Wahrscheinlich zur Erhöhung der Feier 
purde von der nach dem Rennen zum festlichen 
-„chmause versammelten Gesellschaft eine jener dort 
iblichen höheren Volksbelustigungen inscenirt, bei 
pelchen die Maßkrüge fliegen lernen und die Stuhl⸗ 
eine ihrem eigentlichen Zwech entfremdet werden. 
Da mitten im schönsten Kampfesvergnügen zischte 
in eiskalter Strahl durch die weit geöffnete Thüre 
nuf die erhitzten Köpfe, und noch einer und wieder 
— die wackere Spritzenmannschaft, welche 
nuf Anordnung des Ortsbürgermeisters ihres Amtes 
valtete, wich nicht vom Platze, his das Feuer in 
den erhitzten Köpfen der Kraftadeligen gelöscht war. 
Mit verdutzten Gesichtern und süßsauren Mienen 
»erließen diese den Schauplatz ihres Vergnügens, 
uugleich höchlich erstaunt über die für sie noch neue 
Verwendungsart der Feuerspritze. 
F(„Herr, halt ein mit deinem Segen!“) Als 
ein gewiß seltenes Vorkommniß muß es bezeichnet 
verden, wenn eine Familie in einem Kalenderjahr 
nit einem Zuwachs von fünf Sprößlingen erfreut 
vird, ein Ku siosum, welches thatsächlich in die 
Unnalen von Schmalkalden (Thüringen) hat 
»erzeichnet werden können. Gerade der letzte Tag 
des verflossenen Jahres bescheerte einer Familie dort 
iin munteres Zwillingspaar; dies ist wohl an und 
ür sich kein seltener Fall, das Merkwürdigste aber 
»ei der Sache ist, daß das Standesamt bereits im 
Februar desselben Jahres in sein Register die Ge— 
yurt von Drillingen in derselben Familie einge— 
ragen hatte. 
F Frankfurt. Einem jungen Manne ist 
olgende, etwas romantische Geschichte 
vassirt. Im vorigen Jahre lernte er in der Tanz— 
tunde ein allerliebstes, schwarzäugiges Mädchen 
ennen, in das er sich sterblich verliebte. Nach Be— 
indigung des Tanzunterrichts hatte er keine Gele— 
jenheit mehr, die Kleine, welche ihn auch gern 
Jatte, zu sehen, und so machte er vor ihrem Hause 
illaßendlich Fensterpromenaden. Um seine Aukunft 
u melden, pfiff er gewöhnlich eine Opernmelodie 
yor sich hin, die, weil sie sich so oft wiederholte, 
ie Aufmerksamkeit des gestrengen Herrn Vaters 
der Geliebte erregte. Baid hatte derselbe heraus— 
jefunden, daß der hübsche junge Mann seiner 
Tochter zu Gefallen gehe und er beschloß, ihm eine 
Ubkühlung zu Theil werden zu lassen. Als der 
Zerliebte wieder vor dem Hause pfeifend auf⸗ und 
bpatroullirte, erzriff der Vater eine Schüssel mit 
Vasser und goß sie auf den Jüngling aus. Da— 
ʒei entglitt ihm das Gefäk und fiel dem Begossenen 
nuf den Kopf, der mit einem Schrei zusammen— 
fürzte. Nun bekam der Vater große Angst, er sah 
ich vor der Strafkammer und, um sich vor dem 
dichter zu retten, nahm er den Verletzten in sein 
daus auf und ließ ihn durch seine Tochter pflugen. 
ls er genesen, gab er ihm der Letzieren Hand. 
Ddie Hochzeit findet demnächst siatt. Das dürfte 
vohl die erste Ehe sein, die durch ein Waschlavoir 
»ermittelt worden ist. 
Berlin. Eine entsetzliche Szene spielte 
ich letzten Samstag Nachmittag an den Kanalufern 
wischen der Potsdamerbrüucke und Bendlerbrücke b. 
zin Ehepaar, dessen Name zur Stunde noch nicht 
jekannt ist, warf seine beiden Kinder in den Kanal, 
ugenscheinlich in der Absicht, dem Mord den 
„elbstmord folgen zu lassen. Durch das Schreien 
zer unglücklichen Opfer wurden Passanten herbei⸗ 
jelockt und die Eltern verhindert, den Kindern zu 
olgen, sie rannten daher der Potsdamer Brücke zu 
ind führten hier ihren Vorsatz aus. Bei versanken 
o rasch in die Tiefe, daß die Rettungsversuche 
ruchtlos ausfielen. 
Berlhin. Am vorigen Mittwoch sind zwei 
Ztudenten, weiche auf der krummen Lanke bei 
Zehlendorf Schlittschuh liefen, stud. med. Karl 
»dändly aus Görlitz und stud. philos. Otto Rust 
jus Köln, eingebrochen und ertrunken. 
Was der Himmel vom 1885er 
ündet. Daß die ganze Natur zusammenhelfen 
nuß, ein gutes Weinjahr hervorzubringen ist eine 
zrfafyrung, die sich seit uralter Zeit in den ver⸗ 
hiedensten, zum Sprüchwort gewordenen Wetter⸗ 
egeln ausdrückt. Jusbesondere ist es die Stellung 
zer Wandelsterne unter einander und zu den festen 
Zterndildern, deren Einflußk auf die Beschaffenheit 
ind Menge des Weins ebenso oft beobachtet, wie 
ils Vorzeichen genommen worden ist. Nun fiden 
vir schon aus dem vorigen Jahrhundert eine Pro— 
Hhezeihung, welche, wenn sie eintreffen würde, 
inserem Weinbau einen ungeahnten Aufschwung zu 
jeben geeignet wäre. Dieselbe lautet: „Es ist 
nänniglich bekannt, daß, so in einem Jahr auf 
inen Monat zwei Vollmonde kommen, das Jahr 
ine große Menge Weines zu erwarten hat. Auch 
sat es sich schon vielmal bewähret, daß wenn 
olches am Himmel geschiehet, die Traubenstöch 
Mühe haben, die Menge zu tragen. Je früher im