Full text: St. Ingberter Anzeiger

xt. Iugherter Amzeiger. 
Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert. 
— St. Jugberter Auzeiger“ erscheint woͤchentlich fünfmalz: Am Montag, Dienstag, Donuerstag, Samstag und Sonntag; 2mal wöoͤchentlich mit Unterhaltungs⸗ 
ßlatt und Sonntags mit Sseitiger illustrirter Beilage. Das Blatt kostet vierteljährlich 1.4 60 — einschließlich Traägerlohn; durch die Post bezogen 1. 75 , einschließlich 
P ¶ Zustellungsgebuhr. Die Einrückungsgebühr faur die 4gespaltene Garmondizeile oder deren Raum beträgt bei Inseraten aus der Pfalz 10 —6, bei außerpfälzischen und solchen 
auf welche die Erpedition Auskunft ertheilt, Iß ⸗, Neclamen 80 . Bei 4maliger Einrückung wird nur dreimalige berechnet. 
M 138. 
Politische Uebersicht. 
*Kaiser Wilhelm hat am Dienstag 
seinen Aufenthalt in Ems beendigt und jst noch 
am Nachmittag des genannten Tages nach Koblenz 
u einem zweitägigen Besuche seiner erlauchten Ge⸗ 
nahlin abgereist. Auch die diesjährige Emser 
Trink- und Badekur ist dem greisen Monarchen 
auf's Trefflichste bekommen und haben die in Ems 
anwesenden Kurgäste täglich Gelegenheit gehabt, die 
Füstigkeit zu bewundera, mit welcher sich der hohe 
derr auf seinen Promenaden bewegte. Am Freitag 
Abend gedenkt der Kaiser auf der Bodensee-JInsel 
Mainau, der Sommer-Villegiatur der großherzoglich 
badischen Herrschaften, einzutreffen, um hier einen 
oder auch mehrere Tage zu weilen, worauf die 
Weiterreise nach Gassein erfolgt. 
Bischof Kor um von Trier weilte in diesen 
dage zum Besuche in Munchen. Es liegt nahe, 
ie Reise mit dem Paderborner Erlaß in Zu—⸗ 
sammenhang zu bringen. 
Verschiedene Anzeichen deuten darauf hin, 
daß die allgemeinen Ausweisungsmaß— 
tegeln in den preußischen Ostprovinzen, die bis⸗ 
her fast nur gegen russische Unterthanen zur An— 
wendung gekommen find, demnächst auch gegenüber 
den Angehörigen der österreichisch ungarischen Monar⸗ 
chie Platz greifen sollen. In Oberschlesien und 
weiterhin / längs der Grenze bis zum Konigreich 
Sachsen wohnt eine nicht unansehnliche Bevoölkerung 
uus Oesterreich eingewanderter Czechen und Polen, 
die jetzt vielleicht auf die Ausweisungsliste gelingt. 
die Gemeindehehörden in der Grafschaft Glaß 
haben bereits die Aufforderung erhalten, ein Ver. 
cichnitz dieser Personen einzureicher. Gegen die in 
deutschland eingewanderte czechische Arbeiterbevoöl⸗ 
erung hat sich der nicht ungegründete Verdacht er⸗ 
vben, daß unter ihr die sozialistisch-anarchislischen 
zestrebungen einen fruchtbaren Boden finden, wie 
ich dies z. B. bei dem aufgelösten „Czesky⸗Klub“ 
a Dresden zur Evidenz herausgestellt hat und daß 
ih Deutschland solcher bedenklichen Elemente fremder 
Aaatsangehörigkeit · nach Moglichkeit zu eniledigen 
uht, darf nicht auffallend erscheinen.“ Anderfris 
wanchirt sich Oesterreich freilich, indem es die 
hittwen und Waisen solcher preußischer Unterthanen, 
e ihren Familien keine genügenden Subsistenz 
mittel hinterlassen haben, ausweist. 
LordVyons, der englische Boischafter in 
sars soll von seinem Poften Abbeeafen und durch 
vord Lytton erseht werden, was wohl als eine 
Iuhwiitung deß Miimisterwehels ba Londen 
xtrachten sein würde. 
Die Sensationsnachticht von dem Tode des 
Nahdi bs zur Stunde unbestätigt ge—⸗ 
heben. Man wird fich erinnern, daß der Ches 
r sudanessischen Rebellen schon mehr als einmai 
—A ist daß er aber tiotzdem immer 
oder uͤntrüguüche Vewesse seiner Weiterexistenz 
w. Vielleich verden de Englunder nach Been⸗ 
ung des Ramazan welchee wochenlange Fest 
Luenwärtigin der gesammien islamitischen Weit 
irn wird, noch denug von dem todigesagten 
ahdl zu hoͤren bekonmnen. 
darüeneral Wolseley ist am Montag 
achmintag mit seiden Stabe in London einäe 
Donnerstag, 16. Juli 1885. 
20. Jahrg. 
zroffen. Eine zahlreiche Menschenmenge erwartete 
den General an der Viktoria⸗Station und begrüßte 
hu mit enthusiastischen Zurufen. 
deren Mitglieder sich inzwischen in den verschiedenen 
Wirthschaften der Stadt restauriert hatten. Punkt 
z Uhr erfolgte der Abmarsch der Festzuges. Ein 
mposantes Schauspiel: Dieser endlose Zug, die 
Musik voran, über den Menschenmassen die flattern⸗ 
den Fahnen, die Häuserreihe der Nationalstraße 
entlang Flagge an Flagge. Und in das Getöse 
der Musik, in das Gesumme der sich neben und 
zinter dem Zuge herwälzenden Voilksmassen hinein 
challten, um den Festeindruck zu erhͤhen, vom 
Schloßberge herab donnernde Böllerschüsse. Als 
der Zug in der schattigen Buchenhalle des Schönecker 
Waldes angelommen war, entwickelte sich ein 
nunteres, buntes Treiben. Lied um Lied erscholl; 
zazwischen spielte die Musik, erklangen die Gläser, 
chollen Bravorufe u. s. w. Die sämmtlichen Chor⸗ 
und Einzellieder waren trefflich einstudiert und 
vurdig schön vorgetragen. Zur Ehre der „Ge⸗ 
müthlichkeit“ und ihres trefflichen Dirigenten sei 
ꝛ2s gesagt, daß gerade sie sich im Vereine mit dem 
Besangbereine ‚Concordia“ aus St. Abold, glän⸗ 
jend ausgezeichnet haben. Die „Gemüthlichkeit“ 
drachte namlich zum Vortrage „Schifferlied“ von 
starl Eckert. — Es herrschte unter den Sanges⸗ 
genossen die fröhlichste Stimmung u. eine erhebende 
ckinmütigleit u. Herzlichkeit. Schon gegen 62/ 
Uhr verließen einzelne Vereine den Festplatz und 
lehrten in die Stadt und nach dem Bahnhofe 
zurück. Hier ging es noch recht gemüthlich zu; 
doch kamen Ausschreitungen und Unordnungen 
vahrend des ganzen Festes nicht vor. Möge dieses 
scchöne Bild deutschen Volkslebens allen Sangesge⸗ 
ossen und Sangesbrudem recht lange in Erinner⸗ 
X 
— Gung gefreit.) Unter den in Pirma— 
sens in diesem Jahre ausgehobenen Rekruten be⸗ 
inden sich nach dem „P. A.“ mehr als fuünf Ver⸗ 
heirathete. 
— Wie der „Ev. Kirchenbote“ berichtet, reicht 
die Ahnenreihe unseres Kaisers auch in die Pfalz 
hinein. Ein Ahnherr desselben ist der fromme 
aund leutselige Graf Christian Karl Reinhard von 
deiningen⸗ Heidesheim bei Grünstadt, geb. am 16. 
Juli 1695 und gestorben am 17. November 1766. 
Derselbe hatte 5 Töchter, von welchen eine, Maria 
duise, sich 1748 mit dem Landgrafen Georg von 
Hessen⸗ Darmstadt verheirathete und durch ihre 
Tochter Friederile, die sich mit einem Herzog von 
Medlenburg⸗Strelitz vermahlte, die Großmutter der 
Zonigin Louise und somit die Urgroßmutter unseres 
Kaisers geworden ift. 
— Hagenbach, 14. Juli. Ein Akt ge⸗ 
meiner Rohheit und wahrscheinlich kleinlicher Rache 
wurde in der Racht von Sonntag auf Montag 
derübt. Dem hiesigen Bierbrauer, Herrn Weisen⸗ 
burger, einem allgemein geachteten und beliebten 
Bürger, wurden in seinem Hopfenstücke ca. 40 der 
schonsten Stöcke total abgeschnitten. Bis jetzt hat 
man noch, kdeine Ahnung von dem Thaͤler. Es 
vaͤre gewiß von allgemeinem Interesse, wenn dieser 
entdeckt und der gerechten Strafe entgegengeführt 
vürde. J 
— Kaiserblautern, 18. Juli. Heute 
Abend endigte der Strike der hiesigen Schreiner⸗ 
gesellen damit, daß dieselben in den stabus quo 
ante (früheren Zustand) ihren Brodgebern gegen⸗ 
—IX 
Deutsches Kteich. 
Berlin, 14. Juli. Se. Maj. der Kaiser 
st heute Nachmittag zum Besuche seiner hohen 
hemahlin in Koblenz eingetroffen. Die Ankunft 
»es hohen Herrn in Gastein ist jetzt bestimmt auf 
den 21. d. M. festgesetzt. Kaiser Franz Joseph 
jat den Wunsch, mit unserm Kaiser in Gastein zu⸗ 
ammenzutreffen, um ihm die Reise nach Ischl zu 
rsparen. 
Berlin, 13. Juli. Für den Fall, daß die 
Stelle des Statthalters für Elaß⸗Lothringen durch 
den deutschen Botschafter in Paris, Fürsten v. 
hohenlohe, besetzt werden sollte, nennt man bereits 
als dessen Nachfolger den deutschen Botschafter in 
Petersburg, General v. Schweinitz, der seinerseits 
n Petersburg durch den Grafen v. Hatzfeldt ersetzt 
werden würde. Anderseits wird versichert, daß 
man auch an den deutschen Botschafter in Wien, 
Prinzen Reuß, denke. 
Berlin, 15. Juli. Die ,Nordd. Allgem. 
Ztg.“ erklärt heute, jedes andere Fürftenhaus sei 
cher möglich‘ in Braunschweig als das welfische 
weil dieses immer Pratendent auf Hannover bleibe. 
Ausland. 
Paris, 14. Juli. Die Regierung hat die 
rste Gelegenheit, Deutschland einen Beweis von 
Sympathie zu geben, nicht benutzt, indem sie die 
Demonstration der Patriotenliga vor der Straß⸗ 
burger Statue gestattete. Diese erhielt durch die 
Theilnahme von Offizieren und uniformirten Poly⸗ 
technikern, welche letztere einen Trauerkranz trugen 
einen offiziellen Charakter. 
London, 15. Juli. Die zweite Ausgabe 
der „Times“ meldet aus Jagdocabaten vom 11. 
d. ein Gerücht, wonach die Russen in beträchtlicher 
Stärke nach Zulfikar vorrückten. Die Rufsen be⸗ 
jandeln das persische Gebiet, als ob es russisches 
wäre. In Askabad treffen Verstärkungen ein. Die 
Afghanen sind besorgt, aber entschlofsen. Man 
glaubt, Oberst Alikhanoff sei entschlossen, den Krieg 
se herbeizuführen, und daß er den Zaren 
äuscht. 
Lofeale und pfälzische Nachrichten. 
*St. Ingbert, 16. Juli. Am verflossenen 
Dienstag wurde auf dem hiesigen Bahnhofe ein 
beim Rangiren beschäftigter Arbeiter so schwer ver⸗ 
letzt, daß er in's Spital verbracht werden mußte. 
P. St. Ingbert, 16. Juli. Wie schon 
zekannt, unternahmen die aktiven Mitglieder des 
Maͤnnergesangvereins Gemüthlichkeit“ don. hier 
am verflossenen Sonntag einen Ausflug nach For⸗ 
zach, um an dem Sängerfeste daselbst theilzunehmen. 
Der schoͤne Verlauf des Festes verdient in weiteren 
kreisen bekannt zu werden. 
Mit dem Zuge 11 Uhr 42 Min. fuhren die 
Gemüthlichen“, ausgerüstet mit stattlichen Ramerun⸗ 
Binfenhüten, nach Forbach. Den in den Bahnhof 
einfahrenden Zug begrüßte die Kapelle des Schles⸗ 
wig⸗ Holstein'jschen Dragoner ⸗Regimenis aus St. 
Avold mit den Mitgliedern des Festkomitès an der 
Spitze. In feierlichem Zuge, voran die Musik, 
vurden nun die „Gemüthlichen“, denen sich auch 
der Ottweiler Gesangverein angeschlofsen hatte, 
zurch die Stadt nach dem Hotel Maßl geleitet. 
Um'2115 Uhr begann die Aufstellung der Vereine, 
Bermischte. 
—⸗sUeber das Auftretenschlagender 
Wetter ist die erste Notiz, nach einer Minheilung 
—