Full text: St. Ingberter Anzeiger

Jahre aber die zwei Vollmonde in einem Monate 
susammen kommen, desto länger dauert ihr Eiufluß 
Und desto voller werden die Kübel; am allerbesten 
st es daher, wenn schon der Januar diese seltene 
dimmelserscheinung bringet. Das gesegnetste 
Weinjahr im kommenden Jahrhundert wird deßent ⸗ 
vegen das Jahr 1885 sein, unsere Kindeskinder 
hen sich freuen allewege. Denn in diesem Jahre 
regiert die Göttin der Fruchtbarkeit, und was in 
inserem ganzen saéculo nicht passiret ist, dort wird 
schon im Moͤnat, im Januar, der Mond zweimal 
zoͤll werden. Deswegen werden dort Fässer und 
Stauden überlaufen und Jedermann soll sich mühen, 
seine Fäschen leer zu trinken, daß er den neuen 
zufheben kann; er wird auch sehr gut werden 
darum daß die Kopulation der zwei Vollmondge— 
scheine das ganze Jahr hindurch wirket.“ Mödge 
vahr werden, was hier so zuversichtlich in Aussicht 
gestellt wird und möge das gesegnete Weinjahr 1884 
—D 1885 übertroffen werden. 
Auch in den März d. J. fällt zweimaliger Voll⸗ 
mond, und ist also doppelter Grund zur Hoffnung 
horhanden. 
FHat die Dauer des menschlichen 
debens zu oder abgenommen? Am wich⸗ 
liigsten sind in dieser Hinsicht die Arbeiten des 
reußischan statistischen Bureaus, bei welchen das 
Alter der im ganzen preußischen Staate in der 
angen Zeit von 1816 bis 18600 Gestorbenen in 
Hetracht gezogen ist. Darnach war das Durch 
chitisalter aller Gestorbenen in der Periode 
316 bis 20: 27,57, in der 1821 -30: 
28,39. in der 1831 - 40: 28,34, n der 
84150: 27,23, und in der 1881 -60: 
26.40 Lebensjahre. Man versuchte, od sich ein 
zünstigeres Resultat ergebe, wenn aue unter einem 
gFahre gestorbenen Kinder aus der Rechnung ent— 
sernt würden. Das Ergebniß war jedoch nicht 
besser, denn die über ein Jahr alt Gestorbenen 
hatten in den genannten Perioden folgendes Durch⸗ 
schnittsAlter erreicht: 37,14, 38,37, 37,23, 36,87 
ud 35,91 Lebensjahre. Nach den geunauesten Be— 
rechnungen, die man mit dem reichhaltigsten Ma⸗ 
teriale aänstellen konnte, ergab sich somit keine er— 
weisbare Verlängerung der Lebensdauer, sondern 
eher ein Rückschlag. Die französische Aktademie 
aehauptet, der normale Zeitwerth des menschlichen 
debens sei 100 Jahre, und wenn wir selten oder 
nie das Ziel erreichten, so hätten wir es Umständen 
zuzuschreiden, welche historisch und willkuͤrlich die Ord⸗ 
rung der Natur unterbrochen hatten. Boerhade 
zerechnet die Möglichkeit, zu leben, auf 180 Jahre, 
ind Buffon behauptet dasselbe, indem er sagt, die 
Thiere leben sechs bis siebenmal so lauge, als sie 
zu ihrem Wachsthum gebrauchen. Florens bestreitet 
dieses. Das Kameel wachse 8 Jahre lang und 
lebe 40, das Pferd wachse 5 Jihte und lebe 25. 
Der Mensch wachse 20 Jahre, folglich müsse er 
nach Analogie der beiden mitgetheilten Fälle 100 
und nicht 120 bis 140 Jahre alt werden. Wie 
selten übrigens das hunderiste Jahr erreicht wird, 
geht aus folgenden Berechnungen herbor: Wenn 
unter 18 Meuschen nur einer das achtzigste Jahr 
erreicht, so wird erst unter 3500 einer hundert, 
und unter einer Million einer hundertzehn Jahre 
alt. Nach anderen Zusammenstellungen und mit 
einander verglichenen Nachrichten sterden im Durch— 
schnitt unter jredem Tausend von Gehorenen 74 
zwischen dem sechzigsten und siebzigsten, 60 zwischen 
dem siebzigsten und achtzigsten, 24 zwischen dem 
achtzigsten und neunzigsten, und 4 zwischen dem 
neunzigsten und hunderisten Jahre. 
— Wie viel die Frauen werth sind, darüber 
haben die Gesetzgeber alter und neuer Staaten sehr 
verschiedene Ausichten gehabt. Sicher ist, daß in 
der Vorzeit die Ftau weniger als er Mann galt. 
Moses schätzte den Mann auf 50, die Frau aber 
auf 40 Seckel Silber. Homer singt: „Ein blühendes 
Weib ist der Kampfpreis, klug in menschlicher Kunst 
— und geschätzt 4 Rinder am Werthe.“ Nach 
dem Strafgeseß des alten Isläuder gilt dort eine 
Frau gleich 3 Mark (etwwa 18 Wek. nach unserem 
Belde), und das alte' deutsche Volksrecht der Alle— 
mannen setzt den Wereh eines Weibes auf 200 
Bulden, wenn sie Mädchen, auf 80 Gulden, wenn 
sie verheirathet ist 
fF Lemberg G'sterr. Galizien), 10. Januar. 
(Gewaltatt.) Der „N. Fr. Pr.“ wird von hier 
iber eine fast unglaubliche Affaire, die sich am 6. 
»8. hier zugetragen hat und das Tagesgespräch 
DAildet, berichtet: Ein Offizier erlaubte sich am ge—⸗ 
nannten Tage Mittags auf der Straße die Gattin 
eines hiesigen Geschäftsmannes, eine durchaus un— 
bescholiene Frau, mit Liebesanträgen zu belästigen 
und ihr, obwohl seine Bewerbungen ganz erfolglos 
blieben, bis in die Wohnung zu folgen, wo ihm 
iedoch von dem Gatten der Frau eine entschiedene 
Zurechtweisung ertheilt und die Thüre gewiesen 
wurde. In Folge dessen ließ der Offizier dem 
daufmanne eine Herausforderung zukommen, und 
als diese Nachricht unbeachtet gelassen wurde, begab 
er sich Abends in Begleitung mehrerer mit Ruthen 
zerfehener Soldaten in die Wohnung des Kauf— 
maluis. Einer der Soldaten wurde an die Thürt 
dostirt, und mit den übrigen, sechs an der Zahl, 
zegab sich der Offizier in die Wohnung, deren 
Thur er verschloß. Auf seinen Befehl wurden 
nerauf die beiden Ehegatten und das' Dienstmäd⸗ 
hen derselben von den Soldaten mißhandelt. Die 
„urch den Vorgang alarmirten Nachbarn riefen die 
Holtzei herbei, weiche die Thür der Wohnung erst 
jewaltsam öffnen mußte, worauf der Offizier und 
zie Soldaten der Militärbehörde übergeben wurden. 
Der „Gazeta Narodowa“ zufolge hat dec Landes— 
tommandirende F3M. Herzog Wilhelm von Würt. 
temberg das Kriesministerium sofort telegraphisch 
»on dem Vorfalle unterrichtet; er soll auch seiner 
Sutrüstung über den Gewaltakt unverhohlen Aus— 
)ruck gegeben haben. Ueberhaupt wird die in der 
zürgerlichen Bevölkterung dadurch hervorgerufene 
kntrüstung auch in mmitärischen Kreisen getheill. 
Der Offizier befindet sich in Haft. 
Paris, 15. Januar. Eine Explosion 
chlagender Wetter fand in den Kohlengruden von 
ievin (Pas de Calais) statt. Achtundzwanzig 
Personen blieben todt. 
ewdontjoie, 14. Jauuar. Hier gehen 
olossale Schneemassen nieder. Seit Samstag 
chneit es fast ununterbrochen Die ganze Hohe 
Been Gegend ist versperrt Der Eisenbahn- sowie 
der Verkehr der Frachtfuhrwerke und Reisenden 
mußte eingestellt werden. 
4 GEine Prophezeiung Napo⸗ 
eon“?s 111.) Der Matin erzählt heute, wie der 
Triegsminister Lewal im Jahre 1862 vom Major 
zum Oberstlieutnant avancirte. Der Major Lewal 
var in Mexiko dem Generalstab des Expeditions— 
orps attachirt. Der Feldzug drohte sich hinzu— 
chleppen und unter den Offizieren fanden oft heftige 
Auseinandersetzungen darüber statt. Eines Abends 
ieß der Major Lwal am Offizierstische einen hef⸗ 
igen Tadel über die Führuung der Operationen ver⸗ 
nehmen und bezeichnete im Eifer den Kaiser mit 
dem Spietznamen Badinguet (ewa: Faselhans). 
Fmige der Anwesenden protestirten und der Vorfall 
vurde effiziell zur Kentniß des Kriegsministers, 
Marschall Randon, gebracht. Bald darauf legte 
dieset dem-Kaiser eine Promotionsliste vor, auf 
velcher wider Erwarten der Name Lewal's fehlte. 
Napoleon tII. wandie sich deßhalb mit einer Frage 
an den Kriegsminister, welcher verlegen schwieg. 
„Ich weiß wohl,“ sagte der Kaiser, „daß der Major 
dewal mich Badinguet genannt hat. . .. Setzen 
Sie nur gleich seinen Namen auf die Liste, er ist 
einer unserer besten Offiziere und zu einer glänzen— 
den Zukunft berufen.“ 
r Die Verwendung von Papierstoff zu technischen 
Zwecken ist, wie die „Allg. Brauer- u. Hopfen-Ztg.“ 
chreibt, in neuerer Zeit eine sehr mannigfaltige 
zeworden. Nachdem man in Amerika begonnen 
hatte, aus genanntem Material Radscheiben für 
Fisenbahnräder herzustellen, welche sich sehr gut 
dewährt haben, laufen nun auch auf mehreren 
deutschen Bahnen derartige Räder mit gleich gutem 
Erfolge. So haben auf der bergisch märkischen 
Bahn Radsätze mit Papierscheiben bis jetzt 54,000 
dilometer zurückgelegt, ohne abgedreht werden zu 
müssen. Die Chicago- und Milwaukee⸗Eisenbahn 
beabsichtigt, demnächst versuchsweise Eisenbahnschienen 
aus Papiermasse statt der Stahlschienen in Gebrauch 
zu nehmen. Bei Herstellung der Schienen wird 
die Papiermasse einem sehr hohen Drucke uuter⸗ 
worfen, und soll sie dadurch eine sol be Hätte und 
Unveränderlichkeit erlangen, daß die schwersten Loko— 
motiven darüber fahren können, ohne einen Eindruch 
zu hinterlassen, und ohne daß irgend ein nachthei- 
liger Einfluß der Atmosphäre wahrgenommen wer— 
»en kann. Weiter hat man in Amerika mehrfach 
duppeln für astroncmische Observatorien aus kom⸗ 
pcimirtem Papier hergestellt. Die vierte Kuppel! 
ieser Art wurde vor Kurzem für das Observato— 
rium des Columbia-College in New⸗NYork aufge⸗ 
stellt; dieselbe hat 6 Meter Durchmesser hei 83,35 
Veter Höhe, besteht aus 24 Theilen und ist so 
leicht, daß sie von der Hand gedreht werden kann. 
Hleichfalls in Amerika fertigt man Gasrohre von 
Papier in folgender Weise an: Endloses Hanf⸗ 
Hapier von der Breite der Länge der einzelner Rohre 
wird durch ein Bad von geschmolzenem Asphalt 
gezogen und über einen Dorn von der Dicke der 
Rohrweite gerollt. Hierauf wird das Rohr unter 
einer hydraulischen Presse in die verlangte Form 
gepreßt und in kaltem Wasser abgekühlt. Endlich 
wird der Dorn herausgezogen und das Innere des 
Rohres mit wasserdichter Masse getränkt. Großze 
Leichtigkeit, Festigkeit und Billigkeit werden diesen 
Kohren nachgerühmt, welche bei 8 Millimeter Wand⸗ 
stärke einem Drucke von 15 Atmosphären wider—⸗ 
tehen sollen. Schließlich ist noch anzuführen, daß 
in Breslau unläugst ein Schornstein von 15 Meter 
Höhe aus Papiermasse errichtet wurde. 
Marktberichte. 
Zweibrücken, 15. Jan. (Fruchtmittelpreis und Vik— 
ualienmarkt.) Weizen 8 M. 33 Pf. Korn 0O M. — Pjf., 
Serste zweireihige O M. — Pf., vierreihige O M. — pf., 
Spelz 0 M. — Pf., Spelzkern — M — Pf., Dinkel 
— . — Pf. Mischfruhgt O M — Pf., Hafer 7 M. 
— Pf. Erbsen O M. — Pf. Wicken — M. — Vf. 
deu 3 M. — Pjf., Stroh J. Qual. 2 M. 40 Pf., II. Qual. 
1M. 80 Pf., Kartoffeln 1 M. 80 Pf., Weißbrod 1/5 Kilo 
50 Pf., Kornbrod 3 Kilo 60 Pf., Gemischtbrod 3 Kils 
75 Pf., paar Weck 90 Gr. 6 Pf., Rindfleisch J. Qual. 
30 Pf., II. Qual. 56 Pf., Kalbfleisch 50 Pf. Hammel⸗ 
leisch 60 Pf., Schweinefleisch 530 Pf. Wein l VLiter 80 Pf., 
Bier J Liter 24 Pf., Butter 1 Kiloar. O M. 95 Pi. 
Homburg, 14. Jan. (Fruchtmittelpreis und Viktua⸗ 
lienmarkt., Weizen 8 M. 60 Pf., Korn 7 M. 50 pf., 
Spelzkern — M. — Pf. Spelz 0 M. — Pf., Gerste 
2reihige O M. — Pf., Berste 4reihige O M. — Pi., 
Hafer 7 M. 57 Pf., Mischfrucht« M. — Pf., Erbsen 
— M. — Pf. Wicken — M. — Pf. Bohgen 0 M. 
— Pf., Kleesamen — M. — Pf., Kornbrod 6 Pfund 
30 Pf., Gemischtbrod 6 Pfund 72 Pf., Ochsenfleißen —-Pi. 
Rindfleisch 50 Pf., Kalbfleisch 50 Pf., Hammelneised — Pf. 
Schweinefleisch 46 Pf. Butter 1 Pfund 1 M. 03 Pf. 
startoffeln per Zentner 1 M. 60 Pf. 
Kaiserslautern, 13. Jan. (Fruchtmittelpreis und 
Viktualienmarkt, Weizen 8 Mt. 47 f., Korn 7 M. 
35 Pf. Spelztern — M. — Pf., Spelz 6 M. 17 Pf., 
Herste 8 M. 78 uf., Hafer 6 M. 98 Pf., Erbsen O M. 
— Pf., Wicken O M. — Pf., Linsen — M. — Pf. Klee⸗ 
samen — M. — «f., Schwarzbrod 6 Pfund 66 Pꝛi., 
3 Pfd. 33 Vf., Gemischtbiod 3 Pfund 38 Pf., Butter pro 
Pfd. O Me95 Pf., Eier per Ded. 84 Pf., Kartoffeln per 
Zentner 2 M. — Pf., Stroh J. Qual. 2 M 30 pf., 
II. Qual. 2 M. — Pf., Heu pro Ctr. 2 M. 20 Pf, 
leeheu O M. — Pf. 
Dienstesnachrichten. 
Oberamtsrichte Pachmayer in Kaisers⸗ 
lautern ist zum Landgerichtsrath in Kaiserslautern 
ernannt, an dessen Stelle Amtsrichter Bettinger 
iu Kirchheimbolanden befördert, und an dessen 
Stelle der dritte Staatsanwalt Foohns in Franken⸗ 
thal ernannt. 
Forstassistent Lössch in Speyer wurde zum 
Forstassessor in Rohrbrunn ernannt. 
Lehrer Wilhelm Neubecker in Annweiler 
purde zum Lehrer an der dortigen, bisher von dem 
jetzt pensionirten Lehrer Huber innegehabten, so⸗ 
dann der bisherige Lehrer an der protestantischen 
Schule zu Gräfenhausen, Karl Friedrich Theodor 
Mühler zum Lehrer an der bisher von dem 
Lehrer Neubecker innegehabten Lehrerstelle in Ann— 
veiler, endlich der bisherige interimistische Verweser 
der konfessionell gemischten oberen Mädchenschule in 
Annweiler, Philipp Schneider, zum interim. 
Verweser in Gräfenhausen — alle mit Wirkung 
oom 1. Februar 1885 an — ernannt. 
Fur die Redaktion verantwortlich: F. XR. Demeß. 
— — 
Einen edlen Zweck 
verfolgt die Ein-Mark⸗Lotterie, welche am 5. Februar 
zu München unwiderruflich statt hat. Durch die— 
elbe werden dem Renten- und Unterstützungsvereine 
die Mittel verschafft, hilfsbedürftigen Frauen und 
Mäadchen, sowohl Arbeitsverdienst als auch ander— 
weitige Unterstützungen zu gewähren. Es sollten 
sich daher vor allen unsere Frauen und Mädchen 
an diesem schönen Werke betheiligen durch Ankauf 
von Loosen.