st. Ingbherter Amzeiger.
Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert.
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120.
Politische Uebersicht. J
Die Publikation des Kommunalstener⸗
dothgesezes, welches am 1. Aprihen. J. in
zraft rreten soll, wird endlich in den nächsten Tagen
rfoigen. Da die Auslegung und Anwendung dieses
hesehes große Schwierigkeiten bereitet, so sind Unter⸗
ansekretar Hersurth und Geh. Ober⸗Regierungs ⸗
jalh Noell im Ministerium des Innern mit der
sudarbeitung eines Kommentars zu demselben be⸗
ghaftigt. Das Werk soll die Vorgeschichte des Ge⸗
ehes, die Erläuterung der Spezialbestimmungen
id die Ausführungsbestimmungen enthalten.
Der preußische Gesandie beim Vatikan Herr v.
ochlozeer hat dem Papste gemeldet, daß er binnen
zutzem einen dreimonatigen Urlaub anzutreten ge⸗
ente und daß der Legations-Sekretür Graf Monts
in vertreten werde.
* Von Begebenheiten auf dem Ge—
nete der inneren Politik ist in dieser
Woche so gut wie nichts zu verzeichnen und auch
ie Losung der braunschweigischen Thronfolgefrage —
xeinahe der einzigen Frage, welche zur Zeit noch
nas JInteresse unserer politischen Kreise erregt —
jat im Bundesrathe noch keinen Schritt nach vor⸗
varts gethan. Dagegen ist in den ersten Tagen
xr Woche die Entscheidung in einer andern Affaire
refallen, welche fast mehr als die braunschweigische
ingelegenheit das allgemeine Interesse in Anspruch
ahm, im Prozeß Stocker contra, Freie Zeitung.“
yerr Bäcker, der Redakteur der genannten Zeitung,
wegen Beleidigung des Hofpredigers und Reichs⸗
igbabgeordneten Dr. Stöcker zu drei Wochen Ge⸗
angniß und außerdem zur Tragung der Gerichts⸗
osten verurtheilt worden. Der ganze Verlauf des
gerlwürdigen Prozesses stellt sich aber als eine
zoralische Niederlage des Herrn Dr. Stoöcker und
xr von ihm vertretenen Partei dar und es ist
kine Ftage, daß das Ansehen des Hauptvorkämpfers
xr christlich, sozialen Partei durch den nun beendigten
brozeß keineswegs eine Stärkung erfahren hat
sach vielem Hin- und Herlaviren
Heint endlich dem Marquis Salisbury die
hilduing des neuen englischen Kabinets ge⸗
ungen zu sein. Wenigstens meldet eine Londoner
dedesche. daß Salisbury sich am Mitwoch Nach⸗
ritiag nach Windsor begeben hat, um der Königin
die Liste der neuen Minister zu unterbreiten. Dar⸗
iber, ob das neue Kabinei nut aus Anhängern der
onservativen Partei zusammengesetzt ist, liegen bis
gur Stunde noch keine auihentischen NMittheilungen vor.
Deutsches Reich.
München, 17. Juni. König Ludwig
on Bahern hat, wie die „Allgemeine Zeitung
neldet, dem Redalteur des , Wale rland⸗, Dr. Sigl.
belher seit 4. November vorigen Jahres im Zellen⸗
esanguiß Nurnberg die gegen ihn durch Ürtheil
es Schwurgerichts vom 8. Juli 1884 erkannte
—VIIIe—
bhenden Strafrest in Gnaden erlassen. — Die
lachricht don liner dem Konige von Bayern durch
en verstorbenen Fursten Marimilian don Thurn
ud Zaris hinterlassenen Schenkung von 8 Millio—⸗
a Rark gewinnt nach der „Voss. Ztg.“ an Wahr⸗
heinlichleit Die genannte Summe soll gerade ein
Lurrdings entstandenes Defizit zu decken im
—X sein
Berlin, 19. Juni. Die „Norddeutsche All⸗
jemeine Zeitung? schreibt: Für den Feldmarschall
5. Manteuffel hatte der Kaiser die Trauerfeierlich⸗
'eit in Berlin derart angeordnet, daß die Leiche von
darlsbad hierher gebracht wird, und die Feier in
er Garnisonskirche, ähnlich wie bei dem Prinzen
lugust von Württemberg, stattfinden solle. Nach⸗
hem sich herausgestellt hat, daß v. Manteuffel in
einem letzten Willen den bestimmten Wunsch aus⸗
Jesprochen habe, in Topper in aller Stille und ohne
ille militärischen Ehrenbezeugungen beerdigt zu wer⸗
den, habe Ihre Majestät von dieser Anordnung Ab⸗
tand genommen und nur bestimmt, daß der Bei⸗
etzung in Topper die Deputationen vom 15. Armee⸗
korps, vom 1. Garde⸗Dragonerregiment und dem
Rheinischen Dragonerregiment Nr. 8 beiwohnen sollen.
Düsseldorf, 17. Juni. Hier erfolgte am
Montag die definitive Konstituirung der Textilge⸗
iossenschaft für Rheinland und Westphalen. Die
genossenschaft hat ihren Siß in M.⸗Gladbach, ihr
Zezirk erstreckt sich über die Provinzen Rheinland
ind Wesiphalen und das Fürstenthum Birkenfeld.
Sie umfaßt die Gesammttertil⸗Industrie mit Aus⸗
ahme der Seiden⸗ und Halbseiden⸗, der Leinen⸗
ind Halbleinen⸗ sowie der sonstigen Bastfaser⸗In⸗
ustrie. Eingetheilt ist die Genossenschaft in fieben
Sektionen: Düsseldorf, M.Gladbach, Elberfeld,
—X
sezogenen Betriebe beschäftigen 85,290 Arbeiter.
—
Lkokale und pfälzische Nachrichten.
* Am Donnerstag und Freitag fand zu
Edenkoben der 19. Verbandstag der
pfälzischen Kreditgenossenschaften
tatt. Auf demselben war der hiesige Vorschußverein
zertreten durch die Herren J. Beer, Bayer
ind Baron. Wie in den Vorjahren, so fungierte
nuch heuer Herr Beer neben Herrn Ettling aus
zirchheimbolauden als Revisor für die Verbands⸗
zechnung. Dem Verbande gehörten im verflossenen
Jahre 26 Vereine an; der Gesammtumsazz derselben
detrug pro 1884 ungefähr 14912 Mill. Mark.
die Zahl sämmilicher Kreditgenossenschafter der
Bfalz ist 11,003. Die Mitgliederzahl der einzelnen
Bereine bewegt sich von 99 (Vorschußverein Hom⸗
hurg) bis 1561 (Gewerbebank Speyer) und die
döohe des Umsatzes von 308,000 Mark (Vorschuß
erein Obermoschel) bis etwas über 31 Mill. Mk.
Gewerbebank Speyer). Zur Abhaltung des nächst⸗
ährigen Verbandstages wurde Pirmasens be⸗
timmt. Als Direktoren wurden wiedergewählt die
derren Dr. Knecht⸗ Neustadt und Regierungs⸗
issesor Conrad⸗Speyer. Als Abgeordnete
um Verbandstage deutscher Genossenschaften in
darlsruhe wurden gewählt die Herren Bloch⸗
Fdenkoben, Braunsberg- Frankenthal, Witte⸗Blies⸗
lastel und AuffahrtBergzabern.
— dDie pfälzische Handels- und Ge⸗
verbe⸗Kammer beschloß auf Antrag des Reichs⸗
agsabgeordneten Dr. Buhl eine Kommission nieder⸗
usetzen, welche die von den einzelnen Bezirkskremien
n der Pfalz zu machenden Erhebungen über
SZonntagsruhe, sowie Frauen⸗ und Kinder-Arbeit
ichten soll. Es geschieht diese Erhebung in Rück⸗
icht darauf, daß sich der Reichstag mit dieser An⸗
gelegenheit zu beschäftigen haben wird.
— Echwurgericht. Zweibrücken, 17.
Funi, Vormittags 83 Uhr. Verhandlung gegen
tarl Brenner, 21 Jahre alt, Schuhmacher von
tzirmasens, wegen Körperderletzung mit nachgefolg⸗
⸗nm Iadoe Morsitzender · Herr kal. Oherlandes«
gerichtsraih Schmidt; Vertreter der kgl. Staatsbe
hörde: Herr Rechtsanwalt König. Am Abend
des 17. Mai abhin, ungefähr gegen 11 Uhr,
machte der Schuhmacher Christian Schunk von
Pirmasens vor seinem in der Horebstraße gelegenen
Pause unter lauten Schimpfworten seiner Tochter
ßorwürfe über ihr langes Ausbleiben, und zwar
in derart heftiger Weise, daß die Ehefrau des
Bruders des Angeklagten, des 31 Jahre alten
Z„chuhmachers Philipp Brenner, es sich nicht ver⸗
agen konnte, hierbei zu inierveniren. Dieselbe
stand nämlich zu bewußier Zeit mit ihrem Manne
auf der Treppe ihres Hauses, das sich neben dem
des Schunk befindet, und machte von hier aus die
Bemerkung, Schunk solle doch ruhig sein und seine
Tochter am nächsten Morgen schimpfen, welche
Worte Anlaß zu weiteren gegenseitigen Ausein⸗
andersetzungen gaben. Während dieses Disputes
befand sich der Angeklagte mit seiner Frau in der
Naͤhe und fing letztere, als sie die Schimpfworte
»ernahm, an, in die Hände zu klatschen und laut
zu lachen. Da nun schon längere Zeit zwifchen
heiden Familien feindschaftliche Verhältnisse bestanden,
o ärgerte sich die Ehefrau Philipp Brenner über
dieses Benehmen ihrer Schwägerin, und waren
nalurgemäß gegenseitige Schimpfereien die Folge
hiervon. Inzwischen war der Angeklagte bis in
die Nahe des Hauses seines Bruders gekommen
und rief diesem von hier aus zu: „Komm nur
heraus, heute Nacht mache ich es aus mit Dir,
da stehe ich mitten auf der Straße; komm' heraus,
wenn Du eiwas willst“, wobei er eine drohende
Stellung gegen denselben einnahm. Infolge dieser
Aufforderung eilte dee Getödtete, Philipp Brenner,
wuthentbrannt in sein Haus, erschien aber sofort
vieder unter der Thür, mit einem Kartoffelstoöͤßel
zewaffnet, und stürmte nun unter den Worten:
Was, Du willst es mit mir ausmachen ?* gegen seinen
gruder los, der auch seinerseits agressid vorzugehen
schien. Sofort hatte sich die Scene in eine Rauferei
derwandelt, wobei der Angeklagte seinem Bruder
mit einem scharfen Instrumente einen Stich in die
inke Achselhöhle und einen solchen in den Rüden
dersetzte. Diese Stiche, insbesondere der in der
Achselhöhle, mußten unbedingt den Tod des Ver⸗
setzten zur Folge haben, der auch nach Verlauf von
einigen Minuten eintrat. Philipp Brenner siarb
in Verblutung und ist dessen Tod zweifel dohne in
Zusammenhang mit den erhaltenen Verletzungen
zu bringen. — Die Geschworenen bejahten die
Schuldfrage, sowie die Fragen nach mildernden
Imständen, worauf der Gerichtshof den Angeklagten
in eine Gefängnißstrafe von vier Jahren verurtheilte.
— Speyer, 18. Juni. Bei der Konferenz
der alademischen Tanzmeister, welche an den Pfingst⸗
eiertagen wie alljährlich in Berlin stattfand, wurde
inser Mitbürger, Herr Tanzlehrer Karl Bittler,
einer Befähigung und der in seinem Bestz befind⸗
ichen guten Zeugnisse halber zum Mitgliede der
eutschen Akademie ernannt und ihm ein Ehren⸗
Diplom ausgefertigt. Die Deutsche Tanzakademie
jat ihren Sitz in Berlin unter dem Präsidium des
⁊gl. Balletmeisters Herrn A. Freyfing und zählt
aur 30 Mitglieder, da nur die würdigsten unter
den deutschen Tanzlehrern aufgenommen werden.
— Speyer, 18. Juni. Auch auf dem
zeutigen Wochenmarkte haben sich wieder einige
uiswärtige Bäcker mit Brod eingefunden. Bäcker
Seel von Dürkheim verlauft dasselbe 6 Pfund zu
57 Pf. und 4 Pfund zu 40 Pf., Bäder Haag
yon Haßloch 6 Pfund zu 63 Pftund 3 Pfund