Full text: St. Ingberter Anzeiger

den Gemeindeschuldner personlich zu richten. (Ent⸗ 
scheidung vom 21. Januar 1885) 2.) Ronkurs⸗ 
recht. Wenn ein Kaufmann in Konkurs geräth, 
so verliert er dadurch seine Eigenschaft als Kauf⸗ 
mann, wenn er nicht nach der Konkurseroffnung 
wieder gewerbemaßig Handelsgeschafte betreidt. Das 
Rteichsgericht geht bei dieser Entscheidung von Fol⸗ 
gendem aus: Kaufmann im Sinne des Handels⸗ 
gesetzbuches ist nach Art. 4 Derjenige, welcher ge⸗ 
derbemaßig Handelsgeschafte betreibt. Diese beiden 
Begriffe fallen auch geitiich zusammen, so daß Je⸗ 
mande nur so lange Kaufmann ist, als er ein 
Handelsgewerbe betreibt. Sobald daher Konkurs 
eroffnet ist, hört er auf, Kaufmann zu sein, wenn 
er nicht fortfährt,. Handelsgeschafte zu betreiben. 
Das wird nach der Kondurseröffnung die Regel 
dilden (Entscheidung vom 4. März 1885.) 
pKarlstuhe, 28. Juni. Gestern Abend 
brach auf dem Holzplatze der Mobelfabrik Himmel⸗ 
heber Feuer aus, welches die aufgespeicherten Hölzer 
dann noch vier Häuser, darunter den Maschinensaal 
von Geschwind u. Cie. am Holzplatze zerstörte. 
Drei Feuerwehrleute erlitten dabei Verlezungen. 
pKonstanz. Vom 5. bis 9. Juli findet 
hier eine große Ausslellung von Maschinen, 
Vedarfsartueln und Erzeugnifsen der Backerei, Con⸗ 
dilorei und Lebküchlerei statt, fürr welche ein außer ⸗ 
ordentlich starker Besuch in Ausficht steht, weil 
gleichzeitig der badische, der wurttembergische und 
der bayerische Verbandstag abgehalten werden. 
Das offizielle Organ des gegen 17.000 Mitglieder 
zͤhlenden Verbands Germania“, die Allgemeine 
Fader und Conditor. Zeitung“ in Stuttgart, giebt 
einen Catalog und eine Festnummer heraus. 
4 Hagenbeck's Singhalesentruppe „gastirt“ jetzt 
in Stuͤrtgart. Bei Gelegenheit ihrer Ankunft 
daselbst erinnerte das Stuttgarter Tageblatt“ da⸗ 
ran, daß gegen Ende des vorigen Jahrhunderis ein 
württtembergisches Regiment gegen die Eingeborenen 
der Insel Ceylon im Kriege verwendet wurde, num⸗ 
lich das sogenannte Kapregiment, welches Herzog 
Zarl im Jahre 1786 der hollandischen Republik 
verschachert hatte. Ursprunglich für das Kap der 
guten Hoffnung bestimmt (daher die Bezeichnung 
des Regiments als Kap⸗Regiment“), wurde es 
bertragswidrig nach Ceylon gebracht und dort von 
den Engländern gefangen genommen, worauf ein 
—X in englischen 
Diensien zu Kriegszügen im Innern der Insel ver⸗ 
wandt wurde, und zwar gegen aufstandische Ein⸗ 
geborene, worunter sich auch Singhalesen befanden. 
Das Regiment war über 2000 Mann stark aus⸗ 
marschirt und gar wenige kehrten in die Heimath 
zurück. Die Offiziere stammten aus den besten 
Familien des Landes. 
fAus Württemberg. Die herrliche 
Witterung der letzten Tage hat der Blüthe unserer 
Weinberge großen Vorschub geleistet; dieselbe 
ist in der Gegend von Unterturtheim, Uhlbach, Eß⸗ 
lingen bereits glücklich vorübet. Namentlich in den 
Berglagen haben Portugieser und Trollinger Sorten 
schon in der verflossenen, Riesling in dieser Woche 
derblüht. Dazu treten die Bluͤthen schoner und 
gleichmäßiger zu Tage als im Vorjahre und setzt 
jede Blüthe, Dank der günstigen Temperatur und 
dem trodenen und warmen Boden Samen an. Eg 
muß noch konstatirt werden, daß die Weinstocke 
kräftig und gesund find. 
p—Maundhen. Se, Maj. der Koͤnig hat dem 
Härtner Fischer aus Anlaß der ihm geborenen 
Drillinge (drei Knaben) als Pathengeschenk die 
Summe von 1800 Mark übermitteln lafsen. 
Cham, 26. Juni. Fur den Ort Dalking 
ist der Johannistag ein recht verhaͤngnißvoller ge⸗ 
worden. Auf eine bisher noch nicht aufgeklärte 
Weise — man sagt, ein kleines Kind hätte mit 
Zundholzern gespielt — entstand in einer Scheune 
um 4 Uhr Rachmittags Feuer, welches so rapid 
um fich griff, daß zwei Stunden spater bereits 14 
Gebaude voustandig vom Feuer vernichtet waren. 
Selbst die Kirche konnte, troh ihrer massiven Bau⸗ 
art, der Wuth des Elements nicht entrissen werden, 
so daß alles Brennbare vom Feuer erfaßt war und 
die Gioden schmolzen. Die zwei Schulgebäude 
nebenan wurden gleichfalls ein Raub der Flammen, 
wahrend der auf der entgegengesetzten Seite an⸗ 
grenzende Pfarrhof. sowie ein Paar andere bedrohte 
Vebaude dorch die Anstrengungen der erschienenen 
Feuerwehren gerettet werden konnten. 
Behufs Instandsetzung des Leinwandhause? 
für die, kommenden Montag in Frankfurt a. M 
hedinnenden, Assisen gegen den des Mordes an 
Polizeirath Or. Rumpff angeklagten Lieske findet 
morgen keine Assisensitzung statt. Die Zahl der zur 
Verhandlung geladenen Zeugen ist von 50 auf 70 
gestiegen. Die Vernehmung derselben wird sich 
edoch sehr rasch abwickeln, da jeder nur über eine 
zestimmte Thatsache gefragt werden wird. Der 
S„chwerpunkt liegt in der Vernehmung Lieskes. 
Beharrt decselbe auf seinem seitherigen System des 
deugnens und Schweigens, so dürfte dieselbe kaum 
ziel Zeit in Anspruch nehmen und die Verhandlung 
‚orausfichtlich Diensiag nacht zu Ende gehen. An 
edem der in Aussicht genommenen beiden Ver⸗ 
sandlungstagen wird eine Mittagspause gemacht. 
Offenbach a. M., 28. Juni. Bei 
jerrlichstem Sonnenschein begann heute früh das 
herbandsschützenfest. — Ein Festzug, wie er prächtiger 
nicht gedacht werden kann, begann um halb 12 
Ahr seinen Umzug; die einzelnen Gruppierungen 
rregten allgemeines Erstaunen. Wir heben kurz 
jervor: Fechttlub mit herrlicher Vereinsstandarte, 
ann die beiden Rudervereine unter Ausstellung 
ʒer errungenen Preise; nicht minder prächtig waren 
ie Wagen der Gärtner und des landwirthschaftlichen 
Hereins Nachmittags 4 Uhr begann das Schießen 
Dden 1. Becher auf Stand errang Fuhr-Mainz 
ꝛen 4. Koth-Ludwigshafen a. Rh. Auf Feld 1. 
gecher Knecht⸗St. Gallen, 2. Becher Bartels⸗Wies⸗ 
saden, 23. Becher Willy Schmidi⸗Frankfurt a. M. 
7 Aus Nierstein, 19. Juni, wird dem 
„M. Journ.“ berichtet: Sobald der Wein st o ch 
lüht, beginnt nicht selten der neue Wein sich wieder 
m Faß zu regen und häufig kommt es dann vor. 
haß wenn man dem jugendlichen Burschen nicht 
ie nöthige Luft durch das Oeffnen des Spundes 
aßt, er seine Fesseln sprengt und seinem Besitzer 
zann großen Schaden zufügt. So sind gestern 
inem hiesigen Weingutsbesitzer zwei Stück⸗Fässer 
euer Wein derart zusprungen, daß die Böden her⸗ 
nusflogen und der Wein in den Keller sich ergoß. 
GZur Duellfrage.) Die Burschenschaf 
„Alemannia“ in Jena erläßt einen Aufruf, aus 
zem wir folgende Worte hervorheben: Commili⸗ 
jonen! Wir sind gegen das Duell, welches den 
gorgenannten als der Echstein aller studentischen 
Organisation erscheint, aus dem einfachen Grunde 
den wir der festen Ueberzeugung leben, daß sich 
die Ehre unser höchstes Gut, durch einen Waffen⸗ 
jang mit dem ersten Besten, der es aufs „Rem⸗ 
deln“ angelegt hat, weder erwerben, noch entreißen 
äßt. Andernfalls wäre ja der Raufbold, der die 
neisten Mensuren aufweisen kann. zugleich der, der 
im meisten Ehre im Leibe hat. Bedarf es wirklich 
ꝛiner soichen Schlägerei, um seinen Muth erst zu 
rweisen ? Muß nicht ein Jeder von uns angesichts 
ꝛer allgemeinen Wehrpflicht freudig bereit sein, für 
ein Vaterland Gut und Blut dahinzugeben ?⁊ Also 
vozu die Renommage? Commilitionen ? Wir sind 
ins der Schwierigkeit unserer Aufgabe angesichts 
ʒer herrschenden Zustaäͤnde und Anschauungen im 
vollsten Umfange bewußt. Es gilt aber eine gute 
ind große Sache! Und so appelliren wir getrost 
in den guten Geist in Jenas Studentenschaft, ver⸗ 
rauen wir zuversichtlich dem genius loci. dem 
Schutz der alma mater. Wir find fest entschlossen, 
en Schutz des Gesetzes, des akademischen Senates, 
vo und wann unsere Gegner uns dazu nöthigen 
ollten, anzurufen. Wir sind darauf gefaßt, von 
diesen, welche diese Gefetze grundsätzlich zu verletzen 
ind zu ignoriren als studentische Art betrachten 
»eswegen, Denunzianten“ geschimpft zu werden 
Wir sind aber keine Schuljungen mehr, die sich 
zurch ein solches Wort aus dem Konzept bringen 
assen; wenn Derjenige, der als gebildeter Mensch 
eine andere Freiheit kennt und will als diejenige, 
velche allen seinen Mitbürgern in gleicher Weise 
usteht, zur Aufrechterhaltung dieser Freiheit, die 
vir als akademische Bürger besonders hochhalten 
ollten, an die Organe derselben appellirt, wenn 
in soicher ein „Denunciant“ sein soll, — so ist 
s überhaupt ein Jeder, welcher dem Gesetze Acht⸗ 
mg zollt und von diesem sein Recht fordert.“ 
Miteinempoetischen Bürgermeister 
nachen uns die „Schlesw. Nachr.“ bekannt. Ge⸗ 
egentlich des in diesen Tagen gefeierten Husumer 
Zängerfestes widmete der dichterische Stadtvater 
ʒen eingetroffenen Sing; und Trinkgenossen zwei 
ustige Tarmina, die weitere Verbreitung verdienen. 
das eine, nach der beliebten Melodie des unsterb⸗ 
ichen Schunkelwalzers gedichtet, enthalt unter Anderen 
olgende Verse: 
Es liegt ein altes Stadtchen 
Am kahlen Notrdjeestrand, 
Da giebt's der Schaänken vielt 
Wie weit und breit bekannt: 
Die winken stets und laden; 
D. Fremdling, kehre ein. 
Schon manche bange Stunde 
darr' ich in Sehnsucht Dein! 
Denn so voll Kraft, so söffig mild wie hier, 
Slaub' mir, o Freund, giebt's in der Welt kein Bier. 
Und hat das Bier sein Müthchen 
An deinem Durst gekühlt, 
Zo daß dein Fuß voll Schrecken 
Dder Erde Rundung fühlt, 
Dann führt mit starkem Arme 
Durch Nacht und Sturmgebrautz 
Die heilige Hermandad 
Dich liebbevosll nach Haus; 
Denn so wie hier, so mild und stark dabei, 
Glaub' mir, o Freund, giebt's keine Polizei 
Und wenn dir dann am Morgen,. 
Aus süßem Traum erwacht, 
Des Molka's Lebebalsam 
Würzig entgegenlacht, 
Da fühlst du keinen Jammer, 
Vom Kater keine Spur, 
Du bist wie neu geboren 
Und singst im hellsten Dur: 
Ach, so wie hier, so rein und fehlerfrei. 
Hiebtis sonst kein Bier und keine Polizei. 
Ein Siadtoberhaupt, das so lustige und kede 
Verslein zu dichten versteht, ist gewiß ein milder 
Regent. 
p Berlin, 24. Juni. —AI 
vestellbezirk (Postamt 26. Adalbertstraße 82) in 
welchem vor einigen Jahren der Geldbriefträget 
Tossäth von Sobbe ermordet wurde hat ein ähnlicher 
Angriff auf den Briefträger Aurisch stattgefunden. 
Derselbe war gestern Nachmittag auf seinem Be⸗ 
tellgange begriffen und trat gerade aus dem Hause 
Naunynstraße 26 auf die Straße heraus, als drei 
iemlich anständig gekleidete Männer ihn überfielen 
ind an Gesicht und Kopf blutig schlugen. Auf den 
dilferuf des Ueberfallenen eilten mehrere Passanten 
serbei, worauf die Angreifer von ihrem Opfer 
bließen und sich in ein Kellerlokal in dem geqen⸗ 
iber liegenden Hause Naunynstraße 77 flüchteten. 
Dder blutüberstromte Briefträger schickte zunachst 
iach dem Postamte. damit ihm die Brieflasche abge · 
nommen und die Briefbestellung von einem anderen 
geamten zu Ende geführt werde, und begab sich 
nit einem inzwischen herbeigerufenen Schutzinann 
n das Kelleriokal, um die Angreifer dort zu er⸗ 
nitteln. Anfangs wollte man dort von ihrer Au⸗ 
vesenheit nichts wissen, als aber naher nachgeforscht 
durde, fand man den Haupischlager in einem 
Zohlenkeller verstedt vor und brachte ihn zur Haft. 
7 Die große Spinnetei zu Nieder⸗Schoͤn⸗ 
peide, steht in Flammen. Die Feuerwehr des 
Zerliner Hauptdepots in der Lindenstraße ist 
armirt worden und hat einen Dampfspritzenzus 
zach Nieder ⸗Schönweide entsandt, welcher jen halb 
icht Uhr Morgens in Thätigkeit ist. Die Spinnerei 
var erst zwei Jahre im Betriebe. — Bei der 
stückkehr der Feuerwehr aus Schönweide brach — 
zde der Oranien⸗ und Lindenstraße, burz vor dem 
hauptdepot — die linke Radare der Dampifspritze, 
ddaß sich die schwere Maschine vollständig senkte 
ind auf dem Straßendamm lag; der Pferdebahn · 
‚erlehr wurde durch Verkehrsstörung, die sehr nahe 
ag, nicht betroffer. e 
Ueber die Vutkane und Erdbeben 
m vergangenen Jahre hat Dr. Fuchs Notizen ge 
ammen, welche er im „Naturforscher“ mittheilt. 
Insgesammt sind 122 Erdbeben zu verzeichnen ger 
vesen. von denen eine erhebliche Zahl an der Etd⸗e 
bberfläche Zerstörungen herbeiführte. Das großte 
xirdbeben, das auch in seinen Folgen von allge⸗ 
neiner Bedeutung war, hatte das südliche Spanien 
u erfahren, wie überhaupt der sechste Theil allet 
Irdbeben auf Spanien entfällt. Eine recht erheb· 
iche Zahl, nämlich 18 der Gesammtsumme, fällt 
hdann auf deuische Landet. Im deutschen Reich 
reigneten sich sieben, nämlich zu Droißig bei Zeit 
T.Januat), Eßlingen (24. April), Brandenbutg 
30. April), Goetternheim im Schwarzwald ö 
Staßfurt (11. Juli), Witten (27. Augus), Heiden 
verg (21. November), die übhrigen i1 hatten in 
—VVV statt. p 
and, wo Erderschütterungen überaus selten rn 
at in seinen sudostlichen Grafschasten im April en 
beben lebtVesuve und Aetna stellten ihr