Full text: St. Ingberter Anzeiger

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Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbhert. 
der St. gugberter Anzeiger“ erscheint wdchentlich fünfmal: Am ontag, Dienstag, Donnerẽtag, Samstag und —SS —S— mit Ar 
blatt und Sonutagk mit Sseitiger illustrirter Beilage. Das Blatt koftet vierteljährlich 1.AM 60 einschließlich Trägerlohn; durch die Post bezogen 1) 75 , einschließliq 
¶ ⸗ Zuflellungagebuhr. Die Einrückungsgebühr fur die 4gespaltene Garmondzeile oder deren Raum beträgt bei Inseraten aus der Pfalz 10 —, bei außerpfältischen und solchen 
auf welche die Expedition Auskunft ertheilt, 13 8, Neclamen 30 H. Bei 4maliger Einrückung wird nur dreimalige berechnet. 
20. Jahrg. 
Deutsches Reich. J 
Berlin, 30. Juni. Die „Nordd. Allgem. 
ztg.“ schreibt: Der Kaiser schenkte dem Sultan 
nen prachtvollen Viererzug Trakehner Füchse aus 
einem eigenen Stalle. General Hobe Pascha wurde 
heauftragt die Pferde von hier nach Konstantinopel 
berzuführen. 
Berlin, 1. Juli. Der Bundesrath 
zält morgen Plenarsitzung. Die braunschweigische 
Frage ist noch nicht auf der Tagesordnung, sondern 
sängt vom Gang der Berathung in dem eben 
agenden Justizausschuß ab; kommt dieser zu einem 
definitiven Resultat, so dürfte der Gegenstand morgen 
im Plenum erledigt werden. Außer den Vorlagen, 
zetreffend den Entwurf eines Vertrages zwischen 
deutjchland nnd Rußland wegen Rechtsfähigkeit 
und Gerichtsstandsfähigkeit von Aktiengesellschaften 
und juristischen Personen, und betreffend das neue 
tatistijche Waarenverzeichniß, kommt auch der Ver⸗ 
trag zwischen dem Reich und dem Norddeutschen 
Lloyd betreffßs der Dampfersubvention zur Be⸗ 
ichlußfafsung. 
Berlin, 1. Juli. Nachdem der Justizaus⸗ 
chuß des Bundesraths heute einstimmig den Antrag 
igenommen, wonach der Herzog von Cumberland 
von der Thronfolge in Braunschweig ausgeschlossen 
st, wurde der Gegenstand auf die Tages⸗ 
xdnung der morgigen Sitzung des Bundesraths 
esetzt; ob Beschluß wird gefaßt werden koͤnnen, 
joll noch fraglich sein, da einzelne Bevollmächtigte 
heute noch ohne Instruktion sind. Der Antrag 
preußens ist im Wortlaute abgeandert, jedoch nichi 
m materiellen Inhalte. Die Frage der Erbberech⸗ 
igung der Familie Cumberlands wird gar nicht 
Braunschweig, 1. Juli. Das Braun⸗ 
schweiger Tageblatt“ theilt über die gesirige ge⸗ 
heime Sitzung des Landtages mit, daß es sich 
des Weiteren darum gehandelt habe, die Stellung 
xs Landtages zu dem belannten preußischen 
Untrage im Bundesrathe festzustellen und die Än⸗ 
icht der Versammlung bezuguüch des Verhaltens 
braunschweigs bei der Abstimmung im Bundesrathe 
zu hören. In letzterer Beziehung habe der Land⸗ 
ag dem Regentschaftsrathe vollfiandig freie Hand 
egeben. Der Stiaatsminister Gorße⸗ Wrisberg 
jabe darauf eine Anzahl Abtenstücke verlesen. 
welche viel neues Malerial zur Begrundung dee 
dreußischen Antrages enthalten haben sollen. In 
Janzendet Weise soll der Minister unter leb 
heftem Beifall der Versammlung das Dinifierium 
md den Regenischaftsrath gegen die bekannten 
Angriffe der Welfen gerechtsertigt haben. Rach 
dem ein Mitglied einige Vedenten gegen den 
dommissiondamrag erhoben hatte, verlas Göͤrtz⸗ 
Brisberg ein Allenfta vessen Inhal eine uͤder 
aus große Wirkung auf die Abgeordneten aus— 
pubt haben soll. Das Resultat war, daß der 
pa einstimmig den Anirag der staatstecht. 
ichen Kommission annahm, dahin gehend, daß 
der braunschweigische Landiag sich mit dem preu— 
ishen Anirag an den Bunvesrathvolltiündig 
inderstanden erklatt. 
In hohem Grade erfreulich ist die aus der 
daltung des braunfchweigischen Landstags sich er— 
Phende Thatsache, daß dort die welfische Agitation 
wen Boden gefunden hat. Die dollstandige Ueber. 
unmung mit dem Vorgehen Preußens bietet die 
nann dafür. daß auch alle noch zu treffenden 
* naements im Einverstaͤndniß mit Preußen zur 
edigung gelangen werden. NAuf eiwgige visten 
tirende Stimmen im Bundesrath wird aber die! 
Stellungnahme des braunschweigischen Landtages 
nicht ohne Einfluß hleiben. Somit ist alle Aus⸗ 
sicht vorhanden, daß diese Frage, die so lange die 
Bemüther erregt hat, demnächst eine befriedigende 
Loͤsung finden wird. 
Ems, 1. Juli. Der Kaiser machte heute 
Morgen zum Erstenmale eine Fußpromenade durch 
die Colonnaden und alsdann eine Spazierfahrt. 
Später fanden Vortraͤge statt. J— 
Ausland. 
Paris, 30. Juni. Die antisemitischen Mani⸗ 
festationen in Alqgier dauern trotz zahlreicher Ver⸗ 
jaftungen fort. Der Minister hat den General⸗ 
zouverneur angewiesen, mit allen Mitteln unver⸗ 
züglich dem skandalösen Treiben ein Ziel zu setzen. 
— Eine durch Rochefort verbreitete Erzählung uͤber 
die Ermordung des Journalisten Olivier Pain durch 
m Solde von Engländern stehende Araber ift 
icheren Informationen zufolge reine Erfindung 
Zelbst die Thatsache des Todes bedarf noch der 
Bestatigung. 
Lokale und pfälzische Nachrichten. 
— Niederwürzbach, 30. Juni. Der ver⸗ 
zeiraihete Tagner Johann Hemmerling von hier fiel 
jestern beim Mähen mit dem einen Oberschenkel so 
unglücklich in eine Sense, daß dieselbe die Arterien 
zurchschnitt und er bald darauf an Verblutung starb. 
NX Breitfurt, 1. Juli. Heute wurde eine 
fliegende Prücke“ an Stelle der bisher bestandenen 
dahnüberfahrt bei hiesiger Mühle über die Blies 
ufgeschlagen. Die Muhlenbesitzer, HH. Gebr 
Dahlem haben in Rücksicht auf ihre Kunden in den 
Orten auf dem rechten Bliesufer auf ihre Kosten 
diese Neuerung geschaffen und sich hiedurch auch 
den Dank vieler anderer Leute verdient; vielleich! 
äeht auch dieser oder jener Nachbar (Kollege) * 
dazu. Thut nichts zur Sache, man kann jetz 
üͤber die Blies gelangen, ohne längere oder kürzere 
Zeit auf den Faͤhrmann warten zu müssen, ohne: 
„Hal', hal'!“ aus Leibeskräften zu schreien. Statt 
des üblichen, Fahrgeldes“ zahlt man gern sein 
Brückengeld“. Auf diese Neuerung seien besonders 
die Besucher des am nächsten Sonntag in Wolfers⸗ 
n statifindenden Bezirksfestes des Guftav ⸗Adolph 
ereins für das Dekanat Zweibrüden aufmerlsam 
zemacht. Die erwähnte Brücke liegt ganz nahe an 
diesiger Bahnstation, von welcher man Wolfersheim 
nun in 20 Minuten erreichen lann. 
— Im verflossenen Jahre kamen in Bayern 
1606 landwirthschaftliche Anwesen zur Zwangs⸗ 
ersteigerung, wovon nur 61 auf die Pfalz 
entfallen. In I— Bayern umfaßten diese Anwesen 
nsgesammt 11017 Heltare, wobei sich die Große 
der betr. Anwesen in der Pfalz auf 121 Hektare 
eziffert. Erfreulicher Weise find diese Zwangs⸗ 
»erdußerungen von Jahr zu Jahr im Abnehmen, 
vas auf eine Besserung der Lage der Landwirth 
chaft schließen läßt. 
— Der Nestor der baherischen Lehret Herr 
Georg Franz Jungkunz ist im Alter von 96 Jahren 
in Thüngfeld (Oberfranken) verstorben. 
— In Gersheim findet nach dem Zw. 
T.“ am nächsten Sonntag eine Massenübung der 
Feuerwehren Walsheim, Niedergailbach, Reinheim 
)erbitzheim, Bliesdalheim. und Gersheim statt, 
velcher der kgl. Bezirkdamtmann Hert Dr. Schlag 
niweit anwohnen wird 
— In Landstuhl braunte es gestern bei 
Herrn Franz Pallmann, welcher einen nicht uner⸗ 
Jeblichen Schaden erleidet, da er seinen vor einigen 
Wochen abgelaufenen Mobiliaorfeuerversicherungsver⸗ 
trag nicht erneuert hatte. d I 
— Kaiserslautern, 80. Juni. Fast 
ammiliche hiesige Schreinergesellen, etwa 300, 
jaben seit heute die Arbeit eingestellt. Mehrere, 
die fortarbeiten wollten, wurden gewaltsam abge⸗ 
jalten. Ein wiederholtes Schreiben an die Meisier, 
ich durch Namensunterschrift zu verpflichten, keinen 
Hesellen, der sich im Ausschusse der Gewerkschaft 
hefindet, in Zukunft maßregeln zu wollen, wie es 
in letzter Zeit vorgekommen sein soll, blieb bis 
etzt unbeantwortet. In der gestern Abend abge⸗ 
jaltenen Versammlung wurde daraufhin beschlofsen, 
die Arbeit einzustellen und die Gesellen wollen die⸗ 
elbe nicht eher wieder aufnehmen bis diese Erklaͤrung 
von Seiten der Meister erfolgt. Ferner verlangen 
die Gesellen jetzt auch eine 10prozentige Lohner⸗ 
vöhung und 10ftündige Arbeitszeit. V 
— Kaiserslautern, 80. Juni. Den 
Postboten der Pfalz, welche die am nächsten Sonn⸗ 
age, den 5. Juli in Kaiserslautern stattfindende 
Versammlung besuchen wollen, wurde von der Di⸗ 
tektion der Pfalz. Bahnen Fahrtar⸗ Ermaäßigung 
zewährt 
— Unnweiler, 28. Jum. Gestern Nach⸗ 
nittag üͤberfiel der ledige Aderer Jakob Klein von 
Wernersberg den dortigen Schulberweser Staab 
auf der Straße von Annweiler nach Wernersbach 
and schlug ihn, ehe letzterer sich dessen versah, mit 
uimgekehrten Peitschenstos auf den Kopf, so daß 
derselbe sofsrt ohnmachtig und blutend niederstürzte, 
um Lohne dafür, daß er das Kind der Schwefler 
enes Mannes in der Schule gestraft haben soll. 
Aehnlich erging es einem früheren Lehrer von ge⸗ 
nanntem Dorfe. — Welches ist unter solchen Ver⸗ 
zaltniffen die Frucht der Kindererziehung ?7 
— Aus der Südpfalz, 28. Juni. In 
Jeae der großen Hitze der letzten Tage geht das 
orn oder der Roggen — Deutschlands Haupt⸗ 
frucht — seiner Reife rasch entgegen. Das Spruch⸗ 
vort: „Peter und Paul macht die Kornwurzel 
jaul“ erfüllt sich dies Jahr buchstäblich. Die 
Roggenernte steht somit vor der Thuüre und wird 
quantitativ vorzüglich ausfallen. Von dem schäd⸗ 
ichen Pilze, der im dorigen Jahre die Enwickel⸗ 
zing des Kornes außerordentlich beeinträchtigte, ist 
dies Jahr keine Spur bei uns zu finden, odgleich 
die Blanter des sogenannten Kreuzkrauies im ver— 
lossenen Herbste und Winter noch siarl damit be⸗ 
allen waren. Die Halme des Roggens haben 
jeuer eine schoͤne helle weißgelbe Farbe und die 
zutenwidelten Aehren neigen sich siark zu Boden. 
Aber auch die übrigen Getreidearten haben einen 
chonen Stand, namenilich der Weizen, der zum 
Verblühen günstige Witterung hatte. Auf gut ge⸗ 
auten Aeckern steht auch die frühgesäete Gerste schön 
a; auf sandigem Boden fängt dieselbe schon an zu 
ꝛeifen, so daß dies Jahr Korn und Gerste zugleich 
jeschnitten und eingeheimst werden können. Hafer 
ind Einkorn haben bis jetzt einen guten Stand, 
nur wäre zu wunschen, daß bald ein ausgiebiger 
Regen eintrete, damit sich die genannten Frucht⸗ 
irten vollstaͤndig entwicheln könnien. Im Großen 
ind Ganzen dürfte also heuer die Getreideernte 
zefriedigend ausfallen, namentlich noch deßhalb 
veil durch die starke Hitze die Korner vollsandia 
usreifen und mehlreich werden