zt. Ingherter Amzeiger
Anmtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert.
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M 136. Montag 13. Juli 1888. 20. Jahrg.
Politische Uebersicht.
* Nach den nunmehr feststehenden Reise
»ibpositionen verläßt Kaifer Wilhelm
zIms an diesem Dienstag, den 14. Juli, um zu⸗
nachst einige Tage an der Seite seiner erlauchten
hemahlin in Koblenz zu verbringen. Von Koblenz
zus erfolgt dann die Weiterreise nach Gastein, die
edoch in Karlsruhe und auf der Insel Mainau
eine Unterbrechung erfährt. In Gastein erfolgt die
Anlunft Kaiser Wilhelms am 21. Juli; seine Zu⸗
ammenkunft mit Kaiser Franz Josef wird zwischen
dem 12. und dem 15. August stattfinden und
war vorausfichtlich in Ischl.
* Die europäische Diplomatie hat
hre Sommersiesta angetreten und die poli⸗
ischen „Hundstage“ haben somit ihren Anfang
genommen. Fürst Bismarck weilt bereits seit
inigen Tagen in Varzin, seinem pommer'schen
Tusculum und man darf demnach annehmen, daß
der politische Horizont für die nächste Zeit ein
jeiteres Antlißz zeigen wird, denn sonst wuͤrde der⸗
enige Staatsmann, in dessen Händen schließlich
ʒe gesammien so vielfach verschlungenen Faͤden der
nropaischen Diplomatie zusammenlaufen, sich wohl
ioch nicht in die Stille des Landausenihaltes zu⸗
üdgezogen haben. In der That herrscht auch
zezuͤglich der die hohe Politik aim meisten bewegen.
yn Fragen gegenwärtig absolute Windstille; dies
gilt namentlich hinsichtlich der afghanischen Grenz ⸗
aire, über welche die Verhandlungen zwischen
ingland und Rußland zur Zeit vollkommen ruhen,
vie aus den neulichen Erklaͤrungen Lord Salis
zurh't im englischen Oberhause zu entnehmen ist.
Auch die verschiedenen Seilen der eghptischen Frage
ragen gegenwaͤrtig ein ziemlich mondiones Aussehen
sur Schau, höchsens die Suezkanalfrage- durfte
was mehr in Fluß kommen, wenigsiens sollen
am englischen Parlamente demnächst hierauf be⸗
Aͤgliche Altenstücke zugehen. Wenn somit Fragen
zon allgemeinerem politischem Interesse Europo
wgenbliclich nicht beschäftigen, so ist dafur eint
andere Angelegenheit geeignet, die allgemeine Auf⸗
werlsamkeis auf fich zu sehen: die von Spanien
set drohende Choicragefahr. Daß die Epidemie
u der Pyrendenhalbiasel immer weiter um sid
neift. laßt fich gicht mehr leugnen und so trit
magst fur den Rachbarstaat Spaniens im DOsten,
un Frankreich die ernsie Pfücht heran, der drohen
ien Weiterverschleppung der Seuche nach Frank
* und dem übrigen Curopadurch geeignete
genmaßregeln moglichst vorzuheugen. Bis jetzt
o fich die franzosische Regierung darauf de⸗
8 nit In haben, an den bon Spanien nach
rg führenden Wegen, sowie an den Eisen-
—3 — an der spanischefranzoösischen Grenze
3 iungsposten und Landquarantaine⸗Anstaliten
oo— Vielleicht werden die aus Spanien
* reden beunruhigenden Cholerabulletins die
9 sische Regierung doch zu eiwas ausgedehmeren
n veranlassen. Freilich, eine vollfiandige
uetperrung würde fich als eine ebenso unnüße
dezaronische Waßtegel erweisen. wie die dorjährige
anedidemie bewies, welche vom sudlichen
uteich die Alpen üderstieg und in Italien äin-
6 ohne daß der nalienischerseits gezogene
airgrenzcorden dies hatte verhindern lönnen.
and renttum ist seitens der d ste r⸗
chen Vegierung vieber aine neue Kon-
gession gemacht worden. Dr. Martin Rziha, Pro⸗
essor am Theologen⸗Seminar zu Budweis, ist zum
Bischof von Budweis ernannt worden. Dr. Rziha
st ein eifriger Anhänger der czechischen Partei und
er wird jedenfalls den ganzen weittragenden Einfluß
eines neuen Amtes aufbieten, um der czechischen
Sache auch im südwestlichen Böohmen zum Durch⸗
zruch und zum endlichen Sieg zu verhelsen. Gerade
hier findet der neue Bischof das Feld für seine
»hne Zweifel in dieser Beziehung zu erwartende
Thätigkeit schon ziemlich geebnet vor; z. B. war
die Stadt Budweis selbst vor einigen Jahrzehnten
noch fast ganz rein deutsch und heute gehören von
den Einwohnern vierzig Prozent- der czechischen
Nationalität ay — gewiß ein eklatanter Beweis
ür die forischreitende Czechisicung Bohmens.
* Die gemäßigten xepublikanischen Parteien
Frankreichs sind mit einem Manifest in die
Wahlbewegung eingetreten, welches knapp, aber klar
ie hauptsächlichsten Forderungen der republikanischen
Bruppen enthält. Das Manifest spricht sich für
steduktion des Militärdienstes, unbeschadet der na⸗
ionalen Vertheidigungskraft, und für ökonomische
steformen, namentlich für eine Abanderung des Ab⸗
jabewesens und für ernsiliche Herstellung des Gleich⸗
sewichts im Budget aus. Bezüglich der Frage der
Trennung der Kirche vom Staat erklärt sich das
Manifest für eine Politik, welche die Freiheit des
Bewissens respektire, aber entischieden ein Priester⸗
hum bekämpfe, das unter der Masle der Religion
nur eine Vereinigung aller der Republik feindlichen
Parteien sei. Rach außen verlangt das Manifeß
eine würdige, feste Politik, unter Vermeidung jeg⸗
licher Politik der Abenteuer; es schließt mit einem
Apell der republikanischen Union gegen die Monar⸗
histen. Diese Kundgebung wird jedenfalls nicht
derfehlen, in den Kreisen der gemäßigt⸗republikani⸗
schen Wähler den besten Eindruck zu machen.
* Die spanische Kolonialpolitit plant
zinen kräftigeren Anlauf, als bisher. Die spanische
Regierung gedenkt den übrigen Kabineten die offi⸗
zielle Mittheilung zu machen, alle Faktoreien, welche
in den an der Westküste Afrikas zwischen den Kaps
Bojador und Blanco besetzten Gebieten, in Aequa—
orialafrila am Munifluß und an anderen Punkten
don der afrikanischen Gesellschaft und anderen
panischen Handelskompagnien errichtet worden find,
ihr Protektorat zu nehmen.
eVon der westlichen Hemisphäre kommen
recht unerquickliche Nachrichten. Im
üdwestlichen Kansas (Nordamerika) herrscht große
Aufregung, da einige Tausend Ansiedler aus Furch!
por den Indianern ihre Besitzungen verlassen haben
und in die Städte geflüchtet sind. In Cleveland
find von den strikenden Eisenarbeitern bedenllicht
Auaschreitungen begangen worden. Ein Aufftand ist in
der südamerikanischen Repubjil Venezuela ausgebrochen
und endlich ist es in Peru zwischen den Aufftandi⸗
schen unter General Caceres und den Regierungs⸗
ruppen bet Jauja zu einem Zusammenstoß gekom⸗
men. Rach funfftündigem, fur beide Theile ver⸗
lustreichem Kampfe wurde der durch das Treffen
iterbrochene Wafienftillstand einfach wieder erneuert
Die streikenden Eisenarbeiter in
Cleveland, Ohio, haben, nach einem Telegramm
der „Times“ aus Philadelphia, vollstandig
don der Stadt Besiß ergriffen. Die Leiter ver⸗
schiedener Eisenwerke wurden gezwungen, dieselben
zu schließen. Ein Fabrilant wurde angegriffen
und arg geschlagen. Die Miliz hat sich in ver—
schiedenen Zeughäusern versammelt und ist bereit,
im Nothfalle die Polizei zu unterstützen.
Deutsches Reich.
Berlin, 12. Juli. Aus Ems wird mitges
cheilt, daß der Kaiser nach beendeter Rur am nächsten
Donnerstag von dort mit den Herren seiner Be—
dieitung abreisen und sich wie alljährlich wieder
noch auf einige Zeit nach Wildbad Gastein be⸗
geben wird. Vorher jedoch stattet der Kaiser noch
der Kaiserin in Koblenz und demnächst mit der⸗
selben der großherzoglich badischen Familie auf der
Mainau mehrtägige Besuche ab Nahere Nach⸗
richten über die ferneren Reisedispositionen des
daisers von Bad Ems aus sind jedoch bis zur
Stunde noch nicht hier angelangt.
Berlin, 10. Juli. Wie hiesige Blatter
nelden, wird der Kaiser Franz Joseph am 8.
uind 9. August in Innsbruck weilen wo ein
Schützenfest abgehalten wird. Daraus erhelli, daß
der Besuch des Kaisers Wilhem in Ischl jeden⸗
jalls nicht vor dem 11. Auguͤst statifinden dürfte.
Auslaud.
Aus Kairo wird dem „Reuter'jchen Bureau“
interm 9. d. gemeldet, es werde daselbst mit Ve⸗
timmtheit behauptet, daß Falls nicht vor dem 1.
Zeptember thatige Schritte ergriffen werden, die
gyptische Regierung bankerott sein werde.
korale und pfalzisee Machrichten.
St. Ingbert, 12. Juli. Bei dem am
Freitag Mittag über unsere Stadt hingezogenen
Bewitter hat, wie wir nachtraglich erfahren der
Blitz in eine Pappel am Gabwege eingeschlagen.
Der Schlag traf den Stamm iwas unter der
Halfte und riß von demselben bis zur Wurzel die
Kinde los. Eine Rinne am Holze bezeichnet den
Beg, den der elektrische Funse am Stamme ab—
warts zum Boden nahm.
St. Ingbert, 13. Juli. Als Selten⸗
heit wird uns mitgetheilt, daß Herr Schneider⸗
neister Jost dahier an einem Weinfiode an seinem
dause bereits Weinbeeren von der Größe einc
wohlentwidelten Erbse hat. — Als weiter⸗ Selten⸗
heit in der jezigen Jahreszeit wurde uns an einem
m letzten Fruͤhjahre gepflanzten Apfelbaumchen ein
zanzes Büschel schön entwickelier und angenehm
duftender Blüten gezeigt.
St. Ingabers, 18. Juli. Geftern machten
die altiven Mitglieder des Gejangbereins Gemith⸗
üchleit“ von hier in einer Starte von ciwa 40
Mann einen Ausflug nach Forbach, um daselbst an
inem Sängerfeste theilzunehmen. zu welchem aus
den Reichslanden, aus Preußen und der Pfalz
zegen 30 Gesangvereine ihre Mitwirlung in as
icht gestellt hatten. Die Parthie soll für unsere
Gemulthlichen“ sehr angenehm abgelaufen sein.
* Das gestern Nachmitiag im Grewenig'schen
Garten stattgehabte Konzert des Vereinß „Du kommst
ja nicht“ war sehr zahlreich besucht. Wie man
uns mittheilt, nahm dasselbe einen recht befriedigen⸗
den Verlauf, wozu in erster Linie der gut⸗ Stoff
und die heiteren Weisen der Musik die Vorbeding⸗
ung lieferten.
17Sqnappach, 12. Juli. Gestern Abend
zrannte es in unserem Nachbarorie Allenwald, Der
Brand entstand in einem unter dem Wobhnrad