Full text: St. Ingberter Anzeiger

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vt. Ingherten Amzriger. 
Aumtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingber.. 
* 
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der Et. Iugberter Duzeiger· —EXE— fuufwal: UAm Montag, Diensteg, RAo rsotag, Samostag und Gonutag; aual bchentlich mit Unterhaltungs⸗ 
diau und Sonntagk mit Sfeitiger ilustrirter Seilage. Das Blatt bostet vierteljährlich 1.4 60 4 einschließlich Trägerlohn; durch die Post bezogen 1)M 7TS5 H, einschließlic 
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Montag, 15. Juni 1888. 20). Jahrg. 
Volitische Uebersicht. 
* Da der Kaiser Wilhelm sich in den 
segten Tagen öfterz wieder recht schwach fuhlte 
nid auch das Wener in Bezug auf Wärme und 
zalte Schwankungen zeigte, die fich bei einem 
dufenthalte des Kaisers im Freien auf dessen Ge⸗ 
undheit ungünftig äußern könnten, so wurde die 
Abreise des Kaifers nach Ems verschoben. Doch 
urfte die Verzöͤgerung der Abreise nur wenige 
Fage in Anspruch nehmen und der Kaiser dennoch 
m Laufe der Woche in Ems eintreffen. 
* Der Kronprinz hat im Auftrage des 
Zaisers in den letzten Tagen die Besichtigungen 
her Garde⸗ Kavallerie⸗Regimenter in Potsdam und 
Berlin vollzogen und seine Befriedigung über die 
sorzügliche Ausbildung der Garde⸗Kadballerie den 
Regimentskommandanten ausgedrückt. — In Ber⸗ 
iner wie Stettiner Kreisen will man wissen 
ha Prinz Wilhelm demnachst nach Stenin über⸗ 
edeln werde, um auf die Dauer eines Jahres des 
donigs⸗Regiments zu übernehmen. —8 
In der Donnerstags⸗Sitzung des Bundes⸗ 
rathes ist beschloffen, den Eingaben wegen Ein⸗ 
uhtung der Doppel⸗Munzwaährung keine 
Folge zu geben. Damit ist die Prufung der 
Frage durch die zustandige Behörde, von welcher 
der Kanzler jungst in einem Schreiben gesprochen 
hat. erledigt. Da der Reichstag in demselben 
Sinne beschsoffen hat, so wird nun der Agitation, 
die oft Handei und Induftrie beunruhigt bat. fur 
zangere Zeit ein Ende gemacht sein 
Ueber die Zanzibar⸗Frage schreibt die 
Koln. Ztg.“; ,Die Erwerbungen der ofiafri— 
anischen Gesellschaft im Binnenlande, westlich von 
Janzibar, grundeten sich darauf, daß der Durch⸗ 
sangthaudel mit ihren Besitzungen mit Hilfe des 
Keiches dadurch ermöglicht wurde, daß zwischen 
Deutschland und Zanzidar ein Handelsbertrag ab⸗ 
peschlossen wurde und daß das Reich die seit dem 
sahte 1867 mit dem Sultan von Witu, der ais 
madhangiger Herrscher den Kuftenstrich nordlich 
yon Zanzibar inne hat, gepflogenen freundschaft⸗ 
ichen Beziehungen fester inupfte und zu einem 
—XX verdichtete. Beiden Bestrebungen 
ut sich Said Bargasch widerseßi. ZJu einem 
handels bertrage lonnen, und werden wir ihn nicht 
Singen, wohl aber werden wir ihn daran hindern, 
daß er mit Waffengewal seine unberechtigten An⸗ 
pruche auf Witu durchzusehen sucht, und raft der 
zbgeschloffenen ¶ Vertraherist er die Pflicht der 
deutschen Reiches den -Sultan don Wun ver 
seinen handeifuchtigen Nachbar zu schutzen. Be⸗ 
mertenbwerih dei dem gamen Handei isi nun die 
tjache daß der Sultan von Janzibar, der 
gebenbei gesagt, seinerzeit eine Rundreise durch 
kuropa machte, also in europaischen Dingen keines 
dene jo gang unbewandert isn es wagt.gegen ein⸗ 
Rocht wie Deutschland in der ungerechtfertigften 
m heraut forderndften Weise zu Faide zu gichen 
den in der That nur verdohrte Siarridpfig- 
— dieses schwarzen Herrn sein, was ihn twreibt, 
in solch gesahrliches Spiei zu jpielenn varu in 
d. wie gesagt, in europaischen Verhaitniffen zu er⸗ 
die eigentliche Ursache liege ande rszwo und 
d Vargasch ist das allerbingẽ nicht unschuldige 
— englischer Einflusterung und Verhehung; er 
9 uabt einen Starkeim hinter sich zu haben und 
ird früher oder spater zu der Einficht kommen. 
daß dieser Stäckere doch noch ieinen Meister findet, 
jor dem er bescheiden zu Kreuze kriechen und seinen 
Schützling preisgeben wird. In unserm Auswär⸗ 
igen Amte aber ist man sich der Dinge in Zanzi⸗ 
har wohl bewußt, und die heutige Meldung des 
Berliner Berichterstatters des Siandard, daß die 
deutsche Regierung die baldige Abberufung 
des englischen Generalkonsuls in Janzibar, 
Sir John Kirk, bestimmt erwarte, weil sie 
die Beweise in Händen habe, daß er der Urheber 
des Vorgehens Raid Bargaschs sei, darf zweifellos 
als richtig bezeichnet werden. Auch die Aeußer⸗ 
ingen desselben Berichterstatters über die auswärtige 
Politit des augenblidlich vielleicht schon dahinge⸗ 
chiedenen Ministeriums Gladstone und die 83 
dord Roseberrys sind sehr bemerkenswerih, er sagt 
Sicherlich ist in nicht allzu ferner Zeit wieder die 
Beroffentlichung einer jener deutschen Weißbücher 
u befürchten, welche die ziellose Politik unseres 
luswärtigen Amtes nur zu klar bloszulegen pflegen. 
Da es feststeht, daß Lord Roseberry dem Fursten 
Bismarck persönlich versicherte, daß das englische 
dabinet der deutschen Kolonialpolitik in Zukunff 
eine Hindernifse mehr in den Weg legen würde 
jo hofst die deutsche Regierung zuversichtlich, daf 
kingland die Haltung des Sir John Kirk, welcher 
auf eigene Verantwortung und ohne Vollmach: 
handelte, nachdrüchlich rügen werde. 
orn sces Neich. 
Berlin, 12. Juni. Den Abendblättern zu⸗ 
folge soll die Vermählung des Erbgroßherzogs von 
Baden mit der Prinzessin Hilda von Nassau auf 
den 20. September festgesetzt sein. 
Berlin, 14. Juni. Nach hier eingetroffenen 
Meldungen wurde Prinz Friedrich Karl heute auf 
Jagdschloß Glinicke von einem Schlaganfall be⸗ 
roffen, wodurch halbseitige Lahmungserscheinungen 
herborgerufen wurden. 
X 
Paris, 14. Juni. Die Suez⸗Kanal ⸗Komission 
hat gestern ihre Arbeiten geschlossen. Die englischen 
Zommissare erlannten an, daß der gegenwärtige 
Zustand in Egypten ein exzeptioneller und vorüber⸗ 
gehender sieeaa. —— 
Madrid, 13. Juni. Der Konig genehmigte 
gestern den deuisch⸗spanischen Handelsvertrag. 
Lokale und pfälzische Nachrichten. 
*St Ingbert, 15. Juni. Gegenwaͤrtig 
vird an der Fertigstellung der neuen (zweiten) 
Drahtseilbahn auf dem hiesigen Hüttenwerke 
gearbeitet und sind die eisernen Traͤger bereits aufgestellt 
Die Lange der Bahn beträgt bei einer Steigung 
on 40 Meter 635 Meter. 
*St. Ingbert, 15. Juni. Vor einigen 
Tagen hantierte dahier ein junger Mann mit einem 
Ragel an einer Dynamitpatrone herum. Pldogßlich 
xplodirte die Patrone, riß dem Erschrodenen meh⸗ 
rere Finger an der Hand weg und verwundeie ihn 
auch an der Brust, so daß er in's Spital gebracht 
werden mußte. — Am Samstag wurde in der 
hiesigen Grube ein verheiratheter Bergmann an den 
Beinen beschädigt, daß er ebenfalls Aufnabme im 
Spitale finden mußte. 
1 ) Schnappach, 18. Juni. Gestern mach⸗ 
sen ungefähr 50 Unteroffiziere des kgl. bayer. V. 
Thevaurlegers- und des XVIII. Infanterie⸗Regi⸗ 
nentes einen Ausflug in das Ehrenthal bei Saar⸗ 
zrucken, pon wo fie dann hieher kehrten und fich 
m Bereine früherer Kameraden bis zu ihrer Rüd⸗ 
ehr ganz gemütblich amüsirten WW 
— Zweibrücken, 13. Juni. Die lang 
gesuchte Taschendiehin, welche geraume Zeit den 
hiesigen Wochenmarkt unsicher machte, ist gestern 
Nachmittag endlich erwischt worden. Sie versuchte 
in der Haupistraße ein Mädchen aus Bierbach auf 
einen Velozipedfahrer aufmerksam zu machen, wäh⸗ 
rend sie ihre Aufmerksamkeit auf die Tasche der 
Beobachterin lenkte und dieselbe um ihr Portemon⸗ 
naie erleichterte. Kaum hatte die Bestohlene dies 
demerlt, als die Diebin auf und davon war. Es 
gelang jedoch der Thätigkeit der Polizei, die Taschen⸗ 
diebin in der Person der sechszehnjährigen A. von 
hdier zu ermitteln. Die jugendliche Verbrecherin soll 
soll bereits auch die anderen Taschendiebftähle ein⸗ 
gestanden haben. Schade um das junge Mädchen, 
das so früh die Verbrecherbahn beschritt! 
— Kaiserslautern, 12. Juni. (Kon⸗ 
kurs·Eroffnung.) Durch Beschluß des k. Amtsge⸗ 
richts dahier von heute Vormittag 8 Uhr wurde 
uüber das Vermögen des Wilhelm Schmidt, Kauf⸗ 
mann, in Kaiserslautern wohnhaft, der Konkurs er⸗ 
offnet und der Geschaftemann Philipp Groß dahier 
zum Konkursverwaliter ernannt. 
— Neuftadt, 13. Juni. Die Generalver⸗ 
sammlung des Vereins pfalzischer Studienlehrer, 
welche neulich hier abgehalten wurde, nahm einen 
zecht anregenden Verlauf. Herr Dr. Mohr aus 
Zweibrücken sprach über Goethes Fauft. Als dessen 
leitende Idee erkllarte er, wie wir einem längerem 
Bericht der „Pf. P.“ enmehmen, wie Scherer und 
auch andere schon die Satze: „Es irrt der Mensch, 
so lang er strebt. Aber ein guter Mensch in seinem 
dunklem Drange ist fich des rechten Weges wohl 
bewußt.“ Sodann sprach der Vorsitzende Rektor 
Müller⸗Neuftadt über den⸗,freien Vortrag auf dem 
Bymnasium“. Er befürwortete in klarer und ein⸗ 
zehender Darstellung, die Schüler auf dem Gym⸗ 
nafium in freien Vorträgen einzuüben und meiho⸗ 
disch jo heranzubilden, daß fie, des Wortes mäch⸗ 
sig, das Gymnasium verließen. Rektor Markhauser⸗ 
Speyer hob sehr lebendig die padagogischen 
Zchwierigkeiten hervor, in großen Klassen jeden 
Einzelnen so weit ausbilden zu können und Rektor 
Lechner⸗Zweibrücken setzte in beredter Weise auscin⸗ 
ander, wie sehr der freie Vortrag doch Sache der 
Individualitaät v. s. w. sei. 
Vermischtess.. 
4Merzig. Aus verschiedenen Orien der 
Mosel und Saar kommen Mittheilungen über die 
vorzüglichen Ausfichten für den diesjahrigen Wein. 
In einzelnen Lagen find schon vor einigen Tagen 
die ersten vollständig entwickelien Bluthen gefunden 
worden. 
FFrankfurt a. M. Einem im Wirths⸗ 
garten am Bahnhof fitzenden jungen Manne nahte 
sich von hinten ein Mädchen, hielt ihm die Augen 
zu und sagte mit verftellter Stiimme: Rath', wer's 
ist!“ Der junge Mann rieth hin und her, ohne 
auf den rechten Namen zu kommen. Endlich wurde 
ihm ein Kuß auf die Stirne gedrückt und die 
dande ließen los. „Heinrich,“ sagte das Mädchen, 
„wo warst Du?“ Heinrich hatie sich nämlich vor 
vier Jahren mit dem Mädchen verlobt, sich aber 
dor der Hochzeit heimlich davon gemacht. „Ich 
war,“ sagte er etwas befangen und mürrisch, in 
Friedberg und reise eben nach Amerika.“ „Ach,. 
das macht sich ja schön, Bruder!“ rief fie ihrem 
Begleiter zu, „bringe einmal den Buben her, damit 
er seinen Vater noch fieht.“ Eiligst holte dieser 
das Kind aus einer am Garten haltenden Droschl⸗ 
und ktellte es seinem Vater vor. der nun qon⸗